Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Gin deutsches linnstlerleben genialen Spott alles vor sich niederwarf, was ihm nicht echt und wahr erschien. Wasmann konnte in München nicht Boden gewinnen, an der Ausführung Durch einen vierjährigen Aufenthalt in Hamburg, von 1843 bis 1846, wurde Gin deutsches linnstlerleben genialen Spott alles vor sich niederwarf, was ihm nicht echt und wahr erschien. Wasmann konnte in München nicht Boden gewinnen, an der Ausführung Durch einen vierjährigen Aufenthalt in Hamburg, von 1843 bis 1846, wurde <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0532" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231702"/> <fw type="header" place="top"> Gin deutsches linnstlerleben</fw><lb/> <p xml:id="ID_1736" prev="#ID_1735"> genialen Spott alles vor sich niederwarf, was ihm nicht echt und wahr erschien.<lb/> Darum stand er mit Kaulbach nicht auf gutem Fuße, der mit der Ausführung<lb/> der „Hunnenschlacht" und der „Zerstörung Jerusalems" beschäftigt war. Keiner<lb/> wußte so wie Schwind mit einem einzigen derben Wörtchen etwas zu kenn¬<lb/> zeichnen und den Nagel auf den Kopf zu treffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1737"> Wasmann konnte in München nicht Boden gewinnen, an der Ausführung<lb/> größerer Arbeiten hinderte ihn seine Kränklichkeit, im Verkauf auch der kleinern<lb/> Bilder hatte er, einige Fälle abgerechnet, wenig Glück, er geriet immer mehr<lb/> in Schulden, und eines Tags ist er mit dem gepumpten Gelde seines väter¬<lb/> lichen Freundes Windischmann in der Tasche wieder auf der Wanderung nach<lb/> seinem geliebten Südtirol, wo er vor Jahren so zufrieden gelebt hatte. Meran<lb/> wurde seine zweite Heimat, die ihm lieber und teurer wurde als seine Vater¬<lb/> stadt. Hier wurde er ein sehr begehrter Porträtmaler, sodaß er bald in der<lb/> Lage war, sich eine sorglose, bescheidne Existenz zu gründen. Er lebte einsam,<lb/> aber innerlich beglückt, oft durchstreifte er tagelang die herrliche Welt Südtirols;<lb/> als einziger Mensch ringsum war er dann mit sich und seinem Gott allein.<lb/> Es war in Tirol noch die gute alte Zeit, es gab keine Touristen, und „es<lb/> war noch wenig Luxus und darum schönes Geld in den Truhen, was zur<lb/> rechtem Zeit ans Licht kam. . . . Mercin lag damals noch in mittelalterlicher<lb/> Dämmerung und hatte weder Kurcmstalt noch Kurgäste. Der Medizindoktor<lb/> Feiertag sah ruhig vou seinem Fenster an der Ecke der Laubengasse auf die<lb/> Gräber um die Pfarrkirche herab, unter denen seine Patienten den ewigen<lb/> Schlaf schliefen. Man starb gemütlich in der Heimat, ohne auf Reisen geschickt<lb/> zu werden. Alles ging noch nach altem Stil."</p><lb/> <p xml:id="ID_1738"> Durch einen vierjährigen Aufenthalt in Hamburg, von 1843 bis 1846, wurde<lb/> sein Meraner Lebensidyll noch einmal unterbrochen. Von den Seinen wurde<lb/> er nach langer Abwesenheit mit der größten Herzlichkeit empfangen, er erhielt<lb/> die schönsten Aufträge und wurde als Künstler hochgeehrt. Mit einer großen<lb/> Zahl geistvoller und kenntnisreicher Menschen lebte er in anregendem Verkehr.<lb/> Daß er Katholik geworden war, fiel niemand unangenehm auf. „Es war noch<lb/> die letzte Zeit und Stunde der romantischen Periode, wo man es einem Maler<lb/> am wenigsten verübelte, wenn er der katholischen Kunst zuliebe, die auch von<lb/> Protestanten hochgeehrt war, nach Art von Wackenroder und Novalis katho-<lb/> lisierte oder gar katholisch wurde. Dieses Kunstmotiv legte man auch meiner<lb/> Konversion unter." In seiner Vaterstadt gewann er seine protestantische Braut,<lb/> die jüngste Tochter des Direktors der Hamburger Realschule, Professor Krämers,<lb/> die später in Meran ebenfalls zum katholischen Glauben übertrat. Abseits<lb/> von der Welt, in religiöser Andacht und inniger Gottergebenheit dem Aufbau<lb/> seines Seeleninnern ergeben, in harmonischem Familienleben, durch vier wohl¬<lb/> gedeihende Kinder beglückt, verbrachte Wasmann die zweite Hülste seines Lebens<lb/> bis zu seinem am 10. Mai 1886 erfolgten Tode. Im Jahre 1867, im Alter<lb/> von 62 Jahren schrieb er seine Lebensgeschichte nieder, in der er uns so wert¬<lb/> volle Beiträge zur Kulturgeschichte seiner Zeit gegeben hat, und die der Nach¬<lb/><note type="byline"> p. n.</note> welt seinen Namen erhalten wird. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0532]
Gin deutsches linnstlerleben
genialen Spott alles vor sich niederwarf, was ihm nicht echt und wahr erschien.
Darum stand er mit Kaulbach nicht auf gutem Fuße, der mit der Ausführung
der „Hunnenschlacht" und der „Zerstörung Jerusalems" beschäftigt war. Keiner
wußte so wie Schwind mit einem einzigen derben Wörtchen etwas zu kenn¬
zeichnen und den Nagel auf den Kopf zu treffen.
Wasmann konnte in München nicht Boden gewinnen, an der Ausführung
größerer Arbeiten hinderte ihn seine Kränklichkeit, im Verkauf auch der kleinern
Bilder hatte er, einige Fälle abgerechnet, wenig Glück, er geriet immer mehr
in Schulden, und eines Tags ist er mit dem gepumpten Gelde seines väter¬
lichen Freundes Windischmann in der Tasche wieder auf der Wanderung nach
seinem geliebten Südtirol, wo er vor Jahren so zufrieden gelebt hatte. Meran
wurde seine zweite Heimat, die ihm lieber und teurer wurde als seine Vater¬
stadt. Hier wurde er ein sehr begehrter Porträtmaler, sodaß er bald in der
Lage war, sich eine sorglose, bescheidne Existenz zu gründen. Er lebte einsam,
aber innerlich beglückt, oft durchstreifte er tagelang die herrliche Welt Südtirols;
als einziger Mensch ringsum war er dann mit sich und seinem Gott allein.
Es war in Tirol noch die gute alte Zeit, es gab keine Touristen, und „es
war noch wenig Luxus und darum schönes Geld in den Truhen, was zur
rechtem Zeit ans Licht kam. . . . Mercin lag damals noch in mittelalterlicher
Dämmerung und hatte weder Kurcmstalt noch Kurgäste. Der Medizindoktor
Feiertag sah ruhig vou seinem Fenster an der Ecke der Laubengasse auf die
Gräber um die Pfarrkirche herab, unter denen seine Patienten den ewigen
Schlaf schliefen. Man starb gemütlich in der Heimat, ohne auf Reisen geschickt
zu werden. Alles ging noch nach altem Stil."
Durch einen vierjährigen Aufenthalt in Hamburg, von 1843 bis 1846, wurde
sein Meraner Lebensidyll noch einmal unterbrochen. Von den Seinen wurde
er nach langer Abwesenheit mit der größten Herzlichkeit empfangen, er erhielt
die schönsten Aufträge und wurde als Künstler hochgeehrt. Mit einer großen
Zahl geistvoller und kenntnisreicher Menschen lebte er in anregendem Verkehr.
Daß er Katholik geworden war, fiel niemand unangenehm auf. „Es war noch
die letzte Zeit und Stunde der romantischen Periode, wo man es einem Maler
am wenigsten verübelte, wenn er der katholischen Kunst zuliebe, die auch von
Protestanten hochgeehrt war, nach Art von Wackenroder und Novalis katho-
lisierte oder gar katholisch wurde. Dieses Kunstmotiv legte man auch meiner
Konversion unter." In seiner Vaterstadt gewann er seine protestantische Braut,
die jüngste Tochter des Direktors der Hamburger Realschule, Professor Krämers,
die später in Meran ebenfalls zum katholischen Glauben übertrat. Abseits
von der Welt, in religiöser Andacht und inniger Gottergebenheit dem Aufbau
seines Seeleninnern ergeben, in harmonischem Familienleben, durch vier wohl¬
gedeihende Kinder beglückt, verbrachte Wasmann die zweite Hülste seines Lebens
bis zu seinem am 10. Mai 1886 erfolgten Tode. Im Jahre 1867, im Alter
von 62 Jahren schrieb er seine Lebensgeschichte nieder, in der er uns so wert¬
volle Beiträge zur Kulturgeschichte seiner Zeit gegeben hat, und die der Nach¬
p. n. welt seinen Namen erhalten wird.
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