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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Mit den Buren im Felde

welche Gründe zum Untergang der Republik geführt haben, worin sich die Ver¬
fassung des Augustus von dem Plane Cäsars unterscheidet, und welche Kaiser
für die Umbildung des Prinzipals und die Vollendung der absoluten Monarchie
von Bedeutung gewesen sind. Wenn man so an dem Faden der staatsrecht¬
lichen Entwicklung des Imperiums die wichtigsten Herrscher vorführt und kurz
charakterisiert, gewinnt der Schüler einen vorläufigen Überblick über das weite
Gebiet. Diese chronologischen Orientierungspunkte kommen alsdann den Aus¬
blicken auf die üuszeru und innern Zustände und Vorgänge zu statten. Die
Schilderung der äußern Lage ist verhältnismäßig einfach und leicht; bei der
Darlegung der innern Zustände verliere man zwei Richtlinien nicht aus dem
Auge: daß es verkehrt wäre, die beiden ersten Jahrhunderte nach Augustus
nur als eine Zeit des Niedergangs anzusehen, und daß gleichwohl Nieder der
materielle Wohlstand noch die äußere Machtentfaltung des Reichs den Bankerott
seiner innern, sittlichen und religiösen Kräfte abwenden konnte. Die Grüude,
die daun im dritten Jahrhundert den Rui" unaufhaltsam machten, und die
Negeneratiousversuche Diokletians und .Konstantins führen endlich von selbst
zu dein Punkte, wo die Geschichte der römischen Kaiserzeit und des Altertums
überhaupt in die des Mittelalters einmündet, indem das Christentum und die
Germanen die alten Götter und Kaiser stürzen und die Herrschaft antreten.




Mit den Buren im Felde Enge" Mag"er Nach dem Tagebuche eines Mitkämpfers wiedergegeben von
in(Fortsetzung)

o war es nachts zwei Uhr geworden, als ein Reiter der Brand¬
wache dem Kommandanten den sorglosen, vollen Anmarsch der
englischen Truppen meldete. Ich weckte meinen Nebenmann, rückte
mein Patronenband zurecht und befühlte uoch einmal das Ge¬
wehr, ob es frei von Sandkörnern sei. Dann legte ich es sorg¬
fältig auf meine Gewehrauflage. Eine starke Aufregung hatte mich ergriffen,
und ich gestehe gern ein, daß meine Kniee zitterten, als ich den Sicheruugs-
flugel am Gewehrschloß zurückdrehte und mich schußfertig machte. So ver¬
ging eine halbe Stunde, bis wir in der Stille der zu Eude gehenden Nacht
das Geräusch marschierender Truppenteile deutlich hörten. Das Geräusch kommt
näher und näher, jetzt unterscheidet man mit dem Ange einzelne Trupps,
jetzt auch die einzelnen Gestalten. Ein Teil ist bei dem hohen Stacheldraht
angekommen und steigt darüber weg. Immer noch herrscht bei uns tiefstes
Schweige". Jetzt sind die Engländer vielleicht noch zwanzig Schritte vor uns,


Grenzboten et 1901 84
Mit den Buren im Felde

welche Gründe zum Untergang der Republik geführt haben, worin sich die Ver¬
fassung des Augustus von dem Plane Cäsars unterscheidet, und welche Kaiser
für die Umbildung des Prinzipals und die Vollendung der absoluten Monarchie
von Bedeutung gewesen sind. Wenn man so an dem Faden der staatsrecht¬
lichen Entwicklung des Imperiums die wichtigsten Herrscher vorführt und kurz
charakterisiert, gewinnt der Schüler einen vorläufigen Überblick über das weite
Gebiet. Diese chronologischen Orientierungspunkte kommen alsdann den Aus¬
blicken auf die üuszeru und innern Zustände und Vorgänge zu statten. Die
Schilderung der äußern Lage ist verhältnismäßig einfach und leicht; bei der
Darlegung der innern Zustände verliere man zwei Richtlinien nicht aus dem
Auge: daß es verkehrt wäre, die beiden ersten Jahrhunderte nach Augustus
nur als eine Zeit des Niedergangs anzusehen, und daß gleichwohl Nieder der
materielle Wohlstand noch die äußere Machtentfaltung des Reichs den Bankerott
seiner innern, sittlichen und religiösen Kräfte abwenden konnte. Die Grüude,
die daun im dritten Jahrhundert den Rui» unaufhaltsam machten, und die
Negeneratiousversuche Diokletians und .Konstantins führen endlich von selbst
zu dein Punkte, wo die Geschichte der römischen Kaiserzeit und des Altertums
überhaupt in die des Mittelalters einmündet, indem das Christentum und die
Germanen die alten Götter und Kaiser stürzen und die Herrschaft antreten.




Mit den Buren im Felde Enge» Mag»er Nach dem Tagebuche eines Mitkämpfers wiedergegeben von
in(Fortsetzung)

o war es nachts zwei Uhr geworden, als ein Reiter der Brand¬
wache dem Kommandanten den sorglosen, vollen Anmarsch der
englischen Truppen meldete. Ich weckte meinen Nebenmann, rückte
mein Patronenband zurecht und befühlte uoch einmal das Ge¬
wehr, ob es frei von Sandkörnern sei. Dann legte ich es sorg¬
fältig auf meine Gewehrauflage. Eine starke Aufregung hatte mich ergriffen,
und ich gestehe gern ein, daß meine Kniee zitterten, als ich den Sicheruugs-
flugel am Gewehrschloß zurückdrehte und mich schußfertig machte. So ver¬
ging eine halbe Stunde, bis wir in der Stille der zu Eude gehenden Nacht
das Geräusch marschierender Truppenteile deutlich hörten. Das Geräusch kommt
näher und näher, jetzt unterscheidet man mit dem Ange einzelne Trupps,
jetzt auch die einzelnen Gestalten. Ein Teil ist bei dem hohen Stacheldraht
angekommen und steigt darüber weg. Immer noch herrscht bei uns tiefstes
Schweige». Jetzt sind die Engländer vielleicht noch zwanzig Schritte vor uns,


Grenzboten et 1901 84
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[0273] Mit den Buren im Felde welche Gründe zum Untergang der Republik geführt haben, worin sich die Ver¬ fassung des Augustus von dem Plane Cäsars unterscheidet, und welche Kaiser für die Umbildung des Prinzipals und die Vollendung der absoluten Monarchie von Bedeutung gewesen sind. Wenn man so an dem Faden der staatsrecht¬ lichen Entwicklung des Imperiums die wichtigsten Herrscher vorführt und kurz charakterisiert, gewinnt der Schüler einen vorläufigen Überblick über das weite Gebiet. Diese chronologischen Orientierungspunkte kommen alsdann den Aus¬ blicken auf die üuszeru und innern Zustände und Vorgänge zu statten. Die Schilderung der äußern Lage ist verhältnismäßig einfach und leicht; bei der Darlegung der innern Zustände verliere man zwei Richtlinien nicht aus dem Auge: daß es verkehrt wäre, die beiden ersten Jahrhunderte nach Augustus nur als eine Zeit des Niedergangs anzusehen, und daß gleichwohl Nieder der materielle Wohlstand noch die äußere Machtentfaltung des Reichs den Bankerott seiner innern, sittlichen und religiösen Kräfte abwenden konnte. Die Grüude, die daun im dritten Jahrhundert den Rui» unaufhaltsam machten, und die Negeneratiousversuche Diokletians und .Konstantins führen endlich von selbst zu dein Punkte, wo die Geschichte der römischen Kaiserzeit und des Altertums überhaupt in die des Mittelalters einmündet, indem das Christentum und die Germanen die alten Götter und Kaiser stürzen und die Herrschaft antreten. Mit den Buren im Felde Enge» Mag»er Nach dem Tagebuche eines Mitkämpfers wiedergegeben von in(Fortsetzung) o war es nachts zwei Uhr geworden, als ein Reiter der Brand¬ wache dem Kommandanten den sorglosen, vollen Anmarsch der englischen Truppen meldete. Ich weckte meinen Nebenmann, rückte mein Patronenband zurecht und befühlte uoch einmal das Ge¬ wehr, ob es frei von Sandkörnern sei. Dann legte ich es sorg¬ fältig auf meine Gewehrauflage. Eine starke Aufregung hatte mich ergriffen, und ich gestehe gern ein, daß meine Kniee zitterten, als ich den Sicheruugs- flugel am Gewehrschloß zurückdrehte und mich schußfertig machte. So ver¬ ging eine halbe Stunde, bis wir in der Stille der zu Eude gehenden Nacht das Geräusch marschierender Truppenteile deutlich hörten. Das Geräusch kommt näher und näher, jetzt unterscheidet man mit dem Ange einzelne Trupps, jetzt auch die einzelnen Gestalten. Ein Teil ist bei dem hohen Stacheldraht angekommen und steigt darüber weg. Immer noch herrscht bei uns tiefstes Schweige». Jetzt sind die Engländer vielleicht noch zwanzig Schritte vor uns, Grenzboten et 1901 84

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/273>, abgerufen am 22.07.2024.