Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Katharina von Bora Nachrichten. Recht gut kennen wir ihre Gesichtszüge ans einigen überlieferten Als Katharina geboren wurde, stand fast der gesamte deutsche Adel in einer Die Einkünfte des Adels, meist Fronten und Naturalabgaben höriger ") Von älter" Biographien nenne ich die von Fr, G, ,?>ofmn>in, Katharina von Bora,
Leipzig, 184K, und die von Meurer, Katharina Luther geb. von Bora, L, Aufl., Leipzig, 1L73. Natürlich sind ihr Wesen und ihre Schicksale auch in den Luthcrbiogrnphien von Kostim und von Kolbe behandelt, von Kolbe jedoch so, das; ich mich nicht mit allen Urteilen einverstanden erklären möchte. Das beste, was ich über Katharina von Bora gelesen habe, ist der Aufsatz "Luther und Käthe" von Sausrath in den "Kleinen Schriften religionsgeschichtlichen Inhalts," Leipzig, 18L3, Katharina von Bora Nachrichten. Recht gut kennen wir ihre Gesichtszüge ans einigen überlieferten Als Katharina geboren wurde, stand fast der gesamte deutsche Adel in einer Die Einkünfte des Adels, meist Fronten und Naturalabgaben höriger ") Von älter» Biographien nenne ich die von Fr, G, ,?>ofmn>in, Katharina von Bora,
Leipzig, 184K, und die von Meurer, Katharina Luther geb. von Bora, L, Aufl., Leipzig, 1L73. Natürlich sind ihr Wesen und ihre Schicksale auch in den Luthcrbiogrnphien von Kostim und von Kolbe behandelt, von Kolbe jedoch so, das; ich mich nicht mit allen Urteilen einverstanden erklären möchte. Das beste, was ich über Katharina von Bora gelesen habe, ist der Aufsatz „Luther und Käthe" von Sausrath in den „Kleinen Schriften religionsgeschichtlichen Inhalts," Leipzig, 18L3, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0173" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231343"/> <fw type="header" place="top"> Katharina von Bora</fw><lb/> <p xml:id="ID_537" prev="#ID_536"> Nachrichten. Recht gut kennen wir ihre Gesichtszüge ans einigen überlieferten<lb/> Bildern. Der Geburtstag Katharinas,der 29. Januar 1499. steht durch<lb/> eine Schaumünze fest, die Luther einmal ihr zu Ehren prägen ließ; ihre<lb/> Mutter war Anna von Haugwitz, der Vorname des Baders ist uns unbekannt.<lb/> Für ihren Geburtsort hielt man früher Steinlanßig bei Bitterfeld, neuerdings<lb/> aber das Freigut Lippendorf bei Vorna, wo am 29. Januar dieses Jahres<lb/> auf Anregung einiger Leipziger Lutherforscher eine Gedächtnisfeier für Katharina<lb/> von Bora abgehalten und eine am Geb^irtshause angebrachte Gedenktafel ent¬<lb/> hüllt worden ist. Da die Voras auch in der Nähe von Kieritzsch ansässig<lb/> waren — ein Bruder Katharinas, Hans von Vom, besaß Zulsdorf —, fo<lb/> darf man wohl sagen, sie gehörte» zu dem alten Adel des Pteißnerlands.</p><lb/> <p xml:id="ID_538"> Als Katharina geboren wurde, stand fast der gesamte deutsche Adel in einer<lb/> gefährlichen Krisis. Die schöne Zeit, wo die Ritterschaft nach den Fürsten der<lb/> angesehenste Stand des Reichs gewesen war, war seit dem Aufkommen der<lb/> Schußwaffen und der Söldnerheere unwiederbringlich dahin. Kein Kreuzzug,<lb/> kein Römerzug rief diese schwertfrohen, trunkfesten Herren mehr zum gewohnten<lb/> Wasserwerke; dafür war ihnen zu Neid und Not inmitten der früher beherrschten<lb/> Landschaft die festnmmauerte, tnrmgekrönte Stadt erwachsen, deren wohlbewehrte,<lb/> kunstfleißige, handeltreibende Bürger in demselben Maße vorwärts kamen, wie<lb/> es mit dem aus seinem Beruf gedrängten, aller Kriegsbeute beraubten Adlichen<lb/> rückwärts ging.</p><lb/> <p xml:id="ID_539"> Die Einkünfte des Adels, meist Fronten und Naturalabgaben höriger<lb/> Bauern, langten wohl zu, die Insassen der Burg oder des adlichen Hofes<lb/> zu ernähren, aber es gab kein bares Geld, die verfallenden Gebäude zu er¬<lb/> neuern und im Hausgerät und in der ganzen Lebensweise die Verfeinerung<lb/> mitzumachen, die den städtischen Kaufleuten durch das Einströmen einheimischer<lb/> und amerikanischer Edelmetalle ermöglicht wurde. Vor allem waren die Frauen<lb/> und die Töchter des Landadels empört, daß sie im Kleiderluxus hinter dem<lb/> Krümervvlk der Städte zurückstehen mußten. „Von der eostlichteit der Kleider<lb/> komt es vit her, sagt ein Zeitgenosse, daß es so ser abwerts geht mit dem<lb/> Adel in deutschen Landen; sie wollen prunken als die reichen Kaufleut in den<lb/> stetten tun und wollen nit leiden, daß die Frauen und töchter der Kauf¬<lb/> herrn besser und costlicher gekleidet sind, denn ire frauen und töchter und sie<lb/> selbs. Aber sie haut das gelt nit, was jene hant." Manche Ausschreitung<lb/> des ritterlichen Adels, manche blutige Fehde zwischen Burgleuten und Städtern<lb/> zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts hat aus solchem Ingrimm ihren<lb/> Anfang genommen. Erst im Laufe des sechzehnten Jahrhunderts lernte der<lb/> deutsche und mit ihm der sächsische Adel sich den neuen Verhältnissen an¬<lb/> passen, indem er zur Selbstbewirtschaftung der Güter überging, die jüngern<lb/> Söhne im Staats- und Heeresdienst unterbrachte und durch bessere Wirtschaft<lb/> und Sparsamkeit die Kapitalien aufsammelte, die zur standesgemäßen Aus¬<lb/> stattung der Töchter gehörten.</p><lb/> <note xml:id="FID_37" place="foot"> ") Von älter» Biographien nenne ich die von Fr, G, ,?>ofmn>in, Katharina von Bora,<lb/> Leipzig, 184K, und die von Meurer, Katharina Luther geb. von Bora, L, Aufl., Leipzig, 1L73.<lb/> Natürlich sind ihr Wesen und ihre Schicksale auch in den Luthcrbiogrnphien von Kostim und<lb/> von Kolbe behandelt, von Kolbe jedoch so, das; ich mich nicht mit allen Urteilen einverstanden<lb/> erklären möchte. Das beste, was ich über Katharina von Bora gelesen habe, ist der Aufsatz<lb/> „Luther und Käthe" von Sausrath in den „Kleinen Schriften religionsgeschichtlichen Inhalts,"<lb/> Leipzig, 18L3,</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0173]
Katharina von Bora
Nachrichten. Recht gut kennen wir ihre Gesichtszüge ans einigen überlieferten
Bildern. Der Geburtstag Katharinas,der 29. Januar 1499. steht durch
eine Schaumünze fest, die Luther einmal ihr zu Ehren prägen ließ; ihre
Mutter war Anna von Haugwitz, der Vorname des Baders ist uns unbekannt.
Für ihren Geburtsort hielt man früher Steinlanßig bei Bitterfeld, neuerdings
aber das Freigut Lippendorf bei Vorna, wo am 29. Januar dieses Jahres
auf Anregung einiger Leipziger Lutherforscher eine Gedächtnisfeier für Katharina
von Bora abgehalten und eine am Geb^irtshause angebrachte Gedenktafel ent¬
hüllt worden ist. Da die Voras auch in der Nähe von Kieritzsch ansässig
waren — ein Bruder Katharinas, Hans von Vom, besaß Zulsdorf —, fo
darf man wohl sagen, sie gehörte» zu dem alten Adel des Pteißnerlands.
Als Katharina geboren wurde, stand fast der gesamte deutsche Adel in einer
gefährlichen Krisis. Die schöne Zeit, wo die Ritterschaft nach den Fürsten der
angesehenste Stand des Reichs gewesen war, war seit dem Aufkommen der
Schußwaffen und der Söldnerheere unwiederbringlich dahin. Kein Kreuzzug,
kein Römerzug rief diese schwertfrohen, trunkfesten Herren mehr zum gewohnten
Wasserwerke; dafür war ihnen zu Neid und Not inmitten der früher beherrschten
Landschaft die festnmmauerte, tnrmgekrönte Stadt erwachsen, deren wohlbewehrte,
kunstfleißige, handeltreibende Bürger in demselben Maße vorwärts kamen, wie
es mit dem aus seinem Beruf gedrängten, aller Kriegsbeute beraubten Adlichen
rückwärts ging.
Die Einkünfte des Adels, meist Fronten und Naturalabgaben höriger
Bauern, langten wohl zu, die Insassen der Burg oder des adlichen Hofes
zu ernähren, aber es gab kein bares Geld, die verfallenden Gebäude zu er¬
neuern und im Hausgerät und in der ganzen Lebensweise die Verfeinerung
mitzumachen, die den städtischen Kaufleuten durch das Einströmen einheimischer
und amerikanischer Edelmetalle ermöglicht wurde. Vor allem waren die Frauen
und die Töchter des Landadels empört, daß sie im Kleiderluxus hinter dem
Krümervvlk der Städte zurückstehen mußten. „Von der eostlichteit der Kleider
komt es vit her, sagt ein Zeitgenosse, daß es so ser abwerts geht mit dem
Adel in deutschen Landen; sie wollen prunken als die reichen Kaufleut in den
stetten tun und wollen nit leiden, daß die Frauen und töchter der Kauf¬
herrn besser und costlicher gekleidet sind, denn ire frauen und töchter und sie
selbs. Aber sie haut das gelt nit, was jene hant." Manche Ausschreitung
des ritterlichen Adels, manche blutige Fehde zwischen Burgleuten und Städtern
zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts hat aus solchem Ingrimm ihren
Anfang genommen. Erst im Laufe des sechzehnten Jahrhunderts lernte der
deutsche und mit ihm der sächsische Adel sich den neuen Verhältnissen an¬
passen, indem er zur Selbstbewirtschaftung der Güter überging, die jüngern
Söhne im Staats- und Heeresdienst unterbrachte und durch bessere Wirtschaft
und Sparsamkeit die Kapitalien aufsammelte, die zur standesgemäßen Aus¬
stattung der Töchter gehörten.
") Von älter» Biographien nenne ich die von Fr, G, ,?>ofmn>in, Katharina von Bora,
Leipzig, 184K, und die von Meurer, Katharina Luther geb. von Bora, L, Aufl., Leipzig, 1L73.
Natürlich sind ihr Wesen und ihre Schicksale auch in den Luthcrbiogrnphien von Kostim und
von Kolbe behandelt, von Kolbe jedoch so, das; ich mich nicht mit allen Urteilen einverstanden
erklären möchte. Das beste, was ich über Katharina von Bora gelesen habe, ist der Aufsatz
„Luther und Käthe" von Sausrath in den „Kleinen Schriften religionsgeschichtlichen Inhalts,"
Leipzig, 18L3,
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