Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Aus dem Heidedorf Dann wer ich mal rübergchn, fragen, wo mein Pferd sich hat hingewendt, Aber schneller als er war das Gerücht gewesen. Man hatte kein Lauscher zu sein brauchen, um zu hören, Was die beiden auf Der Schulze ließ seine Pferde ein wenig voranschreiten. Er selber, die Leine Der Wagen mit den Steinen bog in die Dorfane. Gleich darauf jagten die Zunächst erzählte er ihn dem Krüger, der ihm das Bier brachte. Der Schulze Hände sah sich mit verglasten Augen um, unschlüssig, ob er es im Bösen Krüger, ein Glas Lagerbier für den da, rief der Schulze. Der Krüger brachte es: Da, Habakuk, sagte er. Nein, der hier ist Zephanja. Habakuk, der ist hinter den Pferden her, ich habe Das ist es ja eben, das hab ich ja wullt fragen, fuhr Hände herum, ob Dein Pferd? fragte einer der Fuhrleute. Er war nahe hinzu getreten und Aber man ein kleiner, sagt der Schulmeister! Das schadt nicht; der kommt doch und dreht dir den Hals um, weil ihr euch Du denkst wohl, du willst mich graulich machen? rief Hände. Er hatte Kein alter Soldat fürcht sich nicht. Bist dn etwan vor Orleans gewest? Aus dem Heidedorf Dann wer ich mal rübergchn, fragen, wo mein Pferd sich hat hingewendt, Aber schneller als er war das Gerücht gewesen. Man hatte kein Lauscher zu sein brauchen, um zu hören, Was die beiden auf Der Schulze ließ seine Pferde ein wenig voranschreiten. Er selber, die Leine Der Wagen mit den Steinen bog in die Dorfane. Gleich darauf jagten die Zunächst erzählte er ihn dem Krüger, der ihm das Bier brachte. Der Schulze Hände sah sich mit verglasten Augen um, unschlüssig, ob er es im Bösen Krüger, ein Glas Lagerbier für den da, rief der Schulze. Der Krüger brachte es: Da, Habakuk, sagte er. Nein, der hier ist Zephanja. Habakuk, der ist hinter den Pferden her, ich habe Das ist es ja eben, das hab ich ja wullt fragen, fuhr Hände herum, ob Dein Pferd? fragte einer der Fuhrleute. Er war nahe hinzu getreten und Aber man ein kleiner, sagt der Schulmeister! Das schadt nicht; der kommt doch und dreht dir den Hals um, weil ihr euch Du denkst wohl, du willst mich graulich machen? rief Hände. Er hatte Kein alter Soldat fürcht sich nicht. Bist dn etwan vor Orleans gewest? <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0435" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231605"/> <fw type="header" place="top"> Aus dem Heidedorf</fw><lb/> <p xml:id="ID_1413"> Dann wer ich mal rübergchn, fragen, wo mein Pferd sich hat hingewendt,<lb/> sagte er und machte sich ans den Weg ins Wirtshaus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1414"> Aber schneller als er war das Gerücht gewesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1415"> Man hatte kein Lauscher zu sein brauchen, um zu hören, Was die beiden auf<lb/> Häutens Hof mit einander ausmachten. Der Schulze war mit einer Fuhre Ziegel¬<lb/> steine vorübergekommen. Langsam war er neben dem Fuhrwerk hergeschritten, das<lb/> schwer beladen über den ungleichen Weg knarrte. Er horte Häute von fern<lb/> brüllen. Das war nichts ungewohntes. Aber jetzt war er nahe am Hofe und<lb/> hörte noch einen andern, der zweite Stimme dazu sang. Er sah über das Thor<lb/> hinwegragend Häute auf seinem Wagen stehn und mit Armen und Händen<lb/> arbeiten, als schleudre er Holz und Steine, jede Art von Angriffswaffe gegen einen<lb/> Feind, und dann hörte er, was sich die beiden für Namen gaben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1416"> Der Schulze ließ seine Pferde ein wenig voranschreiten. Er selber, die Leine<lb/> lose in der Hand, blieb einen Augenblick stehn, richtete das rasierte Kinn in die<lb/> Luft und schickte ein Lachen empor, das die hinter dem Hofthor wohl hätten hören<lb/> müssen, hätte der Zorn ihnen nicht so sehr in den Ohren gebraust.</p><lb/> <p xml:id="ID_1417"> Der Wagen mit den Steinen bog in die Dorfane. Gleich darauf jagten die<lb/> beiden Pferde, der Skorpion und sein Kamerad, an dem Schulzen vorüber Der<lb/> aber rückte am Zügel: Steh, sagte er zu seinen beiden Braunen. Er band die<lb/> Zügel fest und trat in den Krug. Den Groschen zu einem Glase Bier war der<lb/> Spaß schon wert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1418"> Zunächst erzählte er ihn dem Krüger, der ihm das Bier brachte. Der Schulze<lb/> konnte durchaus das Glas nicht an die Lippen bringen, das Lachen schüttelte ihn<lb/> zu sehr. Der Krüger stimmte ein. Zwei Bauern und einige fremde Fuhrleute,<lb/> die eintraten, mußten es auch hören. Aus der Küche kam die Frau des Krügers,<lb/> ein paar Knechte steckten den Kopf zur Thür herein, und als Hände jetzt in den<lb/> Eingang trat, begrüßte ihn ein donnerndes Gelächter: Habakuk und Zephanja! kam<lb/> es vielstimmig hinter den Thüren, aus der Sofaecke und von den Bänken her.</p><lb/> <p xml:id="ID_1419"> Hände sah sich mit verglasten Augen um, unschlüssig, ob er es im Bösen<lb/> oder im Guten nehmen sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1420"> Krüger, ein Glas Lagerbier für den da, rief der Schulze.</p><lb/> <p xml:id="ID_1421"> Der Krüger brachte es: Da, Habakuk, sagte er.</p><lb/> <p xml:id="ID_1422"> Nein, der hier ist Zephanja. Habakuk, der ist hinter den Pferden her, ich habe<lb/> ihn sehen laufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1423"> Das ist es ja eben, das hab ich ja wullt fragen, fuhr Hände herum, ob<lb/> ihr nicht wißt, wo sich mein Pferd hat hingewendt?</p><lb/> <p xml:id="ID_1424"> Dein Pferd? fragte einer der Fuhrleute. 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Sagt mein Nebenmann zur Rechten: Du schmeißt ja deine Pfeife</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0435]
Aus dem Heidedorf
Dann wer ich mal rübergchn, fragen, wo mein Pferd sich hat hingewendt,
sagte er und machte sich ans den Weg ins Wirtshaus.
Aber schneller als er war das Gerücht gewesen.
Man hatte kein Lauscher zu sein brauchen, um zu hören, Was die beiden auf
Häutens Hof mit einander ausmachten. Der Schulze war mit einer Fuhre Ziegel¬
steine vorübergekommen. Langsam war er neben dem Fuhrwerk hergeschritten, das
schwer beladen über den ungleichen Weg knarrte. Er horte Häute von fern
brüllen. Das war nichts ungewohntes. Aber jetzt war er nahe am Hofe und
hörte noch einen andern, der zweite Stimme dazu sang. Er sah über das Thor
hinwegragend Häute auf seinem Wagen stehn und mit Armen und Händen
arbeiten, als schleudre er Holz und Steine, jede Art von Angriffswaffe gegen einen
Feind, und dann hörte er, was sich die beiden für Namen gaben.
Der Schulze ließ seine Pferde ein wenig voranschreiten. Er selber, die Leine
lose in der Hand, blieb einen Augenblick stehn, richtete das rasierte Kinn in die
Luft und schickte ein Lachen empor, das die hinter dem Hofthor wohl hätten hören
müssen, hätte der Zorn ihnen nicht so sehr in den Ohren gebraust.
Der Wagen mit den Steinen bog in die Dorfane. Gleich darauf jagten die
beiden Pferde, der Skorpion und sein Kamerad, an dem Schulzen vorüber Der
aber rückte am Zügel: Steh, sagte er zu seinen beiden Braunen. Er band die
Zügel fest und trat in den Krug. Den Groschen zu einem Glase Bier war der
Spaß schon wert.
Zunächst erzählte er ihn dem Krüger, der ihm das Bier brachte. Der Schulze
konnte durchaus das Glas nicht an die Lippen bringen, das Lachen schüttelte ihn
zu sehr. Der Krüger stimmte ein. Zwei Bauern und einige fremde Fuhrleute,
die eintraten, mußten es auch hören. Aus der Küche kam die Frau des Krügers,
ein paar Knechte steckten den Kopf zur Thür herein, und als Hände jetzt in den
Eingang trat, begrüßte ihn ein donnerndes Gelächter: Habakuk und Zephanja! kam
es vielstimmig hinter den Thüren, aus der Sofaecke und von den Bänken her.
Hände sah sich mit verglasten Augen um, unschlüssig, ob er es im Bösen
oder im Guten nehmen sollte.
Krüger, ein Glas Lagerbier für den da, rief der Schulze.
Der Krüger brachte es: Da, Habakuk, sagte er.
Nein, der hier ist Zephanja. Habakuk, der ist hinter den Pferden her, ich habe
ihn sehen laufen.
Das ist es ja eben, das hab ich ja wullt fragen, fuhr Hände herum, ob
ihr nicht wißt, wo sich mein Pferd hat hingewendt?
Dein Pferd? fragte einer der Fuhrleute. Er war nahe hinzu getreten und
schüttete, vou Hunde unbemerkt, seinen Schnaps in dessen Bier. Wo dein Pferd
ist hingeworden? Das mußt du doch wissen, Zephanja! Zephanja ist doch ein
Prophet.
Aber man ein kleiner, sagt der Schulmeister!
Das schadt nicht; der kommt doch und dreht dir den Hals um, weil ihr euch
schimpfen thut mit seinem Namen.
Du denkst wohl, du willst mich graulich machen? rief Hände. Er hatte
jetzt das zweite Glas Bier. Das hatten sie dem Krüger schon an der Thür ab¬
genommen und hatten zwei Schnäpse hineingegossen, ehe er es bekam.
Kein alter Soldat fürcht sich nicht. Bist dn etwan vor Orleans gewest?
Und wie die Kugel meinen Nebenmann hat weggerissen, und das Gehirn ist rum¬
gespritzt, wie wenn man die Kelle in die Suppe schmeißt? Meine Pfeife habe
ich weggeworfen. Sagt mein Nebenmann zur Rechten: Du schmeißt ja deine Pfeife
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