Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Fran Velins

bringen. Die Baronesse zeigte sich gleichmäßig heiter und liebenswürdig; nur eines
Abends, als wir zusammen ins Theater gegangen waren, wo die Svmnambnla mit
Ausnahme der Titelrolle sehr mittelmäßig aufgeführt wurde, und als ich die un¬
gewöhnliche Schönheit, die Haltung und den Geschmack der Kleidung der Dar¬
stellerin lobte, wie sie in der hoch erhobnen Hand ein Lämpchen haltend zur Brücke
schreitet, warf sie mir einen ihrer flammenden Blicke zu, der mir ihren Zorn
darüber auszudrücken schien, daß ich neben ihr eine andre schön finden konnte.

Eines Tages hatte, ich nach meiner Gewohnheit einen weiten Spaziergang
gemacht und dabei in einem der kleinen Seitenthäler des Gebirgs aufsteigend eine
Schlucht von außerordentlicher Schönheit entdeckt: senkrechte Felswände schlössen das
enge Thal ab, von deren Höhe ein klares Wasser in vielen Absätzen, eine Reihe
von Kaskaden bildend, in die Schlucht herabfloß und dort inmitten großer Fels-
blöcke, die zerstreut umherlagen, ein krystnllklares Wnsserbeckeu schuf. Ein wenig
abwärts traten von beiden Seiten die Felsen so weit vor, daß sie nur einen engen
Eingang ließen und den obern Teil der Schlucht, eine Art Grotte, abschlossen.
Dieser Eingang war durch eine Fülle von Schlingpflanzen, die von beiden Seiten
herabhinge", wie durch einen Vorhang verhüllt; anch von oben her wurde in der
Grotte das Licht durch überhängende Zweige, da die Felsen, wo immer ein fu߬
breiter Raum war, dicht überwachsen waren, gedampft. Farnkräuter, Epheuranken
und Venushaar bekleideten überall das feuchte Gestein. An einer Stelle des Felsen¬
abhangs leuchtete" die brennenden Farben eines Büschels Feuerlilien aus dem Grün
hervor. Als die Sonne gerade dem Eingang zur Grotte gegenüberstand, entstand
eine Beleuchtung von zauberhafter Wirkung: die Kaskaden glänzten und leuchteten
wie Silber, während durch die Blätter der Schlingpflanzen grünes Licht in die
Grotte einzuströmen schien und glänzend grün aus dem Wasserbecken zurückstrahlte,
in einem starken Kontrast zu den umliegenden tiefen Schatten.

Ich machte bei Tische den Freundinnen eine begeisterte Schilderung von dieser
Schlucht und belebte diese in meiner Darstellung mit allerlei mythischen Gestalten,
nannte das Wasserbecken einen Spiegel der Venus und sagte, daß ich nicht ruhn
würde, bis ich diese, oder Diana, oder wenigstens eine der Bergnymphen dort
überrascht hätte, denn es sei unmöglich, daß dieser Ort nicht ein Lieblingsaufenthalt
aller Göttinnen wäre. Da so die Einbildungskraft angeregt war, ergingen wir
uns in allerlei heitern und ergötzlichen Vorstellungen.

Am Abend bat mich die Baronesse Magna, ihr am nächsten Morgen die Grotte
zu zeigen, und es wurde ausgemacht, daß ich sie, die auf einem Esel reiten sollte,
zu der Stunde, wenn die Sonne in die Schlucht schien, dorthin zu begleiten hätte.
Es war ein strahlend schöner Morgen, als wir aufbrachen, und die Baronesse war
von übersprudelnder Lustigkeit und großer Ungeduld, deun sie fragte jeden Augen¬
blick, ob wir noch nicht bald unser Ziel erreicht hätten; aber ihr Esel war sehr
träge und dnrch den Jungen, der ihn antrieb, kaum vorwärts zu bringen. Wir
mußten die Höhe zwischen Villa und Bagni caldi überklimmen und in dem jen¬
seitigen Thal auf sehr engen und unwegsamen Pfaden aufwärts steigen, bis sich
rechts die Schlucht öffnete, die wir suchten. Hier bat ich sie abzusteigen und befahl
dem Knaben dort bei dem Esel zu bleiben. Dann führte ich sie, indem wir in
dem schäumenden Bache von Stein zu Stein sprangen, eine Strecke aufwärts bis
da, wo die Felsen näher zusammentretend den Eingang zur Grotte bildeten. Hier
setzte sie sich auf einen Stein und schaute auf die Wasserfälle vor uns. Nach einer
Weile sah sie mich fest an und sagte: Ich bin noch in Ihrer Schuld und will
sie heute zahlen; ich verlange Ihr Wort, daß Sie, so lange wir hier sind, meinen
Befehlen genaue Folge leisten. Ich erwiderte, daß es dazu ja keines Versprechens
bedürfe. -- Nun wohl, sagte sie, so gehn Sie hinter den Felsen dort und bleiben


Fran Velins

bringen. Die Baronesse zeigte sich gleichmäßig heiter und liebenswürdig; nur eines
Abends, als wir zusammen ins Theater gegangen waren, wo die Svmnambnla mit
Ausnahme der Titelrolle sehr mittelmäßig aufgeführt wurde, und als ich die un¬
gewöhnliche Schönheit, die Haltung und den Geschmack der Kleidung der Dar¬
stellerin lobte, wie sie in der hoch erhobnen Hand ein Lämpchen haltend zur Brücke
schreitet, warf sie mir einen ihrer flammenden Blicke zu, der mir ihren Zorn
darüber auszudrücken schien, daß ich neben ihr eine andre schön finden konnte.

Eines Tages hatte, ich nach meiner Gewohnheit einen weiten Spaziergang
gemacht und dabei in einem der kleinen Seitenthäler des Gebirgs aufsteigend eine
Schlucht von außerordentlicher Schönheit entdeckt: senkrechte Felswände schlössen das
enge Thal ab, von deren Höhe ein klares Wasser in vielen Absätzen, eine Reihe
von Kaskaden bildend, in die Schlucht herabfloß und dort inmitten großer Fels-
blöcke, die zerstreut umherlagen, ein krystnllklares Wnsserbeckeu schuf. Ein wenig
abwärts traten von beiden Seiten die Felsen so weit vor, daß sie nur einen engen
Eingang ließen und den obern Teil der Schlucht, eine Art Grotte, abschlossen.
Dieser Eingang war durch eine Fülle von Schlingpflanzen, die von beiden Seiten
herabhinge», wie durch einen Vorhang verhüllt; anch von oben her wurde in der
Grotte das Licht durch überhängende Zweige, da die Felsen, wo immer ein fu߬
breiter Raum war, dicht überwachsen waren, gedampft. Farnkräuter, Epheuranken
und Venushaar bekleideten überall das feuchte Gestein. An einer Stelle des Felsen¬
abhangs leuchtete» die brennenden Farben eines Büschels Feuerlilien aus dem Grün
hervor. Als die Sonne gerade dem Eingang zur Grotte gegenüberstand, entstand
eine Beleuchtung von zauberhafter Wirkung: die Kaskaden glänzten und leuchteten
wie Silber, während durch die Blätter der Schlingpflanzen grünes Licht in die
Grotte einzuströmen schien und glänzend grün aus dem Wasserbecken zurückstrahlte,
in einem starken Kontrast zu den umliegenden tiefen Schatten.

Ich machte bei Tische den Freundinnen eine begeisterte Schilderung von dieser
Schlucht und belebte diese in meiner Darstellung mit allerlei mythischen Gestalten,
nannte das Wasserbecken einen Spiegel der Venus und sagte, daß ich nicht ruhn
würde, bis ich diese, oder Diana, oder wenigstens eine der Bergnymphen dort
überrascht hätte, denn es sei unmöglich, daß dieser Ort nicht ein Lieblingsaufenthalt
aller Göttinnen wäre. Da so die Einbildungskraft angeregt war, ergingen wir
uns in allerlei heitern und ergötzlichen Vorstellungen.

Am Abend bat mich die Baronesse Magna, ihr am nächsten Morgen die Grotte
zu zeigen, und es wurde ausgemacht, daß ich sie, die auf einem Esel reiten sollte,
zu der Stunde, wenn die Sonne in die Schlucht schien, dorthin zu begleiten hätte.
Es war ein strahlend schöner Morgen, als wir aufbrachen, und die Baronesse war
von übersprudelnder Lustigkeit und großer Ungeduld, deun sie fragte jeden Augen¬
blick, ob wir noch nicht bald unser Ziel erreicht hätten; aber ihr Esel war sehr
träge und dnrch den Jungen, der ihn antrieb, kaum vorwärts zu bringen. Wir
mußten die Höhe zwischen Villa und Bagni caldi überklimmen und in dem jen¬
seitigen Thal auf sehr engen und unwegsamen Pfaden aufwärts steigen, bis sich
rechts die Schlucht öffnete, die wir suchten. Hier bat ich sie abzusteigen und befahl
dem Knaben dort bei dem Esel zu bleiben. Dann führte ich sie, indem wir in
dem schäumenden Bache von Stein zu Stein sprangen, eine Strecke aufwärts bis
da, wo die Felsen näher zusammentretend den Eingang zur Grotte bildeten. Hier
setzte sie sich auf einen Stein und schaute auf die Wasserfälle vor uns. Nach einer
Weile sah sie mich fest an und sagte: Ich bin noch in Ihrer Schuld und will
sie heute zahlen; ich verlange Ihr Wort, daß Sie, so lange wir hier sind, meinen
Befehlen genaue Folge leisten. Ich erwiderte, daß es dazu ja keines Versprechens
bedürfe. — Nun wohl, sagte sie, so gehn Sie hinter den Felsen dort und bleiben


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232654"/>
          <fw type="header" place="top"> Fran Velins</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_292" prev="#ID_291"> bringen. Die Baronesse zeigte sich gleichmäßig heiter und liebenswürdig; nur eines<lb/>
Abends, als wir zusammen ins Theater gegangen waren, wo die Svmnambnla mit<lb/>
Ausnahme der Titelrolle sehr mittelmäßig aufgeführt wurde, und als ich die un¬<lb/>
gewöhnliche Schönheit, die Haltung und den Geschmack der Kleidung der Dar¬<lb/>
stellerin lobte, wie sie in der hoch erhobnen Hand ein Lämpchen haltend zur Brücke<lb/>
schreitet, warf sie mir einen ihrer flammenden Blicke zu, der mir ihren Zorn<lb/>
darüber auszudrücken schien, daß ich neben ihr eine andre schön finden konnte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_293"> Eines Tages hatte, ich nach meiner Gewohnheit einen weiten Spaziergang<lb/>
gemacht und dabei in einem der kleinen Seitenthäler des Gebirgs aufsteigend eine<lb/>
Schlucht von außerordentlicher Schönheit entdeckt: senkrechte Felswände schlössen das<lb/>
enge Thal ab, von deren Höhe ein klares Wasser in vielen Absätzen, eine Reihe<lb/>
von Kaskaden bildend, in die Schlucht herabfloß und dort inmitten großer Fels-<lb/>
blöcke, die zerstreut umherlagen, ein krystnllklares Wnsserbeckeu schuf. Ein wenig<lb/>
abwärts traten von beiden Seiten die Felsen so weit vor, daß sie nur einen engen<lb/>
Eingang ließen und den obern Teil der Schlucht, eine Art Grotte, abschlossen.<lb/>
Dieser Eingang war durch eine Fülle von Schlingpflanzen, die von beiden Seiten<lb/>
herabhinge», wie durch einen Vorhang verhüllt; anch von oben her wurde in der<lb/>
Grotte das Licht durch überhängende Zweige, da die Felsen, wo immer ein fu߬<lb/>
breiter Raum war, dicht überwachsen waren, gedampft. Farnkräuter, Epheuranken<lb/>
und Venushaar bekleideten überall das feuchte Gestein. An einer Stelle des Felsen¬<lb/>
abhangs leuchtete» die brennenden Farben eines Büschels Feuerlilien aus dem Grün<lb/>
hervor. Als die Sonne gerade dem Eingang zur Grotte gegenüberstand, entstand<lb/>
eine Beleuchtung von zauberhafter Wirkung: die Kaskaden glänzten und leuchteten<lb/>
wie Silber, während durch die Blätter der Schlingpflanzen grünes Licht in die<lb/>
Grotte einzuströmen schien und glänzend grün aus dem Wasserbecken zurückstrahlte,<lb/>
in einem starken Kontrast zu den umliegenden tiefen Schatten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_294"> Ich machte bei Tische den Freundinnen eine begeisterte Schilderung von dieser<lb/>
Schlucht und belebte diese in meiner Darstellung mit allerlei mythischen Gestalten,<lb/>
nannte das Wasserbecken einen Spiegel der Venus und sagte, daß ich nicht ruhn<lb/>
würde, bis ich diese, oder Diana, oder wenigstens eine der Bergnymphen dort<lb/>
überrascht hätte, denn es sei unmöglich, daß dieser Ort nicht ein Lieblingsaufenthalt<lb/>
aller Göttinnen wäre. Da so die Einbildungskraft angeregt war, ergingen wir<lb/>
uns in allerlei heitern und ergötzlichen Vorstellungen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_295" next="#ID_296"> Am Abend bat mich die Baronesse Magna, ihr am nächsten Morgen die Grotte<lb/>
zu zeigen, und es wurde ausgemacht, daß ich sie, die auf einem Esel reiten sollte,<lb/>
zu der Stunde, wenn die Sonne in die Schlucht schien, dorthin zu begleiten hätte.<lb/>
Es war ein strahlend schöner Morgen, als wir aufbrachen, und die Baronesse war<lb/>
von übersprudelnder Lustigkeit und großer Ungeduld, deun sie fragte jeden Augen¬<lb/>
blick, ob wir noch nicht bald unser Ziel erreicht hätten; aber ihr Esel war sehr<lb/>
träge und dnrch den Jungen, der ihn antrieb, kaum vorwärts zu bringen. Wir<lb/>
mußten die Höhe zwischen Villa und Bagni caldi überklimmen und in dem jen¬<lb/>
seitigen Thal auf sehr engen und unwegsamen Pfaden aufwärts steigen, bis sich<lb/>
rechts die Schlucht öffnete, die wir suchten. Hier bat ich sie abzusteigen und befahl<lb/>
dem Knaben dort bei dem Esel zu bleiben. Dann führte ich sie, indem wir in<lb/>
dem schäumenden Bache von Stein zu Stein sprangen, eine Strecke aufwärts bis<lb/>
da, wo die Felsen näher zusammentretend den Eingang zur Grotte bildeten. Hier<lb/>
setzte sie sich auf einen Stein und schaute auf die Wasserfälle vor uns. Nach einer<lb/>
Weile sah sie mich fest an und sagte: Ich bin noch in Ihrer Schuld und will<lb/>
sie heute zahlen; ich verlange Ihr Wort, daß Sie, so lange wir hier sind, meinen<lb/>
Befehlen genaue Folge leisten. Ich erwiderte, daß es dazu ja keines Versprechens<lb/>
bedürfe. &#x2014; Nun wohl, sagte sie, so gehn Sie hinter den Felsen dort und bleiben</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0102] Fran Velins bringen. Die Baronesse zeigte sich gleichmäßig heiter und liebenswürdig; nur eines Abends, als wir zusammen ins Theater gegangen waren, wo die Svmnambnla mit Ausnahme der Titelrolle sehr mittelmäßig aufgeführt wurde, und als ich die un¬ gewöhnliche Schönheit, die Haltung und den Geschmack der Kleidung der Dar¬ stellerin lobte, wie sie in der hoch erhobnen Hand ein Lämpchen haltend zur Brücke schreitet, warf sie mir einen ihrer flammenden Blicke zu, der mir ihren Zorn darüber auszudrücken schien, daß ich neben ihr eine andre schön finden konnte. Eines Tages hatte, ich nach meiner Gewohnheit einen weiten Spaziergang gemacht und dabei in einem der kleinen Seitenthäler des Gebirgs aufsteigend eine Schlucht von außerordentlicher Schönheit entdeckt: senkrechte Felswände schlössen das enge Thal ab, von deren Höhe ein klares Wasser in vielen Absätzen, eine Reihe von Kaskaden bildend, in die Schlucht herabfloß und dort inmitten großer Fels- blöcke, die zerstreut umherlagen, ein krystnllklares Wnsserbeckeu schuf. Ein wenig abwärts traten von beiden Seiten die Felsen so weit vor, daß sie nur einen engen Eingang ließen und den obern Teil der Schlucht, eine Art Grotte, abschlossen. Dieser Eingang war durch eine Fülle von Schlingpflanzen, die von beiden Seiten herabhinge», wie durch einen Vorhang verhüllt; anch von oben her wurde in der Grotte das Licht durch überhängende Zweige, da die Felsen, wo immer ein fu߬ breiter Raum war, dicht überwachsen waren, gedampft. Farnkräuter, Epheuranken und Venushaar bekleideten überall das feuchte Gestein. An einer Stelle des Felsen¬ abhangs leuchtete» die brennenden Farben eines Büschels Feuerlilien aus dem Grün hervor. Als die Sonne gerade dem Eingang zur Grotte gegenüberstand, entstand eine Beleuchtung von zauberhafter Wirkung: die Kaskaden glänzten und leuchteten wie Silber, während durch die Blätter der Schlingpflanzen grünes Licht in die Grotte einzuströmen schien und glänzend grün aus dem Wasserbecken zurückstrahlte, in einem starken Kontrast zu den umliegenden tiefen Schatten. Ich machte bei Tische den Freundinnen eine begeisterte Schilderung von dieser Schlucht und belebte diese in meiner Darstellung mit allerlei mythischen Gestalten, nannte das Wasserbecken einen Spiegel der Venus und sagte, daß ich nicht ruhn würde, bis ich diese, oder Diana, oder wenigstens eine der Bergnymphen dort überrascht hätte, denn es sei unmöglich, daß dieser Ort nicht ein Lieblingsaufenthalt aller Göttinnen wäre. Da so die Einbildungskraft angeregt war, ergingen wir uns in allerlei heitern und ergötzlichen Vorstellungen. Am Abend bat mich die Baronesse Magna, ihr am nächsten Morgen die Grotte zu zeigen, und es wurde ausgemacht, daß ich sie, die auf einem Esel reiten sollte, zu der Stunde, wenn die Sonne in die Schlucht schien, dorthin zu begleiten hätte. Es war ein strahlend schöner Morgen, als wir aufbrachen, und die Baronesse war von übersprudelnder Lustigkeit und großer Ungeduld, deun sie fragte jeden Augen¬ blick, ob wir noch nicht bald unser Ziel erreicht hätten; aber ihr Esel war sehr träge und dnrch den Jungen, der ihn antrieb, kaum vorwärts zu bringen. Wir mußten die Höhe zwischen Villa und Bagni caldi überklimmen und in dem jen¬ seitigen Thal auf sehr engen und unwegsamen Pfaden aufwärts steigen, bis sich rechts die Schlucht öffnete, die wir suchten. Hier bat ich sie abzusteigen und befahl dem Knaben dort bei dem Esel zu bleiben. Dann führte ich sie, indem wir in dem schäumenden Bache von Stein zu Stein sprangen, eine Strecke aufwärts bis da, wo die Felsen näher zusammentretend den Eingang zur Grotte bildeten. Hier setzte sie sich auf einen Stein und schaute auf die Wasserfälle vor uns. Nach einer Weile sah sie mich fest an und sagte: Ich bin noch in Ihrer Schuld und will sie heute zahlen; ich verlange Ihr Wort, daß Sie, so lange wir hier sind, meinen Befehlen genaue Folge leisten. Ich erwiderte, daß es dazu ja keines Versprechens bedürfe. — Nun wohl, sagte sie, so gehn Sie hinter den Felsen dort und bleiben

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/102
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/102>, abgerufen am 03.07.2024.