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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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und Wiedercmerkenmmg unsers gewaltthätig und übermütig durch englische und
amerikanische Staatsdiener verletzten, dann aber sogar -- wenigstens versuchs¬
weise -- von den Vereinigten Staaten selbst und noch hartnäckiger von der
englischen Regierung cmgefochtnen Vertragsrechts. Auch muß man nach dem
heutigen Stande der über den Verkehr zwischen zivilisierten Nationen in Eng¬
land herrschenden Grundsätze erwarten, daß die verhältnismäßig nicht unbe¬
deutenden privaten Interessen deutscher Reichsangehöriger in Samoa durch die
Alleinherrschaft der Engländer noch schwerer geschädigt werden würden, als
durch die Wiederherstellung der alten Drei Herrschaft, so unvernünftig in andrer
Beziehung und so unhaltbar sür die Dauer sie auch ist. Sollte -- was
Bastian ganz gewiß nicht thut -- irgend welcher Parteidoktrinarismus in
Deutschland es den verbündeten Regierungen zum Vorwurf machen, daß sie
unser verbrieftes Recht auf die Mitherrschaft zu behaupten der Mühe für
wert halten, obwohl sie sich der Unvernunft und UnHaltbarkeit des dadurch
wieder hergestellte" Rechtszustands an sich nicht täuschen können, so gilt dafür
das von Bastian selbst für solche Klugsprecher gebrauchte Wort: As sutor ullrg.
orsxiäÄiu.

Aber wie gesagt -- und das ist für jetzt wohl das wichtigere -- ist auch
ganz entschieden jeder Vorwurf zurückzuweisen, der etwa der Negierung daraus
gemacht werden sollte, wenn sie sich zur Zeit mit der Wiederherstellung des
alten Nechtszustcmds begnügte, d. h. nicht mehr für Deutschland verlangte.

Am 14. April d. I. schloß der Staatssekretär des Auswärtigen, Gras
von Bülow, seine Antwort auf die Jnterpellation im Reichstag über die
Scimoafrage mit den Worten: "Gewiß, meine Herren, auch wir Deutschen
glauben, daß wegen einer Inselgruppe in der fernen Südsee, die von 30000
Wilden bewohnt wird, unter denen kaum 500 Europäer leben, mit einem Ge¬
samthandel von kaum drei Millionen Mark, zwischen drei großen gesitteten
und christlichen Völkern den Krieg zu entfesseln im höchsten Grade ruchlos
sein würde. Ich bin auch davon durchdrungen -- und rate, dies auf keiner
Seite zu vergessen --, daß es in der auswärtigen Politik vor allen Dingen
darauf ankommt, sich nicht das richtige Augenmaß beeinträchtigen zu lassen
und jede Frage nach ihrer realen Bedeutung einzuschätzen. Dabei dürfen wir
aber doch zweierlei nicht vergessen: daß wir die Pflicht haben, Handel und
Wandel, Eigentum und Erwerb unsrer Landsleute auf Samoa zu schützen,
dann aber, daß wir auf Samoa vertragsmäßige Rechte besitzen, deren Aufrecht¬
erhaltung das deutsche Volk als eine nationale Ehrensache empfindet. Wir
verlangen in Samoa nicht mehr, als uns dort vertragsmäßig zusteht. Diese
unsre vertragsmäßigen Rechte aber dürfen und werden wir nicht verkürzen
lassen."

Auch wenn die verbündeten Regierungen den Vorschlägen der Scimoci-
kvmmission tMw as mieux, sowie sie sind, zustimmten, würde Graf von Bülow
feine Zusage, mit der sich vor vier Monaten der Reichstag durchaus zufrieden


Samoa

und Wiedercmerkenmmg unsers gewaltthätig und übermütig durch englische und
amerikanische Staatsdiener verletzten, dann aber sogar — wenigstens versuchs¬
weise — von den Vereinigten Staaten selbst und noch hartnäckiger von der
englischen Regierung cmgefochtnen Vertragsrechts. Auch muß man nach dem
heutigen Stande der über den Verkehr zwischen zivilisierten Nationen in Eng¬
land herrschenden Grundsätze erwarten, daß die verhältnismäßig nicht unbe¬
deutenden privaten Interessen deutscher Reichsangehöriger in Samoa durch die
Alleinherrschaft der Engländer noch schwerer geschädigt werden würden, als
durch die Wiederherstellung der alten Drei Herrschaft, so unvernünftig in andrer
Beziehung und so unhaltbar sür die Dauer sie auch ist. Sollte — was
Bastian ganz gewiß nicht thut — irgend welcher Parteidoktrinarismus in
Deutschland es den verbündeten Regierungen zum Vorwurf machen, daß sie
unser verbrieftes Recht auf die Mitherrschaft zu behaupten der Mühe für
wert halten, obwohl sie sich der Unvernunft und UnHaltbarkeit des dadurch
wieder hergestellte» Rechtszustands an sich nicht täuschen können, so gilt dafür
das von Bastian selbst für solche Klugsprecher gebrauchte Wort: As sutor ullrg.
orsxiäÄiu.

Aber wie gesagt — und das ist für jetzt wohl das wichtigere — ist auch
ganz entschieden jeder Vorwurf zurückzuweisen, der etwa der Negierung daraus
gemacht werden sollte, wenn sie sich zur Zeit mit der Wiederherstellung des
alten Nechtszustcmds begnügte, d. h. nicht mehr für Deutschland verlangte.

Am 14. April d. I. schloß der Staatssekretär des Auswärtigen, Gras
von Bülow, seine Antwort auf die Jnterpellation im Reichstag über die
Scimoafrage mit den Worten: „Gewiß, meine Herren, auch wir Deutschen
glauben, daß wegen einer Inselgruppe in der fernen Südsee, die von 30000
Wilden bewohnt wird, unter denen kaum 500 Europäer leben, mit einem Ge¬
samthandel von kaum drei Millionen Mark, zwischen drei großen gesitteten
und christlichen Völkern den Krieg zu entfesseln im höchsten Grade ruchlos
sein würde. Ich bin auch davon durchdrungen — und rate, dies auf keiner
Seite zu vergessen —, daß es in der auswärtigen Politik vor allen Dingen
darauf ankommt, sich nicht das richtige Augenmaß beeinträchtigen zu lassen
und jede Frage nach ihrer realen Bedeutung einzuschätzen. Dabei dürfen wir
aber doch zweierlei nicht vergessen: daß wir die Pflicht haben, Handel und
Wandel, Eigentum und Erwerb unsrer Landsleute auf Samoa zu schützen,
dann aber, daß wir auf Samoa vertragsmäßige Rechte besitzen, deren Aufrecht¬
erhaltung das deutsche Volk als eine nationale Ehrensache empfindet. Wir
verlangen in Samoa nicht mehr, als uns dort vertragsmäßig zusteht. Diese
unsre vertragsmäßigen Rechte aber dürfen und werden wir nicht verkürzen
lassen."

Auch wenn die verbündeten Regierungen den Vorschlägen der Scimoci-
kvmmission tMw as mieux, sowie sie sind, zustimmten, würde Graf von Bülow
feine Zusage, mit der sich vor vier Monaten der Reichstag durchaus zufrieden


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[0397] Samoa und Wiedercmerkenmmg unsers gewaltthätig und übermütig durch englische und amerikanische Staatsdiener verletzten, dann aber sogar — wenigstens versuchs¬ weise — von den Vereinigten Staaten selbst und noch hartnäckiger von der englischen Regierung cmgefochtnen Vertragsrechts. Auch muß man nach dem heutigen Stande der über den Verkehr zwischen zivilisierten Nationen in Eng¬ land herrschenden Grundsätze erwarten, daß die verhältnismäßig nicht unbe¬ deutenden privaten Interessen deutscher Reichsangehöriger in Samoa durch die Alleinherrschaft der Engländer noch schwerer geschädigt werden würden, als durch die Wiederherstellung der alten Drei Herrschaft, so unvernünftig in andrer Beziehung und so unhaltbar sür die Dauer sie auch ist. Sollte — was Bastian ganz gewiß nicht thut — irgend welcher Parteidoktrinarismus in Deutschland es den verbündeten Regierungen zum Vorwurf machen, daß sie unser verbrieftes Recht auf die Mitherrschaft zu behaupten der Mühe für wert halten, obwohl sie sich der Unvernunft und UnHaltbarkeit des dadurch wieder hergestellte» Rechtszustands an sich nicht täuschen können, so gilt dafür das von Bastian selbst für solche Klugsprecher gebrauchte Wort: As sutor ullrg. orsxiäÄiu. Aber wie gesagt — und das ist für jetzt wohl das wichtigere — ist auch ganz entschieden jeder Vorwurf zurückzuweisen, der etwa der Negierung daraus gemacht werden sollte, wenn sie sich zur Zeit mit der Wiederherstellung des alten Nechtszustcmds begnügte, d. h. nicht mehr für Deutschland verlangte. Am 14. April d. I. schloß der Staatssekretär des Auswärtigen, Gras von Bülow, seine Antwort auf die Jnterpellation im Reichstag über die Scimoafrage mit den Worten: „Gewiß, meine Herren, auch wir Deutschen glauben, daß wegen einer Inselgruppe in der fernen Südsee, die von 30000 Wilden bewohnt wird, unter denen kaum 500 Europäer leben, mit einem Ge¬ samthandel von kaum drei Millionen Mark, zwischen drei großen gesitteten und christlichen Völkern den Krieg zu entfesseln im höchsten Grade ruchlos sein würde. Ich bin auch davon durchdrungen — und rate, dies auf keiner Seite zu vergessen —, daß es in der auswärtigen Politik vor allen Dingen darauf ankommt, sich nicht das richtige Augenmaß beeinträchtigen zu lassen und jede Frage nach ihrer realen Bedeutung einzuschätzen. Dabei dürfen wir aber doch zweierlei nicht vergessen: daß wir die Pflicht haben, Handel und Wandel, Eigentum und Erwerb unsrer Landsleute auf Samoa zu schützen, dann aber, daß wir auf Samoa vertragsmäßige Rechte besitzen, deren Aufrecht¬ erhaltung das deutsche Volk als eine nationale Ehrensache empfindet. Wir verlangen in Samoa nicht mehr, als uns dort vertragsmäßig zusteht. Diese unsre vertragsmäßigen Rechte aber dürfen und werden wir nicht verkürzen lassen." Auch wenn die verbündeten Regierungen den Vorschlägen der Scimoci- kvmmission tMw as mieux, sowie sie sind, zustimmten, würde Graf von Bülow feine Zusage, mit der sich vor vier Monaten der Reichstag durchaus zufrieden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/397>, abgerufen am 15.01.2025.