Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Katharina von Bora gemeiniglich alle die Kunst können, daß sie mit Weinen, Lügen, Einreden einen Wie oft erleben wir es, daß eine spät geschlossene Ehe schnell zur Er¬ Müssen nicht solchen rührenden Zeugnissen gegenüber alle die gehässigen Die schönste Zierde und den edelsten Inhalt erhielt Luthers Ehe durch Ein Jahr nach der Hochzeit, 1526, wurde ihm sein ältester Sohn Hans Katharina von Bora gemeiniglich alle die Kunst können, daß sie mit Weinen, Lügen, Einreden einen Wie oft erleben wir es, daß eine spät geschlossene Ehe schnell zur Er¬ Müssen nicht solchen rührenden Zeugnissen gegenüber alle die gehässigen Die schönste Zierde und den edelsten Inhalt erhielt Luthers Ehe durch Ein Jahr nach der Hochzeit, 1526, wurde ihm sein ältester Sohn Hans <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0178" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231348"/> <fw type="header" place="top"> Katharina von Bora</fw><lb/> <p xml:id="ID_552" prev="#ID_551"> gemeiniglich alle die Kunst können, daß sie mit Weinen, Lügen, Einreden einen<lb/> Mann gefangen nehmen, könnens fein verdrehen und die besten Worte geben,<lb/> doch, wenn diese drei Stück im Ehestand bleiben, nämlich Treu und Glauben,<lb/> Kinder und Leibesfrüchte und Sakrament, daß mans für ein heilig Ding und<lb/> göttlichen Stand halt, so ists gar ein feiger Stand."</p><lb/> <p xml:id="ID_553"> Wie oft erleben wir es, daß eine spät geschlossene Ehe schnell zur Er¬<lb/> kaltung der anfänglichen Liebe führt. Luther begann die Ehe kühl, fast kri¬<lb/> tischen Geistes, aber von Jahr zu Jahr wird sein Verhältnis zu seiner Käthe<lb/> inniger. In einem Briefe schreibt er: „Es grüßt dich Keese, meine Rippe . . .<lb/> sie ist mir folgsam und in allem zu Willen und mehr nütze, als ich zu hoffen<lb/> gewagt hätte, Gott sei Dank — sodaß ich meine Armut nicht mit eines<lb/> Krösus Schätzen vertauschen möchte." Ein andermal: „Ich wollt meine Kätha<lb/> nit um Frankreich noch um Venedig darzu hergeben." Oder er sprach zu ihr<lb/> selbst: „Käthe, du hast einen frommen Mann, der dich lieb hat, darum du<lb/> wie andre fromme Weiber bist eine Kaiserin, erkenne es und danke Gott."<lb/> Seine Lieblingsepistel, den Galaterbrief, nennt er „seine Käthe im Neuen<lb/> Testamente." In Schmalkalden sagt er nach zwölfjähriger Ehe: „Ich habe<lb/> meine Käthe lieb, ja ich hab sie lieber denn mich selber, das ist gewißlich<lb/> wahr; ich wollt lieber sterben, denn daß sie und die Kinderlein sterben<lb/> sollten."</p><lb/> <p xml:id="ID_554"> Müssen nicht solchen rührenden Zeugnissen gegenüber alle die gehässigen<lb/> und rohen Reden verstummen, die auch in neuster Zeit von ultramontaner<lb/> Seite über die treffliche Gattin Luthers laut geworden sind? Oder bedarf<lb/> es noch der Aussprüche Luthers über den Ehestand, in die er seine persön¬<lb/> lichen Erfahrungen auf diesem Gebiete zusammenfaßt? Es hat wohl niemand,<lb/> der erst als Vierziger in den Ehestand trat, mit so herrlichen Worten diesen<lb/> Stand gepriesen wie Luther; daß ers konnte, war das Verdienst seiner Käthe:<lb/> „Es ist keine lieblichere, freundlichere noch holdseligere Verwandtnis, Gemein¬<lb/> schaft und Gesellschaft, denn eine gute Ehe, wenn Eheleute mit einander in<lb/> Friede und Einigkeit leben. Wiederum ist auch nichts Bitterers, Schmerz-<lb/> lichers, denn wenn das Band von einander getrennt und geschieden wird."<lb/> „Die Welt hat nach Gottes Wort keinen lieblichem und freundlichern Schatz<lb/> auf Erden, denn den heiligen Ehestand, welchen er selber gestift, erhält und<lb/> für alle Stände gezieret und gesegnet hat, daraus nicht allem alle Kaiser,<lb/> Könige und alle Heiligen, sondern auch der ewige Sohn Gottes, doch auf<lb/> eine andre eigne Weise, geboren ist. Darum, wer dem Ehestande zuwider ist<lb/> und redet übel davon, der ist gewiß aus dem Teufel. . . . Ich bin, bleibe und<lb/> sterbe im Lob des heiligen Ehestands."</p><lb/> <p xml:id="ID_555"> Die schönste Zierde und den edelsten Inhalt erhielt Luthers Ehe durch<lb/> den Kindersegen, der daraus erblühte. Er giebt uns Gelegenheit, seine Käthe<lb/> als Mutter zu beobachten, freilich, da ihre Kundgebungen meist verloren sind,<lb/> nur im Wiederschein des Lichts, das über Luther als Vater ausgebreitet ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_556" next="#ID_557"> Ein Jahr nach der Hochzeit, 1526, wurde ihm sein ältester Sohn Hans<lb/> Luther geboren, ihm folgte im Dezember 1527 Elisabeth, im Mai 1529<lb/> Magdalena, 1531 Martin, 1533 Paul, 1534 Margarethe, im ganzen also<lb/> drei Söhne und drei Töchter. Katharina hat alle diese Kinder genährt und<lb/> gepflegt und hat dabei die Freude gehabt, daß sich ihre Mutterlust auf den<lb/> Gemahl übertrug, der mit bewundernswerter Liebe und Geduld alle die kleinen<lb/> Erdenbürger willkommen hieß und sich weder durch ihr Geschrei noch durch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0178]
Katharina von Bora
gemeiniglich alle die Kunst können, daß sie mit Weinen, Lügen, Einreden einen
Mann gefangen nehmen, könnens fein verdrehen und die besten Worte geben,
doch, wenn diese drei Stück im Ehestand bleiben, nämlich Treu und Glauben,
Kinder und Leibesfrüchte und Sakrament, daß mans für ein heilig Ding und
göttlichen Stand halt, so ists gar ein feiger Stand."
Wie oft erleben wir es, daß eine spät geschlossene Ehe schnell zur Er¬
kaltung der anfänglichen Liebe führt. Luther begann die Ehe kühl, fast kri¬
tischen Geistes, aber von Jahr zu Jahr wird sein Verhältnis zu seiner Käthe
inniger. In einem Briefe schreibt er: „Es grüßt dich Keese, meine Rippe . . .
sie ist mir folgsam und in allem zu Willen und mehr nütze, als ich zu hoffen
gewagt hätte, Gott sei Dank — sodaß ich meine Armut nicht mit eines
Krösus Schätzen vertauschen möchte." Ein andermal: „Ich wollt meine Kätha
nit um Frankreich noch um Venedig darzu hergeben." Oder er sprach zu ihr
selbst: „Käthe, du hast einen frommen Mann, der dich lieb hat, darum du
wie andre fromme Weiber bist eine Kaiserin, erkenne es und danke Gott."
Seine Lieblingsepistel, den Galaterbrief, nennt er „seine Käthe im Neuen
Testamente." In Schmalkalden sagt er nach zwölfjähriger Ehe: „Ich habe
meine Käthe lieb, ja ich hab sie lieber denn mich selber, das ist gewißlich
wahr; ich wollt lieber sterben, denn daß sie und die Kinderlein sterben
sollten."
Müssen nicht solchen rührenden Zeugnissen gegenüber alle die gehässigen
und rohen Reden verstummen, die auch in neuster Zeit von ultramontaner
Seite über die treffliche Gattin Luthers laut geworden sind? Oder bedarf
es noch der Aussprüche Luthers über den Ehestand, in die er seine persön¬
lichen Erfahrungen auf diesem Gebiete zusammenfaßt? Es hat wohl niemand,
der erst als Vierziger in den Ehestand trat, mit so herrlichen Worten diesen
Stand gepriesen wie Luther; daß ers konnte, war das Verdienst seiner Käthe:
„Es ist keine lieblichere, freundlichere noch holdseligere Verwandtnis, Gemein¬
schaft und Gesellschaft, denn eine gute Ehe, wenn Eheleute mit einander in
Friede und Einigkeit leben. Wiederum ist auch nichts Bitterers, Schmerz-
lichers, denn wenn das Band von einander getrennt und geschieden wird."
„Die Welt hat nach Gottes Wort keinen lieblichem und freundlichern Schatz
auf Erden, denn den heiligen Ehestand, welchen er selber gestift, erhält und
für alle Stände gezieret und gesegnet hat, daraus nicht allem alle Kaiser,
Könige und alle Heiligen, sondern auch der ewige Sohn Gottes, doch auf
eine andre eigne Weise, geboren ist. Darum, wer dem Ehestande zuwider ist
und redet übel davon, der ist gewiß aus dem Teufel. . . . Ich bin, bleibe und
sterbe im Lob des heiligen Ehestands."
Die schönste Zierde und den edelsten Inhalt erhielt Luthers Ehe durch
den Kindersegen, der daraus erblühte. Er giebt uns Gelegenheit, seine Käthe
als Mutter zu beobachten, freilich, da ihre Kundgebungen meist verloren sind,
nur im Wiederschein des Lichts, das über Luther als Vater ausgebreitet ist.
Ein Jahr nach der Hochzeit, 1526, wurde ihm sein ältester Sohn Hans
Luther geboren, ihm folgte im Dezember 1527 Elisabeth, im Mai 1529
Magdalena, 1531 Martin, 1533 Paul, 1534 Margarethe, im ganzen also
drei Söhne und drei Töchter. Katharina hat alle diese Kinder genährt und
gepflegt und hat dabei die Freude gehabt, daß sich ihre Mutterlust auf den
Gemahl übertrug, der mit bewundernswerter Liebe und Geduld alle die kleinen
Erdenbürger willkommen hieß und sich weder durch ihr Geschrei noch durch
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