Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.Die Baumwollenhungersnot von Lancashire vor der das stärkste Herz zagend stillstand" (Watts a. a. O.), und immer "Früher hatten sich die Arbeiter der Verwendung von indischer Baum¬ Im November 1862 begann man nunmehr die Situation auch in ihren *) Siehe z. B. rils Dal'I, ok vsrd^, DiistiöW in I^nWMrs. Manchester, 1862;
A.. ZÄrlssl ^ Visit ta I.xmokMi'o, vsosmbsi' 1862. London, 1863. Die Baumwollenhungersnot von Lancashire vor der das stärkste Herz zagend stillstand" (Watts a. a. O.), und immer „Früher hatten sich die Arbeiter der Verwendung von indischer Baum¬ Im November 1862 begann man nunmehr die Situation auch in ihren *) Siehe z. B. rils Dal'I, ok vsrd^, DiistiöW in I^nWMrs. Manchester, 1862;
A.. ZÄrlssl ^ Visit ta I.xmokMi'o, vsosmbsi' 1862. London, 1863. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0194" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290605"/> <fw type="header" place="top"> Die Baumwollenhungersnot von Lancashire</fw><lb/> <p xml:id="ID_804" prev="#ID_803"> vor der das stärkste Herz zagend stillstand" (Watts a. a. O.), und immer<lb/> größer wurde die Aufgabe, die dem im Mai zu Manchester gegründeten Zentral-<lb/> hilssbüreau zufiel.</p><lb/> <p xml:id="ID_805"> „Früher hatten sich die Arbeiter der Verwendung von indischer Baum¬<lb/> wolle häufig widersetzt, weil die Arbeit schwieriger und der Akkordertrag un¬<lb/> gleich geringer war. Wie gern bereit würden die Zehntausende unfreiwillig<lb/> Müßiger jetzt gewesen sein, Surat-Baumwolle zu verarbeiten, obgleich sie<lb/> wußten, daß sie viel schwerere Arbeit, bei einem Drittel weniger Ertrag als<lb/> die Normallohnsätze erforderte." Mit Angst und Sorge sah man dem Winter<lb/> entgegen. Ende November 1862 betrug die Zahl der von den Armenpflegern<lb/> Unterstützten 258357, von Hilfskomitees erhielten 200084 Beistand, im<lb/> ganzen mehr als vier und ein halbes Hunderttausend. In einzelnen<lb/> Gemeinden wie- Ashton under Lyme und Preston stieg die Zahl der Unter¬<lb/> stützungsbedürftigen, die sonst 1^/z bis 4 Prozent betragen hatte, auf 42 und<lb/> 48 Prozent der Gesamtbevölkerung.</p><lb/> <p xml:id="ID_806" next="#ID_807"> Im November 1862 begann man nunmehr die Situation auch in ihren<lb/> tiefern Wirkungen auf die Arbeiter ernsthafter zu prüfen,*) und Cobden er¬<lb/> klärte, daß der Verlust an Lohn binnen kurzer Zeit eine Höhe von 10 Mil¬<lb/> lionen Pfund Sterling erreichen werde, der gegenüber man mit andern Ma߬<lb/> regeln vorgehn müsse als bisher. So wurden ohne weiteres Rufe laut, mau<lb/> müsse mindestens eine Million Pfund Sterling aufbringen, um den Arbeitern<lb/> wenigstens über die schlimmste Not hinweg zu helfen. Das ganze Land geriet<lb/> nach und nach in Bewegung, und Hilfsaktionen in großem Stile wurden ins<lb/> Werk gesetzt. Es dauerte aber lange, auch als man genügendes Geld zu¬<lb/> sammengebracht hatte, bis diese in einer einigermaßen angemessenen Weise<lb/> durchgeführt werden konnten. „Die Baumwollindustriearbeiter waren eine hoch¬<lb/> stehende Klasse, die an ein angemessenes Leben gewöhnt, mit der allgemeinen<lb/> Armenunterstützung unter keinen Umständen auskommen konnten, bei der sie<lb/> entweder ihre Wohnung oder ihre Gesundheit verlieren mußten" (Watts a. a. O-).<lb/> Erst im Oktober 1863 kam man zu einem allgemeinen Unterstützungssatz, der<lb/> von 3 bis 4 Shilling für den Einzelnen, auf 17 Shilling für Mann, Frau<lb/> und fünf bis sechs Kinder für die Woche stieg, ans alle Fülle ein ungemein<lb/> niedriger Satz, der nur eine schwache Möglichkeit der Daseinsfristung gewährte<lb/> und Hunderttausende von Arbeitern nötigte, alle ihre Ersparnisse nach und<lb/> nach aufzuzehren. 916 000 Pfund Sterling wurden in der Zeit der<lb/> Baumwollenhungersnot aus den Sparkassen und Sparbanken<lb/> herausgezogen, die Konsumvereine und Unterstützungsgenossen¬<lb/> schaften, die genossenschaftlichen Jndustrieunternehmungen der<lb/> Arbeiter gingen großenteils zu Grunde, auch andre Gewerbe wurden<lb/> stark in Mitleidenschaft gezogen; so zahlte der Gewerkverein der Amal-<lb/> gamated Engineers im Jahre 1360 insgesamt 7800 Pfund Sterling Unter-</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> *) Siehe z. B. rils Dal'I, ok vsrd^, DiistiöW in I^nWMrs. Manchester, 1862;<lb/> A.. ZÄrlssl ^ Visit ta I.xmokMi'o, vsosmbsi' 1862. London, 1863.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0194]
Die Baumwollenhungersnot von Lancashire
vor der das stärkste Herz zagend stillstand" (Watts a. a. O.), und immer
größer wurde die Aufgabe, die dem im Mai zu Manchester gegründeten Zentral-
hilssbüreau zufiel.
„Früher hatten sich die Arbeiter der Verwendung von indischer Baum¬
wolle häufig widersetzt, weil die Arbeit schwieriger und der Akkordertrag un¬
gleich geringer war. Wie gern bereit würden die Zehntausende unfreiwillig
Müßiger jetzt gewesen sein, Surat-Baumwolle zu verarbeiten, obgleich sie
wußten, daß sie viel schwerere Arbeit, bei einem Drittel weniger Ertrag als
die Normallohnsätze erforderte." Mit Angst und Sorge sah man dem Winter
entgegen. Ende November 1862 betrug die Zahl der von den Armenpflegern
Unterstützten 258357, von Hilfskomitees erhielten 200084 Beistand, im
ganzen mehr als vier und ein halbes Hunderttausend. In einzelnen
Gemeinden wie- Ashton under Lyme und Preston stieg die Zahl der Unter¬
stützungsbedürftigen, die sonst 1^/z bis 4 Prozent betragen hatte, auf 42 und
48 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Im November 1862 begann man nunmehr die Situation auch in ihren
tiefern Wirkungen auf die Arbeiter ernsthafter zu prüfen,*) und Cobden er¬
klärte, daß der Verlust an Lohn binnen kurzer Zeit eine Höhe von 10 Mil¬
lionen Pfund Sterling erreichen werde, der gegenüber man mit andern Ma߬
regeln vorgehn müsse als bisher. So wurden ohne weiteres Rufe laut, mau
müsse mindestens eine Million Pfund Sterling aufbringen, um den Arbeitern
wenigstens über die schlimmste Not hinweg zu helfen. Das ganze Land geriet
nach und nach in Bewegung, und Hilfsaktionen in großem Stile wurden ins
Werk gesetzt. Es dauerte aber lange, auch als man genügendes Geld zu¬
sammengebracht hatte, bis diese in einer einigermaßen angemessenen Weise
durchgeführt werden konnten. „Die Baumwollindustriearbeiter waren eine hoch¬
stehende Klasse, die an ein angemessenes Leben gewöhnt, mit der allgemeinen
Armenunterstützung unter keinen Umständen auskommen konnten, bei der sie
entweder ihre Wohnung oder ihre Gesundheit verlieren mußten" (Watts a. a. O-).
Erst im Oktober 1863 kam man zu einem allgemeinen Unterstützungssatz, der
von 3 bis 4 Shilling für den Einzelnen, auf 17 Shilling für Mann, Frau
und fünf bis sechs Kinder für die Woche stieg, ans alle Fülle ein ungemein
niedriger Satz, der nur eine schwache Möglichkeit der Daseinsfristung gewährte
und Hunderttausende von Arbeitern nötigte, alle ihre Ersparnisse nach und
nach aufzuzehren. 916 000 Pfund Sterling wurden in der Zeit der
Baumwollenhungersnot aus den Sparkassen und Sparbanken
herausgezogen, die Konsumvereine und Unterstützungsgenossen¬
schaften, die genossenschaftlichen Jndustrieunternehmungen der
Arbeiter gingen großenteils zu Grunde, auch andre Gewerbe wurden
stark in Mitleidenschaft gezogen; so zahlte der Gewerkverein der Amal-
gamated Engineers im Jahre 1360 insgesamt 7800 Pfund Sterling Unter-
*) Siehe z. B. rils Dal'I, ok vsrd^, DiistiöW in I^nWMrs. Manchester, 1862;
A.. ZÄrlssl ^ Visit ta I.xmokMi'o, vsosmbsi' 1862. London, 1863.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |