Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Gine Frühlingsfahrt nach den Abruzzen und nach Apulien Hermann Lhrenberg von in März und April 1898 wurde ich von mehreren bösartigen, Gine Frühlingsfahrt nach den Abruzzen und nach Apulien Hermann Lhrenberg von in März und April 1898 wurde ich von mehreren bösartigen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0046" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231216"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341869_231169/figures/grenzboten_341869_231169_231216_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Gine Frühlingsfahrt nach den Abruzzen<lb/> und nach Apulien<lb/><note type="byline"> Hermann Lhrenberg</note> von </head><lb/> <p xml:id="ID_107"> in März und April 1898 wurde ich von mehreren bösartigen,<lb/> einander schnell folgenden Jnfluenzaanfällen heimgesucht, die eine<lb/> hochgradige Schlaflosigkeit und geistige Abspannung nach sich<lb/> zogen. Eine volle Erholung erschien unter dem ewig grauen<lb/> Himmel meines nordischen Wohnortes ausgeschlossen. Fu߬<lb/> wanderungen in Gegenden, die mir noch unbekannt waren und durch ihre<lb/> Neuheit besonders anregend und ablenkend zu wirken vermochten, schienen mir<lb/> mit der erforderlichen Vorsicht das geeignetste Mittel zu sein, die Gesundheit<lb/> wieder zu finden. Für das deutsche Waldgebirge oder gar für die Alpen ist<lb/> aber im Mai das Wetter noch nicht zuverlässig und nicht sonnig genug, für<lb/> die besuchtesten italienischen Orte dagegen schon vielfach zu heiß. Ich entschied<lb/> mich deshalb für die Apenninen, deren Höhe eine frische gesunde Bergesluft,<lb/> und deren südliche Breitenlage den mir so notwendigen Sonnenschein zu ge¬<lb/> währleisten schienen; auch hatte ich hier die Sicherheit, geistige Auffrischung<lb/> in reichster Fülle zu erhalten, zumal da sich mir bei frühern Reisen in Italien<lb/> wiederholt der Wunsch aufgedrängt hatte, gewissen abseits liegenden Bergnestern<lb/> Mittelitaliens einen Besuch abzustatten. Wissenschaftliche Gründe haben also<lb/> bei der Entwerfung meines Reiseplans gefehlt und sollen, wenngleich selbst¬<lb/> verständlich ein schöner wissenschaftlicher Ertrag bei dem unerschöpflichen<lb/> Reichtum des Hesperidenlandes nicht ausgeblieben ist, auch bei dem folgenden<lb/> Reiseberichte nicht im Vordergründe stehen. Die Schilderungen, die ich hier<lb/> zu geben beabsichtige, wollen vielmehr lediglich die Aufmerksamkeit weiterer<lb/> Kreise auf die von nur besuchten Landschaften lenken, da sie zum größern<lb/> Teile eines Besuchs in hohem Maße wert, bisher aber so gut wie unbekannt<lb/> geblieben sind. Wie wenig sie vom Strome der Reisenden berührt werden,<lb/> mag man daran ermessen, daß wir, d. h. meine Frau, die mich begleitete, und<lb/> ich in dem hier in Frage kommenden östlichen Teile von Mittel- und Süditalien<lb/> nirgends Ansichtspostkarten gefunden haben, oft wie Erscheinungen aus einer<lb/> fremden Welt angestaunt wurden (was in Italien bekanntlich sonst niemals der<lb/> Fall ist) und von Bettelei, der übelsten Erscheinung in reiseverseuchten Gegenden,<lb/> fast gänzlich verschont blieben.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
[Abbildung]
Gine Frühlingsfahrt nach den Abruzzen
und nach Apulien
Hermann Lhrenberg von
in März und April 1898 wurde ich von mehreren bösartigen,
einander schnell folgenden Jnfluenzaanfällen heimgesucht, die eine
hochgradige Schlaflosigkeit und geistige Abspannung nach sich
zogen. Eine volle Erholung erschien unter dem ewig grauen
Himmel meines nordischen Wohnortes ausgeschlossen. Fu߬
wanderungen in Gegenden, die mir noch unbekannt waren und durch ihre
Neuheit besonders anregend und ablenkend zu wirken vermochten, schienen mir
mit der erforderlichen Vorsicht das geeignetste Mittel zu sein, die Gesundheit
wieder zu finden. Für das deutsche Waldgebirge oder gar für die Alpen ist
aber im Mai das Wetter noch nicht zuverlässig und nicht sonnig genug, für
die besuchtesten italienischen Orte dagegen schon vielfach zu heiß. Ich entschied
mich deshalb für die Apenninen, deren Höhe eine frische gesunde Bergesluft,
und deren südliche Breitenlage den mir so notwendigen Sonnenschein zu ge¬
währleisten schienen; auch hatte ich hier die Sicherheit, geistige Auffrischung
in reichster Fülle zu erhalten, zumal da sich mir bei frühern Reisen in Italien
wiederholt der Wunsch aufgedrängt hatte, gewissen abseits liegenden Bergnestern
Mittelitaliens einen Besuch abzustatten. Wissenschaftliche Gründe haben also
bei der Entwerfung meines Reiseplans gefehlt und sollen, wenngleich selbst¬
verständlich ein schöner wissenschaftlicher Ertrag bei dem unerschöpflichen
Reichtum des Hesperidenlandes nicht ausgeblieben ist, auch bei dem folgenden
Reiseberichte nicht im Vordergründe stehen. Die Schilderungen, die ich hier
zu geben beabsichtige, wollen vielmehr lediglich die Aufmerksamkeit weiterer
Kreise auf die von nur besuchten Landschaften lenken, da sie zum größern
Teile eines Besuchs in hohem Maße wert, bisher aber so gut wie unbekannt
geblieben sind. Wie wenig sie vom Strome der Reisenden berührt werden,
mag man daran ermessen, daß wir, d. h. meine Frau, die mich begleitete, und
ich in dem hier in Frage kommenden östlichen Teile von Mittel- und Süditalien
nirgends Ansichtspostkarten gefunden haben, oft wie Erscheinungen aus einer
fremden Welt angestaunt wurden (was in Italien bekanntlich sonst niemals der
Fall ist) und von Bettelei, der übelsten Erscheinung in reiseverseuchten Gegenden,
fast gänzlich verschont blieben.
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