Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.Der Kampf um den Zolltarif die Vorstellung wach gerufen haben, daß es sich um eine wesentliche Ver¬ Mögen sich die Konzipienten und die Vorbereite des Tarifs selbst Mit berechtigtem Unwillen hat in München im Verein für Sozialpolitik am 25. Sep¬
tember Schmoller der Schaffung dieser Lage gedacht. Die Münchner Verhandlungen konnten im übrigen hier noch nicht berücksichtigt werden. Es wird im nächsten Artikel geschehn. Der Kampf um den Zolltarif die Vorstellung wach gerufen haben, daß es sich um eine wesentliche Ver¬ Mögen sich die Konzipienten und die Vorbereite des Tarifs selbst Mit berechtigtem Unwillen hat in München im Verein für Sozialpolitik am 25. Sep¬
tember Schmoller der Schaffung dieser Lage gedacht. Die Münchner Verhandlungen konnten im übrigen hier noch nicht berücksichtigt werden. Es wird im nächsten Artikel geschehn. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0011" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235833"/> <fw type="header" place="top"> Der Kampf um den Zolltarif</fw><lb/> <p xml:id="ID_11" prev="#ID_10"> die Vorstellung wach gerufen haben, daß es sich um eine wesentliche Ver¬<lb/> schärfung der Schutzzollschraukeu handle, zum Zweck des Aufbaus des soge¬<lb/> nannten „Schutzes der nationalen Arbeit" zu einem ausgesprochen merkanti-<lb/> listischen Hochschutzzollsystem, weit über die Tendenzen von 1879 hinaus und<lb/> etwa im Sinne des französischem Dem entspricht auch die Ausfassung von<lb/> den Jndustriezöllen des Tariseutwurfs, der man in agrarischen Kreisen vielfach<lb/> begegnet, daß nämlich der Industrie ein fast noch größerer Zollschutz gegen<lb/> die ausländische Konkurrenz zugewandt werden solle als der Landwirtschaft,<lb/> obwohl die Landwirtschaft doch ihren Schutzanspruch auf einen anerkannten<lb/> Notstand gründen könne, die deutsche Industrie dagegen am Ende einer Periode<lb/> fast übermäßigen Aufschwungs stehe, also in einer der landwirtschaftlichen gerade<lb/> entgegengesetzten Lage wäre. Wenn sich jetzt, nachdem an maßgebender Stelle,<lb/> wie es scheint, starke Bedenken gegen den Ausbau unsrer Handelspolitik im<lb/> Sinne des Hochschutzzolls ausgedrückt worden sind, die Väter und die Paten<lb/> des Tarifentwurfs zu versichern beeilen, die Jndustriezollcrhöhungen seien jn<lb/> doch nur zur Bekämpfung der ausländischen Hochschutzzöllnerei vorgeschlagen,<lb/> also eigentlich im Interesse einer freiern Gestaltung des internationalen Handels,<lb/> so kann man das als das Aufgeben eines verhängnisvollen Irrtums mit<lb/> Genugthuung begrüßen, wenn sich auch die schutzzvllnerischen Industriellen arg<lb/> enttäuscht fühlen und nach dem Abschluß vou Handelsverträgen, die ihren so<lb/> liebenswürdig angehörten „sachverständigen" Gutachten und Wünschen nicht<lb/> entsprechen, ein heilloses Geschrei erheben werden. Thatsache ist nun einmal,<lb/> daß dieser Tarifentwnrf von einem ganz andern Standpunkt aus vorbereitet<lb/> und konzipiert ist, als er bei den Handelsvertragsverhandlnngen gehandhabt<lb/> werden kann und muß, wie man sich jetzt überzeugt hat. Das vor allem darf<lb/> nicht vergessen werden, wenn man die Eigentümlichkeiten und Schwierigkeiten<lb/> der Lage richtig beurteilen will.*)</p><lb/> <p xml:id="ID_12" next="#ID_13"> Mögen sich die Konzipienten und die Vorbereite des Tarifs selbst<lb/> übrigens gedacht haben, was sie wollen, thatsächlich kann ihr Elaborat in ge¬<lb/> schickten, von richtiger handelspolitischer Einsicht und Absicht — wie wir sie<lb/> von maßgebendster Stelle, Gott sei Dank, voraussetzen können — geleiteten<lb/> Händen bei den bevorstehenden Vertragsverhandlungen eine im ganzen brauch¬<lb/> bare Unterlage abgeben, ja sich nach mancher Richtung hin dabei als wert¬<lb/> volles Werkzeug bewähren. Wenn unser wirtschaftspolitisches Parteiwesen<lb/> nicht in Doktrinarismus und Egoismus so verrannt wäre, sondern der Reichstag<lb/> die Situation einfach natürlich und vernünftig zu würdigen vermöchte, könnten<lb/> die parlamentarischen Veratungen und Beschlüsse über den Tarif selbst sehr<lb/> kurz und glatt verlaufen, was mit Rücksicht auf die vielen Fragen, die dem<lb/> Ausland gegenüber besser diskret behandelt werden, dringend zu wünschen</p><lb/> <note xml:id="FID_3" place="foot"> Mit berechtigtem Unwillen hat in München im Verein für Sozialpolitik am 25. Sep¬<lb/> tember Schmoller der Schaffung dieser Lage gedacht. Die Münchner Verhandlungen konnten<lb/> im übrigen hier noch nicht berücksichtigt werden. Es wird im nächsten Artikel geschehn.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0011]
Der Kampf um den Zolltarif
die Vorstellung wach gerufen haben, daß es sich um eine wesentliche Ver¬
schärfung der Schutzzollschraukeu handle, zum Zweck des Aufbaus des soge¬
nannten „Schutzes der nationalen Arbeit" zu einem ausgesprochen merkanti-
listischen Hochschutzzollsystem, weit über die Tendenzen von 1879 hinaus und
etwa im Sinne des französischem Dem entspricht auch die Ausfassung von
den Jndustriezöllen des Tariseutwurfs, der man in agrarischen Kreisen vielfach
begegnet, daß nämlich der Industrie ein fast noch größerer Zollschutz gegen
die ausländische Konkurrenz zugewandt werden solle als der Landwirtschaft,
obwohl die Landwirtschaft doch ihren Schutzanspruch auf einen anerkannten
Notstand gründen könne, die deutsche Industrie dagegen am Ende einer Periode
fast übermäßigen Aufschwungs stehe, also in einer der landwirtschaftlichen gerade
entgegengesetzten Lage wäre. Wenn sich jetzt, nachdem an maßgebender Stelle,
wie es scheint, starke Bedenken gegen den Ausbau unsrer Handelspolitik im
Sinne des Hochschutzzolls ausgedrückt worden sind, die Väter und die Paten
des Tarifentwurfs zu versichern beeilen, die Jndustriezollcrhöhungen seien jn
doch nur zur Bekämpfung der ausländischen Hochschutzzöllnerei vorgeschlagen,
also eigentlich im Interesse einer freiern Gestaltung des internationalen Handels,
so kann man das als das Aufgeben eines verhängnisvollen Irrtums mit
Genugthuung begrüßen, wenn sich auch die schutzzvllnerischen Industriellen arg
enttäuscht fühlen und nach dem Abschluß vou Handelsverträgen, die ihren so
liebenswürdig angehörten „sachverständigen" Gutachten und Wünschen nicht
entsprechen, ein heilloses Geschrei erheben werden. Thatsache ist nun einmal,
daß dieser Tarifentwnrf von einem ganz andern Standpunkt aus vorbereitet
und konzipiert ist, als er bei den Handelsvertragsverhandlnngen gehandhabt
werden kann und muß, wie man sich jetzt überzeugt hat. Das vor allem darf
nicht vergessen werden, wenn man die Eigentümlichkeiten und Schwierigkeiten
der Lage richtig beurteilen will.*)
Mögen sich die Konzipienten und die Vorbereite des Tarifs selbst
übrigens gedacht haben, was sie wollen, thatsächlich kann ihr Elaborat in ge¬
schickten, von richtiger handelspolitischer Einsicht und Absicht — wie wir sie
von maßgebendster Stelle, Gott sei Dank, voraussetzen können — geleiteten
Händen bei den bevorstehenden Vertragsverhandlungen eine im ganzen brauch¬
bare Unterlage abgeben, ja sich nach mancher Richtung hin dabei als wert¬
volles Werkzeug bewähren. Wenn unser wirtschaftspolitisches Parteiwesen
nicht in Doktrinarismus und Egoismus so verrannt wäre, sondern der Reichstag
die Situation einfach natürlich und vernünftig zu würdigen vermöchte, könnten
die parlamentarischen Veratungen und Beschlüsse über den Tarif selbst sehr
kurz und glatt verlaufen, was mit Rücksicht auf die vielen Fragen, die dem
Ausland gegenüber besser diskret behandelt werden, dringend zu wünschen
Mit berechtigtem Unwillen hat in München im Verein für Sozialpolitik am 25. Sep¬
tember Schmoller der Schaffung dieser Lage gedacht. Die Münchner Verhandlungen konnten
im übrigen hier noch nicht berücksichtigt werden. Es wird im nächsten Artikel geschehn.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |