Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.Ruhm und Lebensdauer wie von Sophokles berichtet, daß sie das Maß von neunzig erreichten. Von Nicht wesentlich jünger ist 1867 Meister Ingres geschieden, nachdem er Ruhm und Lebensdauer wie von Sophokles berichtet, daß sie das Maß von neunzig erreichten. Von Nicht wesentlich jünger ist 1867 Meister Ingres geschieden, nachdem er <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0324" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/234204"/> <fw type="header" place="top"> Ruhm und Lebensdauer</fw><lb/> <p xml:id="ID_1063" prev="#ID_1062"> wie von Sophokles berichtet, daß sie das Maß von neunzig erreichten. Von<lb/> großen Künstlern ist auch Michelangelo fast neunzigjährig geworden; wenigstens<lb/> neunuudachtzig hat er erreicht, und auch bei ihm will uns ein Zusammenhang<lb/> zwischeu der ungeheuern Vollkraft seiner genialen Natur und der körperlichen<lb/> Lebenskraft fühlbar werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1064" next="#ID_1065"> Nicht wesentlich jünger ist 1867 Meister Ingres geschieden, nachdem er<lb/> es auf siebenundachtzig Jahre gebracht hatte. Und achtundachtzig sogar sahen<lb/> die Franzosen lavier de Maistre, der Verfasser des reizenden Vo^rg's iuiwur<lb/> as mit olmiuvrs, und Mignet, der Historiker der großen Revolution, Aber<lb/> die Zahl der Leute, die das biblische Höchstmaß von achtzig Jahren erreicht<lb/> und überschritten haben, darf im ganzen wirklich groß heißen. Ohne hier alle<lb/> aufführen zu »vollen, deren Namen bekannt genug sind, gedenken wir sicherlich<lb/> zweier, die dasselbe Maß von vierundachtzig Jahren vollendet haben, nämlich<lb/> Voltaires und Benjamin Franklins. Dieselbe Zeit ist unserm Peter von Cornelius<lb/> vergönnt gewesen, Drciundachtzig hat bekanntlich Bismarck überschritten, und<lb/> genau so alt wie er ist der französische Dichter geworden, der in den Angen<lb/> vieler seiner Lnndsleute und wohl in seinen eignen als der größte des Jahr¬<lb/> hunderts galt, Victor Hugo, Ganz nahe kommen ihnen an Jahren der Maler<lb/> Tintoretto l^ 1594 mit zweiundachtzig Jahren), unser liebenswürdiger Dichter<lb/> Karl von Holtei und sein noch etwas älter gewordner Kunstgeuoß und Gönner<lb/> Wolfgang Goethe, lind ganz nahe kommen diesen anch Grillparzer und<lb/> Pestalozzi (beide einnndachtzigjährig) und mit ihnen gleich ans einem andern<lb/> Jahrhundert Hans Sachs und Lucas Cranach und aus einem andern Jahr¬<lb/> tausend der göttliche Plato, Aber das achtzigste Jahr wenigstens haben noch<lb/> überschritten oder erreicht die Franzosen Samt Simon lind Charles Rollin,<lb/> Littre und Thiers, der englische Dichter Wvrdsworth, und von deutschen<lb/> Dichtern Wieland, Tieck und Graf Schack, Julius Sturm, Klaus Groth und<lb/> Theodor Fontäne, von deutschen Philosophen Kant und Schelling. Sehr nahe<lb/> an achtzig gelangten Klopstock, Gottfried Kinkel, Gustav Freytag und die<lb/> Franzosen Le Sage und Chateaubriand, Auf achtnudsiebzig brachten es<lb/> A. W, von Schlegel, Ja tod Grimm und Friedrich Rückert, nebst Heinrich<lb/> Laube, ebenso wie Lamartine und der große Corneille in Frankreich nud der<lb/> grnndgescheite Swift in England; ans etwa siebenundsiebzig Vvssuet, Haydn<lb/> und der jüngst verstorbne Max Müller, Genau in die Mitte der siebzig ge¬<lb/> langten die zwei urgesunden Niederdeutschen I. H, Voß und Matthias Claudius,<lb/> und ebenso die schwäbischen Freunde Uhland und Kerner und Karl Gerok in<lb/> ihrem Gefolge, auch der benachbarte Gottfried Keller, und natürlich noch manche<lb/> andre berühmte Leute: denn in dem Maße, wie die Lebensjahre zusammen¬<lb/> schmelzen, können wir nicht mehr daran denken, sie alle aufzuzählen. Doch<lb/> immer stehn wir ja noch auf schöner Höhe- zu denen mit fünfundsiebzig kämen<lb/> verschiedne vierundsiebzigjährige, wie Händel, Lafontaine, oder Friedrich der<lb/> Große, oder Gluck, oder W. H, nicht — eine sehr ungleichartige Gruppe in<lb/> der That! Aber bekanntlich gruppiert der Sensenmann überhaupt seltsam und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0324]
Ruhm und Lebensdauer
wie von Sophokles berichtet, daß sie das Maß von neunzig erreichten. Von
großen Künstlern ist auch Michelangelo fast neunzigjährig geworden; wenigstens
neunuudachtzig hat er erreicht, und auch bei ihm will uns ein Zusammenhang
zwischeu der ungeheuern Vollkraft seiner genialen Natur und der körperlichen
Lebenskraft fühlbar werden.
Nicht wesentlich jünger ist 1867 Meister Ingres geschieden, nachdem er
es auf siebenundachtzig Jahre gebracht hatte. Und achtundachtzig sogar sahen
die Franzosen lavier de Maistre, der Verfasser des reizenden Vo^rg's iuiwur
as mit olmiuvrs, und Mignet, der Historiker der großen Revolution, Aber
die Zahl der Leute, die das biblische Höchstmaß von achtzig Jahren erreicht
und überschritten haben, darf im ganzen wirklich groß heißen. Ohne hier alle
aufführen zu »vollen, deren Namen bekannt genug sind, gedenken wir sicherlich
zweier, die dasselbe Maß von vierundachtzig Jahren vollendet haben, nämlich
Voltaires und Benjamin Franklins. Dieselbe Zeit ist unserm Peter von Cornelius
vergönnt gewesen, Drciundachtzig hat bekanntlich Bismarck überschritten, und
genau so alt wie er ist der französische Dichter geworden, der in den Angen
vieler seiner Lnndsleute und wohl in seinen eignen als der größte des Jahr¬
hunderts galt, Victor Hugo, Ganz nahe kommen ihnen an Jahren der Maler
Tintoretto l^ 1594 mit zweiundachtzig Jahren), unser liebenswürdiger Dichter
Karl von Holtei und sein noch etwas älter gewordner Kunstgeuoß und Gönner
Wolfgang Goethe, lind ganz nahe kommen diesen anch Grillparzer und
Pestalozzi (beide einnndachtzigjährig) und mit ihnen gleich ans einem andern
Jahrhundert Hans Sachs und Lucas Cranach und aus einem andern Jahr¬
tausend der göttliche Plato, Aber das achtzigste Jahr wenigstens haben noch
überschritten oder erreicht die Franzosen Samt Simon lind Charles Rollin,
Littre und Thiers, der englische Dichter Wvrdsworth, und von deutschen
Dichtern Wieland, Tieck und Graf Schack, Julius Sturm, Klaus Groth und
Theodor Fontäne, von deutschen Philosophen Kant und Schelling. Sehr nahe
an achtzig gelangten Klopstock, Gottfried Kinkel, Gustav Freytag und die
Franzosen Le Sage und Chateaubriand, Auf achtnudsiebzig brachten es
A. W, von Schlegel, Ja tod Grimm und Friedrich Rückert, nebst Heinrich
Laube, ebenso wie Lamartine und der große Corneille in Frankreich nud der
grnndgescheite Swift in England; ans etwa siebenundsiebzig Vvssuet, Haydn
und der jüngst verstorbne Max Müller, Genau in die Mitte der siebzig ge¬
langten die zwei urgesunden Niederdeutschen I. H, Voß und Matthias Claudius,
und ebenso die schwäbischen Freunde Uhland und Kerner und Karl Gerok in
ihrem Gefolge, auch der benachbarte Gottfried Keller, und natürlich noch manche
andre berühmte Leute: denn in dem Maße, wie die Lebensjahre zusammen¬
schmelzen, können wir nicht mehr daran denken, sie alle aufzuzählen. Doch
immer stehn wir ja noch auf schöner Höhe- zu denen mit fünfundsiebzig kämen
verschiedne vierundsiebzigjährige, wie Händel, Lafontaine, oder Friedrich der
Große, oder Gluck, oder W. H, nicht — eine sehr ungleichartige Gruppe in
der That! Aber bekanntlich gruppiert der Sensenmann überhaupt seltsam und
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