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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Die Pfandbriefverbände "ut ihre Erfolge

Weiter ist schon früher dargethan worden, daß wenn die Sparkassen auch
nicht jährlich vom Geldmarkt so stark beeinflußt werden wie die Hypotheken¬
banken, sie doch bei länger anhaltenden Krisen bei Notständen -- eine
schreckliche Gefahr für den Grundbesitz und für die Gemeinden selbst sind.

Wenn man also dein Kredit der Grundbesitzer in gesunder Weise weder
durch Hypothekenbanken noch durch Sparkassen helfen kann und soll, so darf
die Frage, wie nur ihm helfen soll, nicht einfach durch den Hinweis auf die
bestehenden preußischen Landschaften beantwortet werden, sondern es muß die
Richtigkeit dieser Antwort auch näher begründet werden. Dies soll nunmehr
geschehn.

Man könnte zuvor die Frage aufwerfen, ob überhaupt dem Kredit der
Grundbesitzer, insbesondre also dem der städtischen Hausbesitzer, geholfen werde"
soll und muß. Diese Frage ist allerdings zu bejahen. Denn es ist schon
vorher nachgewiesen worden, daß infolge der Krcditlosigkeit oder richtiger des
Mangels an genügendem Kredit für den städtischen Hausbesitzer die Wohnungs¬
not entstanden ist, und daß dadurch die Stadtgemeinden in ihrem Wohle stark
beeinträchtigt worden sind, sodaß sie sich bemühn, der Wohnungsnot zu steuern,
während Dresden und Düsseldorf selbstthätig eingreifen, um die Ursache der
Wohnungsnot zu beseitigen, nämlich den Kredit ihrer Hausbesitzer zu fördern
und zu unterstützen.

In weit größerm Maße hat der preußische Staat durch Schaffung der
Zentrnlgenvssenschaftskasse jüngst den Kredit der Genossenschaften zu heben
gesucht und diese mit einem Betriebskapital von 50 Millionen ausgestattet.
Er hat damit dem ländlichen Kreditwesen unter die Arme greifen wollen.
Thatsächlich hat er aber damit anerkannt, daß den Staat das Kreditwesen
und dessen Förderung doch etwas angeht. Das, was der Staat dem persön¬
lichen Kredit der Genossenschaften gewährt, darf er dem Realkredit erst recht
nicht verweigern. Im Gegenteil Hütte er zunächst den Rcalkredit auf gesunde
Füße stellen sollen. Für den ländlichen Realkredit hat dies Preußen durch
Schaffung der Landschaften längst gethan. Für die Hausbesitzer -- ländliche
wie städtische -- hat er dies zu thun unterlassen. Aber ohne jeden Grund.
Denn wenn während eines Kriegs oder danach die Hausbesitzer infolge
Krcditmaugels Not leide", daun wird es kaum jemand einfallen, zu behaupten,
den Staat ginge diese Not nichts an. Man wird dann die Frage schlechter¬
dings bejahen, wenn man mich über die Mittel und Wege abweichender Ansicht
sein wird.

Die Geschichte beweist das. Man hat nicht immer die richtigen Wege
eingeschlagen, aber man hat sich wenigsteus dann bemüht, dem Kredit der
Grundbesitzer wieder auf die Beine zu helfen. Am erfolgreichsten hat das die
Regierung Friedrichs des Großen nach dem siebenjährigen Kriege gethan.
Durch diesen langwierigen Krieg waren gerade die Gutsbesitzer Schlesiens arg
mitgenommen worden. Friedrich der Große wollte in väterlicher Fürsorge die
Übeln Folgen des Kriegs möglichst beseitigen und war bemüht, den Guts-


Die Pfandbriefverbände »ut ihre Erfolge

Weiter ist schon früher dargethan worden, daß wenn die Sparkassen auch
nicht jährlich vom Geldmarkt so stark beeinflußt werden wie die Hypotheken¬
banken, sie doch bei länger anhaltenden Krisen bei Notständen — eine
schreckliche Gefahr für den Grundbesitz und für die Gemeinden selbst sind.

Wenn man also dein Kredit der Grundbesitzer in gesunder Weise weder
durch Hypothekenbanken noch durch Sparkassen helfen kann und soll, so darf
die Frage, wie nur ihm helfen soll, nicht einfach durch den Hinweis auf die
bestehenden preußischen Landschaften beantwortet werden, sondern es muß die
Richtigkeit dieser Antwort auch näher begründet werden. Dies soll nunmehr
geschehn.

Man könnte zuvor die Frage aufwerfen, ob überhaupt dem Kredit der
Grundbesitzer, insbesondre also dem der städtischen Hausbesitzer, geholfen werde»
soll und muß. Diese Frage ist allerdings zu bejahen. Denn es ist schon
vorher nachgewiesen worden, daß infolge der Krcditlosigkeit oder richtiger des
Mangels an genügendem Kredit für den städtischen Hausbesitzer die Wohnungs¬
not entstanden ist, und daß dadurch die Stadtgemeinden in ihrem Wohle stark
beeinträchtigt worden sind, sodaß sie sich bemühn, der Wohnungsnot zu steuern,
während Dresden und Düsseldorf selbstthätig eingreifen, um die Ursache der
Wohnungsnot zu beseitigen, nämlich den Kredit ihrer Hausbesitzer zu fördern
und zu unterstützen.

In weit größerm Maße hat der preußische Staat durch Schaffung der
Zentrnlgenvssenschaftskasse jüngst den Kredit der Genossenschaften zu heben
gesucht und diese mit einem Betriebskapital von 50 Millionen ausgestattet.
Er hat damit dem ländlichen Kreditwesen unter die Arme greifen wollen.
Thatsächlich hat er aber damit anerkannt, daß den Staat das Kreditwesen
und dessen Förderung doch etwas angeht. Das, was der Staat dem persön¬
lichen Kredit der Genossenschaften gewährt, darf er dem Realkredit erst recht
nicht verweigern. Im Gegenteil Hütte er zunächst den Rcalkredit auf gesunde
Füße stellen sollen. Für den ländlichen Realkredit hat dies Preußen durch
Schaffung der Landschaften längst gethan. Für die Hausbesitzer — ländliche
wie städtische — hat er dies zu thun unterlassen. Aber ohne jeden Grund.
Denn wenn während eines Kriegs oder danach die Hausbesitzer infolge
Krcditmaugels Not leide», daun wird es kaum jemand einfallen, zu behaupten,
den Staat ginge diese Not nichts an. Man wird dann die Frage schlechter¬
dings bejahen, wenn man mich über die Mittel und Wege abweichender Ansicht
sein wird.

Die Geschichte beweist das. Man hat nicht immer die richtigen Wege
eingeschlagen, aber man hat sich wenigsteus dann bemüht, dem Kredit der
Grundbesitzer wieder auf die Beine zu helfen. Am erfolgreichsten hat das die
Regierung Friedrichs des Großen nach dem siebenjährigen Kriege gethan.
Durch diesen langwierigen Krieg waren gerade die Gutsbesitzer Schlesiens arg
mitgenommen worden. Friedrich der Große wollte in väterlicher Fürsorge die
Übeln Folgen des Kriegs möglichst beseitigen und war bemüht, den Guts-


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[0394] Die Pfandbriefverbände »ut ihre Erfolge Weiter ist schon früher dargethan worden, daß wenn die Sparkassen auch nicht jährlich vom Geldmarkt so stark beeinflußt werden wie die Hypotheken¬ banken, sie doch bei länger anhaltenden Krisen bei Notständen — eine schreckliche Gefahr für den Grundbesitz und für die Gemeinden selbst sind. Wenn man also dein Kredit der Grundbesitzer in gesunder Weise weder durch Hypothekenbanken noch durch Sparkassen helfen kann und soll, so darf die Frage, wie nur ihm helfen soll, nicht einfach durch den Hinweis auf die bestehenden preußischen Landschaften beantwortet werden, sondern es muß die Richtigkeit dieser Antwort auch näher begründet werden. Dies soll nunmehr geschehn. Man könnte zuvor die Frage aufwerfen, ob überhaupt dem Kredit der Grundbesitzer, insbesondre also dem der städtischen Hausbesitzer, geholfen werde» soll und muß. Diese Frage ist allerdings zu bejahen. Denn es ist schon vorher nachgewiesen worden, daß infolge der Krcditlosigkeit oder richtiger des Mangels an genügendem Kredit für den städtischen Hausbesitzer die Wohnungs¬ not entstanden ist, und daß dadurch die Stadtgemeinden in ihrem Wohle stark beeinträchtigt worden sind, sodaß sie sich bemühn, der Wohnungsnot zu steuern, während Dresden und Düsseldorf selbstthätig eingreifen, um die Ursache der Wohnungsnot zu beseitigen, nämlich den Kredit ihrer Hausbesitzer zu fördern und zu unterstützen. In weit größerm Maße hat der preußische Staat durch Schaffung der Zentrnlgenvssenschaftskasse jüngst den Kredit der Genossenschaften zu heben gesucht und diese mit einem Betriebskapital von 50 Millionen ausgestattet. Er hat damit dem ländlichen Kreditwesen unter die Arme greifen wollen. Thatsächlich hat er aber damit anerkannt, daß den Staat das Kreditwesen und dessen Förderung doch etwas angeht. Das, was der Staat dem persön¬ lichen Kredit der Genossenschaften gewährt, darf er dem Realkredit erst recht nicht verweigern. Im Gegenteil Hütte er zunächst den Rcalkredit auf gesunde Füße stellen sollen. Für den ländlichen Realkredit hat dies Preußen durch Schaffung der Landschaften längst gethan. Für die Hausbesitzer — ländliche wie städtische — hat er dies zu thun unterlassen. Aber ohne jeden Grund. Denn wenn während eines Kriegs oder danach die Hausbesitzer infolge Krcditmaugels Not leide», daun wird es kaum jemand einfallen, zu behaupten, den Staat ginge diese Not nichts an. Man wird dann die Frage schlechter¬ dings bejahen, wenn man mich über die Mittel und Wege abweichender Ansicht sein wird. Die Geschichte beweist das. Man hat nicht immer die richtigen Wege eingeschlagen, aber man hat sich wenigsteus dann bemüht, dem Kredit der Grundbesitzer wieder auf die Beine zu helfen. Am erfolgreichsten hat das die Regierung Friedrichs des Großen nach dem siebenjährigen Kriege gethan. Durch diesen langwierigen Krieg waren gerade die Gutsbesitzer Schlesiens arg mitgenommen worden. Friedrich der Große wollte in väterlicher Fürsorge die Übeln Folgen des Kriegs möglichst beseitigen und war bemüht, den Guts-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/394>, abgerufen am 22.07.2024.