Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

heruntergeritten sei. Buchhändler vom alten Schrot und Korn, die einen sichern
Blick für das geistige Leben ihrer Zeit hatten, selbst oft Gelehrte waren und einem
Willen in ihrer Geschäftspraxis Ausdruck gaben, Einfluß auf den Geschmack des
Publikums, ja auf die geistige Produktion selbst zu gewinnen suchten und schöpfe¬
risch einwirkten, giebt es wohl nicht mehr sehr viele. Das hängt aber mit der
ganzen Verflachung unsers modernen Lebens zusammen. Der Buchhandel ist ins
Breite gelaufen. Was heißt jetzt alles Buchhändler! In den kleinsten Nestern
wird ein Litterntnrkramladen aufgethan, weil der Schulbücherverschleiß und der
Familienblätterlesczirkel eine bescheidne Selbständigkeit ermögliche. Diese Hand¬
lungen brauchen keine Lehrlingsprüfung! Gartenlaube, Modenwelt und Daheim,
und was sonst für sie Litteratur ist, kennt jeder Buchbinder, und für die weitere
.Kenntnis der Litteratur sorgt der vom Verleger ausgesandte Kolporteur; dessen
Aufgabe ist es, sowohl dem Publikum wie den? Buchhändler klar zu machen, was
zu lesen nützlich ist. Er ist der Bahnbrecher moderner Bildung, er entscheidet über
die geistige Nahrung, die demi Volke zugeführt wird, nach dem Rabatt, den er von
dem Fabrikanten erhält. Aber auch in den vornehmern Kreisen des "Sortiments,"
in den Buchhandlungen der größern Städte sieht es teilweise merkwürdig aus.
Mir selbst ist es neulich passiert, hier in der Vuchhändlerstadt, in einem großen
Geschäft, daß ich das gerade Dienst habende Personal dadurch in Verwirrung
brachte, daß ich den "Zerbrochnen Krug" verlangte. Man war erst der Meinung,
das Buch sei vielleicht zwar angekündigt, aber noch nicht "heraus." Schließlich
bat man mich um den Verfassernamen. Ich verließ aber den Laden und sagte,
mein, den verriete ich nicht. Der Mann könnte in Angelegenheiten kommen, wenn
ich ihn nennte. Ein andrer Buchhändler klagte mir einmal die Not, daß man zu
Weihnachten nicht mehr wüßte, was man verkaufen sollte. Früher hätte man seinen
Freytag oder seinen Ebers gehabt und hätte gewußt, wohin man greifen mußte.
Aber jetzt? O ihr armen Kurze, die ihr die deutsche Litteratur geschrieben habt!
Kein Freytagband und kein Ebersband steht euch zu Weihnachten mehr im Wege,
und der deutsche Buchhandel weiß doch nicht, was er angreifen soll! Es ist freilich
so, er weiß nicht mehr, was Litteratur ist. Aber das ist kein Wunder. Die moderne
Produktion hat ihn verdorben, wie sie das Publikum verdorben hat. Die moderne
Produktion, die die Bücher nicht mehr als Litteratur behandelt, sondern als Ware.
Es ist kein Wunder, daß das Sortiment gemein wird, wenn es der Verlag wird.
Schließlich fragt auch der wirkliche Buchhändler gnr nicht mehr: Was ist ein gutes
Buch? Sondern geradeso wie der Kolporteur: Was verdiene ich dabei? Wobei
ich den höchsten Rabatt habe, das ist meine Litteratur! Das drücke ich fett in
meinem Kataloge! Ware ist Ware. Was ihn dazu verführt, ist ja zum Teil die
verrückte Konkurrenz. Ein Buchhändler sitzt dicht neben dem andern, man begreift
nicht, warum es so viele sein müsse", und wie sie ihr Fortkommen finden bei der
nicht großen Geneigtheit des Publikums zum Bücherkaufen. Sie reißen sich den
schmalen Verdienst gegenseitig aus deu Zähnen, und so dreht sich alles um den nackten
Kampf ums Dasein; wo es so ist, da kann es kein Buchhäudlergewissen mehr geben,
und Ideale sind Stuß! Aber die Hauptschuld trägt doch die eben auch immer
mehr ins Breite laufende Produktion, die dem Sortimcntcr das eigne Urteil ganz
unmöglich macht. Er verläßt sich schließlich gottergeben auf das Tamtam des Ver¬
legers, auf den künstlich durch Reklame gemachten Erfolg, der von außen auf ihn
herandrängt, und sagt: Meinethalb! Was sich auf dem Markt breit zu machen
versteht, ist eben die Marktware, und die giebt zu leben. Soll ich meines Brnoers
Hüter sein? Es ist gar nicht zu glauben, was alle Jahre gedruckt und auf deu
Markt geworfen wird. Es mag der nirhtswürdigste und miserabelste Schund sein,
gedruckt wird er doch. Denn beim Verlegen kann ja Geld verdient werden. Wirt-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

heruntergeritten sei. Buchhändler vom alten Schrot und Korn, die einen sichern
Blick für das geistige Leben ihrer Zeit hatten, selbst oft Gelehrte waren und einem
Willen in ihrer Geschäftspraxis Ausdruck gaben, Einfluß auf den Geschmack des
Publikums, ja auf die geistige Produktion selbst zu gewinnen suchten und schöpfe¬
risch einwirkten, giebt es wohl nicht mehr sehr viele. Das hängt aber mit der
ganzen Verflachung unsers modernen Lebens zusammen. Der Buchhandel ist ins
Breite gelaufen. Was heißt jetzt alles Buchhändler! In den kleinsten Nestern
wird ein Litterntnrkramladen aufgethan, weil der Schulbücherverschleiß und der
Familienblätterlesczirkel eine bescheidne Selbständigkeit ermögliche. Diese Hand¬
lungen brauchen keine Lehrlingsprüfung! Gartenlaube, Modenwelt und Daheim,
und was sonst für sie Litteratur ist, kennt jeder Buchbinder, und für die weitere
.Kenntnis der Litteratur sorgt der vom Verleger ausgesandte Kolporteur; dessen
Aufgabe ist es, sowohl dem Publikum wie den? Buchhändler klar zu machen, was
zu lesen nützlich ist. Er ist der Bahnbrecher moderner Bildung, er entscheidet über
die geistige Nahrung, die demi Volke zugeführt wird, nach dem Rabatt, den er von
dem Fabrikanten erhält. Aber auch in den vornehmern Kreisen des „Sortiments,"
in den Buchhandlungen der größern Städte sieht es teilweise merkwürdig aus.
Mir selbst ist es neulich passiert, hier in der Vuchhändlerstadt, in einem großen
Geschäft, daß ich das gerade Dienst habende Personal dadurch in Verwirrung
brachte, daß ich den „Zerbrochnen Krug" verlangte. Man war erst der Meinung,
das Buch sei vielleicht zwar angekündigt, aber noch nicht „heraus." Schließlich
bat man mich um den Verfassernamen. Ich verließ aber den Laden und sagte,
mein, den verriete ich nicht. Der Mann könnte in Angelegenheiten kommen, wenn
ich ihn nennte. Ein andrer Buchhändler klagte mir einmal die Not, daß man zu
Weihnachten nicht mehr wüßte, was man verkaufen sollte. Früher hätte man seinen
Freytag oder seinen Ebers gehabt und hätte gewußt, wohin man greifen mußte.
Aber jetzt? O ihr armen Kurze, die ihr die deutsche Litteratur geschrieben habt!
Kein Freytagband und kein Ebersband steht euch zu Weihnachten mehr im Wege,
und der deutsche Buchhandel weiß doch nicht, was er angreifen soll! Es ist freilich
so, er weiß nicht mehr, was Litteratur ist. Aber das ist kein Wunder. Die moderne
Produktion hat ihn verdorben, wie sie das Publikum verdorben hat. Die moderne
Produktion, die die Bücher nicht mehr als Litteratur behandelt, sondern als Ware.
Es ist kein Wunder, daß das Sortiment gemein wird, wenn es der Verlag wird.
Schließlich fragt auch der wirkliche Buchhändler gnr nicht mehr: Was ist ein gutes
Buch? Sondern geradeso wie der Kolporteur: Was verdiene ich dabei? Wobei
ich den höchsten Rabatt habe, das ist meine Litteratur! Das drücke ich fett in
meinem Kataloge! Ware ist Ware. Was ihn dazu verführt, ist ja zum Teil die
verrückte Konkurrenz. Ein Buchhändler sitzt dicht neben dem andern, man begreift
nicht, warum es so viele sein müsse», und wie sie ihr Fortkommen finden bei der
nicht großen Geneigtheit des Publikums zum Bücherkaufen. Sie reißen sich den
schmalen Verdienst gegenseitig aus deu Zähnen, und so dreht sich alles um den nackten
Kampf ums Dasein; wo es so ist, da kann es kein Buchhäudlergewissen mehr geben,
und Ideale sind Stuß! Aber die Hauptschuld trägt doch die eben auch immer
mehr ins Breite laufende Produktion, die dem Sortimcntcr das eigne Urteil ganz
unmöglich macht. Er verläßt sich schließlich gottergeben auf das Tamtam des Ver¬
legers, auf den künstlich durch Reklame gemachten Erfolg, der von außen auf ihn
herandrängt, und sagt: Meinethalb! Was sich auf dem Markt breit zu machen
versteht, ist eben die Marktware, und die giebt zu leben. Soll ich meines Brnoers
Hüter sein? Es ist gar nicht zu glauben, was alle Jahre gedruckt und auf deu
Markt geworfen wird. Es mag der nirhtswürdigste und miserabelste Schund sein,
gedruckt wird er doch. Denn beim Verlegen kann ja Geld verdient werden. Wirt-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0572" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/233124"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1872" prev="#ID_1871" next="#ID_1873"> heruntergeritten sei. Buchhändler vom alten Schrot und Korn, die einen sichern<lb/>
Blick für das geistige Leben ihrer Zeit hatten, selbst oft Gelehrte waren und einem<lb/>
Willen in ihrer Geschäftspraxis Ausdruck gaben, Einfluß auf den Geschmack des<lb/>
Publikums, ja auf die geistige Produktion selbst zu gewinnen suchten und schöpfe¬<lb/>
risch einwirkten, giebt es wohl nicht mehr sehr viele. Das hängt aber mit der<lb/>
ganzen Verflachung unsers modernen Lebens zusammen. Der Buchhandel ist ins<lb/>
Breite gelaufen. Was heißt jetzt alles Buchhändler! In den kleinsten Nestern<lb/>
wird ein Litterntnrkramladen aufgethan, weil der Schulbücherverschleiß und der<lb/>
Familienblätterlesczirkel eine bescheidne Selbständigkeit ermögliche. Diese Hand¬<lb/>
lungen brauchen keine Lehrlingsprüfung! Gartenlaube, Modenwelt und Daheim,<lb/>
und was sonst für sie Litteratur ist, kennt jeder Buchbinder, und für die weitere<lb/>
.Kenntnis der Litteratur sorgt der vom Verleger ausgesandte Kolporteur; dessen<lb/>
Aufgabe ist es, sowohl dem Publikum wie den? Buchhändler klar zu machen, was<lb/>
zu lesen nützlich ist. Er ist der Bahnbrecher moderner Bildung, er entscheidet über<lb/>
die geistige Nahrung, die demi Volke zugeführt wird, nach dem Rabatt, den er von<lb/>
dem Fabrikanten erhält. Aber auch in den vornehmern Kreisen des &#x201E;Sortiments,"<lb/>
in den Buchhandlungen der größern Städte sieht es teilweise merkwürdig aus.<lb/>
Mir selbst ist es neulich passiert, hier in der Vuchhändlerstadt, in einem großen<lb/>
Geschäft, daß ich das gerade Dienst habende Personal dadurch in Verwirrung<lb/>
brachte, daß ich den &#x201E;Zerbrochnen Krug" verlangte. Man war erst der Meinung,<lb/>
das Buch sei vielleicht zwar angekündigt, aber noch nicht &#x201E;heraus." Schließlich<lb/>
bat man mich um den Verfassernamen. Ich verließ aber den Laden und sagte,<lb/>
mein, den verriete ich nicht. Der Mann könnte in Angelegenheiten kommen, wenn<lb/>
ich ihn nennte. Ein andrer Buchhändler klagte mir einmal die Not, daß man zu<lb/>
Weihnachten nicht mehr wüßte, was man verkaufen sollte. Früher hätte man seinen<lb/>
Freytag oder seinen Ebers gehabt und hätte gewußt, wohin man greifen mußte.<lb/>
Aber jetzt? O ihr armen Kurze, die ihr die deutsche Litteratur geschrieben habt!<lb/>
Kein Freytagband und kein Ebersband steht euch zu Weihnachten mehr im Wege,<lb/>
und der deutsche Buchhandel weiß doch nicht, was er angreifen soll! Es ist freilich<lb/>
so, er weiß nicht mehr, was Litteratur ist. Aber das ist kein Wunder. Die moderne<lb/>
Produktion hat ihn verdorben, wie sie das Publikum verdorben hat. Die moderne<lb/>
Produktion, die die Bücher nicht mehr als Litteratur behandelt, sondern als Ware.<lb/>
Es ist kein Wunder, daß das Sortiment gemein wird, wenn es der Verlag wird.<lb/>
Schließlich fragt auch der wirkliche Buchhändler gnr nicht mehr: Was ist ein gutes<lb/>
Buch? Sondern geradeso wie der Kolporteur: Was verdiene ich dabei? Wobei<lb/>
ich den höchsten Rabatt habe, das ist meine Litteratur! Das drücke ich fett in<lb/>
meinem Kataloge! Ware ist Ware. Was ihn dazu verführt, ist ja zum Teil die<lb/>
verrückte Konkurrenz. Ein Buchhändler sitzt dicht neben dem andern, man begreift<lb/>
nicht, warum es so viele sein müsse», und wie sie ihr Fortkommen finden bei der<lb/>
nicht großen Geneigtheit des Publikums zum Bücherkaufen. Sie reißen sich den<lb/>
schmalen Verdienst gegenseitig aus deu Zähnen, und so dreht sich alles um den nackten<lb/>
Kampf ums Dasein; wo es so ist, da kann es kein Buchhäudlergewissen mehr geben,<lb/>
und Ideale sind Stuß! Aber die Hauptschuld trägt doch die eben auch immer<lb/>
mehr ins Breite laufende Produktion, die dem Sortimcntcr das eigne Urteil ganz<lb/>
unmöglich macht. Er verläßt sich schließlich gottergeben auf das Tamtam des Ver¬<lb/>
legers, auf den künstlich durch Reklame gemachten Erfolg, der von außen auf ihn<lb/>
herandrängt, und sagt: Meinethalb! Was sich auf dem Markt breit zu machen<lb/>
versteht, ist eben die Marktware, und die giebt zu leben. Soll ich meines Brnoers<lb/>
Hüter sein? Es ist gar nicht zu glauben, was alle Jahre gedruckt und auf deu<lb/>
Markt geworfen wird. Es mag der nirhtswürdigste und miserabelste Schund sein,<lb/>
gedruckt wird er doch. Denn beim Verlegen kann ja Geld verdient werden. Wirt-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0572] Maßgebliches und Unmaßgebliches heruntergeritten sei. Buchhändler vom alten Schrot und Korn, die einen sichern Blick für das geistige Leben ihrer Zeit hatten, selbst oft Gelehrte waren und einem Willen in ihrer Geschäftspraxis Ausdruck gaben, Einfluß auf den Geschmack des Publikums, ja auf die geistige Produktion selbst zu gewinnen suchten und schöpfe¬ risch einwirkten, giebt es wohl nicht mehr sehr viele. Das hängt aber mit der ganzen Verflachung unsers modernen Lebens zusammen. Der Buchhandel ist ins Breite gelaufen. Was heißt jetzt alles Buchhändler! In den kleinsten Nestern wird ein Litterntnrkramladen aufgethan, weil der Schulbücherverschleiß und der Familienblätterlesczirkel eine bescheidne Selbständigkeit ermögliche. Diese Hand¬ lungen brauchen keine Lehrlingsprüfung! Gartenlaube, Modenwelt und Daheim, und was sonst für sie Litteratur ist, kennt jeder Buchbinder, und für die weitere .Kenntnis der Litteratur sorgt der vom Verleger ausgesandte Kolporteur; dessen Aufgabe ist es, sowohl dem Publikum wie den? Buchhändler klar zu machen, was zu lesen nützlich ist. Er ist der Bahnbrecher moderner Bildung, er entscheidet über die geistige Nahrung, die demi Volke zugeführt wird, nach dem Rabatt, den er von dem Fabrikanten erhält. Aber auch in den vornehmern Kreisen des „Sortiments," in den Buchhandlungen der größern Städte sieht es teilweise merkwürdig aus. Mir selbst ist es neulich passiert, hier in der Vuchhändlerstadt, in einem großen Geschäft, daß ich das gerade Dienst habende Personal dadurch in Verwirrung brachte, daß ich den „Zerbrochnen Krug" verlangte. Man war erst der Meinung, das Buch sei vielleicht zwar angekündigt, aber noch nicht „heraus." Schließlich bat man mich um den Verfassernamen. Ich verließ aber den Laden und sagte, mein, den verriete ich nicht. Der Mann könnte in Angelegenheiten kommen, wenn ich ihn nennte. Ein andrer Buchhändler klagte mir einmal die Not, daß man zu Weihnachten nicht mehr wüßte, was man verkaufen sollte. Früher hätte man seinen Freytag oder seinen Ebers gehabt und hätte gewußt, wohin man greifen mußte. Aber jetzt? O ihr armen Kurze, die ihr die deutsche Litteratur geschrieben habt! Kein Freytagband und kein Ebersband steht euch zu Weihnachten mehr im Wege, und der deutsche Buchhandel weiß doch nicht, was er angreifen soll! Es ist freilich so, er weiß nicht mehr, was Litteratur ist. Aber das ist kein Wunder. Die moderne Produktion hat ihn verdorben, wie sie das Publikum verdorben hat. Die moderne Produktion, die die Bücher nicht mehr als Litteratur behandelt, sondern als Ware. Es ist kein Wunder, daß das Sortiment gemein wird, wenn es der Verlag wird. Schließlich fragt auch der wirkliche Buchhändler gnr nicht mehr: Was ist ein gutes Buch? Sondern geradeso wie der Kolporteur: Was verdiene ich dabei? Wobei ich den höchsten Rabatt habe, das ist meine Litteratur! Das drücke ich fett in meinem Kataloge! Ware ist Ware. Was ihn dazu verführt, ist ja zum Teil die verrückte Konkurrenz. Ein Buchhändler sitzt dicht neben dem andern, man begreift nicht, warum es so viele sein müsse», und wie sie ihr Fortkommen finden bei der nicht großen Geneigtheit des Publikums zum Bücherkaufen. Sie reißen sich den schmalen Verdienst gegenseitig aus deu Zähnen, und so dreht sich alles um den nackten Kampf ums Dasein; wo es so ist, da kann es kein Buchhäudlergewissen mehr geben, und Ideale sind Stuß! Aber die Hauptschuld trägt doch die eben auch immer mehr ins Breite laufende Produktion, die dem Sortimcntcr das eigne Urteil ganz unmöglich macht. Er verläßt sich schließlich gottergeben auf das Tamtam des Ver¬ legers, auf den künstlich durch Reklame gemachten Erfolg, der von außen auf ihn herandrängt, und sagt: Meinethalb! Was sich auf dem Markt breit zu machen versteht, ist eben die Marktware, und die giebt zu leben. Soll ich meines Brnoers Hüter sein? Es ist gar nicht zu glauben, was alle Jahre gedruckt und auf deu Markt geworfen wird. Es mag der nirhtswürdigste und miserabelste Schund sein, gedruckt wird er doch. Denn beim Verlegen kann ja Geld verdient werden. Wirt-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/572
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/572>, abgerufen am 04.07.2024.