Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.vor Acimpf um dri Zolltarif der industriellen Produktion seit 1895 bekannt ist, mit der Zunahme der Aus¬ Und vor allem muß doch dabei auch die Erziehung unsrer Industrie zum (Schluß folgt) vor Acimpf um dri Zolltarif der industriellen Produktion seit 1895 bekannt ist, mit der Zunahme der Aus¬ Und vor allem muß doch dabei auch die Erziehung unsrer Industrie zum (Schluß folgt) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0181" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236003"/> <fw type="header" place="top"> vor Acimpf um dri Zolltarif</fw><lb/> <p xml:id="ID_676" prev="#ID_675"> der industriellen Produktion seit 1895 bekannt ist, mit der Zunahme der Aus¬<lb/> fuhr von Fabrikaten vergleichen, so ist die Vermutung nicht ungerechtfertigt, daß<lb/> in diesem Jahrfünft des rapiden Aufschwungs unsrer Industrie immer noch<lb/> eher im Übermaß auf den innen? Markt spekuliert worden sei als ans den Export.<lb/> Die Absatzstockungen der jüngsten Zeit sind wohl hauptsächlich auf die Über,<lb/> Schützung des innern Markes zurückzuführen. Jedenfalls drängt die Gesamtlage<lb/> der deutschen Industrie und damit der ganzen deutschen Volkswirtschaft heute<lb/> mehr als jemals nach Erweiterung unsrer Absatzgebiete jenseits der Grenze,<lb/> und nichts wäre ein größeres Unglück, als wenn das Deutsche Reich durch<lb/> seine neue Zollpolitik eine Ära allgemeiner Sclnltzzollwirtschaft heraufbeschwüre,<lb/> statt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen anzukämpfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_677"> Und vor allem muß doch dabei auch die Erziehung unsrer Industrie zum<lb/> rastlosen Streben nach Erfolg auf dein Weltmarkt in den Vordergrund gestellt<lb/> werden. Die wirkliche, reelle, praktische, geschäftliche Leistungsfähigkeit der<lb/> deutschen Technik zu steigern, darf gerade bellte keinen Augenblick außer acht<lb/> gelassen werden. Die Frage, ob, wo, wie weit und namentlich warum unsre<lb/> Industrie nicht konkurrenzfähig und deshalb schutzbedürftig ist gegeuüber dem Aus¬<lb/> land, ist zum großen Teil eine Frage der Technik. Den einzelnen Unternehmern<lb/> fehlt es zu ihrer Beantwortung aus leicht erklärlichen und entschuldbaren<lb/> Gründen vielfach an Unbefangenheit, zumal wo es sich um Schutzzölle handelt,<lb/> die ihnen sichern Gewinn ohne größere Anspannung verheißen. Und der<lb/> statistisch operierende Nativnalökonom, der auf ihre Angaben allein angewiesen<lb/> ist, wird trotz aller Nechentüchtigteit immer im Dunkeln tappen. Es ist des¬<lb/> halb wenig erfreulich, daß sich die Vertreter der technischen Wissenschaft fast<lb/> gar nicht um die technische Frage beim Kampf um den Zolltarif kümmern.<lb/> Die Professoren der Jngenicnrwissenschaft an den technische» Hochschulen sind<lb/> bei der Beantwortung der Frage, ob, wo, wie und warum unsre Technik zvll-<lb/> schntzbedürftig sein soll, ebenso berufen und verpflichtet, mitzureden, wie Ans-<lb/> stellnngskommissare und Handelsstatistiker. Sie sind die unabhängige, geschäft¬<lb/> lich uniuteressierte, wissenschaftliche Instanz über der industriellen Unternehmer¬<lb/> schaft, oder sollten sie sein. Wie weit sie bei den Vorarbeiten für den Zolltarif<lb/> gehört worden sind, wissen wir nicht. Aber die journalistische Interesselosigkeit<lb/> ver deutschen Ingenieure der ganzen Sache gegenüber ist bei ihrer sonstigen<lb/> journalistischen Arbeitslust geradezu auffallend. Der Kaiser hat die Bedeutung<lb/> der Ingenieurkunst für das nationale Gedeihen, wo er nur konnte, zur An¬<lb/> erkennung zu bringen gesucht, ihre Hauptvertreter in Preuße» auch ins Herren¬<lb/> haus berufen. Dort werden sie mit dem Zolltarif nicht viel zu thun bekommen.<lb/> Aber wenn sie als Erzieher der Nation mitreden wollen, dann sollten sie<lb/> über die Erziehung der deutscheu Industrie zum siegreichen Kampf auf dem<lb/> Weltmarkt, wo sie mitzureden berufen sind, am wenigsten schweigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_678"> (Schluß folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0181]
vor Acimpf um dri Zolltarif
der industriellen Produktion seit 1895 bekannt ist, mit der Zunahme der Aus¬
fuhr von Fabrikaten vergleichen, so ist die Vermutung nicht ungerechtfertigt, daß
in diesem Jahrfünft des rapiden Aufschwungs unsrer Industrie immer noch
eher im Übermaß auf den innen? Markt spekuliert worden sei als ans den Export.
Die Absatzstockungen der jüngsten Zeit sind wohl hauptsächlich auf die Über,
Schützung des innern Markes zurückzuführen. Jedenfalls drängt die Gesamtlage
der deutschen Industrie und damit der ganzen deutschen Volkswirtschaft heute
mehr als jemals nach Erweiterung unsrer Absatzgebiete jenseits der Grenze,
und nichts wäre ein größeres Unglück, als wenn das Deutsche Reich durch
seine neue Zollpolitik eine Ära allgemeiner Sclnltzzollwirtschaft heraufbeschwüre,
statt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen anzukämpfen.
Und vor allem muß doch dabei auch die Erziehung unsrer Industrie zum
rastlosen Streben nach Erfolg auf dein Weltmarkt in den Vordergrund gestellt
werden. Die wirkliche, reelle, praktische, geschäftliche Leistungsfähigkeit der
deutschen Technik zu steigern, darf gerade bellte keinen Augenblick außer acht
gelassen werden. Die Frage, ob, wo, wie weit und namentlich warum unsre
Industrie nicht konkurrenzfähig und deshalb schutzbedürftig ist gegeuüber dem Aus¬
land, ist zum großen Teil eine Frage der Technik. Den einzelnen Unternehmern
fehlt es zu ihrer Beantwortung aus leicht erklärlichen und entschuldbaren
Gründen vielfach an Unbefangenheit, zumal wo es sich um Schutzzölle handelt,
die ihnen sichern Gewinn ohne größere Anspannung verheißen. Und der
statistisch operierende Nativnalökonom, der auf ihre Angaben allein angewiesen
ist, wird trotz aller Nechentüchtigteit immer im Dunkeln tappen. Es ist des¬
halb wenig erfreulich, daß sich die Vertreter der technischen Wissenschaft fast
gar nicht um die technische Frage beim Kampf um den Zolltarif kümmern.
Die Professoren der Jngenicnrwissenschaft an den technische» Hochschulen sind
bei der Beantwortung der Frage, ob, wo, wie und warum unsre Technik zvll-
schntzbedürftig sein soll, ebenso berufen und verpflichtet, mitzureden, wie Ans-
stellnngskommissare und Handelsstatistiker. Sie sind die unabhängige, geschäft¬
lich uniuteressierte, wissenschaftliche Instanz über der industriellen Unternehmer¬
schaft, oder sollten sie sein. Wie weit sie bei den Vorarbeiten für den Zolltarif
gehört worden sind, wissen wir nicht. Aber die journalistische Interesselosigkeit
ver deutschen Ingenieure der ganzen Sache gegenüber ist bei ihrer sonstigen
journalistischen Arbeitslust geradezu auffallend. Der Kaiser hat die Bedeutung
der Ingenieurkunst für das nationale Gedeihen, wo er nur konnte, zur An¬
erkennung zu bringen gesucht, ihre Hauptvertreter in Preuße» auch ins Herren¬
haus berufen. Dort werden sie mit dem Zolltarif nicht viel zu thun bekommen.
Aber wenn sie als Erzieher der Nation mitreden wollen, dann sollten sie
über die Erziehung der deutscheu Industrie zum siegreichen Kampf auf dem
Weltmarkt, wo sie mitzureden berufen sind, am wenigsten schweigen.
(Schluß folgt)
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |