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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Die Erfolge der jpalcistinafahrt unsers Kaisers

Sultans wird dieses Denkmal künftig in deutscher und türkischer Sprache von
dieser bedeutsamen Fahrt melden.

Dieser Eifer ihres erhabnen Herrn, des Sultan-Kalifen konnte seinen
Eindruck nicht verfehlen auf die amtlichen Vertreter des ottomanischen Staats
und der gesamten muhammedanischen Welt. Vor allem gewann man von ihm
den Eindruck eines gerechten Herrschers, der eines muhammedanischen Helden
wie Saladin Gerechtigkeit widerfahren ließ und ihnen nicht als versteckter Feind
gegenübertrat. Dieser Überzeugung gab die Rede des in der muhammedanischen
Welt angesehenen Hauptes, des Ulema zu Damaskus, Ausdruck, der unter
stürmischem Beifall der Bevölkerung aussprach, daß sich Kaiser Wilhelm durch
seinen Besuch nicht nur die Dankbarkeit der Osmanen, sondern auch die be¬
geisterte Liebe von dreihundert Millionen Muhammedanern erworben habe, die
zu dem Kalifen als ihrem geistigen Oberhaupte emporheben. Solche Worte
und der Schluß seiner Rede, worin er namens der Welt des Islams den
Segen Allahs auf den Kaiser, das Deutsche Reich und alle Deutschen herab¬
rief, mögen beweisen, wie stark und mächtig das Erscheinen unsers Kaisers
auf die Muslims gewirkt hat. Man wird dies umsomehr verstehn, wenn man
weiß, mit welchem Hochmut der rechtgläubige Muslim bisher dem Christen
gegenüberstand.

Aber nicht allein von amtlicher Stelle jubelte man unserm Kaiser zu, auch
das gewöhnliche Volk verlieh seinen freundschaftlichen Gefühlen mannigfach
Ausdruck. In Jafa schlangen die Araber, wenn sie einem Deutschen begegneten,
shmbolisch die Hände ineinander und riefen: "Deutschland und Osmauenreich
eins!" Oft hörte man in den Straßen Jerusalems, wie Pastor Schneller, der
Führer unsers Kaisers in und um Jerusalem berichtet, das hübsche arabische
Wortspiel: Ila-nisi rousou inuIMc I-i malg-ils, d. h.: Das sind nicht Könige,
sondern Engel! Begeistert sagte ein Hauptmann zu den Diakonissen der Mädchcn-
cmstalt Talitha Kumi: "Euer Kaiser ist ein rechter Sultan, ich meine, ich hätte
den Propheten gesehen." Kurz und gut, alle Schichte" der Bevölkerung hatte
die Begeisterung ergriffen, und manch ehrlicher Heil- und Segensruf schallte
dem Kaiser nach. Man streckte die Arme nach ihm aus und begrüßte ihn, als
ob er der eigne Landesherr sei. Auch das kaiserliche Gefolge erregte die größte
Bewunderung, denn nicht nur unter den Leibgendarmen, sondern auch unter
den Generalen und Würdenträgern des Kaisers war manche Gestalt, die durch
ihre reckenhaste Größe den Arabern förmlich Schreck einjagte. "Seht die Niesen,
seht die Söhne der Riesen! Kein Wunder, daß denen im Kriege niemand wider¬
stehen kann!" so hörte man sie, wie Schneller erzählt, immer wieder staunend
ausrufen.

So gewannen die Morgenländer den Eindruck, daß Deutschland eine
Weltmacht sei, die wohl imstande sei, wie dies auch die begleitenden prächtigen
Kriegsschiffe bewiesen, ihre Söhne zu schützen. Auch den Vertretern der andern
christlichen Bekenntnisse im heiligen Lande wurde hiermit gezeigt, daß Deutsch-


Die Erfolge der jpalcistinafahrt unsers Kaisers

Sultans wird dieses Denkmal künftig in deutscher und türkischer Sprache von
dieser bedeutsamen Fahrt melden.

Dieser Eifer ihres erhabnen Herrn, des Sultan-Kalifen konnte seinen
Eindruck nicht verfehlen auf die amtlichen Vertreter des ottomanischen Staats
und der gesamten muhammedanischen Welt. Vor allem gewann man von ihm
den Eindruck eines gerechten Herrschers, der eines muhammedanischen Helden
wie Saladin Gerechtigkeit widerfahren ließ und ihnen nicht als versteckter Feind
gegenübertrat. Dieser Überzeugung gab die Rede des in der muhammedanischen
Welt angesehenen Hauptes, des Ulema zu Damaskus, Ausdruck, der unter
stürmischem Beifall der Bevölkerung aussprach, daß sich Kaiser Wilhelm durch
seinen Besuch nicht nur die Dankbarkeit der Osmanen, sondern auch die be¬
geisterte Liebe von dreihundert Millionen Muhammedanern erworben habe, die
zu dem Kalifen als ihrem geistigen Oberhaupte emporheben. Solche Worte
und der Schluß seiner Rede, worin er namens der Welt des Islams den
Segen Allahs auf den Kaiser, das Deutsche Reich und alle Deutschen herab¬
rief, mögen beweisen, wie stark und mächtig das Erscheinen unsers Kaisers
auf die Muslims gewirkt hat. Man wird dies umsomehr verstehn, wenn man
weiß, mit welchem Hochmut der rechtgläubige Muslim bisher dem Christen
gegenüberstand.

Aber nicht allein von amtlicher Stelle jubelte man unserm Kaiser zu, auch
das gewöhnliche Volk verlieh seinen freundschaftlichen Gefühlen mannigfach
Ausdruck. In Jafa schlangen die Araber, wenn sie einem Deutschen begegneten,
shmbolisch die Hände ineinander und riefen: „Deutschland und Osmauenreich
eins!" Oft hörte man in den Straßen Jerusalems, wie Pastor Schneller, der
Führer unsers Kaisers in und um Jerusalem berichtet, das hübsche arabische
Wortspiel: Ila-nisi rousou inuIMc I-i malg-ils, d. h.: Das sind nicht Könige,
sondern Engel! Begeistert sagte ein Hauptmann zu den Diakonissen der Mädchcn-
cmstalt Talitha Kumi: „Euer Kaiser ist ein rechter Sultan, ich meine, ich hätte
den Propheten gesehen." Kurz und gut, alle Schichte» der Bevölkerung hatte
die Begeisterung ergriffen, und manch ehrlicher Heil- und Segensruf schallte
dem Kaiser nach. Man streckte die Arme nach ihm aus und begrüßte ihn, als
ob er der eigne Landesherr sei. Auch das kaiserliche Gefolge erregte die größte
Bewunderung, denn nicht nur unter den Leibgendarmen, sondern auch unter
den Generalen und Würdenträgern des Kaisers war manche Gestalt, die durch
ihre reckenhaste Größe den Arabern förmlich Schreck einjagte. „Seht die Niesen,
seht die Söhne der Riesen! Kein Wunder, daß denen im Kriege niemand wider¬
stehen kann!" so hörte man sie, wie Schneller erzählt, immer wieder staunend
ausrufen.

So gewannen die Morgenländer den Eindruck, daß Deutschland eine
Weltmacht sei, die wohl imstande sei, wie dies auch die begleitenden prächtigen
Kriegsschiffe bewiesen, ihre Söhne zu schützen. Auch den Vertretern der andern
christlichen Bekenntnisse im heiligen Lande wurde hiermit gezeigt, daß Deutsch-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/66>, abgerufen am 28.09.2024.