Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Serbiens politische und moralische Bekehrung Luxus eingeführt heilte, der die Kleiderkasse der Teilnehmerinnen vor der Zeit So traurig es bezüglich der leitenden Volksklassen und der Unterstützung So bleibt zunächst nur noch das sechsjährige Söhnchen Milans von der Serbiens politische und moralische Bekehrung Luxus eingeführt heilte, der die Kleiderkasse der Teilnehmerinnen vor der Zeit So traurig es bezüglich der leitenden Volksklassen und der Unterstützung So bleibt zunächst nur noch das sechsjährige Söhnchen Milans von der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0448" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231618"/> <fw type="header" place="top"> Serbiens politische und moralische Bekehrung</fw><lb/> <p xml:id="ID_1490" prev="#ID_1489"> Luxus eingeführt heilte, der die Kleiderkasse der Teilnehmerinnen vor der Zeit<lb/> leerte; und was war denn auch dabei; den Eheherren wurde ja angesichts der<lb/> Dienstwilligkeit der Ärzte dadurch außer Hörnern nichts ins Haus gebracht,<lb/> und sie konnten sich nur in seltnen Fällen beklagen, es sei ihnen „schreiendes"<lb/> Unrecht zugefügt worden, während ihnen die Bezahlung der teuern Toiletten<lb/> dnrch freundliche Hände abgenommen wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1491"> So traurig es bezüglich der leitenden Volksklassen und der Unterstützung<lb/> aussieht, die in ihnen ein ehrlicher, thatkräftiger Regenerator des serbischen<lb/> Volkes finden müßte, so hoffnungslos scheint es mit der Dynastie und dem<lb/> Rückhalt zu stehn, den jener an dieser haben sollte. Daß trotz dem serbischen<lb/> Namen Milan Obrenowitsch rumänischer Abkunft ist, wagt nicht einmal dessen<lb/> neuster Fürsprecher, Bresnitz von Sydayoff zu bestreikn; im übrigen steht dies<lb/> deutlich genug in seinen eignen Zügen; das Genauere kann man darüber in<lb/> Bambergs Schrift: „Die orientalische Frage" oder auch in Bergners Buch<lb/> über Rumänien nachlesen. Aber das wäre ein Punkt, über den hinüberzu¬<lb/> kommen wäre. Schlimmer ist, daß dem König Milan seine russische schöne<lb/> Frau nur einen einzigen Sohn geschenkt hat, und daß diese, ihrerseits seitdem<lb/> mehr für Frauenschönheit eingenommen, diesem einzigen Sohn als Erbteil und<lb/> Anlage das Gegenteil von ihren Neigungen, nämlich einen entschiednen Wider¬<lb/> willen gegen Frauen, gegeben hat. Nach den Geständnissen, die darüber<lb/> eine Budapester Schöne, von einer verunglückten Gastreise nach Belgrad zurück¬<lb/> kehrend, gemacht hat und die in die Öffentlichkeit gedrungen sind, ist leider nicht<lb/> viel Hoffnung, für den müde durch die Straßen Belgrads schleichenden jungen<lb/> Alexander eine wackre Frau zu finden oder gar Kinder von einer solchen zu<lb/> erhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1492" next="#ID_1493"> So bleibt zunächst nur noch das sechsjährige Söhnchen Milans von der<lb/> Griechin Joanides, das in Konstantinopel lebt. Soll etwa dieser kleine „Prinz"<lb/> einmal den Thron der Obrenowitsche besteigen? Oder sollte vielleicht Milan<lb/> doch an eine endgiltige Scheidung von seiner schönen Russin denken, um sich<lb/> dann in der Heimat ganz der Arbeit und Sorge sür seine Dynastie an der<lb/> Seite einer neuen Frau hingeben zu können, nachdem er so viele Jahre lang<lb/> in Wien und Paris Daudets Rois la eMs vorgeführt hat, als lebender Beweis<lb/> für die vorschauende psychologische Erkenntnis des Dichters und die Nichtigkeit<lb/> seiner geistvollen Phantasie? Nur die hier von Daudet gezeichnete herrliche<lb/> Königin fehlt leider in der Wirklichkeit, sodaß einmal der seltne Fall im Leben<lb/> eintritt, daß man vergebens fragt: Ov. est 1z keinms? Von Herzen wünscht<lb/> man gewiß auch in Deutschland überall dem König Alexander, wie die Frank-<lb/> furter Zeitung meint, „daß er eine passende Lebensgefährtin finde," und man<lb/> würde es im Interesse der ruhigen Zukunft Serbiens nicht minder begrüßen,<lb/> wenn etwa dem alten König Milan aus einer neuen glücklichen Ehe ein Zu¬<lb/> wachs für die Erhaltung der Dynastie ersprießen würde. Aber leider sind das</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0448]
Serbiens politische und moralische Bekehrung
Luxus eingeführt heilte, der die Kleiderkasse der Teilnehmerinnen vor der Zeit
leerte; und was war denn auch dabei; den Eheherren wurde ja angesichts der
Dienstwilligkeit der Ärzte dadurch außer Hörnern nichts ins Haus gebracht,
und sie konnten sich nur in seltnen Fällen beklagen, es sei ihnen „schreiendes"
Unrecht zugefügt worden, während ihnen die Bezahlung der teuern Toiletten
dnrch freundliche Hände abgenommen wurde.
So traurig es bezüglich der leitenden Volksklassen und der Unterstützung
aussieht, die in ihnen ein ehrlicher, thatkräftiger Regenerator des serbischen
Volkes finden müßte, so hoffnungslos scheint es mit der Dynastie und dem
Rückhalt zu stehn, den jener an dieser haben sollte. Daß trotz dem serbischen
Namen Milan Obrenowitsch rumänischer Abkunft ist, wagt nicht einmal dessen
neuster Fürsprecher, Bresnitz von Sydayoff zu bestreikn; im übrigen steht dies
deutlich genug in seinen eignen Zügen; das Genauere kann man darüber in
Bambergs Schrift: „Die orientalische Frage" oder auch in Bergners Buch
über Rumänien nachlesen. Aber das wäre ein Punkt, über den hinüberzu¬
kommen wäre. Schlimmer ist, daß dem König Milan seine russische schöne
Frau nur einen einzigen Sohn geschenkt hat, und daß diese, ihrerseits seitdem
mehr für Frauenschönheit eingenommen, diesem einzigen Sohn als Erbteil und
Anlage das Gegenteil von ihren Neigungen, nämlich einen entschiednen Wider¬
willen gegen Frauen, gegeben hat. Nach den Geständnissen, die darüber
eine Budapester Schöne, von einer verunglückten Gastreise nach Belgrad zurück¬
kehrend, gemacht hat und die in die Öffentlichkeit gedrungen sind, ist leider nicht
viel Hoffnung, für den müde durch die Straßen Belgrads schleichenden jungen
Alexander eine wackre Frau zu finden oder gar Kinder von einer solchen zu
erhalten.
So bleibt zunächst nur noch das sechsjährige Söhnchen Milans von der
Griechin Joanides, das in Konstantinopel lebt. Soll etwa dieser kleine „Prinz"
einmal den Thron der Obrenowitsche besteigen? Oder sollte vielleicht Milan
doch an eine endgiltige Scheidung von seiner schönen Russin denken, um sich
dann in der Heimat ganz der Arbeit und Sorge sür seine Dynastie an der
Seite einer neuen Frau hingeben zu können, nachdem er so viele Jahre lang
in Wien und Paris Daudets Rois la eMs vorgeführt hat, als lebender Beweis
für die vorschauende psychologische Erkenntnis des Dichters und die Nichtigkeit
seiner geistvollen Phantasie? Nur die hier von Daudet gezeichnete herrliche
Königin fehlt leider in der Wirklichkeit, sodaß einmal der seltne Fall im Leben
eintritt, daß man vergebens fragt: Ov. est 1z keinms? Von Herzen wünscht
man gewiß auch in Deutschland überall dem König Alexander, wie die Frank-
furter Zeitung meint, „daß er eine passende Lebensgefährtin finde," und man
würde es im Interesse der ruhigen Zukunft Serbiens nicht minder begrüßen,
wenn etwa dem alten König Milan aus einer neuen glücklichen Ehe ein Zu¬
wachs für die Erhaltung der Dynastie ersprießen würde. Aber leider sind das
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