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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Die Zusammensetzung der Bevölkerung des Deutschen Reichs


Das für Deutschland Bezeichnende dieser Znsammensetzung ist, daß die
große Mehrzahl aller seiner Einwohner den Unterhalt der Landwirtschaft wie den
industriellen Gewerben verdankt, und daß sich hierbei diese beiden Abteilungen
die Wage halten. Ehedem war das anders. Soweit Ermittlungen vorliegen,
erweisen sie, daß durchweg bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus die
Landwirtschaft die eine volle Hälfte der Bevölkerung ernährte. Noch 1882
gehörten ihr mehr als zwei Fünftel an. Seither ist der Schwerpunkt nach
der Industrie hin verrückt worden. Sie hat um mehr als vier Millionen
Köpfe, d. h. um 29,5 Prozent zugenommen, hingegen hat die Landwirtschaft
um 724148 oder 4,5 Prozent abgenommen. Das wirtschaftliche Gefüge des
Reichs hat hierdurch wohl eine bemerkenswerte Verschiebung erfahren. Daraus
aber, daß der Anteil der Landwirtschaft gegen 1882 um 6,7 Prozent ver¬
mindert, der der Industrie und des Handels und Verkehrs um 5,3 Prozent
gehoben ist, folgt nun freilich noch nicht, wie wohl hier und da behauptet ist,
als die Zühlungsergebnisse bekannt wurden, daß die industriellen Gewerbe
Deutschland das entscheidende Gepräge seiner wirtschaftlichen Kraftentfaltung
ausdrückten, und daß die Landwirtschaft in ihrer Bedeutung eine Einbuße er¬
litten habe. Dazu würden doch noch andre Vorgänge als die nicht einmal
einschneidende Veränderung in der beteiligten Kopfzahl gehören. Immerhin


Die Zusammensetzung der Bevölkerung des Deutschen Reichs


Das für Deutschland Bezeichnende dieser Znsammensetzung ist, daß die
große Mehrzahl aller seiner Einwohner den Unterhalt der Landwirtschaft wie den
industriellen Gewerben verdankt, und daß sich hierbei diese beiden Abteilungen
die Wage halten. Ehedem war das anders. Soweit Ermittlungen vorliegen,
erweisen sie, daß durchweg bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus die
Landwirtschaft die eine volle Hälfte der Bevölkerung ernährte. Noch 1882
gehörten ihr mehr als zwei Fünftel an. Seither ist der Schwerpunkt nach
der Industrie hin verrückt worden. Sie hat um mehr als vier Millionen
Köpfe, d. h. um 29,5 Prozent zugenommen, hingegen hat die Landwirtschaft
um 724148 oder 4,5 Prozent abgenommen. Das wirtschaftliche Gefüge des
Reichs hat hierdurch wohl eine bemerkenswerte Verschiebung erfahren. Daraus
aber, daß der Anteil der Landwirtschaft gegen 1882 um 6,7 Prozent ver¬
mindert, der der Industrie und des Handels und Verkehrs um 5,3 Prozent
gehoben ist, folgt nun freilich noch nicht, wie wohl hier und da behauptet ist,
als die Zühlungsergebnisse bekannt wurden, daß die industriellen Gewerbe
Deutschland das entscheidende Gepräge seiner wirtschaftlichen Kraftentfaltung
ausdrückten, und daß die Landwirtschaft in ihrer Bedeutung eine Einbuße er¬
litten habe. Dazu würden doch noch andre Vorgänge als die nicht einmal
einschneidende Veränderung in der beteiligten Kopfzahl gehören. Immerhin


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[0132] Die Zusammensetzung der Bevölkerung des Deutschen Reichs zurim Reiche zusammenin den Orten mit Einwohnern - über 10000020000 bis 10»»0»5000 bis 200002000 bis 500»unter 2000 — Anzahl — l 1,^95 Landwirtschaft . Industrie und <1895 Bergbau , . USW Handel und Ver- /1895' lehr .... 11882 HäuslicheDienstc, /1895 Lohnarbeit. . 11882 Öffentliche Dienste -1895 od. freie Berufsart. 11882 Ohne Beruf . . Landwirtschaft . Industrie und /1895 Bergbau . . 11882 Handel und Ber- s189u lehr .... 11882 HnuSlicheDienste, /1895 Lohnarbeit. . 11882 Öffentliche Dienste s1895 od. freieBerufsnrt. 11882 Ohne Beruf . .18501307 19225455 20253241 10058080 5900840 4531080 880807 938294 2335014 2222 982 3327 00!» 2246222 35,8 42,5 39,1 35,5 10^0 1,7 2,1 5,5 4,9 6,4 5,090087 45923 3575455 1575201 1836029 885459 263253 167841 604457 356908 595249 290103 1,4 1,4 50,8 47,3 26,1 26,6 3,8 S,0 9,4 10,7 8,8 8,9168223 141654 2909194 2 191015 1020308 808887 180563 187911 605287 463246 492765 354820 auf 100 V 3,1 3,4 54,1 52,8 19,0 19,5 4^5 11,4 11,2 9,1 8,6634647 562222 4045702 3050757 1036734 886748 191533 242617 579689 517422 585220 434617 nnwohner - 9,0 9,9 57,2 53,6 14,6 15,6 2,7 4,3 8,2 9,1 8,3 7,61551231 1507132 3140752 2810317 751403 602276 111738 163175 330764 282124 431134 309320 24,6 26,3 49,7 49,0 11,9 11,6 1,8 2,9 5,2 4,9 0,8 5.410051119 16908524 6582138 0430790 1322 312 1287710 139720 170750 054817 003282 1222 095 851362 61,8 64,5 25,0 24,4 S,2 4,9 0,6 0,7 2,0 2,3 4,8 3,2 Das für Deutschland Bezeichnende dieser Znsammensetzung ist, daß die große Mehrzahl aller seiner Einwohner den Unterhalt der Landwirtschaft wie den industriellen Gewerben verdankt, und daß sich hierbei diese beiden Abteilungen die Wage halten. Ehedem war das anders. Soweit Ermittlungen vorliegen, erweisen sie, daß durchweg bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus die Landwirtschaft die eine volle Hälfte der Bevölkerung ernährte. Noch 1882 gehörten ihr mehr als zwei Fünftel an. Seither ist der Schwerpunkt nach der Industrie hin verrückt worden. Sie hat um mehr als vier Millionen Köpfe, d. h. um 29,5 Prozent zugenommen, hingegen hat die Landwirtschaft um 724148 oder 4,5 Prozent abgenommen. Das wirtschaftliche Gefüge des Reichs hat hierdurch wohl eine bemerkenswerte Verschiebung erfahren. Daraus aber, daß der Anteil der Landwirtschaft gegen 1882 um 6,7 Prozent ver¬ mindert, der der Industrie und des Handels und Verkehrs um 5,3 Prozent gehoben ist, folgt nun freilich noch nicht, wie wohl hier und da behauptet ist, als die Zühlungsergebnisse bekannt wurden, daß die industriellen Gewerbe Deutschland das entscheidende Gepräge seiner wirtschaftlichen Kraftentfaltung ausdrückten, und daß die Landwirtschaft in ihrer Bedeutung eine Einbuße er¬ litten habe. Dazu würden doch noch andre Vorgänge als die nicht einmal einschneidende Veränderung in der beteiligten Kopfzahl gehören. Immerhin

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/132>, abgerufen am 15.01.2025.