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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Der Herr Pastor hörte zu. Was wollte er auch weiter thun, da keine Aus¬
sicht war, zu Worte zu kommen. Darauf nahm er Abschied, ermahnte seinen Mnx
noch einmal zu Fleiß und Folgsamkeit und erinnerte nochmals um das Kapitel in der
Grammatik, wo von dem Gebrauch des Deponeuz bei Ablativus absolutus die Rede
war. Max versprach sein Bestes zu thun und sah seinem Vater vom Fenster aus
nach. Als dessen schwarzer Rockfittich hinter der nächsten Straßenecke verschwand,
kam es über ihn wie ein Gefühl großer Vereinsamung, als ob jemand hinter ihm
die Thür zugeschlossen hätte.

In diesem Augenblicke schloß sich auch hinter ihm die Thür der guten Stube
der Frau Katasterkontrolleur, wenigstens bis zum nächste" Besuche des Herrn
Vaters, und die Schülerstnbe, vulgo Bude, that sich auf. Lieber Gott, was für
ein Lues! Vor zehn Jahren hatte einmal eine helle Tapete an der Wand ge¬
sessen, jetzt war sie braungeräuchert wie eine Wurstschale. Tischen und Stühlen
sah man deutlich eine zehnjährige Mißhandlung an. Es waren eigentlich nur
zusammengeflickte Trümmer. Alles war häßlich, armselig, verbraucht und mit zahl¬
losen Tintenflecken besät. Und die Bewohner dieses Raumes, ein Primaner, ein
sekundärer und ein Qnintaner sahen anch nichts weniger als frisch aus. Und das
Schlafzimmer war nicht viel erfreulicher. Verdächtige braune Flecke an der Wand
hätten den Kenner zu der Frage veranlassen können: Giebt es hier vielleicht
Wanzen? Aus den Fenstern sah man auf einen engen, von alten Häusern uM-
gcbnen Hof. An dem Gebäude gegenüber zogen sich Holzgänge entlang, die vor
undenklichen Zeiten einmal angestrichen gewesen waren. Zwischen den Pfosten der
Gänge pflegte man Wäsche zum Trocknen aufzuhängen, und es gewährte eine ge¬
wisse Abwechslung, zu beobachten, ob dies weiße Wäsche oder bunte Wäsche, Bett¬
wäsche oder Kinderwäsche war. Wenn man ganz nahe ans Fenster trat, so konnte
man auch einen Streifen Himmel sehen und sogar den Gipfel eines Baumes, der
über das Hintergebäude des Nachbarn herübersah. Unten im Hofe war ein Pferde¬
stall, der der Luft im Sommer wie im Winter seinen bekannten Geruch mitteilte.

Pfarrsch-Max, der nach Beginn des Schuljahrs eingetreten war, kam natür¬
lich auf den letzten Platz zu sitzen. Aber da ihm sein Herr Vater einige Wisseus-
vvrräte mitgegeben hatte, so arbeitete er sich langsam in die Höhe, um ebenso
stetig wieder herunterzukommen, als der Vorrat verbraucht war. Das statische
Gleichgewicht war erreicht, als er Drittletzter geworden war. Die beiden letzten
nahmen ihn mit Jubel in ihrem Bunde ans. Der letzte war der Sohn eines
reichen Bierbrauers und lernte grundsätzlich nichts, und der vorletzte war ein
Bauernsohn aus der Umgegend, der schon in der Dorfschule nicht hatte mitkommen
können, und den seine Eltern aufs Gymnasium geschickt hatten, weil der Sohn des
Nachbarn, der auch nicht mehr Morgen Laud besaß, die Realschule besuchte. Beide
befanden sich auf ihren Plätzen außerordentlich wohl in der Gewißheit, von niemand
verdrängt zu werden; Pfarrsch-Max aber fühlte sich einigermaßen unheimlich in
dieser Umgebung, denn er hatte keinen Brauereibesitzer oder reichen Bauern zuo
Vater, und er erinnerte sich, daß seine Mutter zum Abschied gesagt hatte: See
fleißig, mein Sohn, wir können dir nichts weiter ins Leben mitgeben, als was
du lernst.

Pfarrsch-Max war nicht dumm. Er hatte ein sinniges Gemüt und eine
scharfe Beobachtungsgabe und wußte von der Welt -- nicht der papiernen, sondern
der wirklichen -- mehr als sämtliche Musterknaben der Klasse zusammen genommen-
Er lerute auch, begriff, was zu lernen und zu begreifen war, aber er hatte, gerade
so wie sein Herr Vater, die üble Gabe, beim Denken drei Schritte zu machen, wo tue
andern zwei machten. Ich erinnere mich von der Universität her eines Mathematikers,
der sein Jahr addierte und die Gewohnheit hatte, drei Schritte zu machen, wo


Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Der Herr Pastor hörte zu. Was wollte er auch weiter thun, da keine Aus¬
sicht war, zu Worte zu kommen. Darauf nahm er Abschied, ermahnte seinen Mnx
noch einmal zu Fleiß und Folgsamkeit und erinnerte nochmals um das Kapitel in der
Grammatik, wo von dem Gebrauch des Deponeuz bei Ablativus absolutus die Rede
war. Max versprach sein Bestes zu thun und sah seinem Vater vom Fenster aus
nach. Als dessen schwarzer Rockfittich hinter der nächsten Straßenecke verschwand,
kam es über ihn wie ein Gefühl großer Vereinsamung, als ob jemand hinter ihm
die Thür zugeschlossen hätte.

In diesem Augenblicke schloß sich auch hinter ihm die Thür der guten Stube
der Frau Katasterkontrolleur, wenigstens bis zum nächste» Besuche des Herrn
Vaters, und die Schülerstnbe, vulgo Bude, that sich auf. Lieber Gott, was für
ein Lues! Vor zehn Jahren hatte einmal eine helle Tapete an der Wand ge¬
sessen, jetzt war sie braungeräuchert wie eine Wurstschale. Tischen und Stühlen
sah man deutlich eine zehnjährige Mißhandlung an. Es waren eigentlich nur
zusammengeflickte Trümmer. Alles war häßlich, armselig, verbraucht und mit zahl¬
losen Tintenflecken besät. Und die Bewohner dieses Raumes, ein Primaner, ein
sekundärer und ein Qnintaner sahen anch nichts weniger als frisch aus. Und das
Schlafzimmer war nicht viel erfreulicher. Verdächtige braune Flecke an der Wand
hätten den Kenner zu der Frage veranlassen können: Giebt es hier vielleicht
Wanzen? Aus den Fenstern sah man auf einen engen, von alten Häusern uM-
gcbnen Hof. An dem Gebäude gegenüber zogen sich Holzgänge entlang, die vor
undenklichen Zeiten einmal angestrichen gewesen waren. Zwischen den Pfosten der
Gänge pflegte man Wäsche zum Trocknen aufzuhängen, und es gewährte eine ge¬
wisse Abwechslung, zu beobachten, ob dies weiße Wäsche oder bunte Wäsche, Bett¬
wäsche oder Kinderwäsche war. Wenn man ganz nahe ans Fenster trat, so konnte
man auch einen Streifen Himmel sehen und sogar den Gipfel eines Baumes, der
über das Hintergebäude des Nachbarn herübersah. Unten im Hofe war ein Pferde¬
stall, der der Luft im Sommer wie im Winter seinen bekannten Geruch mitteilte.

Pfarrsch-Max, der nach Beginn des Schuljahrs eingetreten war, kam natür¬
lich auf den letzten Platz zu sitzen. Aber da ihm sein Herr Vater einige Wisseus-
vvrräte mitgegeben hatte, so arbeitete er sich langsam in die Höhe, um ebenso
stetig wieder herunterzukommen, als der Vorrat verbraucht war. Das statische
Gleichgewicht war erreicht, als er Drittletzter geworden war. Die beiden letzten
nahmen ihn mit Jubel in ihrem Bunde ans. Der letzte war der Sohn eines
reichen Bierbrauers und lernte grundsätzlich nichts, und der vorletzte war ein
Bauernsohn aus der Umgegend, der schon in der Dorfschule nicht hatte mitkommen
können, und den seine Eltern aufs Gymnasium geschickt hatten, weil der Sohn des
Nachbarn, der auch nicht mehr Morgen Laud besaß, die Realschule besuchte. Beide
befanden sich auf ihren Plätzen außerordentlich wohl in der Gewißheit, von niemand
verdrängt zu werden; Pfarrsch-Max aber fühlte sich einigermaßen unheimlich in
dieser Umgebung, denn er hatte keinen Brauereibesitzer oder reichen Bauern zuo
Vater, und er erinnerte sich, daß seine Mutter zum Abschied gesagt hatte: See
fleißig, mein Sohn, wir können dir nichts weiter ins Leben mitgeben, als was
du lernst.

Pfarrsch-Max war nicht dumm. Er hatte ein sinniges Gemüt und eine
scharfe Beobachtungsgabe und wußte von der Welt — nicht der papiernen, sondern
der wirklichen — mehr als sämtliche Musterknaben der Klasse zusammen genommen-
Er lerute auch, begriff, was zu lernen und zu begreifen war, aber er hatte, gerade
so wie sein Herr Vater, die üble Gabe, beim Denken drei Schritte zu machen, wo tue
andern zwei machten. Ich erinnere mich von der Universität her eines Mathematikers,
der sein Jahr addierte und die Gewohnheit hatte, drei Schritte zu machen, wo


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[0510] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Der Herr Pastor hörte zu. Was wollte er auch weiter thun, da keine Aus¬ sicht war, zu Worte zu kommen. Darauf nahm er Abschied, ermahnte seinen Mnx noch einmal zu Fleiß und Folgsamkeit und erinnerte nochmals um das Kapitel in der Grammatik, wo von dem Gebrauch des Deponeuz bei Ablativus absolutus die Rede war. Max versprach sein Bestes zu thun und sah seinem Vater vom Fenster aus nach. Als dessen schwarzer Rockfittich hinter der nächsten Straßenecke verschwand, kam es über ihn wie ein Gefühl großer Vereinsamung, als ob jemand hinter ihm die Thür zugeschlossen hätte. In diesem Augenblicke schloß sich auch hinter ihm die Thür der guten Stube der Frau Katasterkontrolleur, wenigstens bis zum nächste» Besuche des Herrn Vaters, und die Schülerstnbe, vulgo Bude, that sich auf. Lieber Gott, was für ein Lues! Vor zehn Jahren hatte einmal eine helle Tapete an der Wand ge¬ sessen, jetzt war sie braungeräuchert wie eine Wurstschale. Tischen und Stühlen sah man deutlich eine zehnjährige Mißhandlung an. Es waren eigentlich nur zusammengeflickte Trümmer. Alles war häßlich, armselig, verbraucht und mit zahl¬ losen Tintenflecken besät. Und die Bewohner dieses Raumes, ein Primaner, ein sekundärer und ein Qnintaner sahen anch nichts weniger als frisch aus. Und das Schlafzimmer war nicht viel erfreulicher. Verdächtige braune Flecke an der Wand hätten den Kenner zu der Frage veranlassen können: Giebt es hier vielleicht Wanzen? Aus den Fenstern sah man auf einen engen, von alten Häusern uM- gcbnen Hof. An dem Gebäude gegenüber zogen sich Holzgänge entlang, die vor undenklichen Zeiten einmal angestrichen gewesen waren. Zwischen den Pfosten der Gänge pflegte man Wäsche zum Trocknen aufzuhängen, und es gewährte eine ge¬ wisse Abwechslung, zu beobachten, ob dies weiße Wäsche oder bunte Wäsche, Bett¬ wäsche oder Kinderwäsche war. Wenn man ganz nahe ans Fenster trat, so konnte man auch einen Streifen Himmel sehen und sogar den Gipfel eines Baumes, der über das Hintergebäude des Nachbarn herübersah. Unten im Hofe war ein Pferde¬ stall, der der Luft im Sommer wie im Winter seinen bekannten Geruch mitteilte. Pfarrsch-Max, der nach Beginn des Schuljahrs eingetreten war, kam natür¬ lich auf den letzten Platz zu sitzen. Aber da ihm sein Herr Vater einige Wisseus- vvrräte mitgegeben hatte, so arbeitete er sich langsam in die Höhe, um ebenso stetig wieder herunterzukommen, als der Vorrat verbraucht war. Das statische Gleichgewicht war erreicht, als er Drittletzter geworden war. Die beiden letzten nahmen ihn mit Jubel in ihrem Bunde ans. Der letzte war der Sohn eines reichen Bierbrauers und lernte grundsätzlich nichts, und der vorletzte war ein Bauernsohn aus der Umgegend, der schon in der Dorfschule nicht hatte mitkommen können, und den seine Eltern aufs Gymnasium geschickt hatten, weil der Sohn des Nachbarn, der auch nicht mehr Morgen Laud besaß, die Realschule besuchte. Beide befanden sich auf ihren Plätzen außerordentlich wohl in der Gewißheit, von niemand verdrängt zu werden; Pfarrsch-Max aber fühlte sich einigermaßen unheimlich in dieser Umgebung, denn er hatte keinen Brauereibesitzer oder reichen Bauern zuo Vater, und er erinnerte sich, daß seine Mutter zum Abschied gesagt hatte: See fleißig, mein Sohn, wir können dir nichts weiter ins Leben mitgeben, als was du lernst. Pfarrsch-Max war nicht dumm. Er hatte ein sinniges Gemüt und eine scharfe Beobachtungsgabe und wußte von der Welt — nicht der papiernen, sondern der wirklichen — mehr als sämtliche Musterknaben der Klasse zusammen genommen- Er lerute auch, begriff, was zu lernen und zu begreifen war, aber er hatte, gerade so wie sein Herr Vater, die üble Gabe, beim Denken drei Schritte zu machen, wo tue andern zwei machten. Ich erinnere mich von der Universität her eines Mathematikers, der sein Jahr addierte und die Gewohnheit hatte, drei Schritte zu machen, wo

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/510>, abgerufen am 02.10.2024.