Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.Die kicmdelspoli'til !>n Jahre l9^l sse im Auslande, von denen die innere Lage in>d die Handelspolitik Für Adolf Wagner ist "die Bevölkernngsvermehruug der springende Punkt Rahmen wir aber nun einmal die starke andauernde Volksvermehrung *) Der Lotse. Hunt'urqische Wochenschrift für deutsche Cultur, lUM", Heft 7 ". X.
Die kicmdelspoli'til !>n Jahre l9^l sse im Auslande, von denen die innere Lage in>d die Handelspolitik Für Adolf Wagner ist „die Bevölkernngsvermehruug der springende Punkt Rahmen wir aber nun einmal die starke andauernde Volksvermehrung *) Der Lotse. Hunt'urqische Wochenschrift für deutsche Cultur, lUM», Heft 7 ». X.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0215" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/234095"/> <fw type="header" place="top"> Die kicmdelspoli'til !>n Jahre l9^l</fw><lb/> <p xml:id="ID_706" prev="#ID_705"> sse im Auslande, von denen die innere Lage in>d die Handelspolitik<lb/> wesentlich abhängen, besprochen werden sollen, so mag im Übergang dazu auf<lb/> einen Aufsatz Adolf Wagners"1 hingewiesen werden, worin das bekannte Problem<lb/> vom „Agrar- und Industriestaat" in besonders lehrreicher Weise beleuchtet<lb/> wird. Er unterscheidet dabei „die durch die neuere Entwicklung des agrarischen<lb/> Schutzzolls in Deutschland, Frankreich, Italien und andern Ländern heftig ent¬<lb/> brannte Streitfrage, ob und wie weit gerade ein solcher Schutzzoll notwendig,<lb/> gerechtfertigt, oder umgekehrt vollende dieser bedenklich, verderblich, anch sozial¬<lb/> politisch schädlich und schließlich nicht einmal wirksam sei" worüber wir<lb/> bisher hauptsächlich zu einem Urteil zu gelangen versucht haben . von der<lb/> „neuen" Frage, „ob nämlich die eingetrctne und immer mehr sich vollziehende<lb/> Entwicklung der dicht bevölkerten alten Kulturländer Europas aus Agrarstaaten<lb/> zu Industriestaaten eine innerlich gesunde und besonders anch dnnernd wohl<lb/> thätige, ja überhaupt dauernd mögliche sei/' Die zweite Frage ists, die uus<lb/> hauptsächlich interessiert.</p><lb/> <p xml:id="ID_707"> Für Adolf Wagner ist „die Bevölkernngsvermehruug der springende Punkt<lb/> und das treibende Moment der Entwicklung in der angegebnen Richtung zum<lb/> Industriestaat hin," Darin stimmt er mit den, wie er sagt, „optimistischen"<lb/> Vertretern dieser Entwicklung überein, gegen die Agrarier, die das Bevölke<lb/> rungsmoment nicht ausreichend berücksichtigten. Von den „freihändlerischen<lb/> Weltwirtschaftern" unterscheide er sich aber dadurch, daß er in der Bevölkernngs-<lb/> Vermehrung selbst, zumal einer so raschen, wie der deutschen im neunzehnten<lb/> Jahrhundert, „nicht so unbedingt wie die meisten etwas durchaus Wünschens¬<lb/> wertes und segensreiches" und sogar nichts „unbedingt Notwendiges" sähe,<lb/> das nur als eine feste, unabänderliche Thatsache hinnehmen müßten. Aus<lb/> dieser starke» Volksvermehrung feien die erhöhten wirtschaftlichen und sozialen<lb/> Schwierigkeiten, die verschärften individuellen und klassenförmigcn, sowie die<lb/> nationalen wirtschaftlichen Konkurrenzkampfe „wesentlich mit" erwachsen, jeden<lb/> falls noch viel schärfer und bitterer geworden, seien auch die Erfolge der neuen<lb/> Produktions- und Verkehrstechnik lauge nicht in dem Maße zum Gemeingut<lb/> geworden und besonders nicht den arbeitenden Klassen in dem Umfang zu gute<lb/> glommen — in Arbeitszeitverkürzungen, Lohusteigerungen, verbesserter Lebens-<lb/> - , wie es bei langsamerer Volksvermehrung geschehn wäre. Die That¬<lb/> sache der dennoch eingetretnen wesentlichen Verbesserung der Lage der arbeitenden<lb/> Klassen erkennt er als unbestreitbar an; aber diese Verbesserung wäre eben<lb/> andernfalls noch bedentender geworden.</p><lb/> <p xml:id="ID_708" next="#ID_709"> Rahmen wir aber nun einmal die starke andauernde Volksvermehrung<lb/> als Thatsache an, so stehe man vor dem Dilemma, daß man entweder die<lb/> vermehrte Bevölkerung wesentlich in der Industrie beschäftigen, sie Fabrikate<lb/> für die Ausfuhr herstellen und mit diesen die nötige vermehrte Einfuhr von<lb/> fremden Nahrungsmitteln und Rohstoffen bezahlen lassen müsse; oder man</p><lb/> <note xml:id="FID_18" place="foot"> *) Der Lotse. Hunt'urqische Wochenschrift für deutsche Cultur, lUM», Heft 7 ». X.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0215]
Die kicmdelspoli'til !>n Jahre l9^l
sse im Auslande, von denen die innere Lage in>d die Handelspolitik
wesentlich abhängen, besprochen werden sollen, so mag im Übergang dazu auf
einen Aufsatz Adolf Wagners"1 hingewiesen werden, worin das bekannte Problem
vom „Agrar- und Industriestaat" in besonders lehrreicher Weise beleuchtet
wird. Er unterscheidet dabei „die durch die neuere Entwicklung des agrarischen
Schutzzolls in Deutschland, Frankreich, Italien und andern Ländern heftig ent¬
brannte Streitfrage, ob und wie weit gerade ein solcher Schutzzoll notwendig,
gerechtfertigt, oder umgekehrt vollende dieser bedenklich, verderblich, anch sozial¬
politisch schädlich und schließlich nicht einmal wirksam sei" worüber wir
bisher hauptsächlich zu einem Urteil zu gelangen versucht haben . von der
„neuen" Frage, „ob nämlich die eingetrctne und immer mehr sich vollziehende
Entwicklung der dicht bevölkerten alten Kulturländer Europas aus Agrarstaaten
zu Industriestaaten eine innerlich gesunde und besonders anch dnnernd wohl
thätige, ja überhaupt dauernd mögliche sei/' Die zweite Frage ists, die uus
hauptsächlich interessiert.
Für Adolf Wagner ist „die Bevölkernngsvermehruug der springende Punkt
und das treibende Moment der Entwicklung in der angegebnen Richtung zum
Industriestaat hin," Darin stimmt er mit den, wie er sagt, „optimistischen"
Vertretern dieser Entwicklung überein, gegen die Agrarier, die das Bevölke
rungsmoment nicht ausreichend berücksichtigten. Von den „freihändlerischen
Weltwirtschaftern" unterscheide er sich aber dadurch, daß er in der Bevölkernngs-
Vermehrung selbst, zumal einer so raschen, wie der deutschen im neunzehnten
Jahrhundert, „nicht so unbedingt wie die meisten etwas durchaus Wünschens¬
wertes und segensreiches" und sogar nichts „unbedingt Notwendiges" sähe,
das nur als eine feste, unabänderliche Thatsache hinnehmen müßten. Aus
dieser starke» Volksvermehrung feien die erhöhten wirtschaftlichen und sozialen
Schwierigkeiten, die verschärften individuellen und klassenförmigcn, sowie die
nationalen wirtschaftlichen Konkurrenzkampfe „wesentlich mit" erwachsen, jeden
falls noch viel schärfer und bitterer geworden, seien auch die Erfolge der neuen
Produktions- und Verkehrstechnik lauge nicht in dem Maße zum Gemeingut
geworden und besonders nicht den arbeitenden Klassen in dem Umfang zu gute
glommen — in Arbeitszeitverkürzungen, Lohusteigerungen, verbesserter Lebens-
- , wie es bei langsamerer Volksvermehrung geschehn wäre. Die That¬
sache der dennoch eingetretnen wesentlichen Verbesserung der Lage der arbeitenden
Klassen erkennt er als unbestreitbar an; aber diese Verbesserung wäre eben
andernfalls noch bedentender geworden.
Rahmen wir aber nun einmal die starke andauernde Volksvermehrung
als Thatsache an, so stehe man vor dem Dilemma, daß man entweder die
vermehrte Bevölkerung wesentlich in der Industrie beschäftigen, sie Fabrikate
für die Ausfuhr herstellen und mit diesen die nötige vermehrte Einfuhr von
fremden Nahrungsmitteln und Rohstoffen bezahlen lassen müsse; oder man
*) Der Lotse. Hunt'urqische Wochenschrift für deutsche Cultur, lUM», Heft 7 ». X.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |