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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Die Erfolge der Palästinafahrt unsers Kaisers

drei neue steinerne Brücken aufgeführt. Ferner wurden die Straßen von Jafa
nach Jerusalem und von dort nach Bethlehem, Hebron und Jericho und weiter
bis zum Toten Meere ausgebessert. Das syrische Waisenhaus, das vor dem
Jafathore Jerusalems liegt, in dem deutsche Lehrer 250 syrische Knaben zu
tüchtigen Handwerkern und Landwirten ausbilden, erhielt endlich die seit Jahren
ersehnte Fahrstraße. Gegen vier Millionen sind so für die Verkehrswege von
der türkischen Regierung aufgewandt worden, die die Hauptniederlassungen
der Deutschen in Halfa, Jafa-Sarona und der Umgegend von Jerusalem in
Beziehung setzen.

In Jafa wurde aus Anlaß der Reise des Kaisers seit dem 1. Oktober 1898
eine deutsche Post eingerichtet, was schon seit Jahren ein vergeblicher Wunsch
der dortigen Deutschen war; bisher waren sie auf das österreichische und
das russische Postamt angewiesen. Wie sehr sich diese Einrichtung bewährt,
können wir daraus sehen, daß am 18. Januar in einer Versammlung deutscher
Männer zu Jerusalem der Wunsch ausgesprochen wurde, es möge auch in
Jerusalem eine deutsche Post errichtet werden, denn seit der deutschen Post in
Jafa sei auch im Lande deutsches Kleingeld im Umlaufe, und das bedeute einen
nicht zu unterschätzenden Fortschritt des deutschen Einflusses.

Bisher war neben dem türkischen Gelde nur das französische allgemein
anerkannte Verkehrsmünze; nach Franken wird überall im Kaufgeschäft gerechnet,
und der Credit Lyonnais vermittelt vor allem den Geldverkehr des Abend¬
landes mit Palästina. Auch hierin vollzieht sich seit den Kaisertagen ein
Umschwung. Im Jahre 1897 gründete die Deutsche Palästina- und Orient¬
gesellschaft, deren Vorsitzender Graf Ziethen-Schwerin ist, in Jerusalem die
erste deutsche Bank unter dem Namen: Deutsche Palästinabank. Anfänglich
hatte sie mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da der Credit Lyonnais das
ganze Geschäft in Händen hatte. Jetzt ist es aber gelungen, diese deutsche
Bank zu einer erfreulichen Entwicklung zu bringen. Schon bei Gelegenheit
der Kaiserreise sind durch die Bank allein Anweisungen im Betrage von
300000 Franken an Deutsche, die den Kaiser begleiteten, ausgezahlt worden.
Wie zahlungskräftig sie jetzt ist, können wir aus folgendem Umstände erkennen.
Als sich der deutsche Konsul von Tischendorf um Beschaffung der für die
Marienbegräbnisstätte zu zahlenden Geldsumme an den Credit Lyonnais wandte,
war dieser ebensowenig wie die Ottomanische Bank imstande, das Geld zu
schaffen. Die Deutsche Palästinabauk genügte der Anfrage und leistete pünktlich
die Zahlung. Seitdem hat die Bank einen solchen Aufschwung genommen,
daß der Aufsichtsrat in seiner Sitzung vom 8. Dezember beschloß, das Grund¬
vermögen zu vergrößern und die Bank in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln,
aber unter Wahrung des deutschen Charakters. Es wird dadurch in erfreulicher
Weise auch Freiherr von Sodens Beobachtung bestätigt, die er 1897 auf seiner
Palästinareise machte, daß das Französische mehr Nachwirkung früherer Zeiten,
nur noch lÄeon as vivro sei, dagegen dem Deutschen für das Gedeihen des


Die Erfolge der Palästinafahrt unsers Kaisers

drei neue steinerne Brücken aufgeführt. Ferner wurden die Straßen von Jafa
nach Jerusalem und von dort nach Bethlehem, Hebron und Jericho und weiter
bis zum Toten Meere ausgebessert. Das syrische Waisenhaus, das vor dem
Jafathore Jerusalems liegt, in dem deutsche Lehrer 250 syrische Knaben zu
tüchtigen Handwerkern und Landwirten ausbilden, erhielt endlich die seit Jahren
ersehnte Fahrstraße. Gegen vier Millionen sind so für die Verkehrswege von
der türkischen Regierung aufgewandt worden, die die Hauptniederlassungen
der Deutschen in Halfa, Jafa-Sarona und der Umgegend von Jerusalem in
Beziehung setzen.

In Jafa wurde aus Anlaß der Reise des Kaisers seit dem 1. Oktober 1898
eine deutsche Post eingerichtet, was schon seit Jahren ein vergeblicher Wunsch
der dortigen Deutschen war; bisher waren sie auf das österreichische und
das russische Postamt angewiesen. Wie sehr sich diese Einrichtung bewährt,
können wir daraus sehen, daß am 18. Januar in einer Versammlung deutscher
Männer zu Jerusalem der Wunsch ausgesprochen wurde, es möge auch in
Jerusalem eine deutsche Post errichtet werden, denn seit der deutschen Post in
Jafa sei auch im Lande deutsches Kleingeld im Umlaufe, und das bedeute einen
nicht zu unterschätzenden Fortschritt des deutschen Einflusses.

Bisher war neben dem türkischen Gelde nur das französische allgemein
anerkannte Verkehrsmünze; nach Franken wird überall im Kaufgeschäft gerechnet,
und der Credit Lyonnais vermittelt vor allem den Geldverkehr des Abend¬
landes mit Palästina. Auch hierin vollzieht sich seit den Kaisertagen ein
Umschwung. Im Jahre 1897 gründete die Deutsche Palästina- und Orient¬
gesellschaft, deren Vorsitzender Graf Ziethen-Schwerin ist, in Jerusalem die
erste deutsche Bank unter dem Namen: Deutsche Palästinabank. Anfänglich
hatte sie mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da der Credit Lyonnais das
ganze Geschäft in Händen hatte. Jetzt ist es aber gelungen, diese deutsche
Bank zu einer erfreulichen Entwicklung zu bringen. Schon bei Gelegenheit
der Kaiserreise sind durch die Bank allein Anweisungen im Betrage von
300000 Franken an Deutsche, die den Kaiser begleiteten, ausgezahlt worden.
Wie zahlungskräftig sie jetzt ist, können wir aus folgendem Umstände erkennen.
Als sich der deutsche Konsul von Tischendorf um Beschaffung der für die
Marienbegräbnisstätte zu zahlenden Geldsumme an den Credit Lyonnais wandte,
war dieser ebensowenig wie die Ottomanische Bank imstande, das Geld zu
schaffen. Die Deutsche Palästinabauk genügte der Anfrage und leistete pünktlich
die Zahlung. Seitdem hat die Bank einen solchen Aufschwung genommen,
daß der Aufsichtsrat in seiner Sitzung vom 8. Dezember beschloß, das Grund¬
vermögen zu vergrößern und die Bank in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln,
aber unter Wahrung des deutschen Charakters. Es wird dadurch in erfreulicher
Weise auch Freiherr von Sodens Beobachtung bestätigt, die er 1897 auf seiner
Palästinareise machte, daß das Französische mehr Nachwirkung früherer Zeiten,
nur noch lÄeon as vivro sei, dagegen dem Deutschen für das Gedeihen des


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[0068] Die Erfolge der Palästinafahrt unsers Kaisers drei neue steinerne Brücken aufgeführt. Ferner wurden die Straßen von Jafa nach Jerusalem und von dort nach Bethlehem, Hebron und Jericho und weiter bis zum Toten Meere ausgebessert. Das syrische Waisenhaus, das vor dem Jafathore Jerusalems liegt, in dem deutsche Lehrer 250 syrische Knaben zu tüchtigen Handwerkern und Landwirten ausbilden, erhielt endlich die seit Jahren ersehnte Fahrstraße. Gegen vier Millionen sind so für die Verkehrswege von der türkischen Regierung aufgewandt worden, die die Hauptniederlassungen der Deutschen in Halfa, Jafa-Sarona und der Umgegend von Jerusalem in Beziehung setzen. In Jafa wurde aus Anlaß der Reise des Kaisers seit dem 1. Oktober 1898 eine deutsche Post eingerichtet, was schon seit Jahren ein vergeblicher Wunsch der dortigen Deutschen war; bisher waren sie auf das österreichische und das russische Postamt angewiesen. Wie sehr sich diese Einrichtung bewährt, können wir daraus sehen, daß am 18. Januar in einer Versammlung deutscher Männer zu Jerusalem der Wunsch ausgesprochen wurde, es möge auch in Jerusalem eine deutsche Post errichtet werden, denn seit der deutschen Post in Jafa sei auch im Lande deutsches Kleingeld im Umlaufe, und das bedeute einen nicht zu unterschätzenden Fortschritt des deutschen Einflusses. Bisher war neben dem türkischen Gelde nur das französische allgemein anerkannte Verkehrsmünze; nach Franken wird überall im Kaufgeschäft gerechnet, und der Credit Lyonnais vermittelt vor allem den Geldverkehr des Abend¬ landes mit Palästina. Auch hierin vollzieht sich seit den Kaisertagen ein Umschwung. Im Jahre 1897 gründete die Deutsche Palästina- und Orient¬ gesellschaft, deren Vorsitzender Graf Ziethen-Schwerin ist, in Jerusalem die erste deutsche Bank unter dem Namen: Deutsche Palästinabank. Anfänglich hatte sie mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da der Credit Lyonnais das ganze Geschäft in Händen hatte. Jetzt ist es aber gelungen, diese deutsche Bank zu einer erfreulichen Entwicklung zu bringen. Schon bei Gelegenheit der Kaiserreise sind durch die Bank allein Anweisungen im Betrage von 300000 Franken an Deutsche, die den Kaiser begleiteten, ausgezahlt worden. Wie zahlungskräftig sie jetzt ist, können wir aus folgendem Umstände erkennen. Als sich der deutsche Konsul von Tischendorf um Beschaffung der für die Marienbegräbnisstätte zu zahlenden Geldsumme an den Credit Lyonnais wandte, war dieser ebensowenig wie die Ottomanische Bank imstande, das Geld zu schaffen. Die Deutsche Palästinabauk genügte der Anfrage und leistete pünktlich die Zahlung. Seitdem hat die Bank einen solchen Aufschwung genommen, daß der Aufsichtsrat in seiner Sitzung vom 8. Dezember beschloß, das Grund¬ vermögen zu vergrößern und die Bank in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, aber unter Wahrung des deutschen Charakters. Es wird dadurch in erfreulicher Weise auch Freiherr von Sodens Beobachtung bestätigt, die er 1897 auf seiner Palästinareise machte, daß das Französische mehr Nachwirkung früherer Zeiten, nur noch lÄeon as vivro sei, dagegen dem Deutschen für das Gedeihen des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/68>, abgerufen am 28.09.2024.