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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Die große" Berliner Runstausstellungen

die er bisher nur an Bildern aus dem modernen Neiterlcben in Krieg und
Frieden bewährt hatte, auch einmal auf einem Gemälde großen Stils zu er¬
proben.

Von Bildern aus dem modernen Kriegsleben sind wenigstens zwei vor¬
handen, die uns die tröstliche Zuversicht geben, daß diese Gattung der Geschichts¬
malerei noch nicht völlig von deutschen Malern unsrer Zeit aufgegeben worden
ist, die zugleich die hinreichende künstlerische Kraft haben, sie in alten Ehren
zu erhalte". Eine Episode aus der Schlacht bei Leuthen, die Erstürmung
des Kirchhofs durch das dritte Bataillon der preußischen Garde, von Carl
Nöchling zeigt diesen trefflichen Künstler als Meister in der Beherrschung
großer Figurenmassen, wobei aber die Hervorhebung des Einzelwesens nicht
zu kurz kommt, und zugleich als Meister in der Behandlung der Landschaft,
die der Fülle der Figuren Haltung und Hintergrund giebt und die bunten Einzel¬
heiten zu einem kräftig wirkenden Gesamttone zusammenstimmt. In einem drei¬
teiliger Bilde, das den Kampf des 16. Infanterieregiments bei und in Beaune
la Rolande in seinen Hauptmomenten schildert, hat Erich Mattschaß eine Größe,
einen feierlichen Ernst der Auffassung gezeigt, der der Darstellung einen echt
geschichtlichen, heroischen Charakter giebt. Ein drittes Kriegsbild großen Stils,
der Angriff des Gardes-dn-Corps-Regiments bei Zvrndvrf, der der von den
Preußen schon ausgegebnen Schlacht eine entscheidende Wendung zu ihren
Gunsten gab, von dem polnischen Maler Adalbert von Kossak, der seit einigen
Jahren in Berlin thätig ist und dieses Bild, wie schon mehrere andre, im
Auftrage des Kaisers gemalt hat, ist eine in vielem Betracht glänzende Leistung,
meisterlich in der Darstellung der in geschlossenen Kolonnen vorwärtsstürmenden
Pferde, in dem leuchtenden Kolorit, in der Landschaft, in der Luft- und Licht-
stimmnng, in der dramatischen Kraft der Schilderung. Aber man hat doch
das Gefühl, daß der Künstler seinem Stoffe innerlich kalt gegenüber gestanden
hat, daß er beide Parteien mit der kühlen Objektivität des gleichgiltigen Be¬
obachters behandelt, daß ihm das beste Teil des Schlachtenmalers, die Be¬
geisterung gefehlt hat. Man wird jedoch auch sei" Bild noch zu denen zählen
dürfen, bei denen ein gewichtiger, bedeutungsvoller Inhalt durch ein starkes
künstlerisches Vermögen getragen wird.




Die große» Berliner Runstausstellungen

die er bisher nur an Bildern aus dem modernen Neiterlcben in Krieg und
Frieden bewährt hatte, auch einmal auf einem Gemälde großen Stils zu er¬
proben.

Von Bildern aus dem modernen Kriegsleben sind wenigstens zwei vor¬
handen, die uns die tröstliche Zuversicht geben, daß diese Gattung der Geschichts¬
malerei noch nicht völlig von deutschen Malern unsrer Zeit aufgegeben worden
ist, die zugleich die hinreichende künstlerische Kraft haben, sie in alten Ehren
zu erhalte». Eine Episode aus der Schlacht bei Leuthen, die Erstürmung
des Kirchhofs durch das dritte Bataillon der preußischen Garde, von Carl
Nöchling zeigt diesen trefflichen Künstler als Meister in der Beherrschung
großer Figurenmassen, wobei aber die Hervorhebung des Einzelwesens nicht
zu kurz kommt, und zugleich als Meister in der Behandlung der Landschaft,
die der Fülle der Figuren Haltung und Hintergrund giebt und die bunten Einzel¬
heiten zu einem kräftig wirkenden Gesamttone zusammenstimmt. In einem drei¬
teiliger Bilde, das den Kampf des 16. Infanterieregiments bei und in Beaune
la Rolande in seinen Hauptmomenten schildert, hat Erich Mattschaß eine Größe,
einen feierlichen Ernst der Auffassung gezeigt, der der Darstellung einen echt
geschichtlichen, heroischen Charakter giebt. Ein drittes Kriegsbild großen Stils,
der Angriff des Gardes-dn-Corps-Regiments bei Zvrndvrf, der der von den
Preußen schon ausgegebnen Schlacht eine entscheidende Wendung zu ihren
Gunsten gab, von dem polnischen Maler Adalbert von Kossak, der seit einigen
Jahren in Berlin thätig ist und dieses Bild, wie schon mehrere andre, im
Auftrage des Kaisers gemalt hat, ist eine in vielem Betracht glänzende Leistung,
meisterlich in der Darstellung der in geschlossenen Kolonnen vorwärtsstürmenden
Pferde, in dem leuchtenden Kolorit, in der Landschaft, in der Luft- und Licht-
stimmnng, in der dramatischen Kraft der Schilderung. Aber man hat doch
das Gefühl, daß der Künstler seinem Stoffe innerlich kalt gegenüber gestanden
hat, daß er beide Parteien mit der kühlen Objektivität des gleichgiltigen Be¬
obachters behandelt, daß ihm das beste Teil des Schlachtenmalers, die Be¬
geisterung gefehlt hat. Man wird jedoch auch sei» Bild noch zu denen zählen
dürfen, bei denen ein gewichtiger, bedeutungsvoller Inhalt durch ein starkes
künstlerisches Vermögen getragen wird.




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[0045] Die große» Berliner Runstausstellungen die er bisher nur an Bildern aus dem modernen Neiterlcben in Krieg und Frieden bewährt hatte, auch einmal auf einem Gemälde großen Stils zu er¬ proben. Von Bildern aus dem modernen Kriegsleben sind wenigstens zwei vor¬ handen, die uns die tröstliche Zuversicht geben, daß diese Gattung der Geschichts¬ malerei noch nicht völlig von deutschen Malern unsrer Zeit aufgegeben worden ist, die zugleich die hinreichende künstlerische Kraft haben, sie in alten Ehren zu erhalte». Eine Episode aus der Schlacht bei Leuthen, die Erstürmung des Kirchhofs durch das dritte Bataillon der preußischen Garde, von Carl Nöchling zeigt diesen trefflichen Künstler als Meister in der Beherrschung großer Figurenmassen, wobei aber die Hervorhebung des Einzelwesens nicht zu kurz kommt, und zugleich als Meister in der Behandlung der Landschaft, die der Fülle der Figuren Haltung und Hintergrund giebt und die bunten Einzel¬ heiten zu einem kräftig wirkenden Gesamttone zusammenstimmt. In einem drei¬ teiliger Bilde, das den Kampf des 16. Infanterieregiments bei und in Beaune la Rolande in seinen Hauptmomenten schildert, hat Erich Mattschaß eine Größe, einen feierlichen Ernst der Auffassung gezeigt, der der Darstellung einen echt geschichtlichen, heroischen Charakter giebt. Ein drittes Kriegsbild großen Stils, der Angriff des Gardes-dn-Corps-Regiments bei Zvrndvrf, der der von den Preußen schon ausgegebnen Schlacht eine entscheidende Wendung zu ihren Gunsten gab, von dem polnischen Maler Adalbert von Kossak, der seit einigen Jahren in Berlin thätig ist und dieses Bild, wie schon mehrere andre, im Auftrage des Kaisers gemalt hat, ist eine in vielem Betracht glänzende Leistung, meisterlich in der Darstellung der in geschlossenen Kolonnen vorwärtsstürmenden Pferde, in dem leuchtenden Kolorit, in der Landschaft, in der Luft- und Licht- stimmnng, in der dramatischen Kraft der Schilderung. Aber man hat doch das Gefühl, daß der Künstler seinem Stoffe innerlich kalt gegenüber gestanden hat, daß er beide Parteien mit der kühlen Objektivität des gleichgiltigen Be¬ obachters behandelt, daß ihm das beste Teil des Schlachtenmalers, die Be¬ geisterung gefehlt hat. Man wird jedoch auch sei» Bild noch zu denen zählen dürfen, bei denen ein gewichtiger, bedeutungsvoller Inhalt durch ein starkes künstlerisches Vermögen getragen wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/45>, abgerufen am 15.01.2025.