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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Nikolaus Lenau und Gustav Schwab

schaftsbündnis Schwabs und Lemnius eine wesentliche Rolle spielt, wie wir sehen
werden. Gustav Schwab erschloß seinem Freunde das Hartmann-NeinbeckscheHaus,
das in dem Geistesleben Stuttgarts in der ersten Hälfte unsers Jahrhunderts
eine tonangebende Bedeutung hatte, auf die Lenau in manchen seiner Briefe
hinweist. Hier nur zwei Beispiele für mehrere, wie Schwab bedacht war, dem
neu gewonnenen Freunde Lenau neue Bekanntschaften zu erschließen, und, wie
wir wissen, mit Glück. An Karl Mayer, den gemütinnigen Dichter und Ver¬
fasser der bekannten Schrift: "Nikolaus Lenaus Briefe an einen Freund,"
schrieb Schwab am 3. September 1831 nach Waldungen, wo Mayer damals
Oberamtsrichter war:


Geliebter Freund!

Wenn nicht hundert Landexciminalnrbeiteu, welche heut und morgen korrigier!
sein wollen, auf meinem Pulte lägen, so würde statt dieses Briefes ich selbst mit
dem Überbringer desselben, Herrn von Niembsch-Strchlencm, einem in Wien an¬
sässigen Ungarn, heute zu Euch kommen. Niembsch ist ein vortrefflicher Mensch
und ein Dichter, den du aus seiner kleinen geschnebnen Sammlung, die er bei sich
hat, kennen lernen mußt. Ich bin mit ihm bei Uhland gewesen, habe ihn nach
Weinsberg an Kerucr adressiert und schicke ihn jetzt zu dir nach Waldungen. Er
kennt und liebt deine Lieder im Wendtschen Almanach. Ich bin gewiß, daß er
Euch so wohl gefällt als uns, bei denen er ein rechter Hausfreund geworden ist.

An Justinus Keruer schrieb Schwab:


Geliebter Kerner!

Hier schicke ich dir Herrn Niembsch von Strehlencm aus Wien, eiuen Ungarn,
einen herrlichen Dichter und Meuscheu, wovon du dich bald überzeugen wirst. Er
hat bei mir gewohnt und ist für ewig mein Freund geworden; wir sind auch bei
Uhland in Tübingen gewesen, und deinetwillen reist er über Weinsberg nach München.
Dich, Rikele^) und die Kinder grüßen Sophie und ich aufs innigste; vielleicht
lassen wir uns um die Herbstzeit bei Euch eiuen Augenblick sehen.


Innig und ganz dein Gustav Schwab.

Gustav Schwab verschaffte Lenau ferner einen Verleger für seine lyrischen
Erzeugnisse: am 29. August 1831 schloß Lenau einen Vertrag mit der
I. G. Cottaschen Buchhandlung über den Verlag seiner "Gedichte" ab, wofür
er als Honorar von Cotta fünfzig Dukaten empfing. Gewidmet war diese
erste Liedergabe Lenaus seinem hilfsbereiten Freunde Gustav Schwab. So
zeigt sich überall in diesem Lebensabschnitt Lenaus die treue Freundeshand
Schwabs, und mit freudigem Dankgefühl berichtete Lenau im Oktober an
Schurz und seine Schwester Therese, er lebe jetzt in Stuttgart im Hause seines
innigen Freundes, des Professors Schwab, und seiner innigen Freundin, dessen
Gemahlin. Seit seiner Trennung von seinen Verwandten sei er viel bereichert



') Kernes Guten Funde-rite-,
Nikolaus Lenau und Gustav Schwab

schaftsbündnis Schwabs und Lemnius eine wesentliche Rolle spielt, wie wir sehen
werden. Gustav Schwab erschloß seinem Freunde das Hartmann-NeinbeckscheHaus,
das in dem Geistesleben Stuttgarts in der ersten Hälfte unsers Jahrhunderts
eine tonangebende Bedeutung hatte, auf die Lenau in manchen seiner Briefe
hinweist. Hier nur zwei Beispiele für mehrere, wie Schwab bedacht war, dem
neu gewonnenen Freunde Lenau neue Bekanntschaften zu erschließen, und, wie
wir wissen, mit Glück. An Karl Mayer, den gemütinnigen Dichter und Ver¬
fasser der bekannten Schrift: „Nikolaus Lenaus Briefe an einen Freund,"
schrieb Schwab am 3. September 1831 nach Waldungen, wo Mayer damals
Oberamtsrichter war:


Geliebter Freund!

Wenn nicht hundert Landexciminalnrbeiteu, welche heut und morgen korrigier!
sein wollen, auf meinem Pulte lägen, so würde statt dieses Briefes ich selbst mit
dem Überbringer desselben, Herrn von Niembsch-Strchlencm, einem in Wien an¬
sässigen Ungarn, heute zu Euch kommen. Niembsch ist ein vortrefflicher Mensch
und ein Dichter, den du aus seiner kleinen geschnebnen Sammlung, die er bei sich
hat, kennen lernen mußt. Ich bin mit ihm bei Uhland gewesen, habe ihn nach
Weinsberg an Kerucr adressiert und schicke ihn jetzt zu dir nach Waldungen. Er
kennt und liebt deine Lieder im Wendtschen Almanach. Ich bin gewiß, daß er
Euch so wohl gefällt als uns, bei denen er ein rechter Hausfreund geworden ist.

An Justinus Keruer schrieb Schwab:


Geliebter Kerner!

Hier schicke ich dir Herrn Niembsch von Strehlencm aus Wien, eiuen Ungarn,
einen herrlichen Dichter und Meuscheu, wovon du dich bald überzeugen wirst. Er
hat bei mir gewohnt und ist für ewig mein Freund geworden; wir sind auch bei
Uhland in Tübingen gewesen, und deinetwillen reist er über Weinsberg nach München.
Dich, Rikele^) und die Kinder grüßen Sophie und ich aufs innigste; vielleicht
lassen wir uns um die Herbstzeit bei Euch eiuen Augenblick sehen.


Innig und ganz dein Gustav Schwab.

Gustav Schwab verschaffte Lenau ferner einen Verleger für seine lyrischen
Erzeugnisse: am 29. August 1831 schloß Lenau einen Vertrag mit der
I. G. Cottaschen Buchhandlung über den Verlag seiner „Gedichte" ab, wofür
er als Honorar von Cotta fünfzig Dukaten empfing. Gewidmet war diese
erste Liedergabe Lenaus seinem hilfsbereiten Freunde Gustav Schwab. So
zeigt sich überall in diesem Lebensabschnitt Lenaus die treue Freundeshand
Schwabs, und mit freudigem Dankgefühl berichtete Lenau im Oktober an
Schurz und seine Schwester Therese, er lebe jetzt in Stuttgart im Hause seines
innigen Freundes, des Professors Schwab, und seiner innigen Freundin, dessen
Gemahlin. Seit seiner Trennung von seinen Verwandten sei er viel bereichert



') Kernes Guten Funde-rite-,
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[0466] Nikolaus Lenau und Gustav Schwab schaftsbündnis Schwabs und Lemnius eine wesentliche Rolle spielt, wie wir sehen werden. Gustav Schwab erschloß seinem Freunde das Hartmann-NeinbeckscheHaus, das in dem Geistesleben Stuttgarts in der ersten Hälfte unsers Jahrhunderts eine tonangebende Bedeutung hatte, auf die Lenau in manchen seiner Briefe hinweist. Hier nur zwei Beispiele für mehrere, wie Schwab bedacht war, dem neu gewonnenen Freunde Lenau neue Bekanntschaften zu erschließen, und, wie wir wissen, mit Glück. An Karl Mayer, den gemütinnigen Dichter und Ver¬ fasser der bekannten Schrift: „Nikolaus Lenaus Briefe an einen Freund," schrieb Schwab am 3. September 1831 nach Waldungen, wo Mayer damals Oberamtsrichter war: Geliebter Freund! Wenn nicht hundert Landexciminalnrbeiteu, welche heut und morgen korrigier! sein wollen, auf meinem Pulte lägen, so würde statt dieses Briefes ich selbst mit dem Überbringer desselben, Herrn von Niembsch-Strchlencm, einem in Wien an¬ sässigen Ungarn, heute zu Euch kommen. Niembsch ist ein vortrefflicher Mensch und ein Dichter, den du aus seiner kleinen geschnebnen Sammlung, die er bei sich hat, kennen lernen mußt. Ich bin mit ihm bei Uhland gewesen, habe ihn nach Weinsberg an Kerucr adressiert und schicke ihn jetzt zu dir nach Waldungen. Er kennt und liebt deine Lieder im Wendtschen Almanach. Ich bin gewiß, daß er Euch so wohl gefällt als uns, bei denen er ein rechter Hausfreund geworden ist. An Justinus Keruer schrieb Schwab: Geliebter Kerner! Hier schicke ich dir Herrn Niembsch von Strehlencm aus Wien, eiuen Ungarn, einen herrlichen Dichter und Meuscheu, wovon du dich bald überzeugen wirst. Er hat bei mir gewohnt und ist für ewig mein Freund geworden; wir sind auch bei Uhland in Tübingen gewesen, und deinetwillen reist er über Weinsberg nach München. Dich, Rikele^) und die Kinder grüßen Sophie und ich aufs innigste; vielleicht lassen wir uns um die Herbstzeit bei Euch eiuen Augenblick sehen. Innig und ganz dein Gustav Schwab. Gustav Schwab verschaffte Lenau ferner einen Verleger für seine lyrischen Erzeugnisse: am 29. August 1831 schloß Lenau einen Vertrag mit der I. G. Cottaschen Buchhandlung über den Verlag seiner „Gedichte" ab, wofür er als Honorar von Cotta fünfzig Dukaten empfing. Gewidmet war diese erste Liedergabe Lenaus seinem hilfsbereiten Freunde Gustav Schwab. So zeigt sich überall in diesem Lebensabschnitt Lenaus die treue Freundeshand Schwabs, und mit freudigem Dankgefühl berichtete Lenau im Oktober an Schurz und seine Schwester Therese, er lebe jetzt in Stuttgart im Hause seines innigen Freundes, des Professors Schwab, und seiner innigen Freundin, dessen Gemahlin. Seit seiner Trennung von seinen Verwandten sei er viel bereichert ') Kernes Guten Funde-rite-,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/466>, abgerufen am 15.01.2025.