Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die deutsche weltpc>init

außer denen des Geldbeutels. Die englischen Kolonisten würden nicht sobald
in Sonderstaatelei versallen, wenn sie alle die gemeinsame Last der Wehrpflicht
für ihr Vaterland getragen hätten. Und noch eins zeigt der englische Volts-
chnrakter, was auch mir dem Mangel an ernsten Pflichten zuzuschreiben ist:
das Übermaß von Selbfteinschätzuug lind Egoismus, den Mangel an Rücksicht
gegen andre. Weil der Einzelengländer von Jugend auf und von Staats
wegen daran gewöhnt ist, mir sich selbst zu dienen, haben die englischen privaten
und politischen Allüren eine Form angenommen, die allen Völkern zuwider
>se, und die die jetzt zu Tage tretende allgemeine Abneigung gegen England
erklärt. Da könnte die Einführung des preußischen Unteroffiziers als Er¬
zieher dem englischen Volke unschätzbare Dienste leisten. Und auch die Wag¬
halsigkeit der englischen Politik und ihre Brutalität würden sich bald geben,
wenn die Folgen nicht lediglich wie jetzt Englands Gut, sondern des gesamten
Volkes Blut zu empfinden Hütte. Wenn England sich nicht ernstlich daran
wacht, die beiden morschen Säulen seiner Macht, die äußere Freiheit und deu
Kapitalismus, durch zwei neue zu stützen und zu ergänzen, die Sozialpolitik,
den Schutz der Schwachen und die Wehrpflicht, dann dürften ihm noch trübere
^age als jetzt beschieden sein; es konnte leicht von geschlossenem Staatswesen
"benannt werden.

Dem deutscheu Volk thut das Umgekehrte not. Es hat redlich gelernt,
Staatslasten zu tragen, ihm ist durch seine Geschichte und den Absolutismus
^er Begriff des geschlossenen Staatswesens in Fleisch und Blut übergegangen.
^ hat auch durch den Schutz der Schwächern, die Einleitung der Sozialpolitik,
^ versuch gemacht, eine gleichmäßige Abstufung der Bevölkerung zu erhalten,
^ber großen Teilen unsers Volks fehlt noch das'genügende Maß der politischen
und vor allein der wirtschaftlichen Mündigkeit und des Bewußtseins, daß jeder
wie an den Leiden, so anch an den Freuden des großen deutschen Staats Anteil
nehmen darf. Mnu gewähre ihnen, auf daß die schweren Stnatspflichten z"
^ner gern getragnen Bürde werden, noch die Gegengabe größerer Rechte. Die
politische Mündigkeit ist der Masse des Volks'erst durch die Errichtung des
"enen Deutschen Reichs gekommen, und diese Gabe fesselt die Masse mehr an
^ Reich, als der theoretische Patriotismus. Es wäre politische Selbstaufgabe,
^e"n die untern Klaffen in die Kleinstaaterei zurückkehren wollten -- abgesehen
am 5p ^""'tschaftlichen Unmöglichkeit eines solchen Rückfalls. Ein Interesse
^tikulnrisnuis haben nur die rückständigen nud privilegierten Klassen,
Die
wehstes'erer Ansprüche das gewaltige Lebe" in den. neuen
hbnrg dieser reaktionären Kreise sind die Landtage d.e a h . M
thun dem Neichswagen Steine in deu Weg ^^erw. n.'d u. ^ .u
" alte Zopf noch eine hohe Verehrung findet. Zur Zeck ^ dn pmrtckn
Mischen Ansprüche der Bundesräten nicht sehr in den ^ort^gr a
Deutsche Reich erscheint als eine ^geschlossene Da. og a num °u der Person des jetügen Kaisers, und es besteht w Gefahr, wen einmal
persönliche Einfluß wegfällt, daß von den Volkskreisen. du- u, Wach


Die deutsche weltpc>init

außer denen des Geldbeutels. Die englischen Kolonisten würden nicht sobald
in Sonderstaatelei versallen, wenn sie alle die gemeinsame Last der Wehrpflicht
für ihr Vaterland getragen hätten. Und noch eins zeigt der englische Volts-
chnrakter, was auch mir dem Mangel an ernsten Pflichten zuzuschreiben ist:
das Übermaß von Selbfteinschätzuug lind Egoismus, den Mangel an Rücksicht
gegen andre. Weil der Einzelengländer von Jugend auf und von Staats
wegen daran gewöhnt ist, mir sich selbst zu dienen, haben die englischen privaten
und politischen Allüren eine Form angenommen, die allen Völkern zuwider
>se, und die die jetzt zu Tage tretende allgemeine Abneigung gegen England
erklärt. Da könnte die Einführung des preußischen Unteroffiziers als Er¬
zieher dem englischen Volke unschätzbare Dienste leisten. Und auch die Wag¬
halsigkeit der englischen Politik und ihre Brutalität würden sich bald geben,
wenn die Folgen nicht lediglich wie jetzt Englands Gut, sondern des gesamten
Volkes Blut zu empfinden Hütte. Wenn England sich nicht ernstlich daran
wacht, die beiden morschen Säulen seiner Macht, die äußere Freiheit und deu
Kapitalismus, durch zwei neue zu stützen und zu ergänzen, die Sozialpolitik,
den Schutz der Schwachen und die Wehrpflicht, dann dürften ihm noch trübere
^age als jetzt beschieden sein; es konnte leicht von geschlossenem Staatswesen
"benannt werden.

Dem deutscheu Volk thut das Umgekehrte not. Es hat redlich gelernt,
Staatslasten zu tragen, ihm ist durch seine Geschichte und den Absolutismus
^er Begriff des geschlossenen Staatswesens in Fleisch und Blut übergegangen.
^ hat auch durch den Schutz der Schwächern, die Einleitung der Sozialpolitik,
^ versuch gemacht, eine gleichmäßige Abstufung der Bevölkerung zu erhalten,
^ber großen Teilen unsers Volks fehlt noch das'genügende Maß der politischen
und vor allein der wirtschaftlichen Mündigkeit und des Bewußtseins, daß jeder
wie an den Leiden, so anch an den Freuden des großen deutschen Staats Anteil
nehmen darf. Mnu gewähre ihnen, auf daß die schweren Stnatspflichten z»
^ner gern getragnen Bürde werden, noch die Gegengabe größerer Rechte. Die
politische Mündigkeit ist der Masse des Volks'erst durch die Errichtung des
"enen Deutschen Reichs gekommen, und diese Gabe fesselt die Masse mehr an
^ Reich, als der theoretische Patriotismus. Es wäre politische Selbstaufgabe,
^e»n die untern Klaffen in die Kleinstaaterei zurückkehren wollten — abgesehen
am 5p ^""'tschaftlichen Unmöglichkeit eines solchen Rückfalls. Ein Interesse
^tikulnrisnuis haben nur die rückständigen nud privilegierten Klassen,
Die
wehstes'erer Ansprüche das gewaltige Lebe» in den. neuen
hbnrg dieser reaktionären Kreise sind die Landtage d.e a h . M
thun dem Neichswagen Steine in deu Weg ^^erw. n.'d u. ^ .u
" alte Zopf noch eine hohe Verehrung findet. Zur Zeck ^ dn pmrtckn
Mischen Ansprüche der Bundesräten nicht sehr in den ^ort^gr a
Deutsche Reich erscheint als eine ^geschlossene Da. og a num °u der Person des jetügen Kaisers, und es besteht w Gefahr, wen einmal
persönliche Einfluß wegfällt, daß von den Volkskreisen. du- u, Wach


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0439" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232991"/>
          <fw type="header" place="top"> Die deutsche weltpc&gt;init</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1447" prev="#ID_1446"> außer denen des Geldbeutels. Die englischen Kolonisten würden nicht sobald<lb/>
in Sonderstaatelei versallen, wenn sie alle die gemeinsame Last der Wehrpflicht<lb/>
für ihr Vaterland getragen hätten. Und noch eins zeigt der englische Volts-<lb/>
chnrakter, was auch mir dem Mangel an ernsten Pflichten zuzuschreiben ist:<lb/>
das Übermaß von Selbfteinschätzuug lind Egoismus, den Mangel an Rücksicht<lb/>
gegen andre. Weil der Einzelengländer von Jugend auf und von Staats<lb/>
wegen daran gewöhnt ist, mir sich selbst zu dienen, haben die englischen privaten<lb/>
und politischen Allüren eine Form angenommen, die allen Völkern zuwider<lb/>
&gt;se, und die die jetzt zu Tage tretende allgemeine Abneigung gegen England<lb/>
erklärt. Da könnte die Einführung des preußischen Unteroffiziers als Er¬<lb/>
zieher dem englischen Volke unschätzbare Dienste leisten. Und auch die Wag¬<lb/>
halsigkeit der englischen Politik und ihre Brutalität würden sich bald geben,<lb/>
wenn die Folgen nicht lediglich wie jetzt Englands Gut, sondern des gesamten<lb/>
Volkes Blut zu empfinden Hütte. Wenn England sich nicht ernstlich daran<lb/>
wacht, die beiden morschen Säulen seiner Macht, die äußere Freiheit und deu<lb/>
Kapitalismus, durch zwei neue zu stützen und zu ergänzen, die Sozialpolitik,<lb/>
den Schutz der Schwachen und die Wehrpflicht, dann dürften ihm noch trübere<lb/>
^age als jetzt beschieden sein; es konnte leicht von geschlossenem Staatswesen<lb/>
"benannt werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1448" next="#ID_1449"> Dem deutscheu Volk thut das Umgekehrte not. Es hat redlich gelernt,<lb/>
Staatslasten zu tragen, ihm ist durch seine Geschichte und den Absolutismus<lb/>
^er Begriff des geschlossenen Staatswesens in Fleisch und Blut übergegangen.<lb/>
^ hat auch durch den Schutz der Schwächern, die Einleitung der Sozialpolitik,<lb/>
^ versuch gemacht, eine gleichmäßige Abstufung der Bevölkerung zu erhalten,<lb/>
^ber großen Teilen unsers Volks fehlt noch das'genügende Maß der politischen<lb/>
und vor allein der wirtschaftlichen Mündigkeit und des Bewußtseins, daß jeder<lb/>
wie an den Leiden, so anch an den Freuden des großen deutschen Staats Anteil<lb/>
nehmen darf. Mnu gewähre ihnen, auf daß die schweren Stnatspflichten z»<lb/>
^ner gern getragnen Bürde werden, noch die Gegengabe größerer Rechte. Die<lb/>
politische Mündigkeit ist der Masse des Volks'erst durch die Errichtung des<lb/>
"enen Deutschen Reichs gekommen, und diese Gabe fesselt die Masse mehr an<lb/>
^ Reich, als der theoretische Patriotismus. Es wäre politische Selbstaufgabe,<lb/>
^e»n die untern Klaffen in die Kleinstaaterei zurückkehren wollten &#x2014; abgesehen<lb/>
am 5p  ^""'tschaftlichen Unmöglichkeit eines solchen Rückfalls.  Ein Interesse<lb/>
^tikulnrisnuis haben nur die rückständigen nud privilegierten Klassen,<lb/>
Die<lb/>
wehstes'erer Ansprüche das gewaltige Lebe» in den. neuen<lb/>
hbnrg dieser reaktionären Kreise sind die Landtage d.e  a h . M<lb/>
thun dem Neichswagen Steine in deu Weg ^^erw. n.'d u. ^ .u<lb/>
" alte Zopf noch eine hohe Verehrung findet. Zur Zeck ^ dn pmrtckn<lb/>
Mischen Ansprüche der Bundesräten nicht sehr in den ^ort^gr a<lb/>
Deutsche Reich erscheint als eine ^geschlossene Da. og a num °u der Person des jetügen Kaisers, und es besteht w Gefahr, wen einmal<lb/>
persönliche Einfluß wegfällt, daß von den Volkskreisen. du- u, Wach</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0439] Die deutsche weltpc>init außer denen des Geldbeutels. Die englischen Kolonisten würden nicht sobald in Sonderstaatelei versallen, wenn sie alle die gemeinsame Last der Wehrpflicht für ihr Vaterland getragen hätten. Und noch eins zeigt der englische Volts- chnrakter, was auch mir dem Mangel an ernsten Pflichten zuzuschreiben ist: das Übermaß von Selbfteinschätzuug lind Egoismus, den Mangel an Rücksicht gegen andre. Weil der Einzelengländer von Jugend auf und von Staats wegen daran gewöhnt ist, mir sich selbst zu dienen, haben die englischen privaten und politischen Allüren eine Form angenommen, die allen Völkern zuwider >se, und die die jetzt zu Tage tretende allgemeine Abneigung gegen England erklärt. Da könnte die Einführung des preußischen Unteroffiziers als Er¬ zieher dem englischen Volke unschätzbare Dienste leisten. Und auch die Wag¬ halsigkeit der englischen Politik und ihre Brutalität würden sich bald geben, wenn die Folgen nicht lediglich wie jetzt Englands Gut, sondern des gesamten Volkes Blut zu empfinden Hütte. Wenn England sich nicht ernstlich daran wacht, die beiden morschen Säulen seiner Macht, die äußere Freiheit und deu Kapitalismus, durch zwei neue zu stützen und zu ergänzen, die Sozialpolitik, den Schutz der Schwachen und die Wehrpflicht, dann dürften ihm noch trübere ^age als jetzt beschieden sein; es konnte leicht von geschlossenem Staatswesen "benannt werden. Dem deutscheu Volk thut das Umgekehrte not. Es hat redlich gelernt, Staatslasten zu tragen, ihm ist durch seine Geschichte und den Absolutismus ^er Begriff des geschlossenen Staatswesens in Fleisch und Blut übergegangen. ^ hat auch durch den Schutz der Schwächern, die Einleitung der Sozialpolitik, ^ versuch gemacht, eine gleichmäßige Abstufung der Bevölkerung zu erhalten, ^ber großen Teilen unsers Volks fehlt noch das'genügende Maß der politischen und vor allein der wirtschaftlichen Mündigkeit und des Bewußtseins, daß jeder wie an den Leiden, so anch an den Freuden des großen deutschen Staats Anteil nehmen darf. Mnu gewähre ihnen, auf daß die schweren Stnatspflichten z» ^ner gern getragnen Bürde werden, noch die Gegengabe größerer Rechte. Die politische Mündigkeit ist der Masse des Volks'erst durch die Errichtung des "enen Deutschen Reichs gekommen, und diese Gabe fesselt die Masse mehr an ^ Reich, als der theoretische Patriotismus. Es wäre politische Selbstaufgabe, ^e»n die untern Klaffen in die Kleinstaaterei zurückkehren wollten — abgesehen am 5p ^""'tschaftlichen Unmöglichkeit eines solchen Rückfalls. Ein Interesse ^tikulnrisnuis haben nur die rückständigen nud privilegierten Klassen, Die wehstes'erer Ansprüche das gewaltige Lebe» in den. neuen hbnrg dieser reaktionären Kreise sind die Landtage d.e a h . M thun dem Neichswagen Steine in deu Weg ^^erw. n.'d u. ^ .u " alte Zopf noch eine hohe Verehrung findet. Zur Zeck ^ dn pmrtckn Mischen Ansprüche der Bundesräten nicht sehr in den ^ort^gr a Deutsche Reich erscheint als eine ^geschlossene Da. og a num °u der Person des jetügen Kaisers, und es besteht w Gefahr, wen einmal persönliche Einfluß wegfällt, daß von den Volkskreisen. du- u, Wach

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/439
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/439>, abgerufen am 04.07.2024.