Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Politik und Selbswerwaltmig zu bilden, ihnen eine thätige Einnürkung auis die Verwaltung des Gemein- Diese Verantwortung der Staatsgewalt folgt aus dem Wesen und ans ") Leipzig, Brockhaus, 1897.
Politik und Selbswerwaltmig zu bilden, ihnen eine thätige Einnürkung auis die Verwaltung des Gemein- Diese Verantwortung der Staatsgewalt folgt aus dem Wesen und ans ") Leipzig, Brockhaus, 1897.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0129" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291206"/> <fw type="header" place="top"> Politik und Selbswerwaltmig</fw><lb/> <p xml:id="ID_468" prev="#ID_467"> zu bilden, ihnen eine thätige Einnürkung auis die Verwaltung des Gemein-<lb/> Wesens beizulegen und durch diese Teilnahme Gemeinsinn zu erregen und zu<lb/> erhalten/' Das war sicher wieder ein Fortschritt in freiheitlichen Sinne, eine<lb/> liberale Errungenschaft in des Wortes rechter Bedeutung. Aber an sich ist die<lb/> Selbstverwaltung weder liberal noch reaktionär. Es kommt alles auf die Zeit<lb/> nu und ans den Geist, worin sie gehandhabt und gemißbraucht wird. Deshalb<lb/> ist die Regelung ihres Verhältnisses zur Staatsverwaltung eine hochwichtige<lb/> politische Frage, die der Staat »»ausgesetzt im Auge haben soll, um den Mi߬<lb/> brauch zu verhüten, den die Parteipolitik mit der Selbstverwaltung nach links<lb/> oder rechts, nach rückwärts oder vorwärts zu treiben versucht. Schwere Ver¬<lb/> antwortung lädt er auf sich, wo er sich die Städte über den Kopf wachse»<lb/> läßt, in Paris »»d Wie» mit ihrem schroffen Szenenwechsel nicht weniger als<lb/> in Berlin.</p><lb/> <p xml:id="ID_469" next="#ID_470"> Diese Verantwortung der Staatsgewalt folgt aus dem Wesen und ans<lb/> den Aufgaben der Selbstverwaltung so sehr von selbst, daß es fast unbegreiflich<lb/> erscheint, wie sie immer wieder im .Kampf der Parteimeinungen fo vielfach<lb/> unterschätzt oder ganz vergessen wird. „Objekte der Selbstverwaltung — sagt<lb/> Professor Schön in seinem als Ergänzungsband zu Rönnes Staatsrecht<lb/> der Preußischen Monarchie erschienenen »Recht der Kommunalverbände in<lb/> Preußen«^) — sind lediglich Stantsgeschüfte, Angelegenheiten, die der Staat be¬<lb/> sorgen müßte, wenn er sie nicht den Selbstverwaltungskörpern zur selbständigen<lb/> Erledigung überwiesen hätte." Unsre ganze Selbstverwaltung beruhe darauf, daß<lb/> der Staat sich selbst in seiner Thätigkeit beschränke, daß er bei gewissen Ver¬<lb/> waltungszweigen davon Abstand nehme, deu ihm zur Erfüllung der Staats¬<lb/> ausgaben zu Gebote stehende», von ihm ganz abhängigen Negierungsapparat<lb/> in Bewegung zu setzen, und mir die allgemeinen Normen der Verwaltung auf¬<lb/> stelle, deren freie Handhabung aber ihm untergeordneten korporativen Ver¬<lb/> bänden überlasse. Es handle sich, wie anch Gneist von seiner Selbstverwaltung<lb/> sage, immer um „Verwaltung im Interesse des Staats." Allerdings erschöpfe<lb/> sich diese Verwaltung uicht in der delegierreu Ausübung staatlicher Hoheits¬<lb/> rechte. Wie die Verwaltung des Staats selbst neben der Ausübung von<lb/> „Herrschaftsrechten zur Erfüllung der Staatszwecke" eine umfassende Thätig¬<lb/> keit auf rein wirtschaftlichem Gebiete erfordre, so sei eine solche anch ein inte¬<lb/> grierender Bestandteil der Selbstverwaltung. Diese umfasse auch alles das,<lb/> was erforderlich sei, damit der SelbstverN'altnngskörper die ihm vom Staate<lb/> gestellte Aufgabe erfülle. Hierzu gehöre vor allem seine wirtschaftliche Erhal¬<lb/> tung, auch sie liege also „um Interesse des Staats." Freilich verwalten die<lb/> SelbstverN'altungskörper, sagt er, „uicht als unselbständige Gehilfen des Staats¬<lb/> oberhaupts, lediglich durch persönlichen Auftrag desselben berufen, einen Kreis<lb/> von Geschäften, der ihnen jederzeit wieder abgenommen werden kann, sondern<lb/> sie haben, so lauge das Gesetz besteht, das sie als Selbstvertvaltungskörper</p><lb/> <note xml:id="FID_7" place="foot"> ") Leipzig, Brockhaus, 1897.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0129]
Politik und Selbswerwaltmig
zu bilden, ihnen eine thätige Einnürkung auis die Verwaltung des Gemein-
Wesens beizulegen und durch diese Teilnahme Gemeinsinn zu erregen und zu
erhalten/' Das war sicher wieder ein Fortschritt in freiheitlichen Sinne, eine
liberale Errungenschaft in des Wortes rechter Bedeutung. Aber an sich ist die
Selbstverwaltung weder liberal noch reaktionär. Es kommt alles auf die Zeit
nu und ans den Geist, worin sie gehandhabt und gemißbraucht wird. Deshalb
ist die Regelung ihres Verhältnisses zur Staatsverwaltung eine hochwichtige
politische Frage, die der Staat »»ausgesetzt im Auge haben soll, um den Mi߬
brauch zu verhüten, den die Parteipolitik mit der Selbstverwaltung nach links
oder rechts, nach rückwärts oder vorwärts zu treiben versucht. Schwere Ver¬
antwortung lädt er auf sich, wo er sich die Städte über den Kopf wachse»
läßt, in Paris »»d Wie» mit ihrem schroffen Szenenwechsel nicht weniger als
in Berlin.
Diese Verantwortung der Staatsgewalt folgt aus dem Wesen und ans
den Aufgaben der Selbstverwaltung so sehr von selbst, daß es fast unbegreiflich
erscheint, wie sie immer wieder im .Kampf der Parteimeinungen fo vielfach
unterschätzt oder ganz vergessen wird. „Objekte der Selbstverwaltung — sagt
Professor Schön in seinem als Ergänzungsband zu Rönnes Staatsrecht
der Preußischen Monarchie erschienenen »Recht der Kommunalverbände in
Preußen«^) — sind lediglich Stantsgeschüfte, Angelegenheiten, die der Staat be¬
sorgen müßte, wenn er sie nicht den Selbstverwaltungskörpern zur selbständigen
Erledigung überwiesen hätte." Unsre ganze Selbstverwaltung beruhe darauf, daß
der Staat sich selbst in seiner Thätigkeit beschränke, daß er bei gewissen Ver¬
waltungszweigen davon Abstand nehme, deu ihm zur Erfüllung der Staats¬
ausgaben zu Gebote stehende», von ihm ganz abhängigen Negierungsapparat
in Bewegung zu setzen, und mir die allgemeinen Normen der Verwaltung auf¬
stelle, deren freie Handhabung aber ihm untergeordneten korporativen Ver¬
bänden überlasse. Es handle sich, wie anch Gneist von seiner Selbstverwaltung
sage, immer um „Verwaltung im Interesse des Staats." Allerdings erschöpfe
sich diese Verwaltung uicht in der delegierreu Ausübung staatlicher Hoheits¬
rechte. Wie die Verwaltung des Staats selbst neben der Ausübung von
„Herrschaftsrechten zur Erfüllung der Staatszwecke" eine umfassende Thätig¬
keit auf rein wirtschaftlichem Gebiete erfordre, so sei eine solche anch ein inte¬
grierender Bestandteil der Selbstverwaltung. Diese umfasse auch alles das,
was erforderlich sei, damit der SelbstverN'altnngskörper die ihm vom Staate
gestellte Aufgabe erfülle. Hierzu gehöre vor allem seine wirtschaftliche Erhal¬
tung, auch sie liege also „um Interesse des Staats." Freilich verwalten die
SelbstverN'altungskörper, sagt er, „uicht als unselbständige Gehilfen des Staats¬
oberhaupts, lediglich durch persönlichen Auftrag desselben berufen, einen Kreis
von Geschäften, der ihnen jederzeit wieder abgenommen werden kann, sondern
sie haben, so lauge das Gesetz besteht, das sie als Selbstvertvaltungskörper
") Leipzig, Brockhaus, 1897.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |