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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Brauns ein Schcmkzelt aufgestellt und die herkömmlichen Schmorwürste verkauft.
Jetzt baute Leisring ein zweites Zelt daneben, schlachtete gleichfalls ein Schwein
und bot seine Schmorwürste an. Wer nun keine Ungelegenheiten haben, oder wer
im Dorfe etwas vorstellen wollte, war nunmehr gehalten, sowohl bei Brauns als
auch bei Leisring Schmorwurst zu essen. Ob man Hunger hatte oder nicht, ob das
Geld reichen wollte oder nicht, darauf kam es nicht an, sondern nur darauf, daß die
Herren Wirte zu ihrem Rechte kamen, nämlich ihre Schmorwürste verkauften.

Hierzu kamen soviel öffentliche Tanzlustbnrkeiten, als der Herr Amtsvorsteher
irgend genehmigte. Der ganzen Bevölkerung von Rockendorf, besonders der weib¬
lichen, bemächtigte sich ein gewisses Tanzfieber. Nicht bloß die Mädchen strömten
in hellen Häuser zum Tanzsaale, wenn etwas los war, auch die Frauen glaubten,
nicht fehlen zu dürfen. Und die von ihnen, die kleine Kinder hatten, brachten ihre
armen Würmer mit, die, weil sie gern schlafen wollten und die halbe Nacht wachen
mußten, ein Konzert auf eigne Rechnung gaben -- was aber niemand störte. Die
größern Kinder aber trieben sich auf der Treppe und im Vorsaale herum, waren
Zeugen des Unfugs, den die Großen vor und hinter den Kulissen trieben, und gaben
ihre Groschen für Stollwercks Probeschokoladentafeln aus, die ein Automat auf dem
Schanktische unermüdlich spendete.

Daß dies alles zwar dem dicken Leisring und seiner Kasse zu gute kam, in
der Gemeinde aber, besonders unter der arbeitenden Bevölkerung einen sehr
Übeln Einfluß ausübte, daß die Eltern wirtschaftlich zurückkamen und die Jugend
verwilderte, ist nur natürlich. Da nnn ähnliche Erscheinungen auch in andern
Dörfern zu Tage traten, so war "über Nacht ein Notstand erwachsen, der ge¬
bieterisch Abhilfe erheischte," und mit dem sich die Kreissynode in ihrer nächsten
Tagung beschäftigte. Herr Pastor Uhlenhorst, der Agent für innere Mission und
daher berufsmäßiger Ausrufer aller Notstände, Gebrechen und Schandthaten des
Volks war, hielt eine gewaltige Rede, rief auf zu dem Kreuzzuge wider die Ver¬
gnügungssucht und beschwor die Synode, die Ketten der "Kcmponokratie," unter der
unser Volk seufze, zu brechen. Das Wort Kauponokratie (zu deutsch: Kneipen¬
herrschaft) machte tiefen Eindruck, umsomehr, als es die Herren Synodalen nicht
verstanden. Da es aber klar war, daß es sich um ein gutes Werk handle, so
murmelte man Beifall. Zum Schlüsse wurde der Antrag eingebracht: Hochwürdige
Synode wolle beschließe", den Synodalvorstand aufzufordern, dahin zu wirken, daß
der Königliche Landrat die Amtsvorsteher anweise, weniger bereitwillig als bisher
Tanzerlaubuis zu geben, und daß bei Königlicher Regierung Borstellungen ge¬
macht werden, Königliche Regierung wolle Maßnahmen treffen, zu bewirken, daß die
bestehenden gesetzlichen Vorschriften betreffend die Fernhaltung der Jugend unter
sechzehn Jahren von Tanzlustbarkeiten strenger als bisher innegehalten werden.
Dieser Antrag wurde freudig und mit Einstimmigkeit angenommen.

Die hohe Behörde brachte dem Antrage hohes Verständnis entgegen. Der
Apparat der Verwaltung setzte sich in Gang und arbeitete in dem ihm eigentüm¬
lichen Tempo so zuverlässig, daß schon vor Ablauf eines halben Jahres die Ver¬
fügung herauskam, die Erlaubnis zu öffentlichen Tanzlustbarkeiten dürfe nicht öfter
als monatlich einmal gegeben werden, und in den Sälen müsse eine Bekanntmachung
angeschlagen werden, daß Personen unter sechzehn Jahren der Zutritt verboten sei.
Desgleichen beschäftigte sich das Königliche Konsistorium mit der "Kauponokratie," schob
es in seiner Beantwortung der Synodalverhandlungen den Synoden in das "Ge¬
wissen," für die Austilgung des fraglichen Krebsschadens am Leibe des christlichen Volks
zu sorgen, und ordnete zufolge Z 14 der Kirchengemeinde- und Kreissynodalordnung
an, daß alle Gemeindekirchenräte in ihrer nächsten Sitzung die Beratung über diese
zwar in der Peripherie des Glaubenslebens liegende, aber doch den Lebensnerv der


Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Brauns ein Schcmkzelt aufgestellt und die herkömmlichen Schmorwürste verkauft.
Jetzt baute Leisring ein zweites Zelt daneben, schlachtete gleichfalls ein Schwein
und bot seine Schmorwürste an. Wer nun keine Ungelegenheiten haben, oder wer
im Dorfe etwas vorstellen wollte, war nunmehr gehalten, sowohl bei Brauns als
auch bei Leisring Schmorwurst zu essen. Ob man Hunger hatte oder nicht, ob das
Geld reichen wollte oder nicht, darauf kam es nicht an, sondern nur darauf, daß die
Herren Wirte zu ihrem Rechte kamen, nämlich ihre Schmorwürste verkauften.

Hierzu kamen soviel öffentliche Tanzlustbnrkeiten, als der Herr Amtsvorsteher
irgend genehmigte. Der ganzen Bevölkerung von Rockendorf, besonders der weib¬
lichen, bemächtigte sich ein gewisses Tanzfieber. Nicht bloß die Mädchen strömten
in hellen Häuser zum Tanzsaale, wenn etwas los war, auch die Frauen glaubten,
nicht fehlen zu dürfen. Und die von ihnen, die kleine Kinder hatten, brachten ihre
armen Würmer mit, die, weil sie gern schlafen wollten und die halbe Nacht wachen
mußten, ein Konzert auf eigne Rechnung gaben — was aber niemand störte. Die
größern Kinder aber trieben sich auf der Treppe und im Vorsaale herum, waren
Zeugen des Unfugs, den die Großen vor und hinter den Kulissen trieben, und gaben
ihre Groschen für Stollwercks Probeschokoladentafeln aus, die ein Automat auf dem
Schanktische unermüdlich spendete.

Daß dies alles zwar dem dicken Leisring und seiner Kasse zu gute kam, in
der Gemeinde aber, besonders unter der arbeitenden Bevölkerung einen sehr
Übeln Einfluß ausübte, daß die Eltern wirtschaftlich zurückkamen und die Jugend
verwilderte, ist nur natürlich. Da nnn ähnliche Erscheinungen auch in andern
Dörfern zu Tage traten, so war „über Nacht ein Notstand erwachsen, der ge¬
bieterisch Abhilfe erheischte," und mit dem sich die Kreissynode in ihrer nächsten
Tagung beschäftigte. Herr Pastor Uhlenhorst, der Agent für innere Mission und
daher berufsmäßiger Ausrufer aller Notstände, Gebrechen und Schandthaten des
Volks war, hielt eine gewaltige Rede, rief auf zu dem Kreuzzuge wider die Ver¬
gnügungssucht und beschwor die Synode, die Ketten der „Kcmponokratie," unter der
unser Volk seufze, zu brechen. Das Wort Kauponokratie (zu deutsch: Kneipen¬
herrschaft) machte tiefen Eindruck, umsomehr, als es die Herren Synodalen nicht
verstanden. Da es aber klar war, daß es sich um ein gutes Werk handle, so
murmelte man Beifall. Zum Schlüsse wurde der Antrag eingebracht: Hochwürdige
Synode wolle beschließe«, den Synodalvorstand aufzufordern, dahin zu wirken, daß
der Königliche Landrat die Amtsvorsteher anweise, weniger bereitwillig als bisher
Tanzerlaubuis zu geben, und daß bei Königlicher Regierung Borstellungen ge¬
macht werden, Königliche Regierung wolle Maßnahmen treffen, zu bewirken, daß die
bestehenden gesetzlichen Vorschriften betreffend die Fernhaltung der Jugend unter
sechzehn Jahren von Tanzlustbarkeiten strenger als bisher innegehalten werden.
Dieser Antrag wurde freudig und mit Einstimmigkeit angenommen.

Die hohe Behörde brachte dem Antrage hohes Verständnis entgegen. Der
Apparat der Verwaltung setzte sich in Gang und arbeitete in dem ihm eigentüm¬
lichen Tempo so zuverlässig, daß schon vor Ablauf eines halben Jahres die Ver¬
fügung herauskam, die Erlaubnis zu öffentlichen Tanzlustbarkeiten dürfe nicht öfter
als monatlich einmal gegeben werden, und in den Sälen müsse eine Bekanntmachung
angeschlagen werden, daß Personen unter sechzehn Jahren der Zutritt verboten sei.
Desgleichen beschäftigte sich das Königliche Konsistorium mit der „Kauponokratie," schob
es in seiner Beantwortung der Synodalverhandlungen den Synoden in das „Ge¬
wissen," für die Austilgung des fraglichen Krebsschadens am Leibe des christlichen Volks
zu sorgen, und ordnete zufolge Z 14 der Kirchengemeinde- und Kreissynodalordnung
an, daß alle Gemeindekirchenräte in ihrer nächsten Sitzung die Beratung über diese
zwar in der Peripherie des Glaubenslebens liegende, aber doch den Lebensnerv der


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[0643] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Brauns ein Schcmkzelt aufgestellt und die herkömmlichen Schmorwürste verkauft. Jetzt baute Leisring ein zweites Zelt daneben, schlachtete gleichfalls ein Schwein und bot seine Schmorwürste an. Wer nun keine Ungelegenheiten haben, oder wer im Dorfe etwas vorstellen wollte, war nunmehr gehalten, sowohl bei Brauns als auch bei Leisring Schmorwurst zu essen. Ob man Hunger hatte oder nicht, ob das Geld reichen wollte oder nicht, darauf kam es nicht an, sondern nur darauf, daß die Herren Wirte zu ihrem Rechte kamen, nämlich ihre Schmorwürste verkauften. Hierzu kamen soviel öffentliche Tanzlustbnrkeiten, als der Herr Amtsvorsteher irgend genehmigte. Der ganzen Bevölkerung von Rockendorf, besonders der weib¬ lichen, bemächtigte sich ein gewisses Tanzfieber. Nicht bloß die Mädchen strömten in hellen Häuser zum Tanzsaale, wenn etwas los war, auch die Frauen glaubten, nicht fehlen zu dürfen. Und die von ihnen, die kleine Kinder hatten, brachten ihre armen Würmer mit, die, weil sie gern schlafen wollten und die halbe Nacht wachen mußten, ein Konzert auf eigne Rechnung gaben — was aber niemand störte. Die größern Kinder aber trieben sich auf der Treppe und im Vorsaale herum, waren Zeugen des Unfugs, den die Großen vor und hinter den Kulissen trieben, und gaben ihre Groschen für Stollwercks Probeschokoladentafeln aus, die ein Automat auf dem Schanktische unermüdlich spendete. Daß dies alles zwar dem dicken Leisring und seiner Kasse zu gute kam, in der Gemeinde aber, besonders unter der arbeitenden Bevölkerung einen sehr Übeln Einfluß ausübte, daß die Eltern wirtschaftlich zurückkamen und die Jugend verwilderte, ist nur natürlich. Da nnn ähnliche Erscheinungen auch in andern Dörfern zu Tage traten, so war „über Nacht ein Notstand erwachsen, der ge¬ bieterisch Abhilfe erheischte," und mit dem sich die Kreissynode in ihrer nächsten Tagung beschäftigte. Herr Pastor Uhlenhorst, der Agent für innere Mission und daher berufsmäßiger Ausrufer aller Notstände, Gebrechen und Schandthaten des Volks war, hielt eine gewaltige Rede, rief auf zu dem Kreuzzuge wider die Ver¬ gnügungssucht und beschwor die Synode, die Ketten der „Kcmponokratie," unter der unser Volk seufze, zu brechen. Das Wort Kauponokratie (zu deutsch: Kneipen¬ herrschaft) machte tiefen Eindruck, umsomehr, als es die Herren Synodalen nicht verstanden. Da es aber klar war, daß es sich um ein gutes Werk handle, so murmelte man Beifall. Zum Schlüsse wurde der Antrag eingebracht: Hochwürdige Synode wolle beschließe«, den Synodalvorstand aufzufordern, dahin zu wirken, daß der Königliche Landrat die Amtsvorsteher anweise, weniger bereitwillig als bisher Tanzerlaubuis zu geben, und daß bei Königlicher Regierung Borstellungen ge¬ macht werden, Königliche Regierung wolle Maßnahmen treffen, zu bewirken, daß die bestehenden gesetzlichen Vorschriften betreffend die Fernhaltung der Jugend unter sechzehn Jahren von Tanzlustbarkeiten strenger als bisher innegehalten werden. Dieser Antrag wurde freudig und mit Einstimmigkeit angenommen. Die hohe Behörde brachte dem Antrage hohes Verständnis entgegen. Der Apparat der Verwaltung setzte sich in Gang und arbeitete in dem ihm eigentüm¬ lichen Tempo so zuverlässig, daß schon vor Ablauf eines halben Jahres die Ver¬ fügung herauskam, die Erlaubnis zu öffentlichen Tanzlustbarkeiten dürfe nicht öfter als monatlich einmal gegeben werden, und in den Sälen müsse eine Bekanntmachung angeschlagen werden, daß Personen unter sechzehn Jahren der Zutritt verboten sei. Desgleichen beschäftigte sich das Königliche Konsistorium mit der „Kauponokratie," schob es in seiner Beantwortung der Synodalverhandlungen den Synoden in das „Ge¬ wissen," für die Austilgung des fraglichen Krebsschadens am Leibe des christlichen Volks zu sorgen, und ordnete zufolge Z 14 der Kirchengemeinde- und Kreissynodalordnung an, daß alle Gemeindekirchenräte in ihrer nächsten Sitzung die Beratung über diese zwar in der Peripherie des Glaubenslebens liegende, aber doch den Lebensnerv der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/643>, abgerufen am 22.07.2024.