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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Die Aufteilung Afrikas

Zentralmacht, es besteht aus einem Stammland, Großbritannien, und einer
Reihe von Kolonialländern, die zwar ihre Familienzugehörigkeit zu Albion an¬
erkennen, aber mehr oder minder selbständige, manchmal sogar feindliche wirt¬
schaftliche Ziele gegen das Stammland hervorkehren.

Nach der Qualität ihrer Beziehungen zur Krone sondern sich die britischen
Kolonien in Südafrika staatsrechtlich in folgende Gruppen: 1. Kronkolonien.
Sie unterstehen direkt dem Kolonialministcrium in London. Dieses hat die
Kontrolle über die gesamte Gesetzgebung und Verwaltung, ebenso das alleinige
politische wie handelspolitische Verfügungsrecht. Der Kolonialminister ist in
der Kolonie durch einen Gouverneur vertreten. -- Es ist dieselbe staatsrecht¬
liche Form, die wir jetzt ohne Ausnahme für unsre Kolonien haben. -- Eine
Kronkolonie ist z. V. in Südafrika das Betschuanenland, es ist durch eigens
zu diesem Zwecke aus England herübergesandte Truppen unter Sir Charles
Warren erobert und wurde daher auch zur Kronkolonie gemacht. Die Gruppe
des Cecil Rhodes war darüber sehr pikiert, weil dieses wichtige Gebiet ihrem
Einfluß entzogen war. Sie hätten die Annexion durch die Kapregierung lieber
gesehen. 2. Kolonien mit Repräsentativverfassung. Diese Kolonien haben
zwar repräsentative Einrichtungen, aber keine eigne verantwortliche Regierung.
Die Regierung wird gebildet durch einen von England ernannten Gouverneur
und Ministerrat. Die Krone hat das Vetorecht und die Kontrolle der Ver¬
waltung und Beamten. Eine solche sortgeschrittne Kroukolonie ist Natal.
Es war ursprünglich ein integrierender Teil der Kapkolonie, wurde aber 1856
als besondre Kolonie konstituiert. Im Jahre 1379 erhielt es einen besondern
Gouverneur und Repräsentativverfassung. 3. Kolonien mit verantwortlicher
Regierung (rösxcmÄblo govörnwLut). Sie haben ein eignes Parlament mit
eigner, ihm verantwortlicher Regierung. Die Verbindung mit dem Stamm¬
lande besorgt ein Gouverneur, der von der Krone ernannt wird, aber sehr
geringe Machtvollkommenheit hat. Handelspolitisch sind diese Kolonien völlig
selbständig. Sie haben ferner eigne Militärmacht. -- Eine solche Kolonie ist
Kapland. Es hat dieses liesponsiolö 6ovornmeot 1870 erhalten. Kapland
hat verschiedne Annexe, die es durch je einen Agenten, den "ülliet' Nassistrato,
verwalten läßt: Ost-Griqua, Tombu, Fingo-Kaffraria. 4. Eine Sonderstellung
nehmen die Schutzgebiete ein. Sie stehen meist unter der Gewalt der Gesell¬
schaften, die in ihnen die Konzession und das Land erobert haben. (Bei uns
hatte die Neuguinea-Kompagnie, die Ostafrikanische Gesellschaft eine ähnliche
Stellung.) Ein solches Schutzgebiet ist Rhodesia. In ihm ist die Chartered
Company Herrscherin. Sie stellt den Administrator unter Genehmigung des
Kvlonialmiuisters.

Daß sich aus verschiedenartigen Verwaltungsfvrmen auch Gegensätze ent¬
wickeln, ist verständlich. Jedes dieser verschiedenartigen Kolonialgebiete suchte
sein wirtschaftliches Interesse kräftig zu wahrem, wie ja auch in Deutschland


Grenzboten III 1899 9
Die Aufteilung Afrikas

Zentralmacht, es besteht aus einem Stammland, Großbritannien, und einer
Reihe von Kolonialländern, die zwar ihre Familienzugehörigkeit zu Albion an¬
erkennen, aber mehr oder minder selbständige, manchmal sogar feindliche wirt¬
schaftliche Ziele gegen das Stammland hervorkehren.

Nach der Qualität ihrer Beziehungen zur Krone sondern sich die britischen
Kolonien in Südafrika staatsrechtlich in folgende Gruppen: 1. Kronkolonien.
Sie unterstehen direkt dem Kolonialministcrium in London. Dieses hat die
Kontrolle über die gesamte Gesetzgebung und Verwaltung, ebenso das alleinige
politische wie handelspolitische Verfügungsrecht. Der Kolonialminister ist in
der Kolonie durch einen Gouverneur vertreten. — Es ist dieselbe staatsrecht¬
liche Form, die wir jetzt ohne Ausnahme für unsre Kolonien haben. — Eine
Kronkolonie ist z. V. in Südafrika das Betschuanenland, es ist durch eigens
zu diesem Zwecke aus England herübergesandte Truppen unter Sir Charles
Warren erobert und wurde daher auch zur Kronkolonie gemacht. Die Gruppe
des Cecil Rhodes war darüber sehr pikiert, weil dieses wichtige Gebiet ihrem
Einfluß entzogen war. Sie hätten die Annexion durch die Kapregierung lieber
gesehen. 2. Kolonien mit Repräsentativverfassung. Diese Kolonien haben
zwar repräsentative Einrichtungen, aber keine eigne verantwortliche Regierung.
Die Regierung wird gebildet durch einen von England ernannten Gouverneur
und Ministerrat. Die Krone hat das Vetorecht und die Kontrolle der Ver¬
waltung und Beamten. Eine solche sortgeschrittne Kroukolonie ist Natal.
Es war ursprünglich ein integrierender Teil der Kapkolonie, wurde aber 1856
als besondre Kolonie konstituiert. Im Jahre 1379 erhielt es einen besondern
Gouverneur und Repräsentativverfassung. 3. Kolonien mit verantwortlicher
Regierung (rösxcmÄblo govörnwLut). Sie haben ein eignes Parlament mit
eigner, ihm verantwortlicher Regierung. Die Verbindung mit dem Stamm¬
lande besorgt ein Gouverneur, der von der Krone ernannt wird, aber sehr
geringe Machtvollkommenheit hat. Handelspolitisch sind diese Kolonien völlig
selbständig. Sie haben ferner eigne Militärmacht. — Eine solche Kolonie ist
Kapland. Es hat dieses liesponsiolö 6ovornmeot 1870 erhalten. Kapland
hat verschiedne Annexe, die es durch je einen Agenten, den «ülliet' Nassistrato,
verwalten läßt: Ost-Griqua, Tombu, Fingo-Kaffraria. 4. Eine Sonderstellung
nehmen die Schutzgebiete ein. Sie stehen meist unter der Gewalt der Gesell¬
schaften, die in ihnen die Konzession und das Land erobert haben. (Bei uns
hatte die Neuguinea-Kompagnie, die Ostafrikanische Gesellschaft eine ähnliche
Stellung.) Ein solches Schutzgebiet ist Rhodesia. In ihm ist die Chartered
Company Herrscherin. Sie stellt den Administrator unter Genehmigung des
Kvlonialmiuisters.

Daß sich aus verschiedenartigen Verwaltungsfvrmen auch Gegensätze ent¬
wickeln, ist verständlich. Jedes dieser verschiedenartigen Kolonialgebiete suchte
sein wirtschaftliches Interesse kräftig zu wahrem, wie ja auch in Deutschland


Grenzboten III 1899 9
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[0073] Die Aufteilung Afrikas Zentralmacht, es besteht aus einem Stammland, Großbritannien, und einer Reihe von Kolonialländern, die zwar ihre Familienzugehörigkeit zu Albion an¬ erkennen, aber mehr oder minder selbständige, manchmal sogar feindliche wirt¬ schaftliche Ziele gegen das Stammland hervorkehren. Nach der Qualität ihrer Beziehungen zur Krone sondern sich die britischen Kolonien in Südafrika staatsrechtlich in folgende Gruppen: 1. Kronkolonien. Sie unterstehen direkt dem Kolonialministcrium in London. Dieses hat die Kontrolle über die gesamte Gesetzgebung und Verwaltung, ebenso das alleinige politische wie handelspolitische Verfügungsrecht. Der Kolonialminister ist in der Kolonie durch einen Gouverneur vertreten. — Es ist dieselbe staatsrecht¬ liche Form, die wir jetzt ohne Ausnahme für unsre Kolonien haben. — Eine Kronkolonie ist z. V. in Südafrika das Betschuanenland, es ist durch eigens zu diesem Zwecke aus England herübergesandte Truppen unter Sir Charles Warren erobert und wurde daher auch zur Kronkolonie gemacht. Die Gruppe des Cecil Rhodes war darüber sehr pikiert, weil dieses wichtige Gebiet ihrem Einfluß entzogen war. Sie hätten die Annexion durch die Kapregierung lieber gesehen. 2. Kolonien mit Repräsentativverfassung. Diese Kolonien haben zwar repräsentative Einrichtungen, aber keine eigne verantwortliche Regierung. Die Regierung wird gebildet durch einen von England ernannten Gouverneur und Ministerrat. Die Krone hat das Vetorecht und die Kontrolle der Ver¬ waltung und Beamten. Eine solche sortgeschrittne Kroukolonie ist Natal. Es war ursprünglich ein integrierender Teil der Kapkolonie, wurde aber 1856 als besondre Kolonie konstituiert. Im Jahre 1379 erhielt es einen besondern Gouverneur und Repräsentativverfassung. 3. Kolonien mit verantwortlicher Regierung (rösxcmÄblo govörnwLut). Sie haben ein eignes Parlament mit eigner, ihm verantwortlicher Regierung. Die Verbindung mit dem Stamm¬ lande besorgt ein Gouverneur, der von der Krone ernannt wird, aber sehr geringe Machtvollkommenheit hat. Handelspolitisch sind diese Kolonien völlig selbständig. Sie haben ferner eigne Militärmacht. — Eine solche Kolonie ist Kapland. Es hat dieses liesponsiolö 6ovornmeot 1870 erhalten. Kapland hat verschiedne Annexe, die es durch je einen Agenten, den «ülliet' Nassistrato, verwalten läßt: Ost-Griqua, Tombu, Fingo-Kaffraria. 4. Eine Sonderstellung nehmen die Schutzgebiete ein. Sie stehen meist unter der Gewalt der Gesell¬ schaften, die in ihnen die Konzession und das Land erobert haben. (Bei uns hatte die Neuguinea-Kompagnie, die Ostafrikanische Gesellschaft eine ähnliche Stellung.) Ein solches Schutzgebiet ist Rhodesia. In ihm ist die Chartered Company Herrscherin. Sie stellt den Administrator unter Genehmigung des Kvlonialmiuisters. Daß sich aus verschiedenartigen Verwaltungsfvrmen auch Gegensätze ent¬ wickeln, ist verständlich. Jedes dieser verschiedenartigen Kolonialgebiete suchte sein wirtschaftliches Interesse kräftig zu wahrem, wie ja auch in Deutschland Grenzboten III 1899 9

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/73>, abgerufen am 15.01.2025.