Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Rinderarbeit Reichsamt des Innern Ende 1897 wenigstens zu vorläufigen "Erhebungen" So weit deshalb auch entschieden die so gewonnenen Zahlen noch hinter Rinderarbeit Reichsamt des Innern Ende 1897 wenigstens zu vorläufigen „Erhebungen" So weit deshalb auch entschieden die so gewonnenen Zahlen noch hinter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0388" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291465"/> <fw type="header" place="top"> Rinderarbeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1247" prev="#ID_1246"> Reichsamt des Innern Ende 1897 wenigstens zu vorläufigen „Erhebungen"<lb/> über den Stand der Kinderarbeit ganz im allgemeinen — abgesehen von der<lb/> Landwirtschaft und dem häuslichen Gesindedienst — veranlaßt gesehen, deren<lb/> Ergebnisse jetzt endlich in dem vom Kaiserlichen Statistischen Amt heraus¬<lb/> gegebnen dritten Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs, Jahr¬<lb/> gang 1900, veröffentlicht worden sind. Das vom Reichskanzler gezeichnete<lb/> Rundschreiben vom 9. Dezember 1897, worin die Bundesregierungen zu dieser<lb/> vom Neichsmnt des Innern verlangten Erhebung aufgefordert wordeu find,<lb/> verfolgt die Absicht, „vor allem Nachweisungen über die Zahl der überhaupt<lb/> und in den einzelnen Gewerbzweigen mit den verschiednen gewerblichen Arbeiten<lb/> beschäftigten Kinder, sowie Angaben über deren Verteilung auf die Teile des<lb/> Reichs" zu beschaffen, die später unter Beteiligung der Kommission für Arbeiter¬<lb/> statistik zu veranstaltenden eingehendem Enqueten zu Grunde gelegt werden<lb/> könnten. Als erwünscht wurde es bezeichnet, wenn die genannte Kommission<lb/> schon zugleich mit diesen vorläufigen Nachweisungen von den Resultaten früherer<lb/> gelegentlicher Ermittlungen über die Kinderarbeit in den Einzelstaaten unter¬<lb/> richtet und ihr ein Überblick darüber verschafft würde, auf welchem Wege man<lb/> bisher einer unzulässigen gewerblichen Beschäftigung von Kindern entgegen¬<lb/> getreten sei. Diesem vorläufigen und allgemeinen Charakter der zunächst be¬<lb/> zweckten Orientierung entsprechend waren den Einzelstaaten nur drei Fragen<lb/> gestellt: 1. Wie hoch ist die Gesamtzahl der außerhalb der Fabriken gewerblich<lb/> thätigen Kinder unter vierzehn Jahren? — 2. In welchen Gewerbzweigen<lb/> und mit welcher Art gewerblicher Arbeit sind die Kinder thätig? — 3. Wie<lb/> hoch ist annähernd die Zahl: a) der in den einzelnen Gewerbzweigen; b) der<lb/> innerhalb der einzelnen Gewerbzweige mit den nach Ziffer 2 ermittelten Arten<lb/> gewerblicher Arbeit beschäftigten Kinder? Es sollten dabei als „gewerblich<lb/> thätig" alle Kinder gezählt werden, „die eine auf Erwerb gerichtete Thätigkeit<lb/> ausüben, sofern es sich nicht um eine Beschäftigung in der Landwirtschaft, dem<lb/> Garten-, Obst- und Weinbau oder im Gesindedienst handelt, auch wenn sie<lb/> Bezahlung für ihre Dienste nicht erhalten und in keinem Vertragsverhältnis<lb/> zu einem Gewerbtreibenden stehn, sondern nur ihren Angehörigen bei der<lb/> Arbeit helfen." Empfohlen wurde, die Volksschullehrer zur Mitwirkung heran-<lb/> zuziehn, und es wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die Eltern viel¬<lb/> fach die Kinder zu falschen Angaben bestimmen würden, weshalb der den Schul¬<lb/> lehrern gegebne Auftrag möglichst geheim gehalten werden solle. Thatsächlich<lb/> find mit Ausnahme von Bayern und Bremen, wo die Polizeibehörden die Sache<lb/> besorgt haben, die Volksschullehrer damit beauftragt wordeu, was bei der Be¬<lb/> urteilung der Ergebnisse ius Gewicht fällt. Die Herren Lehrer sind jedenfalls<lb/> kräftig belogen worden, denn geheim ist ihre Nachfrage doch nicht geblieben,<lb/> und weil sie geheim bleiben sollte, konnten sie der Wahrheit nicht gehörig auf<lb/> den Grund gehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1248" next="#ID_1249"> So weit deshalb auch entschieden die so gewonnenen Zahlen noch hinter<lb/> der Wirklichkeit zurückbleiben mögen, so sind sie im Vergleich mit denen der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0388]
Rinderarbeit
Reichsamt des Innern Ende 1897 wenigstens zu vorläufigen „Erhebungen"
über den Stand der Kinderarbeit ganz im allgemeinen — abgesehen von der
Landwirtschaft und dem häuslichen Gesindedienst — veranlaßt gesehen, deren
Ergebnisse jetzt endlich in dem vom Kaiserlichen Statistischen Amt heraus¬
gegebnen dritten Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs, Jahr¬
gang 1900, veröffentlicht worden sind. Das vom Reichskanzler gezeichnete
Rundschreiben vom 9. Dezember 1897, worin die Bundesregierungen zu dieser
vom Neichsmnt des Innern verlangten Erhebung aufgefordert wordeu find,
verfolgt die Absicht, „vor allem Nachweisungen über die Zahl der überhaupt
und in den einzelnen Gewerbzweigen mit den verschiednen gewerblichen Arbeiten
beschäftigten Kinder, sowie Angaben über deren Verteilung auf die Teile des
Reichs" zu beschaffen, die später unter Beteiligung der Kommission für Arbeiter¬
statistik zu veranstaltenden eingehendem Enqueten zu Grunde gelegt werden
könnten. Als erwünscht wurde es bezeichnet, wenn die genannte Kommission
schon zugleich mit diesen vorläufigen Nachweisungen von den Resultaten früherer
gelegentlicher Ermittlungen über die Kinderarbeit in den Einzelstaaten unter¬
richtet und ihr ein Überblick darüber verschafft würde, auf welchem Wege man
bisher einer unzulässigen gewerblichen Beschäftigung von Kindern entgegen¬
getreten sei. Diesem vorläufigen und allgemeinen Charakter der zunächst be¬
zweckten Orientierung entsprechend waren den Einzelstaaten nur drei Fragen
gestellt: 1. Wie hoch ist die Gesamtzahl der außerhalb der Fabriken gewerblich
thätigen Kinder unter vierzehn Jahren? — 2. In welchen Gewerbzweigen
und mit welcher Art gewerblicher Arbeit sind die Kinder thätig? — 3. Wie
hoch ist annähernd die Zahl: a) der in den einzelnen Gewerbzweigen; b) der
innerhalb der einzelnen Gewerbzweige mit den nach Ziffer 2 ermittelten Arten
gewerblicher Arbeit beschäftigten Kinder? Es sollten dabei als „gewerblich
thätig" alle Kinder gezählt werden, „die eine auf Erwerb gerichtete Thätigkeit
ausüben, sofern es sich nicht um eine Beschäftigung in der Landwirtschaft, dem
Garten-, Obst- und Weinbau oder im Gesindedienst handelt, auch wenn sie
Bezahlung für ihre Dienste nicht erhalten und in keinem Vertragsverhältnis
zu einem Gewerbtreibenden stehn, sondern nur ihren Angehörigen bei der
Arbeit helfen." Empfohlen wurde, die Volksschullehrer zur Mitwirkung heran-
zuziehn, und es wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die Eltern viel¬
fach die Kinder zu falschen Angaben bestimmen würden, weshalb der den Schul¬
lehrern gegebne Auftrag möglichst geheim gehalten werden solle. Thatsächlich
find mit Ausnahme von Bayern und Bremen, wo die Polizeibehörden die Sache
besorgt haben, die Volksschullehrer damit beauftragt wordeu, was bei der Be¬
urteilung der Ergebnisse ius Gewicht fällt. Die Herren Lehrer sind jedenfalls
kräftig belogen worden, denn geheim ist ihre Nachfrage doch nicht geblieben,
und weil sie geheim bleiben sollte, konnten sie der Wahrheit nicht gehörig auf
den Grund gehn.
So weit deshalb auch entschieden die so gewonnenen Zahlen noch hinter
der Wirklichkeit zurückbleiben mögen, so sind sie im Vergleich mit denen der
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