Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.Gin Wort über die preußischen Generalkonunissioue" die umfassenden Aufgaben durchzuführen, tourbe diese Behörde mit einer selbst Der Hauptbestandteil dem Einflusse nach sind die Juristen, ans denen Gin Wort über die preußischen Generalkonunissioue» die umfassenden Aufgaben durchzuführen, tourbe diese Behörde mit einer selbst Der Hauptbestandteil dem Einflusse nach sind die Juristen, ans denen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232780"/> <fw type="header" place="top"> Gin Wort über die preußischen Generalkonunissioue»</fw><lb/> <p xml:id="ID_703" prev="#ID_702"> die umfassenden Aufgaben durchzuführen, tourbe diese Behörde mit einer selbst<lb/> für damalige Verhältnisse unerhörten Machtfülle ausgestattet; sie war zugleich<lb/> Verwaltuugs- und Gerichtsorgan und deshalb zuständig für alle Fragen, die<lb/> mit dem Verfahren auch nur entfernt im Zusammenhang standen. Die Thätige<lb/> keit aller übrigen Behörden wurde für die Dauer ihrer Zuständigkeit völlig<lb/> ausgeschaltet, und für das gerichtliche Verfahren war eine Prozeßordnung ma߬<lb/> gebend, die eine sehr summarische Justiz ermöglichte. So wurde eine Art zivil-<lb/> rechtlicher Belagerungszustand geschaffen, der damals berechtigt war, weil die<lb/> gestellten Aufgaben schleunig erledigt werden sollten. Diese Periode der Regu¬<lb/> lierungen, Ablösungen und Gemeinheitsteillingeil ist aber schon seit zehn Jahren<lb/> als völlig beendet zu betrachten, Regulierungen kommen anßer in Neuvorpommern<lb/> überhaupt nicht mehr vor, und der volkswirtschaftliche Nutzen der jetzt noch<lb/> anhängigen Ablösungen und Gemeinheitsteilnngen ist vielfach mehr als zweifel¬<lb/> haft. Die jetzige Aufgabe der Generalkommission beschränkt sich im wesentlichen<lb/> und namentlich im Westen auf Grittidstückszusnnunenlegnngen, wozu im Osten<lb/> noch die Rentenglitsbildungen kommeu. Inwieweit das Verfahren und die<lb/> Zusammensetzung der Behörde für das Rentengutsverfnhreu geeignet ist, ent¬<lb/> zieht sich meiner Kenntnis. Ein Jdealzustand wird es aber Wohl kaum sein.<lb/> Für die Zusammenlegungen jedoch ist die Genernlkommission nach der Zu¬<lb/> sammensetzung ihres Beamtenkörpers, dem Verhältnis der einzelne» Beamten¬<lb/> kategorien zu einander und dem sich daraus ergebenden Geschäftsgange Wenig<lb/> geeignet und dringend reformbedürftig.</p><lb/> <p xml:id="ID_704"> Der Hauptbestandteil dem Einflusse nach sind die Juristen, ans denen<lb/> sich die Mehrzahl der Kommissare und fast ausschließlich die Kollegien zu¬<lb/> sammensetzen, und zwar nicht Verwaltungs-, sondern Justizjuristen. Die grund¬<lb/> legende Verordnung vom 20. Juni 1817 kennt Juristen als Kommissare nur<lb/> als besondre Ausnahme. Sie spricht immer von Ökonomiekonnnissaren, nnter<lb/> denen teils wissenschaftlich gebildete Landwirte, teils Kreisdeputierte oder sonstige<lb/> Organe der Selbstverwaltung zu denken sind, denen bei der, wie mau annahm,<lb/> vorübergehenden Thätigkeit der Behörde die Geschäfte an Ort und Stelle unter<lb/> sehr eingehender Aufsicht der Zentralbehörde übertragen wurden. Infolge ihrer<lb/> praktischen ökonomischen Kenntnisse bedurften sie bei ihren Geschäften keiner<lb/> besondern landwirtschaftlichen Sachverständigen. Teilweise wohl infolge des<lb/> Mangels an geeignete» Persönlichkeiten, dann aber much, weil mit den<lb/> Regnlieruugsgeschäften eine Masse strittiger, verwickelter Rechtsgeschäfte zu<lb/> ordnen war, traten nu ihre Stelle fast durchweg Juristen. Nun kann ja<lb/> der Jurist auch hier recht nützlich sein, und ich bin überzeugt, trotz alles<lb/> Scheidens würde mau deu Juristen bei der Eisenbahn usw. uur ungern ent¬<lb/> behren. Der Jurist der Generalkommissiou soll aber nicht als Jurist, sondern<lb/> als Techniker, als richtiger wirklicher Okonomiker auftreten. In einer seltsamen<lb/> Begriffsverlvechslung hat mau nämlich dem Juristen als landU'irtschaftlichein<lb/> Sachverständigen dieselbe Befugnis eingeräumt, wie sie in dem Gesetze dem land¬<lb/> wirtschaftlich gebildeten Beamte» z»gedacht war.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0228]
Gin Wort über die preußischen Generalkonunissioue»
die umfassenden Aufgaben durchzuführen, tourbe diese Behörde mit einer selbst
für damalige Verhältnisse unerhörten Machtfülle ausgestattet; sie war zugleich
Verwaltuugs- und Gerichtsorgan und deshalb zuständig für alle Fragen, die
mit dem Verfahren auch nur entfernt im Zusammenhang standen. Die Thätige
keit aller übrigen Behörden wurde für die Dauer ihrer Zuständigkeit völlig
ausgeschaltet, und für das gerichtliche Verfahren war eine Prozeßordnung ma߬
gebend, die eine sehr summarische Justiz ermöglichte. So wurde eine Art zivil-
rechtlicher Belagerungszustand geschaffen, der damals berechtigt war, weil die
gestellten Aufgaben schleunig erledigt werden sollten. Diese Periode der Regu¬
lierungen, Ablösungen und Gemeinheitsteillingeil ist aber schon seit zehn Jahren
als völlig beendet zu betrachten, Regulierungen kommen anßer in Neuvorpommern
überhaupt nicht mehr vor, und der volkswirtschaftliche Nutzen der jetzt noch
anhängigen Ablösungen und Gemeinheitsteilnngen ist vielfach mehr als zweifel¬
haft. Die jetzige Aufgabe der Generalkommission beschränkt sich im wesentlichen
und namentlich im Westen auf Grittidstückszusnnunenlegnngen, wozu im Osten
noch die Rentenglitsbildungen kommeu. Inwieweit das Verfahren und die
Zusammensetzung der Behörde für das Rentengutsverfnhreu geeignet ist, ent¬
zieht sich meiner Kenntnis. Ein Jdealzustand wird es aber Wohl kaum sein.
Für die Zusammenlegungen jedoch ist die Genernlkommission nach der Zu¬
sammensetzung ihres Beamtenkörpers, dem Verhältnis der einzelne» Beamten¬
kategorien zu einander und dem sich daraus ergebenden Geschäftsgange Wenig
geeignet und dringend reformbedürftig.
Der Hauptbestandteil dem Einflusse nach sind die Juristen, ans denen
sich die Mehrzahl der Kommissare und fast ausschließlich die Kollegien zu¬
sammensetzen, und zwar nicht Verwaltungs-, sondern Justizjuristen. Die grund¬
legende Verordnung vom 20. Juni 1817 kennt Juristen als Kommissare nur
als besondre Ausnahme. Sie spricht immer von Ökonomiekonnnissaren, nnter
denen teils wissenschaftlich gebildete Landwirte, teils Kreisdeputierte oder sonstige
Organe der Selbstverwaltung zu denken sind, denen bei der, wie mau annahm,
vorübergehenden Thätigkeit der Behörde die Geschäfte an Ort und Stelle unter
sehr eingehender Aufsicht der Zentralbehörde übertragen wurden. Infolge ihrer
praktischen ökonomischen Kenntnisse bedurften sie bei ihren Geschäften keiner
besondern landwirtschaftlichen Sachverständigen. Teilweise wohl infolge des
Mangels an geeignete» Persönlichkeiten, dann aber much, weil mit den
Regnlieruugsgeschäften eine Masse strittiger, verwickelter Rechtsgeschäfte zu
ordnen war, traten nu ihre Stelle fast durchweg Juristen. Nun kann ja
der Jurist auch hier recht nützlich sein, und ich bin überzeugt, trotz alles
Scheidens würde mau deu Juristen bei der Eisenbahn usw. uur ungern ent¬
behren. Der Jurist der Generalkommissiou soll aber nicht als Jurist, sondern
als Techniker, als richtiger wirklicher Okonomiker auftreten. In einer seltsamen
Begriffsverlvechslung hat mau nämlich dem Juristen als landU'irtschaftlichein
Sachverständigen dieselbe Befugnis eingeräumt, wie sie in dem Gesetze dem land¬
wirtschaftlich gebildeten Beamte» z»gedacht war.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |