Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Nikolaus Lenau und Gustav Schwab Das Zueignungsgedicht ist nicht gekommen. Manches hat sich mir dazu an¬ Meinem Freunde Gustav Schwab Ich lebe hier in ziemlicher Thätigkeit. An die Oper hab ich mich bereits gemacht, Mayer hat mir einen Teil seiner Gedichte übersendet. Es quillt ein so Jetzt wär ich gerade ausgelegt, Euch das Gedicht vorzutragen, und von deiner Noch eins: Im Register meiner Gedichte sind "Fragmente" verzeichnet, aber Grnbschrift für den Minister Du führst im goldnen GlückeswagenDahin den raschen Trott, Von keuchenden Lüsten fortgetragen, Und dünktest dir ein Gott! Wie flogen des Pöbels Nabenschwiirme Dir aus dem Weg so bang, Da sie hörten der Geißel wild Gclnrme, Der Räder Donnerklang! Nikolaus Lenau und Gustav Schwab Das Zueignungsgedicht ist nicht gekommen. Manches hat sich mir dazu an¬ Meinem Freunde Gustav Schwab Ich lebe hier in ziemlicher Thätigkeit. An die Oper hab ich mich bereits gemacht, Mayer hat mir einen Teil seiner Gedichte übersendet. Es quillt ein so Jetzt wär ich gerade ausgelegt, Euch das Gedicht vorzutragen, und von deiner Noch eins: Im Register meiner Gedichte sind „Fragmente" verzeichnet, aber Grnbschrift für den Minister Du führst im goldnen GlückeswagenDahin den raschen Trott, Von keuchenden Lüsten fortgetragen, Und dünktest dir ein Gott! Wie flogen des Pöbels Nabenschwiirme Dir aus dem Weg so bang, Da sie hörten der Geißel wild Gclnrme, Der Räder Donnerklang! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0558" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231728"/> <fw type="header" place="top"> Nikolaus Lenau und Gustav Schwab</fw><lb/> <p xml:id="ID_1789" next="#ID_1790"> Das Zueignungsgedicht ist nicht gekommen. Manches hat sich mir dazu an¬<lb/> geboten, mußte aber als unwürdig dessen, dem es gelten soll, zurückgewiesen<lb/> werden. So nimm denn bis zur Erledigung dieses meines Poetischen Anliegens<lb/> provisorisch folgende Worte aufs Widmungsblatt:</p><lb/> <quote> Meinem Freunde Gustav Schwab<lb/> Ein Zeichen inniger Belehrung.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1790" prev="#ID_1789"> Ich lebe hier in ziemlicher Thätigkeit. An die Oper hab ich mich bereits gemacht,<lb/> auch darüber mit meinem Komponisten ein sehr vorteilhaftes Übereinkommen ge¬<lb/> troffen. Ich geh aufs Museum, habe mir eine Guitarre angeschafft, kurz, thu<lb/> alles, mich zu einem erträglichen Menschen zu machen. Nur schade, daß mich<lb/> meine lieben Freunde in Stuttgart in meiner sauertöpfischen Qualität zu genießen<lb/> hatten. Mit tiefem Schamgefühl erkenn ich es, wie Ihr Eure ganze Duldsamkeit<lb/> aufbieten müßtet, mich zu ertragen; wie es im Umgänge mit Euch mein demü¬<lb/> tigendes Los war, nnr immer zu empfangen, nie zu geben. Aber es liegt doch<lb/> wieder ein süßer Trost in solcher Demütigung: ich habe die Größe Eurer Freund¬<lb/> schaft erfahren, ich bin Euch verpflichtet zu ewigem Danke und ewiger Liebe,<lb/> während Ihr längst mehr für mich gethan, als ich je werde verdienen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1791"> Mayer hat mir einen Teil seiner Gedichte übersendet. Es quillt ein so<lb/> milder Balsam ans diesem Gemüte, so heilkräftig fließen mir seine Worte in die<lb/> Seele, daß ich mich ordentlich gestärkt fühle durch diese Lektüre. Ich lese mir<lb/> diese Gedichte laut vor; auch dein „Morgen ists FeiertagI" hab ich nun eingeübt.<lb/> Ich glaube es muß ungefähr auf diese Weise gelesen werden. Die Endverse:<lb/> „Wie wehen die Lüfte so schwül!" „Hört ihrs, wie der Donner grollt?" —<lb/> „Seht ihr, wie der Blitz dort fällt?" sind je um einen halben Ton höher und<lb/> mit verhältnismäßig steigender Intensität zu spreche». Das „Morgen ists Feier¬<lb/> tag!" soll jedesmal in derselben Tonlage der Stimme gesprochen werden, jedoch<lb/> so, daß die verschiednen Empfindungen, mit welchen das Kind, die Mutter usw.<lb/> den Feiertag erwarte», deutlich herausgehört werde». Ich sage i» derselbe» Tvn-<lb/> lagc, damit die letzten Worte „und morgen ists Feiertag!" gleichsam i» dieselbe<lb/> Furche des Herzens fallen, in welche dieser Refrain früher gedrungen ist, damit<lb/> der Donnerschlag des Schicksals genan die Furche treffe, worei» der Mensch seine<lb/> Hoffnung gesäet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1792"> Jetzt wär ich gerade ausgelegt, Euch das Gedicht vorzutragen, und von deiner<lb/> lieben Frau mit einem gütigen Blicke belohnt zu werden, wen» ich meine Sache<lb/> nicht ganz schlecht machte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1793"> Noch eins: Im Register meiner Gedichte sind „Fragmente" verzeichnet, aber<lb/> die Überschriften der einzelnen Fragmente, als: Der Jüngling ?c. nicht angegeben.<lb/> Sei so gütig, dieses zu ergänzen. Auch das Gedicht an Metternich könnte man<lb/> in Torso drucken lassen, etwa so:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_78" type="poem"> <head> Grnbschrift für den Minister</head> <l> Du führst im goldnen Glückeswagen<lb/> Dahin den raschen Trott,<lb/> Von keuchenden Lüsten fortgetragen,<lb/> Und dünktest dir ein Gott! Wie flogen des Pöbels Nabenschwiirme<lb/> Dir aus dem Weg so bang,<lb/> Da sie hörten der Geißel wild Gclnrme,<lb/> Der Räder Donnerklang! </l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0558]
Nikolaus Lenau und Gustav Schwab
Das Zueignungsgedicht ist nicht gekommen. Manches hat sich mir dazu an¬
geboten, mußte aber als unwürdig dessen, dem es gelten soll, zurückgewiesen
werden. So nimm denn bis zur Erledigung dieses meines Poetischen Anliegens
provisorisch folgende Worte aufs Widmungsblatt:
Meinem Freunde Gustav Schwab
Ein Zeichen inniger Belehrung.
Ich lebe hier in ziemlicher Thätigkeit. An die Oper hab ich mich bereits gemacht,
auch darüber mit meinem Komponisten ein sehr vorteilhaftes Übereinkommen ge¬
troffen. Ich geh aufs Museum, habe mir eine Guitarre angeschafft, kurz, thu
alles, mich zu einem erträglichen Menschen zu machen. Nur schade, daß mich
meine lieben Freunde in Stuttgart in meiner sauertöpfischen Qualität zu genießen
hatten. Mit tiefem Schamgefühl erkenn ich es, wie Ihr Eure ganze Duldsamkeit
aufbieten müßtet, mich zu ertragen; wie es im Umgänge mit Euch mein demü¬
tigendes Los war, nnr immer zu empfangen, nie zu geben. Aber es liegt doch
wieder ein süßer Trost in solcher Demütigung: ich habe die Größe Eurer Freund¬
schaft erfahren, ich bin Euch verpflichtet zu ewigem Danke und ewiger Liebe,
während Ihr längst mehr für mich gethan, als ich je werde verdienen können.
Mayer hat mir einen Teil seiner Gedichte übersendet. Es quillt ein so
milder Balsam ans diesem Gemüte, so heilkräftig fließen mir seine Worte in die
Seele, daß ich mich ordentlich gestärkt fühle durch diese Lektüre. Ich lese mir
diese Gedichte laut vor; auch dein „Morgen ists FeiertagI" hab ich nun eingeübt.
Ich glaube es muß ungefähr auf diese Weise gelesen werden. Die Endverse:
„Wie wehen die Lüfte so schwül!" „Hört ihrs, wie der Donner grollt?" —
„Seht ihr, wie der Blitz dort fällt?" sind je um einen halben Ton höher und
mit verhältnismäßig steigender Intensität zu spreche». Das „Morgen ists Feier¬
tag!" soll jedesmal in derselben Tonlage der Stimme gesprochen werden, jedoch
so, daß die verschiednen Empfindungen, mit welchen das Kind, die Mutter usw.
den Feiertag erwarte», deutlich herausgehört werde». Ich sage i» derselbe» Tvn-
lagc, damit die letzten Worte „und morgen ists Feiertag!" gleichsam i» dieselbe
Furche des Herzens fallen, in welche dieser Refrain früher gedrungen ist, damit
der Donnerschlag des Schicksals genan die Furche treffe, worei» der Mensch seine
Hoffnung gesäet.
Jetzt wär ich gerade ausgelegt, Euch das Gedicht vorzutragen, und von deiner
lieben Frau mit einem gütigen Blicke belohnt zu werden, wen» ich meine Sache
nicht ganz schlecht machte.
Noch eins: Im Register meiner Gedichte sind „Fragmente" verzeichnet, aber
die Überschriften der einzelnen Fragmente, als: Der Jüngling ?c. nicht angegeben.
Sei so gütig, dieses zu ergänzen. Auch das Gedicht an Metternich könnte man
in Torso drucken lassen, etwa so:
Grnbschrift für den Minister Du führst im goldnen Glückeswagen
Dahin den raschen Trott,
Von keuchenden Lüsten fortgetragen,
Und dünktest dir ein Gott! Wie flogen des Pöbels Nabenschwiirme
Dir aus dem Weg so bang,
Da sie hörten der Geißel wild Gclnrme,
Der Räder Donnerklang!
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