Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Über die Bemannung der deutschen Kauffahrteischiffe Offiziere, folglich müssen unter derselben Voraussetzung wie oben 20 zweite Bei der Hamburg-Amerikalinie sind vom 2. Februar 1891 bis zum Daß bei den oben mitgeteilten Zahlen der Zufall eine große Rolle spielt, Untersucht man beim Norddeutschen Lloyd die in den letzten zehn Jahren Über die Bemannung der deutschen Kauffahrteischiffe Offiziere, folglich müssen unter derselben Voraussetzung wie oben 20 zweite Bei der Hamburg-Amerikalinie sind vom 2. Februar 1891 bis zum Daß bei den oben mitgeteilten Zahlen der Zufall eine große Rolle spielt, Untersucht man beim Norddeutschen Lloyd die in den letzten zehn Jahren <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291482"/> <fw type="header" place="top"> Über die Bemannung der deutschen Kauffahrteischiffe</fw><lb/> <p xml:id="ID_1291" prev="#ID_1290"> Offiziere, folglich müssen unter derselben Voraussetzung wie oben 20 zweite<lb/> Offiziere entlassen worden sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1292"> Bei der Hamburg-Amerikalinie sind vom 2. Februar 1891 bis zum<lb/> 23. August 1899 51 erste Offiziere, aber nur 33 Kapitäne ernannt worden;<lb/> vom 7. Juli 1896 bis 1. August 1899, also in drei Jahren, sind 46 zweite<lb/> Offiziere ernannt worden, aber nnr 36 erste Offiziere usw. Der dienstülteste<lb/> erste Offizier des Norddeutschen Lloyd hatte am 1. Januar 1900 nach der<lb/> Liste etwa 14^ Jahre Gesamtdienstzeit, der von der Hamburg-Amerikalinie<lb/> genau so viel, die Dienstzeiten als erste Offiziere betrugen 8,8 oder 7,8 Jahre.<lb/> In der letzten Zeit ist die Beförderung der Offiziere recht schnell vor sich ge¬<lb/> gangen, weil beide Linien ihre Schiffszahl gewaltig vermehrt haben, und in<lb/> allernächster Zeit wird dies noch andauern, denn von beiden Linien werden<lb/> noch immer neue Bauaufträge erteilt. Es gab Zeiten, in denen die dritten<lb/> und vierten Offiziere drei bis vier Jahre in dieser Charge festsaßen. Wenn<lb/> die Flotten der beiden Linien erst stabil geworden sind, und ein solcher Zu¬<lb/> stand muß doch über kurz oder laug eintreten, dann werden diese Zeiten auch<lb/> wiederkehren, und die Beförderung wird wieder langsamer.</p><lb/> <p xml:id="ID_1293"> Daß bei den oben mitgeteilten Zahlen der Zufall eine große Rolle spielt,<lb/> ist selbstverständlich, aber es geht aus ihnen hervor, daß die Beförderungs¬<lb/> verhältnisse auf beiden Linien annähernd gleich sind, und daß die Auswahl<lb/> der Offiziere für den höhern Dienst, besonders zum Kapitän sehr scharf ist,<lb/> daß es also auch hier Majors- und Oberstenecken giebt, um die verhältnis¬<lb/> mäßig wenige herum kommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1294" next="#ID_1295"> Untersucht man beim Norddeutschen Lloyd die in den letzten zehn Jahren<lb/> ernannten Kapitäne in Bezug auf ihre Dienstzeit als Offiziere, dann findet<lb/> man rund 12 bis 15, im Mittel 14 Jahre, und daß sie im allgemeinen je nach<lb/> ihrem Eintritt als vierter Offizier, also nach ihrer Anciennität, zum Kapitän<lb/> befördert worden sind; Abweichungen kommen selten vor. Bei der Hamburg-<lb/> Amerikalinie findet man recht verschiedne Dienstzeiten durcheinander. Das Auf¬<lb/> rücken scheint nicht so regelmäßig nach der Anciennität wie beim Lloyd zu<lb/> geschehn. Ob dies mit daran liegt, daß jene Linie mehrere kleinere aufge¬<lb/> sogen und die Offiziere übernommen hat, oder ob andre Ursachen vorhanden sind,<lb/> kann man nicht beurteilen. Wo bleiben nun die ausgemerzten Offiziere? Zu¬<lb/> nächst suchen sie bei andern Linien unterzukommen, die nicht so hohe Anforde¬<lb/> rungen stellen und meistens nicht so gut zahlen, müssen dort aber in den meisten<lb/> Füllen bei der untersten Offizierscharge wieder anfangen. Die Offiziere, denen<lb/> dies nicht gelingt, gehn auf die Segelschiffe zurück oder suchen sich eine Unter¬<lb/> kunft um Lande. Warum sie entlassen worden sind, entzieht sich meistens der<lb/> Öffentlichkeit; es heißt einfach: er entsprach den Anforderungen nicht. Eine Art<lb/> Disziplinarverfahren wie bei Staatsbeamten findet nicht statt. Die Entlassung<lb/> geschieht mehr oder weniger auf Grund der Berichte der Kapitäne nach so¬<lb/> genanntem bestem Ermessen eines Inspektors, Oberinspektors oder Direktors<lb/> der Gesellschaft. Geht ein Dampfer verloren, einerlei ob eine Schuld oder</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
Über die Bemannung der deutschen Kauffahrteischiffe
Offiziere, folglich müssen unter derselben Voraussetzung wie oben 20 zweite
Offiziere entlassen worden sein.
Bei der Hamburg-Amerikalinie sind vom 2. Februar 1891 bis zum
23. August 1899 51 erste Offiziere, aber nur 33 Kapitäne ernannt worden;
vom 7. Juli 1896 bis 1. August 1899, also in drei Jahren, sind 46 zweite
Offiziere ernannt worden, aber nnr 36 erste Offiziere usw. Der dienstülteste
erste Offizier des Norddeutschen Lloyd hatte am 1. Januar 1900 nach der
Liste etwa 14^ Jahre Gesamtdienstzeit, der von der Hamburg-Amerikalinie
genau so viel, die Dienstzeiten als erste Offiziere betrugen 8,8 oder 7,8 Jahre.
In der letzten Zeit ist die Beförderung der Offiziere recht schnell vor sich ge¬
gangen, weil beide Linien ihre Schiffszahl gewaltig vermehrt haben, und in
allernächster Zeit wird dies noch andauern, denn von beiden Linien werden
noch immer neue Bauaufträge erteilt. Es gab Zeiten, in denen die dritten
und vierten Offiziere drei bis vier Jahre in dieser Charge festsaßen. Wenn
die Flotten der beiden Linien erst stabil geworden sind, und ein solcher Zu¬
stand muß doch über kurz oder laug eintreten, dann werden diese Zeiten auch
wiederkehren, und die Beförderung wird wieder langsamer.
Daß bei den oben mitgeteilten Zahlen der Zufall eine große Rolle spielt,
ist selbstverständlich, aber es geht aus ihnen hervor, daß die Beförderungs¬
verhältnisse auf beiden Linien annähernd gleich sind, und daß die Auswahl
der Offiziere für den höhern Dienst, besonders zum Kapitän sehr scharf ist,
daß es also auch hier Majors- und Oberstenecken giebt, um die verhältnis¬
mäßig wenige herum kommen.
Untersucht man beim Norddeutschen Lloyd die in den letzten zehn Jahren
ernannten Kapitäne in Bezug auf ihre Dienstzeit als Offiziere, dann findet
man rund 12 bis 15, im Mittel 14 Jahre, und daß sie im allgemeinen je nach
ihrem Eintritt als vierter Offizier, also nach ihrer Anciennität, zum Kapitän
befördert worden sind; Abweichungen kommen selten vor. Bei der Hamburg-
Amerikalinie findet man recht verschiedne Dienstzeiten durcheinander. Das Auf¬
rücken scheint nicht so regelmäßig nach der Anciennität wie beim Lloyd zu
geschehn. Ob dies mit daran liegt, daß jene Linie mehrere kleinere aufge¬
sogen und die Offiziere übernommen hat, oder ob andre Ursachen vorhanden sind,
kann man nicht beurteilen. Wo bleiben nun die ausgemerzten Offiziere? Zu¬
nächst suchen sie bei andern Linien unterzukommen, die nicht so hohe Anforde¬
rungen stellen und meistens nicht so gut zahlen, müssen dort aber in den meisten
Füllen bei der untersten Offizierscharge wieder anfangen. Die Offiziere, denen
dies nicht gelingt, gehn auf die Segelschiffe zurück oder suchen sich eine Unter¬
kunft um Lande. Warum sie entlassen worden sind, entzieht sich meistens der
Öffentlichkeit; es heißt einfach: er entsprach den Anforderungen nicht. Eine Art
Disziplinarverfahren wie bei Staatsbeamten findet nicht statt. Die Entlassung
geschieht mehr oder weniger auf Grund der Berichte der Kapitäne nach so¬
genanntem bestem Ermessen eines Inspektors, Oberinspektors oder Direktors
der Gesellschaft. Geht ein Dampfer verloren, einerlei ob eine Schuld oder
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