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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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gegenüber; keiner erkannte die Berechtigung des ander" a", jeder hätte de"
ander" iiberN'ältigt, komm er die Macht dazu gehabt hätte, und that es, soweit
er konnte; es gab also thatsächlich und principiell nnr Waffenstillstande zwischen
ihnen, nicht Friedensschlüsse, Wie anders hente! Keine moderne "Weltmacht,"
anch das stärkste und umfänglichste Reich, anch England und Rußland nicht,
will und kann die Welt, d, h, seht wirilich den Erdball, für sich beherrsche";
es kann sich nnr um einen größer,, oder kleinern Anteil a" der Erdoberfläche
handeln, und es handelt sich dabei nicht nur um dir politische Herrschaft über
fremde Gebiete, sondern mindestens ebenso sehr oder noch mehr um den Anteil
an, Welthandel, an der Weltwirtschaft, Nur die Mächte, die außerhalb ihres
heimischen Erdteils Kolonien in irgend welcher Form und Stützpunkte für ihre
Schiffahrt haben, und deren Verkehr den Erdball umspannt, sind heute Welt¬
mächte, und diese Mächte sind Im? auf eine alle europäisch und europäischer
Abkunft alle, denn die Herrschaft über die Welt gehört heute der weißen,
genauer genommen der arischen Rasse nud der von ihr vertretnen christlichen
Kultur, So rasch hat sich diese Entwicklung vollzogen, daß schon heute, am
Eingänge des zwanzigsten Jahrhunderts, die Stellung auch der europäischen
Mächte von ihrer Weltstellung und den Mitteln, sie zu behaupten, abhängt,
daß die sechs alten europäischen Großmächte keineswegs mehr ans einer Linie
stehn, daß vielmehr zwei von ihnen, Österreich und Italien, obwohl sie in
Europa nicht einen Fußbreit Boden verloren haben, schon jetzt hinter die
andern vier zurückgetreten sind, Deutschland in die Reihe dieser Weltmächte
einzuführen "ut diese Stellung immer mehr zu sichern, das ist die Weltpolitik
des modernen deutsche" Kaisertums. Im letzten Augenblick, nach Jahrhunderten
ungeheurer Versäumnisse, die niemals wieder gut gemacht werde" können, hat
sie eingesetzt mit der welthistorischen Depesche des Fürsten Bismarck vom
24, April .1.384 an den deutschen Konsul i" Kapstadt: "Sie wollen amtlich
erkläre", daß Herr Lüderitz und seine Erwerbungen nnter dem Schutze des
Reichs stehn," und wir wissen jetzt, daß Deutschland ohne sie nach wenigen
Jahrzehnten nnter den Mächte" "ngefähr da gestanden habe" würde, wo heute
etwa Schwede", die nordische Größe des siebzehnten Jahrhunderts, nnter den
enropmsche" Staaten steht.

Zur deutsche" Weltpvlitik hat klare Erkenntnis und fester Wille geführt,
aber keine Willkür, kein hochstrebe"der persönlicher Ehrgeiz, Aus solche"
Motive" gittg auch die Erwerbung und die Behauptung des römischen Kaiser¬
tums durch die deutschen Könige des Mittelalters keineswegs hervor, und sie
war auch keine romantische Grille, Kaiser Otto der Große war ein nüchterner,
besonnener Niedersachse, durchaus kein Romantiker, Der entscheidende Schritt
des Jahres 901. war vor allem i" der damalige" deutsche" Verfassung be¬
gründet, die auf de" Bischöfen und Reichsäbten als den oberste" "ut zuver¬
lässigsten Reichsbeamten beruhte, also ihre Sicherung nnr i" der Nuterwerfmig
auch des Papsttums unter das Ernennuiigsrecht des deutsche" Königs als des
römische" Kaisers, finde" konnte. Unzertrennbar war damit die Herrschaft über


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er konnte; es gab also thatsächlich und principiell nnr Waffenstillstande zwischen
ihnen, nicht Friedensschlüsse, Wie anders hente! Keine moderne „Weltmacht,"
anch das stärkste und umfänglichste Reich, anch England und Rußland nicht,
will und kann die Welt, d, h, seht wirilich den Erdball, für sich beherrsche»;
es kann sich nnr um einen größer,, oder kleinern Anteil a» der Erdoberfläche
handeln, und es handelt sich dabei nicht nur um dir politische Herrschaft über
fremde Gebiete, sondern mindestens ebenso sehr oder noch mehr um den Anteil
an, Welthandel, an der Weltwirtschaft, Nur die Mächte, die außerhalb ihres
heimischen Erdteils Kolonien in irgend welcher Form und Stützpunkte für ihre
Schiffahrt haben, und deren Verkehr den Erdball umspannt, sind heute Welt¬
mächte, und diese Mächte sind Im? auf eine alle europäisch und europäischer
Abkunft alle, denn die Herrschaft über die Welt gehört heute der weißen,
genauer genommen der arischen Rasse nud der von ihr vertretnen christlichen
Kultur, So rasch hat sich diese Entwicklung vollzogen, daß schon heute, am
Eingänge des zwanzigsten Jahrhunderts, die Stellung auch der europäischen
Mächte von ihrer Weltstellung und den Mitteln, sie zu behaupten, abhängt,
daß die sechs alten europäischen Großmächte keineswegs mehr ans einer Linie
stehn, daß vielmehr zwei von ihnen, Österreich und Italien, obwohl sie in
Europa nicht einen Fußbreit Boden verloren haben, schon jetzt hinter die
andern vier zurückgetreten sind, Deutschland in die Reihe dieser Weltmächte
einzuführen »ut diese Stellung immer mehr zu sichern, das ist die Weltpolitik
des modernen deutsche» Kaisertums. Im letzten Augenblick, nach Jahrhunderten
ungeheurer Versäumnisse, die niemals wieder gut gemacht werde» können, hat
sie eingesetzt mit der welthistorischen Depesche des Fürsten Bismarck vom
24, April .1.384 an den deutschen Konsul i» Kapstadt: „Sie wollen amtlich
erkläre», daß Herr Lüderitz und seine Erwerbungen nnter dem Schutze des
Reichs stehn," und wir wissen jetzt, daß Deutschland ohne sie nach wenigen
Jahrzehnten nnter den Mächte» »ngefähr da gestanden habe» würde, wo heute
etwa Schwede», die nordische Größe des siebzehnten Jahrhunderts, nnter den
enropmsche» Staaten steht.

Zur deutsche» Weltpvlitik hat klare Erkenntnis und fester Wille geführt,
aber keine Willkür, kein hochstrebe»der persönlicher Ehrgeiz, Aus solche»
Motive» gittg auch die Erwerbung und die Behauptung des römischen Kaiser¬
tums durch die deutschen Könige des Mittelalters keineswegs hervor, und sie
war auch keine romantische Grille, Kaiser Otto der Große war ein nüchterner,
besonnener Niedersachse, durchaus kein Romantiker, Der entscheidende Schritt
des Jahres 901. war vor allem i» der damalige» deutsche» Verfassung be¬
gründet, die auf de» Bischöfen und Reichsäbten als den oberste» »ut zuver¬
lässigsten Reichsbeamten beruhte, also ihre Sicherung nnr i» der Nuterwerfmig
auch des Papsttums unter das Ernennuiigsrecht des deutsche» Königs als des
römische» Kaisers, finde» konnte. Unzertrennbar war damit die Herrschaft über


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/310>, abgerufen am 24.07.2024.