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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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die Nähe des Feindes, von dem wir nichts merkten. Nur die hellen Flammen
des in weiter Ausdehnung brennenden Grasfelds, die man am Horizonte sehen
konnte, gaben uns die Richtung an, wo er zu suchen sei. Mit Anbruch der
Dämmerung, gegen drei Uhr des Morgens, stiegen wir wieder muss Pferd
und ritten weiter nach Blauwbanksdrift zu, kehrten aber, als wir nach mehr¬
stündigem Ritt immer noch nichts vom Feinde gewahrten, wieder um.

Näher bei Jalobsdaal sprengte ein Reiter heran mit den Worten: "Die
Engländer sind in Jakobsdaal." Wir beschleunigten den Ritt, schlössen uns
mit andern kleinen Kommandos zusammen und warfen die Engländer, die kaum
mehr als eine starke Kavalleriespitze sein mochten, mit wenig Schlissen zum
Orte hinaus. Während einige Kommandos, darunter das meinige, etwa einen
halben Kilometer vor dem Orte Halt machten und für den zu erwartenden An¬
griff eine Stellung suchten, kämpften andre Kommandos mit der inzwischen wohl
verstärkten feindlichen Kavalleriespitze. Nach der Zahl der zurückgeleiteten Ver¬
wundeten waren unsre Verluste dabei nur gering. Wir verstärkten unterdessen
die gewählte Position, so gut es eben ohne Spaten, die im Lager zurück¬
geblieben waren, ging. Am meisten waren Termitenhügel zur Deckung gesucht,
die sich in müßiger Höhe aus dem Boden erhoben. Dank ihrer Bauart sind
sie für die Kugel des englischen Lee-Metfvrd- wie des Mausergewehrs undurch¬
dringlich, eine Eigenschaft, die den Engländern unbekannt war. Wo Felsen
Deckung boten, wurden sie in die Stellung gezogen, wo sie fehlten, trugen wir
Steine zusammen und richteten uns dahinter ein. Unsre Pferde wurden auch
an diesem Abend nur getränkt und hinter die vordersten Häuser Jakobsdaals
gestellt zu unsrer sofortige" Verfügung. Dann hatten wir, in unsrer Stellung
schlafend, eine ruhige Nacht, die letzte für lange Zeit.

Mit dem Morgen des 15. Februars war es mir klar, daß uns ernste
Stunden bevorstünden. In der Entfernung sah ich mit unbewaffnetem Auge
die Staubsäulen anmarschierender bedeutender Trnppenmnssen. Das war die
englische Hauptmacht. Gegen Mittag sind die Engländer herangekommen, und
bald schlagen in unsrer Nähe die ersten Granaten ein. Der Angriff hat be¬
gonnen. Wir verhalten uus ruhig, bis die feindlichen Schützen auf 500 Meter,
der Tragweite unsers Standvisiers, herangekommen sind. Dann geht auch bei
uus der Tanz los. Die Übermacht des Feindes muß bedeutend sein, denn
wir verspüren keine Wirkung unsers Feuers. Immer stärker wird die feindliche
Schützenlinie, uus weit überflügelnd mit starken souliers dahinter. So feuern
wir wohl eine Stunde, Wir bekommen keine Unterstützungen und sind der
Umklammerung ausgesetzt. Jemand ruft nrir zu, es gehe zurück, und ich sah
auch hier und dort liegende Schützen sich erheben, kurze Strecken zurückkaufen
und dann das Feuer wieder aufnehmen. Als die nächsten feindlichen Schützen
wohl 300 Meter vor uns sprungweise vorgehn, kriechen mein Nebenmann und
ich zur nächsten Deckung zurück. So geht es langsam bis zu den ersten
Häusern Jakobsdaals. Vou dort beschießen wir so lange wie möglich die uns
auf den Fersen folgenden Feinde, dann geht es ans das Pferd hinauf, im


die Nähe des Feindes, von dem wir nichts merkten. Nur die hellen Flammen
des in weiter Ausdehnung brennenden Grasfelds, die man am Horizonte sehen
konnte, gaben uns die Richtung an, wo er zu suchen sei. Mit Anbruch der
Dämmerung, gegen drei Uhr des Morgens, stiegen wir wieder muss Pferd
und ritten weiter nach Blauwbanksdrift zu, kehrten aber, als wir nach mehr¬
stündigem Ritt immer noch nichts vom Feinde gewahrten, wieder um.

Näher bei Jalobsdaal sprengte ein Reiter heran mit den Worten: „Die
Engländer sind in Jakobsdaal." Wir beschleunigten den Ritt, schlössen uns
mit andern kleinen Kommandos zusammen und warfen die Engländer, die kaum
mehr als eine starke Kavalleriespitze sein mochten, mit wenig Schlissen zum
Orte hinaus. Während einige Kommandos, darunter das meinige, etwa einen
halben Kilometer vor dem Orte Halt machten und für den zu erwartenden An¬
griff eine Stellung suchten, kämpften andre Kommandos mit der inzwischen wohl
verstärkten feindlichen Kavalleriespitze. Nach der Zahl der zurückgeleiteten Ver¬
wundeten waren unsre Verluste dabei nur gering. Wir verstärkten unterdessen
die gewählte Position, so gut es eben ohne Spaten, die im Lager zurück¬
geblieben waren, ging. Am meisten waren Termitenhügel zur Deckung gesucht,
die sich in müßiger Höhe aus dem Boden erhoben. Dank ihrer Bauart sind
sie für die Kugel des englischen Lee-Metfvrd- wie des Mausergewehrs undurch¬
dringlich, eine Eigenschaft, die den Engländern unbekannt war. Wo Felsen
Deckung boten, wurden sie in die Stellung gezogen, wo sie fehlten, trugen wir
Steine zusammen und richteten uns dahinter ein. Unsre Pferde wurden auch
an diesem Abend nur getränkt und hinter die vordersten Häuser Jakobsdaals
gestellt zu unsrer sofortige« Verfügung. Dann hatten wir, in unsrer Stellung
schlafend, eine ruhige Nacht, die letzte für lange Zeit.

Mit dem Morgen des 15. Februars war es mir klar, daß uns ernste
Stunden bevorstünden. In der Entfernung sah ich mit unbewaffnetem Auge
die Staubsäulen anmarschierender bedeutender Trnppenmnssen. Das war die
englische Hauptmacht. Gegen Mittag sind die Engländer herangekommen, und
bald schlagen in unsrer Nähe die ersten Granaten ein. Der Angriff hat be¬
gonnen. Wir verhalten uus ruhig, bis die feindlichen Schützen auf 500 Meter,
der Tragweite unsers Standvisiers, herangekommen sind. Dann geht auch bei
uus der Tanz los. Die Übermacht des Feindes muß bedeutend sein, denn
wir verspüren keine Wirkung unsers Feuers. Immer stärker wird die feindliche
Schützenlinie, uus weit überflügelnd mit starken souliers dahinter. So feuern
wir wohl eine Stunde, Wir bekommen keine Unterstützungen und sind der
Umklammerung ausgesetzt. Jemand ruft nrir zu, es gehe zurück, und ich sah
auch hier und dort liegende Schützen sich erheben, kurze Strecken zurückkaufen
und dann das Feuer wieder aufnehmen. Als die nächsten feindlichen Schützen
wohl 300 Meter vor uns sprungweise vorgehn, kriechen mein Nebenmann und
ich zur nächsten Deckung zurück. So geht es langsam bis zu den ersten
Häusern Jakobsdaals. Vou dort beschießen wir so lange wie möglich die uns
auf den Fersen folgenden Feinde, dann geht es ans das Pferd hinauf, im


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[0279] die Nähe des Feindes, von dem wir nichts merkten. Nur die hellen Flammen des in weiter Ausdehnung brennenden Grasfelds, die man am Horizonte sehen konnte, gaben uns die Richtung an, wo er zu suchen sei. Mit Anbruch der Dämmerung, gegen drei Uhr des Morgens, stiegen wir wieder muss Pferd und ritten weiter nach Blauwbanksdrift zu, kehrten aber, als wir nach mehr¬ stündigem Ritt immer noch nichts vom Feinde gewahrten, wieder um. Näher bei Jalobsdaal sprengte ein Reiter heran mit den Worten: „Die Engländer sind in Jakobsdaal." Wir beschleunigten den Ritt, schlössen uns mit andern kleinen Kommandos zusammen und warfen die Engländer, die kaum mehr als eine starke Kavalleriespitze sein mochten, mit wenig Schlissen zum Orte hinaus. Während einige Kommandos, darunter das meinige, etwa einen halben Kilometer vor dem Orte Halt machten und für den zu erwartenden An¬ griff eine Stellung suchten, kämpften andre Kommandos mit der inzwischen wohl verstärkten feindlichen Kavalleriespitze. Nach der Zahl der zurückgeleiteten Ver¬ wundeten waren unsre Verluste dabei nur gering. Wir verstärkten unterdessen die gewählte Position, so gut es eben ohne Spaten, die im Lager zurück¬ geblieben waren, ging. Am meisten waren Termitenhügel zur Deckung gesucht, die sich in müßiger Höhe aus dem Boden erhoben. Dank ihrer Bauart sind sie für die Kugel des englischen Lee-Metfvrd- wie des Mausergewehrs undurch¬ dringlich, eine Eigenschaft, die den Engländern unbekannt war. Wo Felsen Deckung boten, wurden sie in die Stellung gezogen, wo sie fehlten, trugen wir Steine zusammen und richteten uns dahinter ein. Unsre Pferde wurden auch an diesem Abend nur getränkt und hinter die vordersten Häuser Jakobsdaals gestellt zu unsrer sofortige« Verfügung. Dann hatten wir, in unsrer Stellung schlafend, eine ruhige Nacht, die letzte für lange Zeit. Mit dem Morgen des 15. Februars war es mir klar, daß uns ernste Stunden bevorstünden. In der Entfernung sah ich mit unbewaffnetem Auge die Staubsäulen anmarschierender bedeutender Trnppenmnssen. Das war die englische Hauptmacht. Gegen Mittag sind die Engländer herangekommen, und bald schlagen in unsrer Nähe die ersten Granaten ein. Der Angriff hat be¬ gonnen. Wir verhalten uus ruhig, bis die feindlichen Schützen auf 500 Meter, der Tragweite unsers Standvisiers, herangekommen sind. Dann geht auch bei uus der Tanz los. Die Übermacht des Feindes muß bedeutend sein, denn wir verspüren keine Wirkung unsers Feuers. Immer stärker wird die feindliche Schützenlinie, uus weit überflügelnd mit starken souliers dahinter. So feuern wir wohl eine Stunde, Wir bekommen keine Unterstützungen und sind der Umklammerung ausgesetzt. Jemand ruft nrir zu, es gehe zurück, und ich sah auch hier und dort liegende Schützen sich erheben, kurze Strecken zurückkaufen und dann das Feuer wieder aufnehmen. Als die nächsten feindlichen Schützen wohl 300 Meter vor uns sprungweise vorgehn, kriechen mein Nebenmann und ich zur nächsten Deckung zurück. So geht es langsam bis zu den ersten Häusern Jakobsdaals. Vou dort beschießen wir so lange wie möglich die uns auf den Fersen folgenden Feinde, dann geht es ans das Pferd hinauf, im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/279>, abgerufen am 22.07.2024.