Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Auf klassischem Boden Die drei Mädchen folgten den Männern langsam nach, während Knrtchen Sehen Sie doch nur diesen Menschen, sagte Will, diesen Caralnniere! Können Uniform macht immer schön, sagte Trude begeistert. Will lachte. Warum sagen Sie nicht gleich: Uniform macht überhaupt erst Nun nein, es giebt ja anch sonst Menschen, aber ich zum Beispiel möchte Er könnte ja bei Ihnen dienen, sagte Will. Aber diese Carabinieri sind Ja, er ist wunderschön, sagte Frida bedächtig. Die Mädchen blieben an der Thür stehn, in die die Männer eingetreten Wo ist der Junge? Mein Sohn? Der ist mit zwei Eseln nach Tusknlum. Engländer begleitet er. In der Mittaghitze? Engländer! sagte er und zuckte die Achseln. Kurtchen trat vor und schlug mit seiner Weißen gepflegten Hand auf den Er zeigte dabei auf den Perugino-Carabiniere, der ans seinem bartlosen Antlitz Sehen Sie doch nur Herrn Giesicke, sagte draußen Trude halblaut zu Will. Mario war etwas zusammengefahren. Mein Junge, der kann doch nicht Er wird kommen, rief Kurtchen mit Löwenstimme. Das Italienisch war ihm Der braune Springer vom Vormittag erschien auf der Schwelle und glotzte Wie viel Geld habe ich dir heute morgen in Castelgandolfv gegeben? schrie Ich habe kein Geld bekommen. Wo ist das Geld? brüllte Kurtchen und ging auf den Jungen los, den der Wo ist das Geld? riefen jetzt alle drei, der Carabiniere, Kurtchen und der Ich habe es verloren, heulte der Junge. Der Vater gab ihm einen Stoß Auf klassischem Boden Die drei Mädchen folgten den Männern langsam nach, während Knrtchen Sehen Sie doch nur diesen Menschen, sagte Will, diesen Caralnniere! Können Uniform macht immer schön, sagte Trude begeistert. Will lachte. Warum sagen Sie nicht gleich: Uniform macht überhaupt erst Nun nein, es giebt ja anch sonst Menschen, aber ich zum Beispiel möchte Er könnte ja bei Ihnen dienen, sagte Will. Aber diese Carabinieri sind Ja, er ist wunderschön, sagte Frida bedächtig. Die Mädchen blieben an der Thür stehn, in die die Männer eingetreten Wo ist der Junge? Mein Sohn? Der ist mit zwei Eseln nach Tusknlum. Engländer begleitet er. In der Mittaghitze? Engländer! sagte er und zuckte die Achseln. Kurtchen trat vor und schlug mit seiner Weißen gepflegten Hand auf den Er zeigte dabei auf den Perugino-Carabiniere, der ans seinem bartlosen Antlitz Sehen Sie doch nur Herrn Giesicke, sagte draußen Trude halblaut zu Will. Mario war etwas zusammengefahren. Mein Junge, der kann doch nicht Er wird kommen, rief Kurtchen mit Löwenstimme. Das Italienisch war ihm Der braune Springer vom Vormittag erschien auf der Schwelle und glotzte Wie viel Geld habe ich dir heute morgen in Castelgandolfv gegeben? schrie Ich habe kein Geld bekommen. 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Auf klassischem Boden
Die drei Mädchen folgten den Männern langsam nach, während Knrtchen
voranschreitcnd dem Carabiniere den Fall auseinander feste.
Sehen Sie doch nur diesen Menschen, sagte Will, diesen Caralnniere! Können
Sie nur nicht sagen, ob das Vorschrift oder Znfcill ist, daß in dieser Uniform nur
schöne Menschen stecken?
Uniform macht immer schön, sagte Trude begeistert.
Will lachte. Warum sagen Sie nicht gleich: Uniform macht überhaupt erst
den Menschen.
Nun nein, es giebt ja anch sonst Menschen, aber ich zum Beispiel möchte
keinen Mann haben, der nicht gedient hätte.
Er könnte ja bei Ihnen dienen, sagte Will. Aber diese Carabinieri sind
wirklich schön. Die Tracht ist gewiß kleidsam, mehr als alle Uniformen, die ich
kenne, aber sehen Sie doch hin, das ist ja etwas vollkommnes, einer von Peruginos
jugendlichen Engeln, lieblich möchte man sagen, aber doch streng in der Bildung ., .
Ja, er ist wunderschön, sagte Frida bedächtig.
Die Mädchen blieben an der Thür stehn, in die die Männer eingetreten
waren. Innen war die Handlung in vollem Gang. Der Kutscher war nicht
mehr da — wäre nach Rom abgefahren, und er, Mario, der Pferdebesitzer in
Albano, was er wohl von des Fremden Rechnung wissen sollte, er hätte noch nicht
einmal die fünf Franken bekommen, die für das Pferd bis Castclgandolfo vereinbart
wären. Mein Sohn hat mir gesagt: Der Signore ist ins Albergo hineingegangen,
und mich haben sie weggejagt.
Wo ist der Junge?
Mein Sohn? Der ist mit zwei Eseln nach Tusknlum. Engländer begleitet er.
In der Mittaghitze?
Engländer! sagte er und zuckte die Achseln.
Kurtchen trat vor und schlug mit seiner Weißen gepflegten Hand auf den
Tisch, daß es dröhnte: Der Junge wird augenblicklich hereinkommen, sonst wird
Euch der da helfen, ihn zu finden.
Er zeigte dabei auf den Perugino-Carabiniere, der ans seinem bartlosen Antlitz
einen Ausdruck vou undurchdringlichem Ernst bewahrte.
Sehen Sie doch nur Herrn Giesicke, sagte draußen Trude halblaut zu Will.
Hätten Sie ihm das zugetraut?
Mario war etwas zusammengefahren. Mein Junge, der kann doch nicht
kommen, der ist doch mit Eseln. . .
Er wird kommen, rief Kurtchen mit Löwenstimme. Das Italienisch war ihm
heute ganz geläufig. Der Carabiniere machte einen Schritt ans den Tisch zu,
hinter dem Mario stand, und der Junker gab in stockendem Italienisch einige sehr
germanisch klingende Drohungen zu — da wandte sich der Pferdebesitzer nach einer
Thür, die ins Innere des Hauses ging, warf sie ans und rief: Iniixi g, Imi^i!
Der braune Springer vom Vormittag erschien auf der Schwelle und glotzte
die drei mit seinen brombeerfarbnen Angen an.
Wie viel Geld habe ich dir heute morgen in Castelgandolfv gegeben? schrie
ihm Kurtchen zu, der im Laufe der Verhandlung und fortgerissen von seiner eignen
Kraftentfaltung körperlich zu wachsen schien.
Ich habe kein Geld bekommen.
Wo ist das Geld? brüllte Kurtchen und ging auf den Jungen los, den der
Vater an sich riß.
Wo ist das Geld? riefen jetzt alle drei, der Carabiniere, Kurtchen und der
Junker.
Ich habe es verloren, heulte der Junge. Der Vater gab ihm einen Stoß
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