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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Am andern Morgen traf ich meinen Freund bei meinem Spaziergange. Wir
hatten draußen seit langer Zeit zum erstenmal wieder Sonnenschein, aber ich sah es
ihm schon von weitem ein, daß die milde Stimmung von gestern abend verflogen war.
Sein Gesicht sah aus, wie wenn das Barometer ans Sturm stünde. Ich reichte
ihm die Hand und begann: Hoffentlich ist Ihnen der Spaß gestern abend gut be¬
kommen. Sie haben doch gut geschlafen?

Nein, knurrte er, mir ist scheußlich zu Mute. Geschlafen habe ich so gut
wie gar nicht, und eine so verrückte Gesellschaft als Spaß zu bezeichnen grenzt
nahezu um Sprachdummheit. Es war ja ein Elend von Anfang bis zu Ende.

Na, erwiderte ich, Sie scheinen heute in netter Stimmung zu sein. scheußlich,
verrückt, Sprachdummheit, Elend -- das sind lauter starke Superlative. Der Wind
ist ja bei Ihnen gänzlich umgeschlagen. Ich fand Sie gestern abend heiter, sanft,
beinahe milde, eigentlich contra, naturam tui xcm<zris. Wenn Sie schlecht geschlafen
haben, so brauchen Sie das doch nicht dem guten Müller und seiner Gesellschaft
aufzuhalsen. Das kaun ja doch auch andre Gründe haben. Wir scheinen die Rollen
getauscht zu haben. Gestern ging ich verdrießlich in die Gesellschaft und war er¬
staunt, daß Sie sich entschlösse" hatte" hinzugehn. Ich bin heute zufrieden, daß ich
dort war, Sie aber scheinen einen physischen und einen moralischen Kater zugleich
zu haben. Was ist Ihnen denn passiert? Sie waren doch noch demi Weggehn still,
über wie mir schien, nichts weniger als verstimmt.

Nein, Kater habe ich nicht, sagte er, aber während der schlaflosen Nacht sind
mir die Dummheiten unsrer konventionellen Geselligkeit durch den Kopf gegangen.
Gestern abend haben wir leichtsinnig mitgemacht, ich wenigstens ganz prinziplos,
und dessen schäme ich mich hente. Warum waren Sie denn gestern verdrießlich,
"ks Sie zu Müller gingen?

Ach, das war nicht weit her. Wir essen zu Hanse um V-2 Uhr, es hatte
mir bei uns um unserm einfachen Tische trefflich geschmeckt, ich fühlte mich zu Haufe
Wohl geborgen und behaglich, und ich empfand es als wenig angenehmen Zwang.
de>ß ich zu ungewöhnlicher Zeit noch einmal zu Mittag essen und mich dazu vou
Kopf bis zu Fuß frisch anziehn, mich putzen und nach dem Befehle meiner Frau
s"ge>r in die Lackstiefel fahren mußte. Mein alter Adam ist von Haus aus einiger-
"aßen schwerfällig und beqnem. Meine Frau zieht mich deswegen gern auf und
l"ge von nur, wie Bismarck von dem Grafen Paul Hchfeldt: Paulchen ist ein
wenig fnulchcu. So war es gestern, und ich hatte mir nach unsrer deutschen Art
für meine liebe Bequemlichkeit eine kleine Theorie zurecht gemacht, hatte auf die
Unnatur unsers gesellschaftlichen Lebens geschimpft und war schließlich ein wenig
vergällt zu Müller gefahren. Das scheußliche Wetter und der Zwang, mir oder
"'einen Lackstiefeln auch noch eine Droschke spendieren zu müssen, hatte die Stim¬
mung auch nicht gerade verbessert. Erst als ich Sie bei Müller so gefaßt und
heiter fand, fing ich um, mich meiner Stimmung zu schäme", und da ich -meh schkeß-
uch gu"z behnglich fühlte, die gastliche Sorglichkeit der kleinen Fra" Mutter als
^wils Gutes empfnnd und mich mit meinem Nachbar, den. Justizrat. recht gut
unterhielt, so wurde ich innerlich frei und heiter. Auf dein Nachhausewege habe
"h zuletzt immer Hölderlins Epigramm vor mich hingesummt:


In jüngeren Tagen war ich des Morgens froh,
Des Abends meint ich! jetzt, da ich alter on,
Beginn ich zweifelnd meinen Tag, doch
Heilig und heiter ist mir sein Ende.

Ich habe gestern einen guten Abend verlebt, hube von dieser konventionellen Ge-
emgkeit einen innerlichen Gewinn gebildt und bin schließlich Müller und seiner
kleinen Frau für ihre vielleicht ein wenig zu großspurige über freundlich gewährte
Gastlichkeit von Herzen dankbar. Wie soll es denn ein höherer Beamter, der geradezu


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Am andern Morgen traf ich meinen Freund bei meinem Spaziergange. Wir
hatten draußen seit langer Zeit zum erstenmal wieder Sonnenschein, aber ich sah es
ihm schon von weitem ein, daß die milde Stimmung von gestern abend verflogen war.
Sein Gesicht sah aus, wie wenn das Barometer ans Sturm stünde. Ich reichte
ihm die Hand und begann: Hoffentlich ist Ihnen der Spaß gestern abend gut be¬
kommen. Sie haben doch gut geschlafen?

Nein, knurrte er, mir ist scheußlich zu Mute. Geschlafen habe ich so gut
wie gar nicht, und eine so verrückte Gesellschaft als Spaß zu bezeichnen grenzt
nahezu um Sprachdummheit. Es war ja ein Elend von Anfang bis zu Ende.

Na, erwiderte ich, Sie scheinen heute in netter Stimmung zu sein. scheußlich,
verrückt, Sprachdummheit, Elend — das sind lauter starke Superlative. Der Wind
ist ja bei Ihnen gänzlich umgeschlagen. Ich fand Sie gestern abend heiter, sanft,
beinahe milde, eigentlich contra, naturam tui xcm<zris. Wenn Sie schlecht geschlafen
haben, so brauchen Sie das doch nicht dem guten Müller und seiner Gesellschaft
aufzuhalsen. Das kaun ja doch auch andre Gründe haben. Wir scheinen die Rollen
getauscht zu haben. Gestern ging ich verdrießlich in die Gesellschaft und war er¬
staunt, daß Sie sich entschlösse» hatte» hinzugehn. Ich bin heute zufrieden, daß ich
dort war, Sie aber scheinen einen physischen und einen moralischen Kater zugleich
zu haben. Was ist Ihnen denn passiert? Sie waren doch noch demi Weggehn still,
über wie mir schien, nichts weniger als verstimmt.

Nein, Kater habe ich nicht, sagte er, aber während der schlaflosen Nacht sind
mir die Dummheiten unsrer konventionellen Geselligkeit durch den Kopf gegangen.
Gestern abend haben wir leichtsinnig mitgemacht, ich wenigstens ganz prinziplos,
und dessen schäme ich mich hente. Warum waren Sie denn gestern verdrießlich,
"ks Sie zu Müller gingen?

Ach, das war nicht weit her. Wir essen zu Hanse um V-2 Uhr, es hatte
mir bei uns um unserm einfachen Tische trefflich geschmeckt, ich fühlte mich zu Haufe
Wohl geborgen und behaglich, und ich empfand es als wenig angenehmen Zwang.
de>ß ich zu ungewöhnlicher Zeit noch einmal zu Mittag essen und mich dazu vou
Kopf bis zu Fuß frisch anziehn, mich putzen und nach dem Befehle meiner Frau
s»ge>r in die Lackstiefel fahren mußte. Mein alter Adam ist von Haus aus einiger-
»aßen schwerfällig und beqnem. Meine Frau zieht mich deswegen gern auf und
l"ge von nur, wie Bismarck von dem Grafen Paul Hchfeldt: Paulchen ist ein
wenig fnulchcu. So war es gestern, und ich hatte mir nach unsrer deutschen Art
für meine liebe Bequemlichkeit eine kleine Theorie zurecht gemacht, hatte auf die
Unnatur unsers gesellschaftlichen Lebens geschimpft und war schließlich ein wenig
vergällt zu Müller gefahren. Das scheußliche Wetter und der Zwang, mir oder
"'einen Lackstiefeln auch noch eine Droschke spendieren zu müssen, hatte die Stim¬
mung auch nicht gerade verbessert. Erst als ich Sie bei Müller so gefaßt und
heiter fand, fing ich um, mich meiner Stimmung zu schäme», und da ich -meh schkeß-
uch gu»z behnglich fühlte, die gastliche Sorglichkeit der kleinen Fra» Mutter als
^wils Gutes empfnnd und mich mit meinem Nachbar, den. Justizrat. recht gut
unterhielt, so wurde ich innerlich frei und heiter. Auf dein Nachhausewege habe
"h zuletzt immer Hölderlins Epigramm vor mich hingesummt:


In jüngeren Tagen war ich des Morgens froh,
Des Abends meint ich! jetzt, da ich alter on,
Beginn ich zweifelnd meinen Tag, doch
Heilig und heiter ist mir sein Ende.

Ich habe gestern einen guten Abend verlebt, hube von dieser konventionellen Ge-
emgkeit einen innerlichen Gewinn gebildt und bin schließlich Müller und seiner
kleinen Frau für ihre vielleicht ein wenig zu großspurige über freundlich gewährte
Gastlichkeit von Herzen dankbar. Wie soll es denn ein höherer Beamter, der geradezu


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[0315] Maßgebliches und Unmaßgebliches Am andern Morgen traf ich meinen Freund bei meinem Spaziergange. Wir hatten draußen seit langer Zeit zum erstenmal wieder Sonnenschein, aber ich sah es ihm schon von weitem ein, daß die milde Stimmung von gestern abend verflogen war. Sein Gesicht sah aus, wie wenn das Barometer ans Sturm stünde. Ich reichte ihm die Hand und begann: Hoffentlich ist Ihnen der Spaß gestern abend gut be¬ kommen. Sie haben doch gut geschlafen? Nein, knurrte er, mir ist scheußlich zu Mute. Geschlafen habe ich so gut wie gar nicht, und eine so verrückte Gesellschaft als Spaß zu bezeichnen grenzt nahezu um Sprachdummheit. Es war ja ein Elend von Anfang bis zu Ende. Na, erwiderte ich, Sie scheinen heute in netter Stimmung zu sein. scheußlich, verrückt, Sprachdummheit, Elend — das sind lauter starke Superlative. Der Wind ist ja bei Ihnen gänzlich umgeschlagen. Ich fand Sie gestern abend heiter, sanft, beinahe milde, eigentlich contra, naturam tui xcm<zris. Wenn Sie schlecht geschlafen haben, so brauchen Sie das doch nicht dem guten Müller und seiner Gesellschaft aufzuhalsen. Das kaun ja doch auch andre Gründe haben. Wir scheinen die Rollen getauscht zu haben. Gestern ging ich verdrießlich in die Gesellschaft und war er¬ staunt, daß Sie sich entschlösse» hatte» hinzugehn. Ich bin heute zufrieden, daß ich dort war, Sie aber scheinen einen physischen und einen moralischen Kater zugleich zu haben. Was ist Ihnen denn passiert? Sie waren doch noch demi Weggehn still, über wie mir schien, nichts weniger als verstimmt. Nein, Kater habe ich nicht, sagte er, aber während der schlaflosen Nacht sind mir die Dummheiten unsrer konventionellen Geselligkeit durch den Kopf gegangen. Gestern abend haben wir leichtsinnig mitgemacht, ich wenigstens ganz prinziplos, und dessen schäme ich mich hente. Warum waren Sie denn gestern verdrießlich, "ks Sie zu Müller gingen? Ach, das war nicht weit her. Wir essen zu Hanse um V-2 Uhr, es hatte mir bei uns um unserm einfachen Tische trefflich geschmeckt, ich fühlte mich zu Haufe Wohl geborgen und behaglich, und ich empfand es als wenig angenehmen Zwang. de>ß ich zu ungewöhnlicher Zeit noch einmal zu Mittag essen und mich dazu vou Kopf bis zu Fuß frisch anziehn, mich putzen und nach dem Befehle meiner Frau s»ge>r in die Lackstiefel fahren mußte. Mein alter Adam ist von Haus aus einiger- »aßen schwerfällig und beqnem. Meine Frau zieht mich deswegen gern auf und l"ge von nur, wie Bismarck von dem Grafen Paul Hchfeldt: Paulchen ist ein wenig fnulchcu. So war es gestern, und ich hatte mir nach unsrer deutschen Art für meine liebe Bequemlichkeit eine kleine Theorie zurecht gemacht, hatte auf die Unnatur unsers gesellschaftlichen Lebens geschimpft und war schließlich ein wenig vergällt zu Müller gefahren. Das scheußliche Wetter und der Zwang, mir oder "'einen Lackstiefeln auch noch eine Droschke spendieren zu müssen, hatte die Stim¬ mung auch nicht gerade verbessert. Erst als ich Sie bei Müller so gefaßt und heiter fand, fing ich um, mich meiner Stimmung zu schäme», und da ich -meh schkeß- uch gu»z behnglich fühlte, die gastliche Sorglichkeit der kleinen Fra» Mutter als ^wils Gutes empfnnd und mich mit meinem Nachbar, den. Justizrat. recht gut unterhielt, so wurde ich innerlich frei und heiter. Auf dein Nachhausewege habe "h zuletzt immer Hölderlins Epigramm vor mich hingesummt: In jüngeren Tagen war ich des Morgens froh, Des Abends meint ich! jetzt, da ich alter on, Beginn ich zweifelnd meinen Tag, doch Heilig und heiter ist mir sein Ende. Ich habe gestern einen guten Abend verlebt, hube von dieser konventionellen Ge- emgkeit einen innerlichen Gewinn gebildt und bin schließlich Müller und seiner kleinen Frau für ihre vielleicht ein wenig zu großspurige über freundlich gewährte Gastlichkeit von Herzen dankbar. Wie soll es denn ein höherer Beamter, der geradezu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/315>, abgerufen am 22.07.2024.