Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Der Römerstaat Kosten prüfen; namentlich aber bei den Gefesselten habe er acht zu geben, daß Der Römerstaat Kosten prüfen; namentlich aber bei den Gefesselten habe er acht zu geben, daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0511" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231681"/> <fw type="header" place="top"> Der Römerstaat</fw><lb/> <p xml:id="ID_1679" prev="#ID_1678" next="#ID_1680"> Kosten prüfen; namentlich aber bei den Gefesselten habe er acht zu geben, daß<lb/> sie nicht gemißhandelt und nicht am notwendigen verkürzt werden, ..weil sie,<lb/> aus Grausamkeit oder Habsucht gepeinigt, noch mehr als so schon zu fürchten<lb/> sind." Man darf nur daran denken, daß unter den aus der Ferne gekauften<lb/> Menschen viel gefährliche und verbrecherische Gesellen gewesen sein müssen, daß<lb/> auch die besser gearteten der Freiheitsdrang zu Fluchtversuchen trieb, und daß<lb/> es keine Polizei gab, die die Flüchtlinge zurückgebracht hätte, daß demnach<lb/> nicht bloß Auflehnungen gegen die Wirtschaftsdisziplin, sondern auch Ver¬<lb/> brechen wie Diebstähle, Räubereien, Vergewaltigungen von Mädchen der Nach¬<lb/> barschaft vorgekommen sein müssen, und daß der Msr lÄwiliW zugleich der<lb/> ordentliche Richter seiner Sklaven war, um zu begreifen, daß ein größeres Gut<lb/> nicht ohne ein Zuchthaus bestehn konnte. Wenn demnach Gefesselte auf dem<lb/> Felde arbeiteten, so geschah es, wenigstens in der spätern Zeit und in Italien,<lb/> nicht darum, weil man grundsätzlich die Ackerbausklaven gefesselt hätte, sondern<lb/> weil man die Zuchthäusler uicht müßig gehn lassen mochte. Was die Be¬<lb/> handlung der übrigen Sklaven anlangt, so rät Columella zu seiner eignen<lb/> Methode, die sich bewährt habe. Er plaudre häufiger und gemütlicher (tami-<lb/> tmrws) mit seinen Gutssklaven als mit seinen Stadtsklaven, weil er bemerkt<lb/> habe, daß ihnen solche Freundlichkeit ihre immerwährende Arbeit leichter mache;<lb/> er scherze manchmal mit ihnen, und erlaube ihnen noch öfter selbst zu scherzen.<lb/> Er behandle sie als erfahrne Sachkundige und berate sich über dies und jeues<lb/> mit ihnen; auf diese Weise bekomme er heraus, was an Verstand und Geist<lb/> in jedem stecke; auch führten sie mit größerer Freudigkeit aus, was sie selbst<lb/> dem Herrn geraten hätten, und was von diesem für gut befunden worden sei.<lb/> Endlich gaben alle Landwirte den im Hause gebornen Sklaven bei weitem den<lb/> Vorzug vor den auf dem Markte gekauften, und bald hatte man gar keine<lb/> andern Sklaven mehr als selbstgezogne, womit das ganze Institut der Sklaverei<lb/> zwar noch nicht de Mo aber <is lÄeto eine durchgreifende Veränderung erfuhr:<lb/> aus der Sklaverei im strengen Sinne entwickelte sich die Hörigkeit. Die Schlacht<lb/> bei Antium hatte den Frieden gebracht; die auswärtigen Kriege hörten auf,<lb/> auch die Bürgerkriege, die Empörungen hörten auf, dem Menschenraub zur<lb/> See und zu Lande wurde das Handwerk gelegt, damit war den Sklavenmärkten<lb/> die Zufuhr abgeschnitten, wenigstens die Zufuhr neuer Ware; fast nur die<lb/> schon vorhandne wurde auf dem Markte ausgetauscht. Was uoch in den<lb/> Grenzkriegen mit den nordischen Barbaren erbeutet wurde, genügte kaum, die<lb/> Lücken zu füllen. So sah man sich auf eignen Zuwachs angewiesen; man<lb/> mußte die Sklavenehen begünstigen, man band die auf dem Gute gebornen<lb/> ans Gut, aus einer wohlfeilen Marktware wurde der Sklave ein wertvolles<lb/> Jnventarienstück, um so wertvoller, je länger er auf dem Gute gearbeitet hatte,<lb/> und je genauer er es kannte, und je mehr sich die Überzeugung von der größern<lb/> Rentabilität des Kleinbetriebs befestigte, desto häufiger kam es vor, daß der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0511]
Der Römerstaat
Kosten prüfen; namentlich aber bei den Gefesselten habe er acht zu geben, daß
sie nicht gemißhandelt und nicht am notwendigen verkürzt werden, ..weil sie,
aus Grausamkeit oder Habsucht gepeinigt, noch mehr als so schon zu fürchten
sind." Man darf nur daran denken, daß unter den aus der Ferne gekauften
Menschen viel gefährliche und verbrecherische Gesellen gewesen sein müssen, daß
auch die besser gearteten der Freiheitsdrang zu Fluchtversuchen trieb, und daß
es keine Polizei gab, die die Flüchtlinge zurückgebracht hätte, daß demnach
nicht bloß Auflehnungen gegen die Wirtschaftsdisziplin, sondern auch Ver¬
brechen wie Diebstähle, Räubereien, Vergewaltigungen von Mädchen der Nach¬
barschaft vorgekommen sein müssen, und daß der Msr lÄwiliW zugleich der
ordentliche Richter seiner Sklaven war, um zu begreifen, daß ein größeres Gut
nicht ohne ein Zuchthaus bestehn konnte. Wenn demnach Gefesselte auf dem
Felde arbeiteten, so geschah es, wenigstens in der spätern Zeit und in Italien,
nicht darum, weil man grundsätzlich die Ackerbausklaven gefesselt hätte, sondern
weil man die Zuchthäusler uicht müßig gehn lassen mochte. Was die Be¬
handlung der übrigen Sklaven anlangt, so rät Columella zu seiner eignen
Methode, die sich bewährt habe. Er plaudre häufiger und gemütlicher (tami-
tmrws) mit seinen Gutssklaven als mit seinen Stadtsklaven, weil er bemerkt
habe, daß ihnen solche Freundlichkeit ihre immerwährende Arbeit leichter mache;
er scherze manchmal mit ihnen, und erlaube ihnen noch öfter selbst zu scherzen.
Er behandle sie als erfahrne Sachkundige und berate sich über dies und jeues
mit ihnen; auf diese Weise bekomme er heraus, was an Verstand und Geist
in jedem stecke; auch führten sie mit größerer Freudigkeit aus, was sie selbst
dem Herrn geraten hätten, und was von diesem für gut befunden worden sei.
Endlich gaben alle Landwirte den im Hause gebornen Sklaven bei weitem den
Vorzug vor den auf dem Markte gekauften, und bald hatte man gar keine
andern Sklaven mehr als selbstgezogne, womit das ganze Institut der Sklaverei
zwar noch nicht de Mo aber <is lÄeto eine durchgreifende Veränderung erfuhr:
aus der Sklaverei im strengen Sinne entwickelte sich die Hörigkeit. Die Schlacht
bei Antium hatte den Frieden gebracht; die auswärtigen Kriege hörten auf,
auch die Bürgerkriege, die Empörungen hörten auf, dem Menschenraub zur
See und zu Lande wurde das Handwerk gelegt, damit war den Sklavenmärkten
die Zufuhr abgeschnitten, wenigstens die Zufuhr neuer Ware; fast nur die
schon vorhandne wurde auf dem Markte ausgetauscht. Was uoch in den
Grenzkriegen mit den nordischen Barbaren erbeutet wurde, genügte kaum, die
Lücken zu füllen. So sah man sich auf eignen Zuwachs angewiesen; man
mußte die Sklavenehen begünstigen, man band die auf dem Gute gebornen
ans Gut, aus einer wohlfeilen Marktware wurde der Sklave ein wertvolles
Jnventarienstück, um so wertvoller, je länger er auf dem Gute gearbeitet hatte,
und je genauer er es kannte, und je mehr sich die Überzeugung von der größern
Rentabilität des Kleinbetriebs befestigte, desto häufiger kam es vor, daß der
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