Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.Auf der Alm O mein! I Habs naufsteign sehn, sagte Paul, während er seine Schüssel Schlimm wärs, Wenns 's Wetter derwischt hätt! sagte Traudel, während sie Gräßlich! sagte Hurra, die erst über Pauls Schilderung gelächelt hatte, sich Ihre Stimmung wurde immer gedrückter. Ein andermal hätte sie das Ganze Frierst? fragte Traudel. Geh, setz ti do aus Feuer her. I nehm jetzt Hanna schüttelte deu Kopf und blieb sitze", wo sie war, als die Geschwister Mein Gott, Hanna! Was is deu", geh, sei gscheit. Traudel setzte sich zu O Traudel, schluchzte Hanna, ich glaube, ich habe sehr, sehr unrecht ge¬ Maas? Gegen ihn? Ja, das hab i mir scho denkt. Aber mein Gott! Sie wiegte Hanna sanft im Arm, und diese ließ es still geschehn, und eine Auf der Alm O mein! I Habs naufsteign sehn, sagte Paul, während er seine Schüssel Schlimm wärs, Wenns 's Wetter derwischt hätt! sagte Traudel, während sie Gräßlich! sagte Hurra, die erst über Pauls Schilderung gelächelt hatte, sich Ihre Stimmung wurde immer gedrückter. Ein andermal hätte sie das Ganze Frierst? fragte Traudel. Geh, setz ti do aus Feuer her. I nehm jetzt Hanna schüttelte deu Kopf und blieb sitze«, wo sie war, als die Geschwister Mein Gott, Hanna! Was is deu», geh, sei gscheit. Traudel setzte sich zu O Traudel, schluchzte Hanna, ich glaube, ich habe sehr, sehr unrecht ge¬ Maas? Gegen ihn? Ja, das hab i mir scho denkt. Aber mein Gott! Sie wiegte Hanna sanft im Arm, und diese ließ es still geschehn, und eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235928"/> <fw type="header" place="top"> Auf der Alm</fw><lb/> <p xml:id="ID_384"> O mein! I Habs naufsteign sehn, sagte Paul, während er seine Schüssel<lb/> auskratzte. I glaub goar net, daß's hinaufkommen für. Die hütest sehn solln,<lb/> Hanna! I hab ihnen zugschaut, von fern. Dös warn Bergfex», echte! Otter<lb/> zehn Schritt sans stehn bliebn und habn gschnanft und sich die Stirn alten Sacktuch<lb/> abtrocknet. Und dann sans weiterkraxelt, und dann sans wieder stehn bliebn und<lb/> huhu den Abhang hinaufgschnnt; und dann habus mit dem Fernrohr die Berge<lb/> angschaut, und vana hat sich allweil bückt und hat zwischen den Beinen durch-<lb/> gschaut, und in van fort Habens mitoauanda gschwccht, nud vana hat gschrieu: Bier<lb/> her, oder ich fall um! Und gejodelt Habens — schcmdnhaft! I hab aufm Rückn<lb/> gelegn, so hab t lachn missn. Die san net hinauf kommen, net halb!</p><lb/> <p xml:id="ID_385"> Schlimm wärs, Wenns 's Wetter derwischt hätt! sagte Traudel, während sie<lb/> ihren Kessel rührte.</p><lb/> <p xml:id="ID_386"> Gräßlich! sagte Hurra, die erst über Pauls Schilderung gelächelt hatte, sich<lb/> aber jetzt vorstellte, was alles passieren konnte, wenn man so in Sturm und Nebel<lb/> geriet.</p><lb/> <p xml:id="ID_387"> Ihre Stimmung wurde immer gedrückter. Ein andermal hätte sie das Ganze<lb/> vielleicht für ein lustiges Abenteuer genommen, aber heute lag es schwer wie ein<lb/> Stein auf ihrem Herzen. Allmählich, allmählich hatte es in ihrem Innern an¬<lb/> gefangen zu bohren; der Gewissenswurm war aufgewacht und ließ nicht nach mit<lb/> seiner stille» Arbeit. Hätte sie sich bewegen können, mit eiligem Fuß ius Thal<lb/> hinabfliehn! Aber sie mußte stillhalten und ihren Gedanken folgen — zurück,<lb/> zurück — die Fahrt am gestrigen Tage, und weiter zurück, viele Tage: hatte sie<lb/> auch immer recht gethan? War es wirklich Karl gewesen, der an allem schuld<lb/> gewesen war? Wäre es nicht anders gekommen, wenn — sie stöhnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_388"> Frierst? fragte Traudel. Geh, setz ti do aus Feuer her. I nehm jetzt<lb/> den Kessel runter und trag ihn naus. Paule, geh her, helf mir tragu. Glei bin i<lb/> wieder da!</p><lb/> <p xml:id="ID_389"> Hanna schüttelte deu Kopf und blieb sitze«, wo sie war, als die Geschwister<lb/> mit dem Kessel und einer Laterne, die Paul angezündet hatte, in den Stall ver¬<lb/> schwunden waren. Wie die Zeit schlich; es war noch nicht einmal wirklich Abend,<lb/> so dunkel es auch draußen war. Sie preßte die Stirn gegen die kleinen Fenster¬<lb/> scheiben, aber es war Nacht draußen; man sah »icht einmal mehr den Regen, man<lb/> hörte ihn nur mich auf das Dach schlagen, und dumpf dröhnte das Brausen und<lb/> Rumoren des Bachs herüber. Immer derselbe Ton. Sie schloß die Angen und<lb/> lehnte sich an die Wand zurück. Wenn ihn die Sehnsucht ergriffen hätte, und<lb/> wenn er trotz des Wetters weitergegangen wäre, über Weißbach zurück, und im<lb/> Hirschbichl erfahren hätte — und nein, daran war ja gar nicht zu denken, das war<lb/> viel zu weit! Und bei solchem Wetter! Nein, er süß in Lofer, mit bitterm Herzen,<lb/> und morgen, wenn es wieder schön war, ging er weiter, Gott weiß wohin. „Ich<lb/> werde dir aus dem Wege gehn." O Gott, v Gott! Sie brach wieder in heftiges<lb/> Schluchzen aus, und so fand sie Traudel, als sie in die Küche zurückkam.</p><lb/> <p xml:id="ID_390"> Mein Gott, Hanna! Was is deu», geh, sei gscheit. Traudel setzte sich zu<lb/> ihr auf die Bank und schlang den Arm um sie. Aber Hanna schluchzte nnr weiter.<lb/> Gek), Hämmert, was is denn, führ Trnndei fort und stieß sie an; es kann doch goar<lb/> nix passiern!</p><lb/> <p xml:id="ID_391"> O Traudel, schluchzte Hanna, ich glaube, ich habe sehr, sehr unrecht ge¬<lb/> handelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_392"> Maas? Gegen ihn? 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Auf der Alm
O mein! I Habs naufsteign sehn, sagte Paul, während er seine Schüssel
auskratzte. I glaub goar net, daß's hinaufkommen für. Die hütest sehn solln,
Hanna! I hab ihnen zugschaut, von fern. Dös warn Bergfex», echte! Otter
zehn Schritt sans stehn bliebn und habn gschnanft und sich die Stirn alten Sacktuch
abtrocknet. Und dann sans weiterkraxelt, und dann sans wieder stehn bliebn und
huhu den Abhang hinaufgschnnt; und dann habus mit dem Fernrohr die Berge
angschaut, und vana hat sich allweil bückt und hat zwischen den Beinen durch-
gschaut, und in van fort Habens mitoauanda gschwccht, nud vana hat gschrieu: Bier
her, oder ich fall um! Und gejodelt Habens — schcmdnhaft! I hab aufm Rückn
gelegn, so hab t lachn missn. Die san net hinauf kommen, net halb!
Schlimm wärs, Wenns 's Wetter derwischt hätt! sagte Traudel, während sie
ihren Kessel rührte.
Gräßlich! sagte Hurra, die erst über Pauls Schilderung gelächelt hatte, sich
aber jetzt vorstellte, was alles passieren konnte, wenn man so in Sturm und Nebel
geriet.
Ihre Stimmung wurde immer gedrückter. Ein andermal hätte sie das Ganze
vielleicht für ein lustiges Abenteuer genommen, aber heute lag es schwer wie ein
Stein auf ihrem Herzen. Allmählich, allmählich hatte es in ihrem Innern an¬
gefangen zu bohren; der Gewissenswurm war aufgewacht und ließ nicht nach mit
seiner stille» Arbeit. Hätte sie sich bewegen können, mit eiligem Fuß ius Thal
hinabfliehn! Aber sie mußte stillhalten und ihren Gedanken folgen — zurück,
zurück — die Fahrt am gestrigen Tage, und weiter zurück, viele Tage: hatte sie
auch immer recht gethan? War es wirklich Karl gewesen, der an allem schuld
gewesen war? Wäre es nicht anders gekommen, wenn — sie stöhnte.
Frierst? fragte Traudel. Geh, setz ti do aus Feuer her. I nehm jetzt
den Kessel runter und trag ihn naus. Paule, geh her, helf mir tragu. Glei bin i
wieder da!
Hanna schüttelte deu Kopf und blieb sitze«, wo sie war, als die Geschwister
mit dem Kessel und einer Laterne, die Paul angezündet hatte, in den Stall ver¬
schwunden waren. Wie die Zeit schlich; es war noch nicht einmal wirklich Abend,
so dunkel es auch draußen war. Sie preßte die Stirn gegen die kleinen Fenster¬
scheiben, aber es war Nacht draußen; man sah »icht einmal mehr den Regen, man
hörte ihn nur mich auf das Dach schlagen, und dumpf dröhnte das Brausen und
Rumoren des Bachs herüber. Immer derselbe Ton. Sie schloß die Angen und
lehnte sich an die Wand zurück. Wenn ihn die Sehnsucht ergriffen hätte, und
wenn er trotz des Wetters weitergegangen wäre, über Weißbach zurück, und im
Hirschbichl erfahren hätte — und nein, daran war ja gar nicht zu denken, das war
viel zu weit! Und bei solchem Wetter! Nein, er süß in Lofer, mit bitterm Herzen,
und morgen, wenn es wieder schön war, ging er weiter, Gott weiß wohin. „Ich
werde dir aus dem Wege gehn." O Gott, v Gott! Sie brach wieder in heftiges
Schluchzen aus, und so fand sie Traudel, als sie in die Küche zurückkam.
Mein Gott, Hanna! Was is deu», geh, sei gscheit. Traudel setzte sich zu
ihr auf die Bank und schlang den Arm um sie. Aber Hanna schluchzte nnr weiter.
Gek), Hämmert, was is denn, führ Trnndei fort und stieß sie an; es kann doch goar
nix passiern!
O Traudel, schluchzte Hanna, ich glaube, ich habe sehr, sehr unrecht ge¬
handelt.
Maas? Gegen ihn? Ja, das hab i mir scho denkt. Aber mein Gott!
So schlimm wirds net sein. Jetzt sei nur stat und gscheit. Morgen wird alles
wieder besser ausschaun!
Sie wiegte Hanna sanft im Arm, und diese ließ es still geschehn, und eine
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