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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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dem Kanal gestalten mag, bleibt doch immer "och vieles zurück, was in der
Rechnung auf die Seite des Nutzens für Deutschland gesetzt werden muß.
Dazu gehört vor allen: die Einfuhr von Holz und Getreide und die Ausfuhr
von Kohle und von Eisen und Stahlfabrikaten, die zwischen den Ostseeländcr"
und dem rheinisch-Niestfälischen Industriegebiet hin und her gehn. Bei aller
Verschlafenheit hat Emden vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren einen nicht
unbeträchtlichen Holzhandel gehabt, und sein Umschlag in Getreide ist noch
immer nicht ohne Bedeutung. Wenigstens ist ans den Spuren noch erkennbar,
welchen Umfang einmal das Geschäft gehabt haben muß. Aber wenn auch das,
was noch auf diesen spüre" einhergeht, gleichsam nur die Fortsetzung einer
kraftvollen Thätigkeit in halbwachem Träumen ist, so braucht es doch nicht aus¬
geschlossen zu sein, daß man ans dieser narkotischen Befangenheit einmal wieder
zum vollen Bewußtsein lebendigen Handelns erwacht. Es kommt nur darauf
an, daß die Regierung Hilfe giebt und besonders durch Vertiefung des Hafens
und des untern Emsfahrwnssers die Geister anspornt, sich den Schlaf aus den
Augen zu wischen.

Es ist ein Glück, sagen zu können, daß man sich in Berlin schon seit
langem drzu angeschickt hat. In den Anlagen zum preußischen Staatshnns-
haltsetat für 19V0 war eine Denkschrift enthalten, die neben den Darlegungen
der bisherigen Ergebnisse des Dortmund-Emskanals den eingehenden Nachweis
brachte, daß weitere umfassende Veranstaltungen zur Hebung deS Verkehrs,
der in seinen Anfängen auch optimistische Erwartungen übertroffen habe, un-
"zugänglich notwendig seien. Zuerst die erfreuliche Thatsache, daß die Ham-
burg-Amerikalinie beschlossen hat, zu dem Zweck in Emden eine umfangreiche
Niederlassung einzurichten, diesen Hafen in ihren regelmäßigen Frachtdampfer¬
verkehr aufzunehmen und zu einer Kohlenstation zu machen. Dazu kommt, daß
die Westfälische Trausportgesellschaft bei der Staatsregierung den Antrag gestellt
hat, ihre Berkehrsanlagen im Emder Hafen bedeutend erweitern zu dürfen.

Welcher Art diese Erweiterungen find, und besonders welche Folgen die
Installierung der Hamburg-Amerikalinie in dein Ansgangshafen des Dort¬
mund-Emskanals für dessen Verkehr haben wird, darüber braucht an dieser
Stelle nicht weiter die Rede zu sein. Nur das sei bemerkt, daß die Regierung
ihre Abschlüsse mit den genannten Gesellschaften schon gemacht hat, und daß
die von beiden geplanten Anlagen seit Monate" fertig sind und jetzt dein
Verkehr werden übergebe" werde". Selbstverständlich ist es, daß in den Ab¬
schlüssen, von de"e" die Rede war, sich die Regierung verpflichtet hat, das
Fahrwasser an den in Betracht kommenden Stellen ans eine Tiefe zu bringen,
die den Emder Hafen zu der Geltung von Bremerhaven emporhebt. Zum
Schluß sei uoch eines Berichts des Dortmunder Hafenamts Erwähnung gethan,
wonach die Denkschrift mitteilt, die im Lagerhaus des Dortmunder Hafens
angebrachten Waren seien zum weitaus größten Teil früher über Rotterdam
eingegangen.

Faßt man alles das zusammen, so ist es in der That keine überspannte


dem Kanal gestalten mag, bleibt doch immer »och vieles zurück, was in der
Rechnung auf die Seite des Nutzens für Deutschland gesetzt werden muß.
Dazu gehört vor allen: die Einfuhr von Holz und Getreide und die Ausfuhr
von Kohle und von Eisen und Stahlfabrikaten, die zwischen den Ostseeländcr»
und dem rheinisch-Niestfälischen Industriegebiet hin und her gehn. Bei aller
Verschlafenheit hat Emden vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren einen nicht
unbeträchtlichen Holzhandel gehabt, und sein Umschlag in Getreide ist noch
immer nicht ohne Bedeutung. Wenigstens ist ans den Spuren noch erkennbar,
welchen Umfang einmal das Geschäft gehabt haben muß. Aber wenn auch das,
was noch auf diesen spüre» einhergeht, gleichsam nur die Fortsetzung einer
kraftvollen Thätigkeit in halbwachem Träumen ist, so braucht es doch nicht aus¬
geschlossen zu sein, daß man ans dieser narkotischen Befangenheit einmal wieder
zum vollen Bewußtsein lebendigen Handelns erwacht. Es kommt nur darauf
an, daß die Regierung Hilfe giebt und besonders durch Vertiefung des Hafens
und des untern Emsfahrwnssers die Geister anspornt, sich den Schlaf aus den
Augen zu wischen.

Es ist ein Glück, sagen zu können, daß man sich in Berlin schon seit
langem drzu angeschickt hat. In den Anlagen zum preußischen Staatshnns-
haltsetat für 19V0 war eine Denkschrift enthalten, die neben den Darlegungen
der bisherigen Ergebnisse des Dortmund-Emskanals den eingehenden Nachweis
brachte, daß weitere umfassende Veranstaltungen zur Hebung deS Verkehrs,
der in seinen Anfängen auch optimistische Erwartungen übertroffen habe, un-
»zugänglich notwendig seien. Zuerst die erfreuliche Thatsache, daß die Ham-
burg-Amerikalinie beschlossen hat, zu dem Zweck in Emden eine umfangreiche
Niederlassung einzurichten, diesen Hafen in ihren regelmäßigen Frachtdampfer¬
verkehr aufzunehmen und zu einer Kohlenstation zu machen. Dazu kommt, daß
die Westfälische Trausportgesellschaft bei der Staatsregierung den Antrag gestellt
hat, ihre Berkehrsanlagen im Emder Hafen bedeutend erweitern zu dürfen.

Welcher Art diese Erweiterungen find, und besonders welche Folgen die
Installierung der Hamburg-Amerikalinie in dein Ansgangshafen des Dort¬
mund-Emskanals für dessen Verkehr haben wird, darüber braucht an dieser
Stelle nicht weiter die Rede zu sein. Nur das sei bemerkt, daß die Regierung
ihre Abschlüsse mit den genannten Gesellschaften schon gemacht hat, und daß
die von beiden geplanten Anlagen seit Monate» fertig sind und jetzt dein
Verkehr werden übergebe» werde». Selbstverständlich ist es, daß in den Ab¬
schlüssen, von de»e» die Rede war, sich die Regierung verpflichtet hat, das
Fahrwasser an den in Betracht kommenden Stellen ans eine Tiefe zu bringen,
die den Emder Hafen zu der Geltung von Bremerhaven emporhebt. Zum
Schluß sei uoch eines Berichts des Dortmunder Hafenamts Erwähnung gethan,
wonach die Denkschrift mitteilt, die im Lagerhaus des Dortmunder Hafens
angebrachten Waren seien zum weitaus größten Teil früher über Rotterdam
eingegangen.

Faßt man alles das zusammen, so ist es in der That keine überspannte


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[0269] dem Kanal gestalten mag, bleibt doch immer »och vieles zurück, was in der Rechnung auf die Seite des Nutzens für Deutschland gesetzt werden muß. Dazu gehört vor allen: die Einfuhr von Holz und Getreide und die Ausfuhr von Kohle und von Eisen und Stahlfabrikaten, die zwischen den Ostseeländcr» und dem rheinisch-Niestfälischen Industriegebiet hin und her gehn. Bei aller Verschlafenheit hat Emden vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren einen nicht unbeträchtlichen Holzhandel gehabt, und sein Umschlag in Getreide ist noch immer nicht ohne Bedeutung. Wenigstens ist ans den Spuren noch erkennbar, welchen Umfang einmal das Geschäft gehabt haben muß. Aber wenn auch das, was noch auf diesen spüre» einhergeht, gleichsam nur die Fortsetzung einer kraftvollen Thätigkeit in halbwachem Träumen ist, so braucht es doch nicht aus¬ geschlossen zu sein, daß man ans dieser narkotischen Befangenheit einmal wieder zum vollen Bewußtsein lebendigen Handelns erwacht. Es kommt nur darauf an, daß die Regierung Hilfe giebt und besonders durch Vertiefung des Hafens und des untern Emsfahrwnssers die Geister anspornt, sich den Schlaf aus den Augen zu wischen. Es ist ein Glück, sagen zu können, daß man sich in Berlin schon seit langem drzu angeschickt hat. In den Anlagen zum preußischen Staatshnns- haltsetat für 19V0 war eine Denkschrift enthalten, die neben den Darlegungen der bisherigen Ergebnisse des Dortmund-Emskanals den eingehenden Nachweis brachte, daß weitere umfassende Veranstaltungen zur Hebung deS Verkehrs, der in seinen Anfängen auch optimistische Erwartungen übertroffen habe, un- »zugänglich notwendig seien. Zuerst die erfreuliche Thatsache, daß die Ham- burg-Amerikalinie beschlossen hat, zu dem Zweck in Emden eine umfangreiche Niederlassung einzurichten, diesen Hafen in ihren regelmäßigen Frachtdampfer¬ verkehr aufzunehmen und zu einer Kohlenstation zu machen. Dazu kommt, daß die Westfälische Trausportgesellschaft bei der Staatsregierung den Antrag gestellt hat, ihre Berkehrsanlagen im Emder Hafen bedeutend erweitern zu dürfen. Welcher Art diese Erweiterungen find, und besonders welche Folgen die Installierung der Hamburg-Amerikalinie in dein Ansgangshafen des Dort¬ mund-Emskanals für dessen Verkehr haben wird, darüber braucht an dieser Stelle nicht weiter die Rede zu sein. Nur das sei bemerkt, daß die Regierung ihre Abschlüsse mit den genannten Gesellschaften schon gemacht hat, und daß die von beiden geplanten Anlagen seit Monate» fertig sind und jetzt dein Verkehr werden übergebe» werde». Selbstverständlich ist es, daß in den Ab¬ schlüssen, von de»e» die Rede war, sich die Regierung verpflichtet hat, das Fahrwasser an den in Betracht kommenden Stellen ans eine Tiefe zu bringen, die den Emder Hafen zu der Geltung von Bremerhaven emporhebt. Zum Schluß sei uoch eines Berichts des Dortmunder Hafenamts Erwähnung gethan, wonach die Denkschrift mitteilt, die im Lagerhaus des Dortmunder Hafens angebrachten Waren seien zum weitaus größten Teil früher über Rotterdam eingegangen. Faßt man alles das zusammen, so ist es in der That keine überspannte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/269>, abgerufen am 22.07.2024.