Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Weisheit noch für sich. Doch das ist jetzt, nachdem sie die Kirche in dieser Form Goethe und die Philologen, In einem Gespräche, das Goethe mit dem In einem Gespräch über Euripides, dessen Fragmente des Phaethon ihn von An diese Mitteilung*) erlaube ich mir noch folgende nicht üble Geschichte Sie ist von meinem Kollegen in Gern, Professor Julius Sauppe, zuerst i" dem Wei¬
marischen Sonntogsblntte 13S6 veröffentlicht worden. Maßgebliches und Unmaßgebliches Weisheit noch für sich. Doch das ist jetzt, nachdem sie die Kirche in dieser Form Goethe und die Philologen, In einem Gespräche, das Goethe mit dem In einem Gespräch über Euripides, dessen Fragmente des Phaethon ihn von An diese Mitteilung*) erlaube ich mir noch folgende nicht üble Geschichte Sie ist von meinem Kollegen in Gern, Professor Julius Sauppe, zuerst i» dem Wei¬
marischen Sonntogsblntte 13S6 veröffentlicht worden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231561"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1273" prev="#ID_1272"> Weisheit noch für sich. Doch das ist jetzt, nachdem sie die Kirche in dieser Form<lb/> zum Kcunpf aufgerufen haben, nicht länger zu ertragen. Jetzt müssen sie Farbe<lb/> bekennen, Narren sind sie doch nicht; aber was sind sie sonst? Zu geistreicher<lb/> Spielerei ist die Sache und die Zeit zu ernst, und das Spiel mit dem Feuer ist<lb/><note type="byline"> /?</note> zu gefährlich. </p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Goethe und die Philologen,</head> <p xml:id="ID_1274"> In einem Gespräche, das Goethe mit dem<lb/> Jenenser Philologen C. W. Göttling führte, der ihm besonders nahe stand, wie<lb/> dies aus dem von Kuno Fischer herausgegebnen Briefwechsel zwischen Goethe und<lb/> K. Göttling in deu Jahren 1324 bis 1831 (München, 1880) hervorgeht, äußert<lb/> Goethe sein Urteil über Euripides; es wird besonders die Philologen interessieren,<lb/> die den attischen Dichter gering schätzen. Göttling berichtet die Unterhaltung ein<lb/> seinen Freund, den spätern Oberschulrat C. W. Müller in Rudolstadt:</p><lb/> <p xml:id="ID_1275"> In einem Gespräch über Euripides, dessen Fragmente des Phaethon ihn von<lb/> neuem so interessierten, daß er eine abermalige Revision der Herstellung verhieß,<lb/> sagte Goethe unter anderen: Sie wissen, daß mir Hermann seine Ausgabe der<lb/> Iphigenie dediziert hat? Minxiäis Ipbig'oni». in ^ulicts. Lveeusuit KoclvtrecluL<lb/> Hsi'Mkmuus. liipsicce, 1331: Ooetbio '1'auiioa Ixluxöuiii, spiritum (ZriAMö tsunsm<lb/> L-unonccs Osriuiiuis moustratoi'i et. II.) Es hat mich gefreut, auch darum, daß<lb/> ihr Philologen in euern Urteilen konstant bleibt: er nennt mich tsiiuvm sxiriwm<lb/> dri,jico (üicmsucco inonstratorom: damit scheint er mir fast mit haben andeuten zu<lb/> wollen, daß ihm Euripides nicht sehr hoch(?) stehe; aber so seid ihr Philologen, weil<lb/> Euripides ein paar schlechte Stücke, wie Elektra und Helena geschrieben, und weil<lb/> ihn Aristophanes gehütete (sie) hat, so stellt ihr thu tiefer als andre; aber nach<lb/> seinen besten Stücken muß man einen Dichter beurteilen, nicht nach seinen schlech¬<lb/> testen. Überhaupt seid ihr Philologen, obgleich ihr einen gewissen unverwüstlichen<lb/> Geschmack habt und durch eure solide stämmige Bildung immer einen großen Ein¬<lb/> fluß auf die Litteratur haben werdet, doch eine Art Wappenkönige; wie diese nur<lb/> das für ein gutes Geschlecht halten, was seit Jahrhunderten dafür gegolten hat,<lb/> und sie z. B. meinen Stamm deshalb für einen schwachen halten würden, so ihr<lb/> in der Litteratur mit Euripides; weil der seit längerer Zeit angefochten wird,<lb/> fechtet ihr ihn auch an. Und was für prächtige Stücke hat er doch gemacht! Für<lb/> sein schönstes halte ich die Bakchen. Kann man die Macht der Gottheit vortreff¬<lb/> licher und die Verblendung der Menschen geistreicher darstellen, als hier geschehen<lb/> ist? Das Stück habe die fruchtbarste Vergleichung einer modernen dramatischen<lb/> Dnrstellbarkeit der leidenden Gottheit in Christus mit der antiken Darstellung<lb/> eines ähnlichen Leidens, um desto mächtiger daraus hervorzugehn wie Dionysus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1276"> An diese Mitteilung*) erlaube ich mir noch folgende nicht üble Geschichte<lb/> anzuknüpfen, die sich auf die bekannte Stelle im Faust bezieht:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_70" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <note xml:id="FID_189" place="foot"> Sie ist von meinem Kollegen in Gern, Professor Julius Sauppe, zuerst i» dem Wei¬<lb/> marischen Sonntogsblntte 13S6 veröffentlicht worden.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Weisheit noch für sich. Doch das ist jetzt, nachdem sie die Kirche in dieser Form
zum Kcunpf aufgerufen haben, nicht länger zu ertragen. Jetzt müssen sie Farbe
bekennen, Narren sind sie doch nicht; aber was sind sie sonst? Zu geistreicher
Spielerei ist die Sache und die Zeit zu ernst, und das Spiel mit dem Feuer ist
/? zu gefährlich.
Goethe und die Philologen, In einem Gespräche, das Goethe mit dem
Jenenser Philologen C. W. Göttling führte, der ihm besonders nahe stand, wie
dies aus dem von Kuno Fischer herausgegebnen Briefwechsel zwischen Goethe und
K. Göttling in deu Jahren 1324 bis 1831 (München, 1880) hervorgeht, äußert
Goethe sein Urteil über Euripides; es wird besonders die Philologen interessieren,
die den attischen Dichter gering schätzen. Göttling berichtet die Unterhaltung ein
seinen Freund, den spätern Oberschulrat C. W. Müller in Rudolstadt:
In einem Gespräch über Euripides, dessen Fragmente des Phaethon ihn von
neuem so interessierten, daß er eine abermalige Revision der Herstellung verhieß,
sagte Goethe unter anderen: Sie wissen, daß mir Hermann seine Ausgabe der
Iphigenie dediziert hat? Minxiäis Ipbig'oni». in ^ulicts. Lveeusuit KoclvtrecluL
Hsi'Mkmuus. liipsicce, 1331: Ooetbio '1'auiioa Ixluxöuiii, spiritum (ZriAMö tsunsm
L-unonccs Osriuiiuis moustratoi'i et. II.) Es hat mich gefreut, auch darum, daß
ihr Philologen in euern Urteilen konstant bleibt: er nennt mich tsiiuvm sxiriwm
dri,jico (üicmsucco inonstratorom: damit scheint er mir fast mit haben andeuten zu
wollen, daß ihm Euripides nicht sehr hoch(?) stehe; aber so seid ihr Philologen, weil
Euripides ein paar schlechte Stücke, wie Elektra und Helena geschrieben, und weil
ihn Aristophanes gehütete (sie) hat, so stellt ihr thu tiefer als andre; aber nach
seinen besten Stücken muß man einen Dichter beurteilen, nicht nach seinen schlech¬
testen. Überhaupt seid ihr Philologen, obgleich ihr einen gewissen unverwüstlichen
Geschmack habt und durch eure solide stämmige Bildung immer einen großen Ein¬
fluß auf die Litteratur haben werdet, doch eine Art Wappenkönige; wie diese nur
das für ein gutes Geschlecht halten, was seit Jahrhunderten dafür gegolten hat,
und sie z. B. meinen Stamm deshalb für einen schwachen halten würden, so ihr
in der Litteratur mit Euripides; weil der seit längerer Zeit angefochten wird,
fechtet ihr ihn auch an. Und was für prächtige Stücke hat er doch gemacht! Für
sein schönstes halte ich die Bakchen. Kann man die Macht der Gottheit vortreff¬
licher und die Verblendung der Menschen geistreicher darstellen, als hier geschehen
ist? Das Stück habe die fruchtbarste Vergleichung einer modernen dramatischen
Dnrstellbarkeit der leidenden Gottheit in Christus mit der antiken Darstellung
eines ähnlichen Leidens, um desto mächtiger daraus hervorzugehn wie Dionysus.
An diese Mitteilung*) erlaube ich mir noch folgende nicht üble Geschichte
anzuknüpfen, die sich auf die bekannte Stelle im Faust bezieht:
Sie ist von meinem Kollegen in Gern, Professor Julius Sauppe, zuerst i» dem Wei¬
marischen Sonntogsblntte 13S6 veröffentlicht worden.
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