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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Mit den Buren im Felde

geheimnisses unausführbar geworden. Ich habe nie erfahren können, welche
Stellung der General zu diesem Vorfall genommen hat. Nach wie vor nahmen
sämtliche Kommandanten um Kriegsrat teil, ohne daß man diesen oder jenen
dafür verantwortlich gemacht hätte. Es blieb hiernach ruhig bis Mitte Januar.
Am 16. verstärkte sich das englische Artilleriefener, und der Luftballon stieg
wieder auf. Das Feuer galt weniger unsrer Position, als unsrer Artillerie,
die seit der Schlacht von Magersfontein um einige wenige Stücke vermehrt
und über die ganze Linie verteilt worden war.

Anfang Februar gingen bei uns die ersten Nachrichten über feindliche
Bewegungen gegen unsre rechte Flanke el". Zum Zwecke der Aufklärung
rückten einige hundert Freiwillige mit zwei Geschützen vom Lager ab, die bei
Koedoesberg auf feindliche Truppen stieße" und diese festhielten. Nach ein-
gegcmgner Meldung hiervon brachen eine zweite und dann noch eine dritte
etwa zweihundert Mann starke Abteilung zur Unterstützung auf. Dieser hatte
ich mich angeschlossen. Uns ging der Befehl zu, den Berg, auf dem die
Feinde während des Tags Stellung genommen hatten, zu umzingeln. Nach
dreistündigem Ritt kamen wir gegen Abend und bei eintretender Dämmerung
um Koedoesberg an, den die Engländer inzwischen geräumt hatten. Noch in
derselben Nacht ritten wir deshalb mit den beiden Geschützen nach unsrer
Stellung bei Magersfontein zurück, ohne daß ich selbst ins Gefecht gekommen
war. Am folgenden Tage brachte mir ein Bekannter Trophäen aus der
Koedoesberger Aktion, ein Monocle und zwei künstliche Vorderzähne, die der
Besitzer in der Eile des Rückzugs wohl zurückgelassen haben mochte.

Daß der englische Vorstoß bei Koedoesberg bloß eine Demonstration ge¬
wesen war, die unsre Aufmerksamkeit von der linken Flanke abziehn sollte,
merkten wir erst später, als wenig Tage daraus, wenn ich nicht irre am
12. Februar, Nachrichten eintrafen, Truppenbewegungen fänden auch nach
dieser Flanke statt. Auf solche Meldung trat der Kriegsrat eilig und auf¬
geregt zusammen. General Cronje ergriff wie immer zuerst das Wort und
teilte die cingegnngnen Meldungen mit. Er stellte die Unternehmung gegen
unsern linken Flügel als etwas bedeutungsloses hin und verglich sie mit der
auf Koedoesberg. Doppelte Vorsicht sei vor uns in der Magersfonteincr
Stellung nötig. Cronje begründete anch diese Ansicht und zwar damit, daß die
Engländer mit ihren großen Truppenmassen schon des Trosses wegen nicht
unabhängig von der Bahn zu operieren vermöchten. Dieser Auffassung wurde
von keinem widersprochen, und auch ich war von ihrer Richtigkeit durchdrungen.
Nur de Wet und Delarey schienen nicht recht überzeugt zu sein. Sie ver¬
langten, daß auf der bedrohten Flanke stärkere Truppenteile dem Feinde ent¬
gegengestellt werden müßten. Endlich beschloß man, durch ein Kommando von
einigen hundert Manu unter dem Kommandanten Cronje, dem sehr tüchtigen
Bruder des Generals, den Weg nach Koffhfontein am Rietriver aufklären zu
lassen. Obschon im Kriegsrat von einer Unterstützung des Kommandanten Cronje
durch de Wet und sein Kommando nichts gesprochen worden war, muß dieser die


Mit den Buren im Felde

geheimnisses unausführbar geworden. Ich habe nie erfahren können, welche
Stellung der General zu diesem Vorfall genommen hat. Nach wie vor nahmen
sämtliche Kommandanten um Kriegsrat teil, ohne daß man diesen oder jenen
dafür verantwortlich gemacht hätte. Es blieb hiernach ruhig bis Mitte Januar.
Am 16. verstärkte sich das englische Artilleriefener, und der Luftballon stieg
wieder auf. Das Feuer galt weniger unsrer Position, als unsrer Artillerie,
die seit der Schlacht von Magersfontein um einige wenige Stücke vermehrt
und über die ganze Linie verteilt worden war.

Anfang Februar gingen bei uns die ersten Nachrichten über feindliche
Bewegungen gegen unsre rechte Flanke el». Zum Zwecke der Aufklärung
rückten einige hundert Freiwillige mit zwei Geschützen vom Lager ab, die bei
Koedoesberg auf feindliche Truppen stieße» und diese festhielten. Nach ein-
gegcmgner Meldung hiervon brachen eine zweite und dann noch eine dritte
etwa zweihundert Mann starke Abteilung zur Unterstützung auf. Dieser hatte
ich mich angeschlossen. Uns ging der Befehl zu, den Berg, auf dem die
Feinde während des Tags Stellung genommen hatten, zu umzingeln. Nach
dreistündigem Ritt kamen wir gegen Abend und bei eintretender Dämmerung
um Koedoesberg an, den die Engländer inzwischen geräumt hatten. Noch in
derselben Nacht ritten wir deshalb mit den beiden Geschützen nach unsrer
Stellung bei Magersfontein zurück, ohne daß ich selbst ins Gefecht gekommen
war. Am folgenden Tage brachte mir ein Bekannter Trophäen aus der
Koedoesberger Aktion, ein Monocle und zwei künstliche Vorderzähne, die der
Besitzer in der Eile des Rückzugs wohl zurückgelassen haben mochte.

Daß der englische Vorstoß bei Koedoesberg bloß eine Demonstration ge¬
wesen war, die unsre Aufmerksamkeit von der linken Flanke abziehn sollte,
merkten wir erst später, als wenig Tage daraus, wenn ich nicht irre am
12. Februar, Nachrichten eintrafen, Truppenbewegungen fänden auch nach
dieser Flanke statt. Auf solche Meldung trat der Kriegsrat eilig und auf¬
geregt zusammen. General Cronje ergriff wie immer zuerst das Wort und
teilte die cingegnngnen Meldungen mit. Er stellte die Unternehmung gegen
unsern linken Flügel als etwas bedeutungsloses hin und verglich sie mit der
auf Koedoesberg. Doppelte Vorsicht sei vor uns in der Magersfonteincr
Stellung nötig. Cronje begründete anch diese Ansicht und zwar damit, daß die
Engländer mit ihren großen Truppenmassen schon des Trosses wegen nicht
unabhängig von der Bahn zu operieren vermöchten. Dieser Auffassung wurde
von keinem widersprochen, und auch ich war von ihrer Richtigkeit durchdrungen.
Nur de Wet und Delarey schienen nicht recht überzeugt zu sein. Sie ver¬
langten, daß auf der bedrohten Flanke stärkere Truppenteile dem Feinde ent¬
gegengestellt werden müßten. Endlich beschloß man, durch ein Kommando von
einigen hundert Manu unter dem Kommandanten Cronje, dem sehr tüchtigen
Bruder des Generals, den Weg nach Koffhfontein am Rietriver aufklären zu
lassen. Obschon im Kriegsrat von einer Unterstützung des Kommandanten Cronje
durch de Wet und sein Kommando nichts gesprochen worden war, muß dieser die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/277>, abgerufen am 22.07.2024.