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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Die fehlerhafte Grganiscition der Sparkassen für den Hyxothekarkredit

in der Regel drei Monate nicht überschreitende Kündigungsfrist wieder ab¬
heben können.

Die Gemeinde erhält nun meist viel Geld von den Sparern eingezahlt
und muß dieses wieder ihrerseits zinsbar anlegen, um sowohl die Zinsen für
die Sparer, die Verwaltungsunkosten und womöglich noch einen Gewinn
herauszuwirtschaften, Sie kauft nun ihrerseits für die eingezahlten Spar¬
beträge teils Wertpapiere, teils leiht sie Geld auf Hypotheken ans, deren
Kündigung wieder -- entsprechend der Kündigung der Sparbeträge -- auf nicht
länger als drei Monate festgesetzt wird und satzungsmäßig nicht auf längere
Fristen erstreckt werden darf.

Wie viel von dem Gesamtkapital die Sparkasse in Wertpapieren, und
wie viel sie in Hypotheken anlegt, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Es hängt
dies teils von dem Angebot von Hypotheken ab, teils von der Anschauung der
jedesmaligen Sparkassenverwaltung. In der ersten Zeit pflegte man wohl
nur ein Drittel des Gesamtbetrags auf Hypotheken auszuleihen, später scheute
man sich uicht, die Hälfte in Hypotheken festzulegen, ja manche Sparkassen
sind auch darüber hinausgegangen und haben wohl sogar bis zu zwei Drittel
ihrer Gelder in Hypotheken aufgethan.

Solange die Geldverhältnisse gesund sind und der Frieden nicht bedroht
erscheint, wird sich schwerlich ein Nachteil für die Sparkasse aus etwa zu viel
erworbnen Hypotheken bemerkbar machen. Denn solange die wirtschaftlichen
Verhältnisse der Gemeinde nicht gerade not leiden, wird für gewöhnlich bei
einer Sparkasse mehr eingezahlt als abgehoben. Dem entspricht es auch, daß
in der That die Spcirbcträge und damit die Kapitalien der Sparkasse fast
ausnahmlos von Jahr zu Jahr gewachsen sind und sich ständig vermehren.
Man hält dies für einen Beweis der wachsenden Wohlhabenheit und des
wachsenden Sparsinns und freut sich deshalb über dieses Anwachsen der
Kapitalien der Sparkassen, zumal da damit auch die Einnahmen der Gemeinde
aus der Sparkasse wachsen. Mag das alles auch zutreffend sein, so wird
sich diese Frende sicherlich einmal in das Gegenteil verwandeln, sobald sich
die wirtschaftlichen Verhältnisse ändern, insbesondre bei einem lang anhaltenden
Notstand, bei einer lang dauernden Geldkrisis, unfehlbar aber bei einem lang
anhaltenden Kriege. Es werden dann die Gemeinden das, was ihnen die
Sparkassen im Frieden gebracht haben, reichlich mit Zinsen durch die Verluste
wieder zurückzahlen müssen, die nicht bloß ihre Sparkassen unmittelbar, sondern
auch ihre Gemeinden infolge der Fehler der Sparkassen mittelbar erleiden
werden.

Bei einem siegreichen kurzen Kriege, wie dem von 1870/71, wo die
Sparkassen erst einen unbedeutenden Umfang erreicht hatten, hat sich dies
allerdings kaum bemerkbar gemacht. Werden wir aber noch ein Jahrhundert
weiter Frieden behalten, oder werden die Kriege immer so kurz sein, auch
wenn sie schließlich siegreich sein sollten? Wer möchte dies unbedingt bejahen?
Schon der Burenkrieg, der immer mehr auf die Vernichtung eines kleinen


Die fehlerhafte Grganiscition der Sparkassen für den Hyxothekarkredit

in der Regel drei Monate nicht überschreitende Kündigungsfrist wieder ab¬
heben können.

Die Gemeinde erhält nun meist viel Geld von den Sparern eingezahlt
und muß dieses wieder ihrerseits zinsbar anlegen, um sowohl die Zinsen für
die Sparer, die Verwaltungsunkosten und womöglich noch einen Gewinn
herauszuwirtschaften, Sie kauft nun ihrerseits für die eingezahlten Spar¬
beträge teils Wertpapiere, teils leiht sie Geld auf Hypotheken ans, deren
Kündigung wieder — entsprechend der Kündigung der Sparbeträge — auf nicht
länger als drei Monate festgesetzt wird und satzungsmäßig nicht auf längere
Fristen erstreckt werden darf.

Wie viel von dem Gesamtkapital die Sparkasse in Wertpapieren, und
wie viel sie in Hypotheken anlegt, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Es hängt
dies teils von dem Angebot von Hypotheken ab, teils von der Anschauung der
jedesmaligen Sparkassenverwaltung. In der ersten Zeit pflegte man wohl
nur ein Drittel des Gesamtbetrags auf Hypotheken auszuleihen, später scheute
man sich uicht, die Hälfte in Hypotheken festzulegen, ja manche Sparkassen
sind auch darüber hinausgegangen und haben wohl sogar bis zu zwei Drittel
ihrer Gelder in Hypotheken aufgethan.

Solange die Geldverhältnisse gesund sind und der Frieden nicht bedroht
erscheint, wird sich schwerlich ein Nachteil für die Sparkasse aus etwa zu viel
erworbnen Hypotheken bemerkbar machen. Denn solange die wirtschaftlichen
Verhältnisse der Gemeinde nicht gerade not leiden, wird für gewöhnlich bei
einer Sparkasse mehr eingezahlt als abgehoben. Dem entspricht es auch, daß
in der That die Spcirbcträge und damit die Kapitalien der Sparkasse fast
ausnahmlos von Jahr zu Jahr gewachsen sind und sich ständig vermehren.
Man hält dies für einen Beweis der wachsenden Wohlhabenheit und des
wachsenden Sparsinns und freut sich deshalb über dieses Anwachsen der
Kapitalien der Sparkassen, zumal da damit auch die Einnahmen der Gemeinde
aus der Sparkasse wachsen. Mag das alles auch zutreffend sein, so wird
sich diese Frende sicherlich einmal in das Gegenteil verwandeln, sobald sich
die wirtschaftlichen Verhältnisse ändern, insbesondre bei einem lang anhaltenden
Notstand, bei einer lang dauernden Geldkrisis, unfehlbar aber bei einem lang
anhaltenden Kriege. Es werden dann die Gemeinden das, was ihnen die
Sparkassen im Frieden gebracht haben, reichlich mit Zinsen durch die Verluste
wieder zurückzahlen müssen, die nicht bloß ihre Sparkassen unmittelbar, sondern
auch ihre Gemeinden infolge der Fehler der Sparkassen mittelbar erleiden
werden.

Bei einem siegreichen kurzen Kriege, wie dem von 1870/71, wo die
Sparkassen erst einen unbedeutenden Umfang erreicht hatten, hat sich dies
allerdings kaum bemerkbar gemacht. Werden wir aber noch ein Jahrhundert
weiter Frieden behalten, oder werden die Kriege immer so kurz sein, auch
wenn sie schließlich siegreich sein sollten? Wer möchte dies unbedingt bejahen?
Schon der Burenkrieg, der immer mehr auf die Vernichtung eines kleinen


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[0355] Die fehlerhafte Grganiscition der Sparkassen für den Hyxothekarkredit in der Regel drei Monate nicht überschreitende Kündigungsfrist wieder ab¬ heben können. Die Gemeinde erhält nun meist viel Geld von den Sparern eingezahlt und muß dieses wieder ihrerseits zinsbar anlegen, um sowohl die Zinsen für die Sparer, die Verwaltungsunkosten und womöglich noch einen Gewinn herauszuwirtschaften, Sie kauft nun ihrerseits für die eingezahlten Spar¬ beträge teils Wertpapiere, teils leiht sie Geld auf Hypotheken ans, deren Kündigung wieder — entsprechend der Kündigung der Sparbeträge — auf nicht länger als drei Monate festgesetzt wird und satzungsmäßig nicht auf längere Fristen erstreckt werden darf. Wie viel von dem Gesamtkapital die Sparkasse in Wertpapieren, und wie viel sie in Hypotheken anlegt, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Es hängt dies teils von dem Angebot von Hypotheken ab, teils von der Anschauung der jedesmaligen Sparkassenverwaltung. In der ersten Zeit pflegte man wohl nur ein Drittel des Gesamtbetrags auf Hypotheken auszuleihen, später scheute man sich uicht, die Hälfte in Hypotheken festzulegen, ja manche Sparkassen sind auch darüber hinausgegangen und haben wohl sogar bis zu zwei Drittel ihrer Gelder in Hypotheken aufgethan. Solange die Geldverhältnisse gesund sind und der Frieden nicht bedroht erscheint, wird sich schwerlich ein Nachteil für die Sparkasse aus etwa zu viel erworbnen Hypotheken bemerkbar machen. Denn solange die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde nicht gerade not leiden, wird für gewöhnlich bei einer Sparkasse mehr eingezahlt als abgehoben. Dem entspricht es auch, daß in der That die Spcirbcträge und damit die Kapitalien der Sparkasse fast ausnahmlos von Jahr zu Jahr gewachsen sind und sich ständig vermehren. Man hält dies für einen Beweis der wachsenden Wohlhabenheit und des wachsenden Sparsinns und freut sich deshalb über dieses Anwachsen der Kapitalien der Sparkassen, zumal da damit auch die Einnahmen der Gemeinde aus der Sparkasse wachsen. Mag das alles auch zutreffend sein, so wird sich diese Frende sicherlich einmal in das Gegenteil verwandeln, sobald sich die wirtschaftlichen Verhältnisse ändern, insbesondre bei einem lang anhaltenden Notstand, bei einer lang dauernden Geldkrisis, unfehlbar aber bei einem lang anhaltenden Kriege. Es werden dann die Gemeinden das, was ihnen die Sparkassen im Frieden gebracht haben, reichlich mit Zinsen durch die Verluste wieder zurückzahlen müssen, die nicht bloß ihre Sparkassen unmittelbar, sondern auch ihre Gemeinden infolge der Fehler der Sparkassen mittelbar erleiden werden. Bei einem siegreichen kurzen Kriege, wie dem von 1870/71, wo die Sparkassen erst einen unbedeutenden Umfang erreicht hatten, hat sich dies allerdings kaum bemerkbar gemacht. Werden wir aber noch ein Jahrhundert weiter Frieden behalten, oder werden die Kriege immer so kurz sein, auch wenn sie schließlich siegreich sein sollten? Wer möchte dies unbedingt bejahen? Schon der Burenkrieg, der immer mehr auf die Vernichtung eines kleinen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/355>, abgerufen am 22.07.2024.