Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Bücher über den klassischen Süden Wissenschaftlicher Expeditionen auch hier wieder die dankbarste Anerkennung findet, Der Schwerpunkt seiner Reise und also auch seiner Schilderungen liegt in Bücher über den klassischen Süden Wissenschaftlicher Expeditionen auch hier wieder die dankbarste Anerkennung findet, Der Schwerpunkt seiner Reise und also auch seiner Schilderungen liegt in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0567" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291644"/> <fw type="header" place="top"> Bücher über den klassischen Süden</fw><lb/> <p xml:id="ID_2006" prev="#ID_2005"> Wissenschaftlicher Expeditionen auch hier wieder die dankbarste Anerkennung findet,<lb/> mit einer aus allen Nationalitäten gemischten Reisegesellschaft, von der nur ungefähr<lb/> ein Drittel Reichsdeutsche find, mehrere Reisen des Kaiserlich deutschen Archäologischen<lb/> Instituts mit, die erste durch deu Peloponnes (Korinth, Argolis, Arkadien, Elis)<lb/> bis Olympia, die zweite durch das benachbarte Jnselmeer längs der Küsten von<lb/> Euboia, dann nach Delos, Trotzen, Epidauros und Ägina. selbständiger geworden<lb/> und vor allem der Landessprache in höherm Grade mächtig als am Anfang unter¬<lb/> nimmt dann Lang in Begleitung eines Kollegen oder ganz allein eine Reihe andrer<lb/> Ausflüge: nach Ithaka, von dort herüber nach Olympia und nun zu Pferde quer<lb/> durch Südwestarkadien nach Messenien, über den Taygetos nach Lakonien, um in<lb/> Tripoliza die Eisenbahn nach Argos und Athen zu erreichen. Von dort besucht<lb/> er Delphi, endlich fährt er zu Dörpfeld hinüber nach Troja, besucht Konstantinopel<lb/> und nimmt wieder allein Smyrna als Ausgangspunkt für kürzere Ausflüge nach<lb/> Ephesos, Pergamon, Magnesia am Sipylos und Sardes. Der Heimweg führt ihn<lb/> über Athen, Korfu und Brindisi zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_2007" next="#ID_2008"> Der Schwerpunkt seiner Reise und also auch seiner Schilderungen liegt in<lb/> Griechenland und Kleinasien. Diese haben für ihn größere Anziehungskraft als<lb/> Italien und Sizilien, weil auf griechischem Boden zwischen dem Altertum und der<lb/> Gegenwart nur ein barbarisches Zeitalter liegt, das mir zerstört, aber wenig ge¬<lb/> schaffen und also die Reste des Altertums auch durch spätere Zusätze und Umbauten<lb/> fast gar nicht verändert hat, während sich in Italien, wenig Plätze wie etwa<lb/> Pästum, Agrigent, Selinus Und Segesta ausgenommen, eine reiche, selbständige<lb/> Kultur über die antike geschoben und deren Denkmäler oft bis zur Unkenntlichkeit<lb/> verändert hat. Doch wenn das Hauptinteresse des Verfassers auf das klassische<lb/> Altertum gerichtet ist, und er dafür eine so warme Begeisterung empfindet, wie<lb/> irgend ein Philolog sie empfinden kann, so hat er sich doch nicht nur den klarem<lb/> nüchternen Blick bewahrt, der die Dinge und die Menschen so sieht, wie sie wirk¬<lb/> lich sind, sondern auch ein umfassendes Interesse für alles, was ihm begegnet, für<lb/> die historischen Erinnerungen wie für die Gegenwart. Er sieht überall die tiefen<lb/> historischen Hintergründe, das Leben der Gegenwart als Fortsetzung der ver-<lb/> sunkner Vergangenheit; er hat warmes Interesse für Italiener und Neugriechen,<lb/> ohne in das übliche Räsonnieren und Verurteilen zu verfallen, wenn ihm hier<lb/> einmal zudringliche Bettelei, dort Schmutz, Ungeziefer und dürftige Verpflegung<lb/> unbequem werdeu (und wie oft ist das auf griechischem Boden der Fall!); er glaubt<lb/> an eine Zukunft der neugriechischen Kultur und verkehrt voll innern Behagens mit<lb/> den Leuten im abgelegnen Gebirge, deren Gastfreundschaft er so unbefangen in<lb/> Anspruch nimmt, wie sie ihm freundlich geboten wird; er betrachtet in Konstanti¬<lb/> nopel die Tänze der Derwische wie den Selamlik des Sultans und hat schließlich<lb/> auch für die bald anziehenden bald abstoßenden Typen seiner europäischen gelehrten<lb/> Reisegesellschaft ein scharfes Auge. Am meisten aber treten in seinen Schilderungen<lb/> die Denkmäler und die Landschaften hervor, in ihrer Darstellung liegt das charak¬<lb/> teristische Verdienst des Buchs. Nicht daß sich Lang in ausführliche archäologische<lb/> Darstellungen einließe, aber das wichtigste weiß er knapp, klar und allgemein ver¬<lb/> ständlich hervorzuheben, besonders da, wo es sich um Punkte handelt, die weniger<lb/> besucht werden, also im einzelnen weniger bekannt oder erst neulich aufgedeckt<lb/> worden sind. Dies gilt zunächst von den griechischen Ruinenstädten Süditnliens<lb/> und Siziliens; mit Recht nennt er hier Syrakus „für den Verehrer des griechischen<lb/> Altertums den Höhepunkt der sizilischen Reise." Von besonderm Interesse sind<lb/> dann in Griechenland, abgesehen von Athen, die Schilderungen von Olympia,<lb/> Delphi, den cirgivischen Königsburgen und Ithaka. Während in Olympia die<lb/> deutschen Ausgrabungen schon in den siebziger Jahren die berühmte Feststätte frei-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0567]
Bücher über den klassischen Süden
Wissenschaftlicher Expeditionen auch hier wieder die dankbarste Anerkennung findet,
mit einer aus allen Nationalitäten gemischten Reisegesellschaft, von der nur ungefähr
ein Drittel Reichsdeutsche find, mehrere Reisen des Kaiserlich deutschen Archäologischen
Instituts mit, die erste durch deu Peloponnes (Korinth, Argolis, Arkadien, Elis)
bis Olympia, die zweite durch das benachbarte Jnselmeer längs der Küsten von
Euboia, dann nach Delos, Trotzen, Epidauros und Ägina. selbständiger geworden
und vor allem der Landessprache in höherm Grade mächtig als am Anfang unter¬
nimmt dann Lang in Begleitung eines Kollegen oder ganz allein eine Reihe andrer
Ausflüge: nach Ithaka, von dort herüber nach Olympia und nun zu Pferde quer
durch Südwestarkadien nach Messenien, über den Taygetos nach Lakonien, um in
Tripoliza die Eisenbahn nach Argos und Athen zu erreichen. Von dort besucht
er Delphi, endlich fährt er zu Dörpfeld hinüber nach Troja, besucht Konstantinopel
und nimmt wieder allein Smyrna als Ausgangspunkt für kürzere Ausflüge nach
Ephesos, Pergamon, Magnesia am Sipylos und Sardes. Der Heimweg führt ihn
über Athen, Korfu und Brindisi zurück.
Der Schwerpunkt seiner Reise und also auch seiner Schilderungen liegt in
Griechenland und Kleinasien. Diese haben für ihn größere Anziehungskraft als
Italien und Sizilien, weil auf griechischem Boden zwischen dem Altertum und der
Gegenwart nur ein barbarisches Zeitalter liegt, das mir zerstört, aber wenig ge¬
schaffen und also die Reste des Altertums auch durch spätere Zusätze und Umbauten
fast gar nicht verändert hat, während sich in Italien, wenig Plätze wie etwa
Pästum, Agrigent, Selinus Und Segesta ausgenommen, eine reiche, selbständige
Kultur über die antike geschoben und deren Denkmäler oft bis zur Unkenntlichkeit
verändert hat. Doch wenn das Hauptinteresse des Verfassers auf das klassische
Altertum gerichtet ist, und er dafür eine so warme Begeisterung empfindet, wie
irgend ein Philolog sie empfinden kann, so hat er sich doch nicht nur den klarem
nüchternen Blick bewahrt, der die Dinge und die Menschen so sieht, wie sie wirk¬
lich sind, sondern auch ein umfassendes Interesse für alles, was ihm begegnet, für
die historischen Erinnerungen wie für die Gegenwart. Er sieht überall die tiefen
historischen Hintergründe, das Leben der Gegenwart als Fortsetzung der ver-
sunkner Vergangenheit; er hat warmes Interesse für Italiener und Neugriechen,
ohne in das übliche Räsonnieren und Verurteilen zu verfallen, wenn ihm hier
einmal zudringliche Bettelei, dort Schmutz, Ungeziefer und dürftige Verpflegung
unbequem werdeu (und wie oft ist das auf griechischem Boden der Fall!); er glaubt
an eine Zukunft der neugriechischen Kultur und verkehrt voll innern Behagens mit
den Leuten im abgelegnen Gebirge, deren Gastfreundschaft er so unbefangen in
Anspruch nimmt, wie sie ihm freundlich geboten wird; er betrachtet in Konstanti¬
nopel die Tänze der Derwische wie den Selamlik des Sultans und hat schließlich
auch für die bald anziehenden bald abstoßenden Typen seiner europäischen gelehrten
Reisegesellschaft ein scharfes Auge. Am meisten aber treten in seinen Schilderungen
die Denkmäler und die Landschaften hervor, in ihrer Darstellung liegt das charak¬
teristische Verdienst des Buchs. Nicht daß sich Lang in ausführliche archäologische
Darstellungen einließe, aber das wichtigste weiß er knapp, klar und allgemein ver¬
ständlich hervorzuheben, besonders da, wo es sich um Punkte handelt, die weniger
besucht werden, also im einzelnen weniger bekannt oder erst neulich aufgedeckt
worden sind. Dies gilt zunächst von den griechischen Ruinenstädten Süditnliens
und Siziliens; mit Recht nennt er hier Syrakus „für den Verehrer des griechischen
Altertums den Höhepunkt der sizilischen Reise." Von besonderm Interesse sind
dann in Griechenland, abgesehen von Athen, die Schilderungen von Olympia,
Delphi, den cirgivischen Königsburgen und Ithaka. Während in Olympia die
deutschen Ausgrabungen schon in den siebziger Jahren die berühmte Feststätte frei-
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