Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Vkkultismus^und Buddhismus

wollen mit aller Gewalt Beweise seiner Wirklichkeit erzwingen. Daher blühen
die sogenannten Geheimwissenschaften und werden alle asiatischen Kulte, die
etwas Mystisches enthalten, wiederbelebt, sodaß man sich durch das Treiben
gewisser Kreise in die römische Kaiserzeit, die Zeit der Neligionsmengerei und
der Mysterienkulte, zurückversetzt fühlt.

Ferdinand Macick in Hamburg hat an eine Reihe von Männern, von
denen er glaubte, daß sie sich für die Sache interessierten, die drei Fragen ge¬
richtet: Was ist der Okkultismus? Was will er? Wie erreicht er sein Ziel?
Die Antworten hat er voriges Jahr unter dem Titel: Okkultismus ver¬
öffentlicht (Zehlendorf bei Berlin, bei Paul Zillmanu). Unter den Gefragten
war auch der jüngst verstorbne Ludwig Büchner; der antwortet natürlich, daß
er das Zeug für eine traurige Verirrung halte, "deren teilweise Erfolge nur
möglich sind im Verein mit der allgemeinen geistigen Rückwärtserei. die leider
das Ende unsers, in wissenschaftlichen Erfolgen so großen Jahrhunderts be¬
herrscht." Und Eduard von Hartmann spricht seine bekannte Meinung über
die Sache aus:' daß vieles zwar Schwindel, manches jedoch Thatsache, aber
natürlich zu erklären, und daß es Pflicht der Wissenschaft sei, solche Thatsachen
zu erforschen; die Versuche der Okkultisten, mit dem Jenseits zu verkehren,
findet er, abgesehen von ihrer Unvernunft uiid Gegenstandslosigkeit, schon des¬
wegen verwerflich, weil sie aus selbstsüchtigen Beweggründen entspringen. Die
meisten der Gefragten aber sind mehr oder weniger gläubig, ihre Namen,
außer dem von Karl du Pret, unbekannt oder nur in okkultistischen Kreisen
bekannt. Die Ansichten dieser Gläubigen gehn ziemlich weit aus einander, man
kann sie jedoch, wie der Herausgeber in seiner Zusammenfassung thut, in zwei
Hauptgruppen bringen: Herzens- und Verstandesokkultisteu. Die Hcrzensvkknl-
tisten wollen Gewißheit über das Jenseits sich selbst und andern verschaffen,
viele von ihnen, wie sie wenigstens versichern, um die Sittlichkeit auf festen
Grund zu stellen. Eine große Zukunft verspricht Dr. Morris de Jorge (wohl
derselbe, den seine Familie für irrsinnig erklären zu lassen versucht hat) dein
Okkultismus. "Die okkulten Kräfte im Menschen (Fernsehen in Zeit und Raum,
Fernhören und Fernfühlen, Fernwirken) werden sich Hand in Hand mit der
Verschärfung des beobachtenden Blicks für die okkulten Vorgänge der außer¬
menschlichen Natur immer reicher, kraftvoller und vielseitiger entfalten und so
mit sieghafter Klarheit auch den "Thoren, die da sagen, es sei kein Gott", die
Wahrheit des gewaltigen Psalmenworts erweisen: Götter seid ihr und Söhne
des Höchsten allzumal!" Ein andrer (S. 113) meint, die Leugnung des Jen¬
seits entfessele den gröbsten Egoismus; Aufgabe der Okkultisten sei es, diesem
Zustande ein Ende zu machen. Ein dritter (S. 131), der Okkultismus habe
den Zweck, "die Seele des Menschen zum Bewußtsein ihrer Göttlichkeit und
ihrer göttlichen Kräfte zu bringen." Wieder ein andrer hat es gleich den
alten Mystikern auf die "Vergottung" abgesehen. "Der praktische Okkultismus


Vkkultismus^und Buddhismus

wollen mit aller Gewalt Beweise seiner Wirklichkeit erzwingen. Daher blühen
die sogenannten Geheimwissenschaften und werden alle asiatischen Kulte, die
etwas Mystisches enthalten, wiederbelebt, sodaß man sich durch das Treiben
gewisser Kreise in die römische Kaiserzeit, die Zeit der Neligionsmengerei und
der Mysterienkulte, zurückversetzt fühlt.

Ferdinand Macick in Hamburg hat an eine Reihe von Männern, von
denen er glaubte, daß sie sich für die Sache interessierten, die drei Fragen ge¬
richtet: Was ist der Okkultismus? Was will er? Wie erreicht er sein Ziel?
Die Antworten hat er voriges Jahr unter dem Titel: Okkultismus ver¬
öffentlicht (Zehlendorf bei Berlin, bei Paul Zillmanu). Unter den Gefragten
war auch der jüngst verstorbne Ludwig Büchner; der antwortet natürlich, daß
er das Zeug für eine traurige Verirrung halte, „deren teilweise Erfolge nur
möglich sind im Verein mit der allgemeinen geistigen Rückwärtserei. die leider
das Ende unsers, in wissenschaftlichen Erfolgen so großen Jahrhunderts be¬
herrscht." Und Eduard von Hartmann spricht seine bekannte Meinung über
die Sache aus:' daß vieles zwar Schwindel, manches jedoch Thatsache, aber
natürlich zu erklären, und daß es Pflicht der Wissenschaft sei, solche Thatsachen
zu erforschen; die Versuche der Okkultisten, mit dem Jenseits zu verkehren,
findet er, abgesehen von ihrer Unvernunft uiid Gegenstandslosigkeit, schon des¬
wegen verwerflich, weil sie aus selbstsüchtigen Beweggründen entspringen. Die
meisten der Gefragten aber sind mehr oder weniger gläubig, ihre Namen,
außer dem von Karl du Pret, unbekannt oder nur in okkultistischen Kreisen
bekannt. Die Ansichten dieser Gläubigen gehn ziemlich weit aus einander, man
kann sie jedoch, wie der Herausgeber in seiner Zusammenfassung thut, in zwei
Hauptgruppen bringen: Herzens- und Verstandesokkultisteu. Die Hcrzensvkknl-
tisten wollen Gewißheit über das Jenseits sich selbst und andern verschaffen,
viele von ihnen, wie sie wenigstens versichern, um die Sittlichkeit auf festen
Grund zu stellen. Eine große Zukunft verspricht Dr. Morris de Jorge (wohl
derselbe, den seine Familie für irrsinnig erklären zu lassen versucht hat) dein
Okkultismus. „Die okkulten Kräfte im Menschen (Fernsehen in Zeit und Raum,
Fernhören und Fernfühlen, Fernwirken) werden sich Hand in Hand mit der
Verschärfung des beobachtenden Blicks für die okkulten Vorgänge der außer¬
menschlichen Natur immer reicher, kraftvoller und vielseitiger entfalten und so
mit sieghafter Klarheit auch den »Thoren, die da sagen, es sei kein Gott«, die
Wahrheit des gewaltigen Psalmenworts erweisen: Götter seid ihr und Söhne
des Höchsten allzumal!" Ein andrer (S. 113) meint, die Leugnung des Jen¬
seits entfessele den gröbsten Egoismus; Aufgabe der Okkultisten sei es, diesem
Zustande ein Ende zu machen. Ein dritter (S. 131), der Okkultismus habe
den Zweck, „die Seele des Menschen zum Bewußtsein ihrer Göttlichkeit und
ihrer göttlichen Kräfte zu bringen." Wieder ein andrer hat es gleich den
alten Mystikern auf die „Vergottung" abgesehen. „Der praktische Okkultismus


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0546" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231716"/>
          <fw type="header" place="top"> Vkkultismus^und Buddhismus</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1767" prev="#ID_1766"> wollen mit aller Gewalt Beweise seiner Wirklichkeit erzwingen. Daher blühen<lb/>
die sogenannten Geheimwissenschaften und werden alle asiatischen Kulte, die<lb/>
etwas Mystisches enthalten, wiederbelebt, sodaß man sich durch das Treiben<lb/>
gewisser Kreise in die römische Kaiserzeit, die Zeit der Neligionsmengerei und<lb/>
der Mysterienkulte, zurückversetzt fühlt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1768" next="#ID_1769"> Ferdinand Macick in Hamburg hat an eine Reihe von Männern, von<lb/>
denen er glaubte, daß sie sich für die Sache interessierten, die drei Fragen ge¬<lb/>
richtet: Was ist der Okkultismus? Was will er? Wie erreicht er sein Ziel?<lb/>
Die Antworten hat er voriges Jahr unter dem Titel: Okkultismus ver¬<lb/>
öffentlicht (Zehlendorf bei Berlin, bei Paul Zillmanu). Unter den Gefragten<lb/>
war auch der jüngst verstorbne Ludwig Büchner; der antwortet natürlich, daß<lb/>
er das Zeug für eine traurige Verirrung halte, &#x201E;deren teilweise Erfolge nur<lb/>
möglich sind im Verein mit der allgemeinen geistigen Rückwärtserei. die leider<lb/>
das Ende unsers, in wissenschaftlichen Erfolgen so großen Jahrhunderts be¬<lb/>
herrscht." Und Eduard von Hartmann spricht seine bekannte Meinung über<lb/>
die Sache aus:' daß vieles zwar Schwindel, manches jedoch Thatsache, aber<lb/>
natürlich zu erklären, und daß es Pflicht der Wissenschaft sei, solche Thatsachen<lb/>
zu erforschen; die Versuche der Okkultisten, mit dem Jenseits zu verkehren,<lb/>
findet er, abgesehen von ihrer Unvernunft uiid Gegenstandslosigkeit, schon des¬<lb/>
wegen verwerflich, weil sie aus selbstsüchtigen Beweggründen entspringen. Die<lb/>
meisten der Gefragten aber sind mehr oder weniger gläubig, ihre Namen,<lb/>
außer dem von Karl du Pret, unbekannt oder nur in okkultistischen Kreisen<lb/>
bekannt. Die Ansichten dieser Gläubigen gehn ziemlich weit aus einander, man<lb/>
kann sie jedoch, wie der Herausgeber in seiner Zusammenfassung thut, in zwei<lb/>
Hauptgruppen bringen: Herzens- und Verstandesokkultisteu. Die Hcrzensvkknl-<lb/>
tisten wollen Gewißheit über das Jenseits sich selbst und andern verschaffen,<lb/>
viele von ihnen, wie sie wenigstens versichern, um die Sittlichkeit auf festen<lb/>
Grund zu stellen. Eine große Zukunft verspricht Dr. Morris de Jorge (wohl<lb/>
derselbe, den seine Familie für irrsinnig erklären zu lassen versucht hat) dein<lb/>
Okkultismus. &#x201E;Die okkulten Kräfte im Menschen (Fernsehen in Zeit und Raum,<lb/>
Fernhören und Fernfühlen, Fernwirken) werden sich Hand in Hand mit der<lb/>
Verschärfung des beobachtenden Blicks für die okkulten Vorgänge der außer¬<lb/>
menschlichen Natur immer reicher, kraftvoller und vielseitiger entfalten und so<lb/>
mit sieghafter Klarheit auch den »Thoren, die da sagen, es sei kein Gott«, die<lb/>
Wahrheit des gewaltigen Psalmenworts erweisen: Götter seid ihr und Söhne<lb/>
des Höchsten allzumal!" Ein andrer (S. 113) meint, die Leugnung des Jen¬<lb/>
seits entfessele den gröbsten Egoismus; Aufgabe der Okkultisten sei es, diesem<lb/>
Zustande ein Ende zu machen. Ein dritter (S. 131), der Okkultismus habe<lb/>
den Zweck, &#x201E;die Seele des Menschen zum Bewußtsein ihrer Göttlichkeit und<lb/>
ihrer göttlichen Kräfte zu bringen." Wieder ein andrer hat es gleich den<lb/>
alten Mystikern auf die &#x201E;Vergottung" abgesehen. &#x201E;Der praktische Okkultismus</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0546] Vkkultismus^und Buddhismus wollen mit aller Gewalt Beweise seiner Wirklichkeit erzwingen. Daher blühen die sogenannten Geheimwissenschaften und werden alle asiatischen Kulte, die etwas Mystisches enthalten, wiederbelebt, sodaß man sich durch das Treiben gewisser Kreise in die römische Kaiserzeit, die Zeit der Neligionsmengerei und der Mysterienkulte, zurückversetzt fühlt. Ferdinand Macick in Hamburg hat an eine Reihe von Männern, von denen er glaubte, daß sie sich für die Sache interessierten, die drei Fragen ge¬ richtet: Was ist der Okkultismus? Was will er? Wie erreicht er sein Ziel? Die Antworten hat er voriges Jahr unter dem Titel: Okkultismus ver¬ öffentlicht (Zehlendorf bei Berlin, bei Paul Zillmanu). Unter den Gefragten war auch der jüngst verstorbne Ludwig Büchner; der antwortet natürlich, daß er das Zeug für eine traurige Verirrung halte, „deren teilweise Erfolge nur möglich sind im Verein mit der allgemeinen geistigen Rückwärtserei. die leider das Ende unsers, in wissenschaftlichen Erfolgen so großen Jahrhunderts be¬ herrscht." Und Eduard von Hartmann spricht seine bekannte Meinung über die Sache aus:' daß vieles zwar Schwindel, manches jedoch Thatsache, aber natürlich zu erklären, und daß es Pflicht der Wissenschaft sei, solche Thatsachen zu erforschen; die Versuche der Okkultisten, mit dem Jenseits zu verkehren, findet er, abgesehen von ihrer Unvernunft uiid Gegenstandslosigkeit, schon des¬ wegen verwerflich, weil sie aus selbstsüchtigen Beweggründen entspringen. Die meisten der Gefragten aber sind mehr oder weniger gläubig, ihre Namen, außer dem von Karl du Pret, unbekannt oder nur in okkultistischen Kreisen bekannt. Die Ansichten dieser Gläubigen gehn ziemlich weit aus einander, man kann sie jedoch, wie der Herausgeber in seiner Zusammenfassung thut, in zwei Hauptgruppen bringen: Herzens- und Verstandesokkultisteu. Die Hcrzensvkknl- tisten wollen Gewißheit über das Jenseits sich selbst und andern verschaffen, viele von ihnen, wie sie wenigstens versichern, um die Sittlichkeit auf festen Grund zu stellen. Eine große Zukunft verspricht Dr. Morris de Jorge (wohl derselbe, den seine Familie für irrsinnig erklären zu lassen versucht hat) dein Okkultismus. „Die okkulten Kräfte im Menschen (Fernsehen in Zeit und Raum, Fernhören und Fernfühlen, Fernwirken) werden sich Hand in Hand mit der Verschärfung des beobachtenden Blicks für die okkulten Vorgänge der außer¬ menschlichen Natur immer reicher, kraftvoller und vielseitiger entfalten und so mit sieghafter Klarheit auch den »Thoren, die da sagen, es sei kein Gott«, die Wahrheit des gewaltigen Psalmenworts erweisen: Götter seid ihr und Söhne des Höchsten allzumal!" Ein andrer (S. 113) meint, die Leugnung des Jen¬ seits entfessele den gröbsten Egoismus; Aufgabe der Okkultisten sei es, diesem Zustande ein Ende zu machen. Ein dritter (S. 131), der Okkultismus habe den Zweck, „die Seele des Menschen zum Bewußtsein ihrer Göttlichkeit und ihrer göttlichen Kräfte zu bringen." Wieder ein andrer hat es gleich den alten Mystikern auf die „Vergottung" abgesehen. „Der praktische Okkultismus

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/546
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/546>, abgerufen am 15.01.2025.