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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Die Aufteilung Afrikas

Der Handelsverkehr war, als die Portugiesen diese Küste anliefen, überaus
lebhaft. Die Stadt Calicut an der Südspitze Vorderindiens nahm damals
dieselbe Bedeutung ein wie heute Bombay; sie war der Knotenpunkt für den
gesamten ägyptisch-indischen Handel, und dem Herrscher von Calicut, der den
Titel Samudrin Raja, der Herr an der See, führte, gehorchte die ganze
Malabarküste. Die Edelsteine Ceylons, die Perlen aus dem Mcmaargolf, die
Gewürze und Droguen von Malakka und Borneo, das Gold der afrikanischen
Küste nahmen ihren Weg über Calicut durch das Rote Meer nach Alexandria
in die abendländische Welt. Den Handel hätten überwiegend arabische Kauf¬
leute in der Hand, dem Arabertum, das in den ägyptischen Mamelucken eine
kräftige Stütze hatte, gehörte dieses Meer; darum erhob sich von Anbeginn
ein erbitterter Kampf zwischen den Konkurrenten.

Der Kampf der abendländischen und der morgenländischen Völker, der für
Europa und Vorderasien längst zu Gunsten der ersten entschieden ist, er dauert
in Ostafrika noch fort seit jenem Märztage des Jahres 1498, an dem die
portugiesischen Kanonen zum erstenmale vor Mozambique donnerten. Die An¬
hänger Mohammeds sind im deutschen Seengebiet zwar geschlagen, aber im
Nilthale stehn sie noch fest (Mahdismus). Portugal war es in wenigen
Jahren gelungen, das arabische Handelsmonopol im Indischen Ozean zu
brechen. "Auf indischem Boden hatte Albnquerques mächtiger Schöpfergeist
ein großartiges Kolonialreich erstehn lassen. Alle die Punkte, in denen die
Fäden des östlichen Weltverkehrs zusammenliefen, waren in den Händen der
Portugiesen. Ihnen gehörte das mächtige Malakka und die Jnselstadt Goa
und Ormuz, der Edelstein im Kranze der Welt, wie ein arabisches Sprichwort
die Stadt nannte. Das Monopol des indischen Handels war aus den Händen
der Mameluckensultane von Kairo an die Krone Portugal übergegangen, Lissabon
hatte die kommerzielle Erbschaft von Alexandrien angetreten" (Hümmerich). Den
Portugiesen gelang es mit Hilfe ihrer überlegnen Waffen, die arabischen Feinde
niederzuhalten. An der ostafrikanischen Küste kam ihnen zudem noch die Riva¬
lität der Scheichs von Mombas, Malindi und Kilwa Kistwani zu Hilfe. Aber
es waren Pyrrhussiege, die die Portugiesen hier erfochten haben. Ihre Beute¬
gier, ihr Monvpolsystem riefen die haßerfüllten Araber immer von neuem zu
den Waffen. Kilwa war die bevvlkertste Stadt der Küste, man zählte in ihr an
dreihundert Moscheen. Mombas war ein mächtiger Seestaat, das ostafrikanische
Venedig; Sansibar war unbedeutend. Den Portugiesen sind ernstere Koloni¬
sationsversuche im Sansibargebiet nicht gelungen: der Versuch, dort eine stän¬
dige portugiesische Bevölkerung zur Sicherung der Herrschaft anzusiedeln, mi߬
lang. Man ging so weit, portugiesischen Jungfrauen einen großen Landbesitz
im Sansibargebiet als Mitgift zu geben, wenn sie mit ihren Gatten dorthin
übersiedelten. Aber der gewünschte Erfolg blieb aus. Die eingeborne arabische
Bevölkerung geriet bald hier bald dort in Aufruhr, weil ihr die Quelle zum


Die Aufteilung Afrikas

Der Handelsverkehr war, als die Portugiesen diese Küste anliefen, überaus
lebhaft. Die Stadt Calicut an der Südspitze Vorderindiens nahm damals
dieselbe Bedeutung ein wie heute Bombay; sie war der Knotenpunkt für den
gesamten ägyptisch-indischen Handel, und dem Herrscher von Calicut, der den
Titel Samudrin Raja, der Herr an der See, führte, gehorchte die ganze
Malabarküste. Die Edelsteine Ceylons, die Perlen aus dem Mcmaargolf, die
Gewürze und Droguen von Malakka und Borneo, das Gold der afrikanischen
Küste nahmen ihren Weg über Calicut durch das Rote Meer nach Alexandria
in die abendländische Welt. Den Handel hätten überwiegend arabische Kauf¬
leute in der Hand, dem Arabertum, das in den ägyptischen Mamelucken eine
kräftige Stütze hatte, gehörte dieses Meer; darum erhob sich von Anbeginn
ein erbitterter Kampf zwischen den Konkurrenten.

Der Kampf der abendländischen und der morgenländischen Völker, der für
Europa und Vorderasien längst zu Gunsten der ersten entschieden ist, er dauert
in Ostafrika noch fort seit jenem Märztage des Jahres 1498, an dem die
portugiesischen Kanonen zum erstenmale vor Mozambique donnerten. Die An¬
hänger Mohammeds sind im deutschen Seengebiet zwar geschlagen, aber im
Nilthale stehn sie noch fest (Mahdismus). Portugal war es in wenigen
Jahren gelungen, das arabische Handelsmonopol im Indischen Ozean zu
brechen. „Auf indischem Boden hatte Albnquerques mächtiger Schöpfergeist
ein großartiges Kolonialreich erstehn lassen. Alle die Punkte, in denen die
Fäden des östlichen Weltverkehrs zusammenliefen, waren in den Händen der
Portugiesen. Ihnen gehörte das mächtige Malakka und die Jnselstadt Goa
und Ormuz, der Edelstein im Kranze der Welt, wie ein arabisches Sprichwort
die Stadt nannte. Das Monopol des indischen Handels war aus den Händen
der Mameluckensultane von Kairo an die Krone Portugal übergegangen, Lissabon
hatte die kommerzielle Erbschaft von Alexandrien angetreten" (Hümmerich). Den
Portugiesen gelang es mit Hilfe ihrer überlegnen Waffen, die arabischen Feinde
niederzuhalten. An der ostafrikanischen Küste kam ihnen zudem noch die Riva¬
lität der Scheichs von Mombas, Malindi und Kilwa Kistwani zu Hilfe. Aber
es waren Pyrrhussiege, die die Portugiesen hier erfochten haben. Ihre Beute¬
gier, ihr Monvpolsystem riefen die haßerfüllten Araber immer von neuem zu
den Waffen. Kilwa war die bevvlkertste Stadt der Küste, man zählte in ihr an
dreihundert Moscheen. Mombas war ein mächtiger Seestaat, das ostafrikanische
Venedig; Sansibar war unbedeutend. Den Portugiesen sind ernstere Koloni¬
sationsversuche im Sansibargebiet nicht gelungen: der Versuch, dort eine stän¬
dige portugiesische Bevölkerung zur Sicherung der Herrschaft anzusiedeln, mi߬
lang. Man ging so weit, portugiesischen Jungfrauen einen großen Landbesitz
im Sansibargebiet als Mitgift zu geben, wenn sie mit ihren Gatten dorthin
übersiedelten. Aber der gewünschte Erfolg blieb aus. Die eingeborne arabische
Bevölkerung geriet bald hier bald dort in Aufruhr, weil ihr die Quelle zum


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[0302] Die Aufteilung Afrikas Der Handelsverkehr war, als die Portugiesen diese Küste anliefen, überaus lebhaft. Die Stadt Calicut an der Südspitze Vorderindiens nahm damals dieselbe Bedeutung ein wie heute Bombay; sie war der Knotenpunkt für den gesamten ägyptisch-indischen Handel, und dem Herrscher von Calicut, der den Titel Samudrin Raja, der Herr an der See, führte, gehorchte die ganze Malabarküste. Die Edelsteine Ceylons, die Perlen aus dem Mcmaargolf, die Gewürze und Droguen von Malakka und Borneo, das Gold der afrikanischen Küste nahmen ihren Weg über Calicut durch das Rote Meer nach Alexandria in die abendländische Welt. Den Handel hätten überwiegend arabische Kauf¬ leute in der Hand, dem Arabertum, das in den ägyptischen Mamelucken eine kräftige Stütze hatte, gehörte dieses Meer; darum erhob sich von Anbeginn ein erbitterter Kampf zwischen den Konkurrenten. Der Kampf der abendländischen und der morgenländischen Völker, der für Europa und Vorderasien längst zu Gunsten der ersten entschieden ist, er dauert in Ostafrika noch fort seit jenem Märztage des Jahres 1498, an dem die portugiesischen Kanonen zum erstenmale vor Mozambique donnerten. Die An¬ hänger Mohammeds sind im deutschen Seengebiet zwar geschlagen, aber im Nilthale stehn sie noch fest (Mahdismus). Portugal war es in wenigen Jahren gelungen, das arabische Handelsmonopol im Indischen Ozean zu brechen. „Auf indischem Boden hatte Albnquerques mächtiger Schöpfergeist ein großartiges Kolonialreich erstehn lassen. Alle die Punkte, in denen die Fäden des östlichen Weltverkehrs zusammenliefen, waren in den Händen der Portugiesen. Ihnen gehörte das mächtige Malakka und die Jnselstadt Goa und Ormuz, der Edelstein im Kranze der Welt, wie ein arabisches Sprichwort die Stadt nannte. Das Monopol des indischen Handels war aus den Händen der Mameluckensultane von Kairo an die Krone Portugal übergegangen, Lissabon hatte die kommerzielle Erbschaft von Alexandrien angetreten" (Hümmerich). Den Portugiesen gelang es mit Hilfe ihrer überlegnen Waffen, die arabischen Feinde niederzuhalten. An der ostafrikanischen Küste kam ihnen zudem noch die Riva¬ lität der Scheichs von Mombas, Malindi und Kilwa Kistwani zu Hilfe. Aber es waren Pyrrhussiege, die die Portugiesen hier erfochten haben. Ihre Beute¬ gier, ihr Monvpolsystem riefen die haßerfüllten Araber immer von neuem zu den Waffen. Kilwa war die bevvlkertste Stadt der Küste, man zählte in ihr an dreihundert Moscheen. Mombas war ein mächtiger Seestaat, das ostafrikanische Venedig; Sansibar war unbedeutend. Den Portugiesen sind ernstere Koloni¬ sationsversuche im Sansibargebiet nicht gelungen: der Versuch, dort eine stän¬ dige portugiesische Bevölkerung zur Sicherung der Herrschaft anzusiedeln, mi߬ lang. Man ging so weit, portugiesischen Jungfrauen einen großen Landbesitz im Sansibargebiet als Mitgift zu geben, wenn sie mit ihren Gatten dorthin übersiedelten. Aber der gewünschte Erfolg blieb aus. Die eingeborne arabische Bevölkerung geriet bald hier bald dort in Aufruhr, weil ihr die Quelle zum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/302>, abgerufen am 15.01.2025.