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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Kritische Studien zu Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen

"Generalsvortrage," den Laien Kriegsrat zu nennen pflegten, aus und machten
ihm diese Feindseligkeit, wie er annahm, "bis in das Gebiet der Natural-
verpflegung und Einquartierung fühlbar." Über diesen Punkt beschwerte er
sich schon am 10. August in einem amtlichen Schreiben an Roon, aber die
Klagen dauerten auch in Versailles fort und veranlaßten ihn einmal, am
22. November, zu der kräftigen Äußerung: "Es ist die reine Flegelei, die Art,
wie man gegen mich verführt." ^) Auch dort wurde bis gegen das Ende hin
alles Militärische sorgfältig vor ihm geheim gehalten, sodaß "die unbeschäf¬
tigten hohen Herren" im Hukst ass R,L8örvoir8, ja sogar der englische Korre¬
spondent Russell mehr davon wußten als der Bundeskanzler, und dieser sich nur
dnrch vertrauliche Beziehungen zu einigen von ihnen die ihm unentbehrliche
Kenntnis verschaffen konnte. Die Klagen darüber wiederholen sich in ver¬
traulichem Kreise während des ganzen Versailler Winters, so z. B. am
10. Oktober, 16. und 24. November.^ Erst "nach langer Bettelei" wurden
ihm wenigstens die Sachen geschickt, die den deutschen Zeitungen telegraphiert
wurden; 2) dagegen hatte eine Vorstellung des ihm befreundeten Grafen Eber¬
hard Stolberg beim König gegen "die Unzuträglichkeiten der Ausschließung
seines verantwortlichen politischen Ratgebers" ^vom Generalsvortragj keinen
Erfolg (G. u. E. II, 95). Der Gegensatz verschärfte sich wohl noch durch die
Verhandlungen über die Kapitulation von Metz, die Bismarck benutzen wollte,
um zu einer politischen Verständigung zu kommen, die Militärs dagegen von
rein militärischem Staudpunkte aus ansahen.'') Erst im Januar 1871 brachte
eine Eingabe beim König mit der Bitte, ihm die Telegramme des Generalstabs
vor der Absendung nach Berlin vorzulegen, da sie auch von politischer Wichtig¬
keit sein könnten, und zu befehlen, daß er ausführlichere Kenntnis von den
militärischen Vorgängen erhalte, einige Abhilfe; ja der König teilte ihm am
12. Januar noch abends elf Uhr das Telegramm über den Sieg bei Lemans
in eigenhändiger Abschrift mit.^) Endlich, als Jules Favre die Kapitulations¬
verhandlungen begann, wurde Bismarck auch zum Generalsvortrage zu¬
gezogen;") wobei nun freilich "das Mißverhältnis zwischen dem Reichskanzler-
amte und dem Generalstabe des Oberkommandos wieder schärfer hervortrat";
ja Bismarck klagte jetzt seinerseits über "das erobernde Eindringen der Sol¬
daten in die Zivilgeschäfte." ?)









-) Poschinger, Bismarckvortefeuille II, 189 s. Busch, Tagebuch blütter I, 421.
2) Tagebuch des Kronprinzen vom 10. Oktober, Deutsche Rundschau 1888, Oktoberheft.
Busch I, 408. 429.
") Busch I, 408.
'
) Busch I, 294 f. 298 f. Verdr, du Vernois, Im großen Hauptquartier 1870/71, 214.
Busch II, 20. 84. 40.
") Schneider III, 170.
.') Schneider 173. Roon, Denkwürdigkeiten III", 291. Vismarckbricfe (vom 4. Ja¬
nuar) 464.
Kritische Studien zu Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen

„Generalsvortrage," den Laien Kriegsrat zu nennen pflegten, aus und machten
ihm diese Feindseligkeit, wie er annahm, „bis in das Gebiet der Natural-
verpflegung und Einquartierung fühlbar." Über diesen Punkt beschwerte er
sich schon am 10. August in einem amtlichen Schreiben an Roon, aber die
Klagen dauerten auch in Versailles fort und veranlaßten ihn einmal, am
22. November, zu der kräftigen Äußerung: „Es ist die reine Flegelei, die Art,
wie man gegen mich verführt." ^) Auch dort wurde bis gegen das Ende hin
alles Militärische sorgfältig vor ihm geheim gehalten, sodaß „die unbeschäf¬
tigten hohen Herren" im Hukst ass R,L8örvoir8, ja sogar der englische Korre¬
spondent Russell mehr davon wußten als der Bundeskanzler, und dieser sich nur
dnrch vertrauliche Beziehungen zu einigen von ihnen die ihm unentbehrliche
Kenntnis verschaffen konnte. Die Klagen darüber wiederholen sich in ver¬
traulichem Kreise während des ganzen Versailler Winters, so z. B. am
10. Oktober, 16. und 24. November.^ Erst „nach langer Bettelei" wurden
ihm wenigstens die Sachen geschickt, die den deutschen Zeitungen telegraphiert
wurden; 2) dagegen hatte eine Vorstellung des ihm befreundeten Grafen Eber¬
hard Stolberg beim König gegen „die Unzuträglichkeiten der Ausschließung
seines verantwortlichen politischen Ratgebers" ^vom Generalsvortragj keinen
Erfolg (G. u. E. II, 95). Der Gegensatz verschärfte sich wohl noch durch die
Verhandlungen über die Kapitulation von Metz, die Bismarck benutzen wollte,
um zu einer politischen Verständigung zu kommen, die Militärs dagegen von
rein militärischem Staudpunkte aus ansahen.'') Erst im Januar 1871 brachte
eine Eingabe beim König mit der Bitte, ihm die Telegramme des Generalstabs
vor der Absendung nach Berlin vorzulegen, da sie auch von politischer Wichtig¬
keit sein könnten, und zu befehlen, daß er ausführlichere Kenntnis von den
militärischen Vorgängen erhalte, einige Abhilfe; ja der König teilte ihm am
12. Januar noch abends elf Uhr das Telegramm über den Sieg bei Lemans
in eigenhändiger Abschrift mit.^) Endlich, als Jules Favre die Kapitulations¬
verhandlungen begann, wurde Bismarck auch zum Generalsvortrage zu¬
gezogen;«) wobei nun freilich „das Mißverhältnis zwischen dem Reichskanzler-
amte und dem Generalstabe des Oberkommandos wieder schärfer hervortrat";
ja Bismarck klagte jetzt seinerseits über „das erobernde Eindringen der Sol¬
daten in die Zivilgeschäfte." ?)









-) Poschinger, Bismarckvortefeuille II, 189 s. Busch, Tagebuch blütter I, 421.
2) Tagebuch des Kronprinzen vom 10. Oktober, Deutsche Rundschau 1888, Oktoberheft.
Busch I, 408. 429.
») Busch I, 408.
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) Busch I, 294 f. 298 f. Verdr, du Vernois, Im großen Hauptquartier 1870/71, 214.
Busch II, 20. 84. 40.
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.') Schneider 173. Roon, Denkwürdigkeiten III«, 291. Vismarckbricfe (vom 4. Ja¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/250>, abgerufen am 15.01.2025.