Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Die kulturgeschichtliche Stellung der heutige" Griechen griechischen ^oaxu^t heißt. Es besteht also hier ein ähnliches Verhältnis wie Ethnologisch wichtig ist übrigens noch die italienische Bezeichnung einiger Wie man sieht, hat Italien den zu einem Naturvolk herabgesuuknen Etwa in der Mitte zwischen der Zeit der Berührung mit den Römern Es ist min wieder höchst lehrreich, zu verfolgen, welcher Art die einzelnen Grenzboten III 1899 21
Die kulturgeschichtliche Stellung der heutige» Griechen griechischen ^oaxu^t heißt. Es besteht also hier ein ähnliches Verhältnis wie Ethnologisch wichtig ist übrigens noch die italienische Bezeichnung einiger Wie man sieht, hat Italien den zu einem Naturvolk herabgesuuknen Etwa in der Mitte zwischen der Zeit der Berührung mit den Römern Es ist min wieder höchst lehrreich, zu verfolgen, welcher Art die einzelnen Grenzboten III 1899 21
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Die kulturgeschichtliche Stellung der heutige» Griechen
griechischen ^oaxu^t heißt. Es besteht also hier ein ähnliches Verhältnis wie
im Englischen zwischen e^ik und vsal, ox und lxzsk, slresp und mulden: das Tier als
solches, als Rohprodukt gleichsam, wird mit dem einheimischen, das kunstmüßig
zubereitete Fleisch mit dem fremden Worte benannt. Mehrere Kulturpflanzen
sind den Griechen erst aus Italien wieder zugeführt worden, so z. B. Blumen
wie die Nelke, der Flieder, der Mohn, Früchte wie die Citrone, die Himbeere
und die Erdbeere, Gemüsesorten wie die Kartoffel, die Schote, die Bohne. Von
Mineralien kommen besonders wieder die kunstmäßig bearbeiteten, nicht die Roh¬
produkte, in Betracht, z. B. Stahl und Bronze, sowie einige daraus hergestellte
Metallgegenstände, wie Lampe, Fernrohr, Kompaß, Uhr. Von den mit moderner
Kultur verbundnen Berufszweigen weisen auf Italien die Benennungen für
Stiefelputzer (lustro), Henker (den'a,), sowie auch für unehrenhafte Gewerbe wie
öffentliche Dirne und Kuppler.
Ethnologisch wichtig ist übrigens noch die italienische Bezeichnung einiger
Verwandtschaftsnamen wie Schwager, Gevatter, Onkel, weil dadurch bewiesen
wird, daß zahlreiche Verschwägerungen zwischen griechischen und italienischen
Familien stattgefunden haben, besonders auf den Inseln.
Wie man sieht, hat Italien den zu einem Naturvolk herabgesuuknen
Griechen des Mittelalters gegenüber eine ähnliche Rolle gespielt, wenn auch
nicht in demselben Umfange, wie Frankreich gegenüber den Angelsachsen: es
hat ihnen die Güter einer höhern und raffiniertem Kultur wieder zugänglich
gemacht und so ihre sehr gelockerte Fühlung mit dem Abendlande bis zu einem
gewissen Grade wieder hergestellt. Eine ganz entsprechende Rolle, nur mit
Bezug auf den Orient, haben, wie wir sehen werden, nachmals die Türken
gespielt.
Etwa in der Mitte zwischen der Zeit der Berührung mit den Römern
und Venetianern, also im siebenten und achten Jahrhundert, fand die mit den
Slawen statt. Diese hatte aber wesentlich physisch-ethnologische, weniger
sprachliche Folgen, wie es bei dem niedrigen Kulturzustande der Slawen gegen¬
über den Griechen begreiflich ist. Immerhin hat man — abgesehen von den
zumal im Peloponnes zahlreichen slawischen Ortsnamen — 273 slawische
Lehnwörter im neugriechischen zusammengebracht, wobei aber zu bemerken ist,
daß die allermeisten davon nur lokale Verbreitung haben und besonders ans
die nördlichen Gebiete (Makedonien, Thrakien, Thessalien, Epirus) beschränkt
sind, sodaß nur etwa sechzig übrig bleiben, die man als gcmeingriechisch
bezeichnen kann. Die Mehrzahl davon sind Bezeichnungen für Tiere, Pflanzen,
Geräte und Ackerbau, nur wenige für die Natur, das Haus, die Kleidung und
Nahrung; gar keine für das Staats- und das Kriegswesen.
Es ist min wieder höchst lehrreich, zu verfolgen, welcher Art die einzelnen
Pflanzen, Tiere und Geräte sind, die slawische Namen tragen. Wir finden
von Tiernamcn: das Eichhörnchen, die Eidechse, den Dachs, den Luchs, die
Grenzboten III 1899 21
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