Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.Heinrich Abeken Daß er tief eingeweiht war, versteht sich von selbst; er hatte in diesen Jahren So war Abeken auch allein beim König in Eins, während Bismarck in Schon im Ma 186" sagte Bernhardi zu Usedom in Florenz, "daß alle wichtigen Dinge durch Keudell und Abeken gehn/' Aus dem Leben Th, i>. B, VII, 7. Vergl. much S- 389, 84V. Dafür war seine Frau als aufmerksame und teilnehmende Zeugin bei ihm. DaS
schöne Kapitel "Krieg mit Frankreich" stammt in seiner ersten Hälfte ganz aus ihrer feinen Feder. Heinrich Abeken Daß er tief eingeweiht war, versteht sich von selbst; er hatte in diesen Jahren So war Abeken auch allein beim König in Eins, während Bismarck in Schon im Ma 186» sagte Bernhardi zu Usedom in Florenz, „daß alle wichtigen Dinge durch Keudell und Abeken gehn/' Aus dem Leben Th, i>. B, VII, 7. Vergl. much S- 389, 84V. Dafür war seine Frau als aufmerksame und teilnehmende Zeugin bei ihm. DaS
schöne Kapitel „Krieg mit Frankreich" stammt in seiner ersten Hälfte ganz aus ihrer feinen Feder. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0535" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230967"/> <fw type="header" place="top"> Heinrich Abeken</fw><lb/> <p xml:id="ID_1795" prev="#ID_1794"> Daß er tief eingeweiht war, versteht sich von selbst; er hatte in diesen Jahren<lb/> besonders die Angelegenheit der Welfenlegion, die luxemburgische Sache, die<lb/> Vorbereitungen zum vatikanischen Konzil und die spanische Thronkandidatur<lb/> zu bearbeiten. Jedenfalls sah er einem Konflikte sehr ruhig entgegen, denn<lb/> er hatte die wachsende Konsolidation Norddeutschlands vor Angen, die er auf<lb/> seinen Reisen im Gefolge des Königs beobachten konnte. Mit ihm war er<lb/> 1867 in den neuerworbnen Westprovinzen, wobei er am 3. Oktober die Huldigung<lb/> des ersten norddeutschen Reichstags auf der Burg Hohenzollern mit erlebte,<lb/> 1868 in Schleswig-Holstein. Auch in den Geschäften spürte er das Aufsteigen<lb/> der gesamtdeutschen Interessen: „Die preußische Politik ruht, der norddeutsche<lb/> Bund absorbiert alles," schrieb er schon am 27. September 1867. Seine amt¬<lb/> liche und persönliche Stellung war sehr bedeutsam geworden; seit dem 14. August<lb/> 1866 Wirklicher Geheimer Legationsrat hatte er den unmittelbaren Vortrag<lb/> beim König, der ihm immer mit gütigem Wohlwollen begegnete, und selbst<lb/> der Kronprinz sagte ihm einmal lachend, er sei jetzt seine Autorität in poli¬<lb/> tischen Dingen.")</p><lb/> <p xml:id="ID_1796" next="#ID_1797"> So war Abeken auch allein beim König in Eins, während Bismarck in<lb/> Varzin Karlsbader trank, als im Juli 1870 die französische Kriegsgefahr ur¬<lb/> plötzlich heraufstieg. Bald war er mit Arbeiten so überhäuft, daß er vom<lb/> 6. Juli ab nicht einmal mehr zu seinem Tagebuche kam, geschweige denn zu<lb/> Briefen;"") namentlich nach Benedettis Ankunft am 8. Juli wollte das Kon¬<lb/> zipieren, Chiffrieren und Dechiffrieren kein Ende nehmen. Trotzdem blieb der<lb/> König bei guter Laune; als ihm Abeken einmal vortragen mußte, Bismarck<lb/> habe sich beklagt, daß man von Ems aus so viel Tinte in seinen Karlsbader<lb/> Brunnen gieße, bemerkte er lächelnd: „Ja so sind die Herren, und was uns<lb/> hier in unsern Emser gegossen wird, das kümmert niemand." Abekens Urteil<lb/> über die ganze Frage stand von Anfang an fest und stimmte mit dem Bismarcks<lb/> völlig überein. Gleich in den ersten Tagen sagte er: „Es thut mir ordentlich<lb/> leid, daß unter diesen Umständen der Erbprinz von Hohenzollern von selbst<lb/> zurücktreten wird. Der einzige Ausweg, den wir dann haben, ist, uns ihnen<lb/> (den Franzosen) zum Trotz mit Süddeutschland zu einigen, sonst ist unsre Ehre<lb/> befleckt." So war er „in schweren Sorgen," als am 12. Juli die Depesche<lb/> von dem Verzicht des Prinzen Leopold eintraf; als aber Werther aus Paris<lb/> telegraphierte, Gramont verlange vom König einen Entschuldigungsbrief und<lb/> für die Zukunft weitere Garantien, sagte er: „Das hätte ich nicht geglaubt,<lb/> das; der arme Werther ein solches Ende nehmen würde. Diese Depesche kann</p><lb/> <note xml:id="FID_138" place="foot"> Schon im Ma 186» sagte Bernhardi zu Usedom in Florenz, „daß alle wichtigen<lb/> Dinge durch Keudell und Abeken gehn/' Aus dem Leben Th, i>. B, VII, 7. Vergl. much<lb/> S- 389, 84V.</note><lb/> <note xml:id="FID_139" place="foot"> Dafür war seine Frau als aufmerksame und teilnehmende Zeugin bei ihm. DaS<lb/> schöne Kapitel „Krieg mit Frankreich" stammt in seiner ersten Hälfte ganz aus ihrer feinen<lb/> Feder.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0535]
Heinrich Abeken
Daß er tief eingeweiht war, versteht sich von selbst; er hatte in diesen Jahren
besonders die Angelegenheit der Welfenlegion, die luxemburgische Sache, die
Vorbereitungen zum vatikanischen Konzil und die spanische Thronkandidatur
zu bearbeiten. Jedenfalls sah er einem Konflikte sehr ruhig entgegen, denn
er hatte die wachsende Konsolidation Norddeutschlands vor Angen, die er auf
seinen Reisen im Gefolge des Königs beobachten konnte. Mit ihm war er
1867 in den neuerworbnen Westprovinzen, wobei er am 3. Oktober die Huldigung
des ersten norddeutschen Reichstags auf der Burg Hohenzollern mit erlebte,
1868 in Schleswig-Holstein. Auch in den Geschäften spürte er das Aufsteigen
der gesamtdeutschen Interessen: „Die preußische Politik ruht, der norddeutsche
Bund absorbiert alles," schrieb er schon am 27. September 1867. Seine amt¬
liche und persönliche Stellung war sehr bedeutsam geworden; seit dem 14. August
1866 Wirklicher Geheimer Legationsrat hatte er den unmittelbaren Vortrag
beim König, der ihm immer mit gütigem Wohlwollen begegnete, und selbst
der Kronprinz sagte ihm einmal lachend, er sei jetzt seine Autorität in poli¬
tischen Dingen.")
So war Abeken auch allein beim König in Eins, während Bismarck in
Varzin Karlsbader trank, als im Juli 1870 die französische Kriegsgefahr ur¬
plötzlich heraufstieg. Bald war er mit Arbeiten so überhäuft, daß er vom
6. Juli ab nicht einmal mehr zu seinem Tagebuche kam, geschweige denn zu
Briefen;"") namentlich nach Benedettis Ankunft am 8. Juli wollte das Kon¬
zipieren, Chiffrieren und Dechiffrieren kein Ende nehmen. Trotzdem blieb der
König bei guter Laune; als ihm Abeken einmal vortragen mußte, Bismarck
habe sich beklagt, daß man von Ems aus so viel Tinte in seinen Karlsbader
Brunnen gieße, bemerkte er lächelnd: „Ja so sind die Herren, und was uns
hier in unsern Emser gegossen wird, das kümmert niemand." Abekens Urteil
über die ganze Frage stand von Anfang an fest und stimmte mit dem Bismarcks
völlig überein. Gleich in den ersten Tagen sagte er: „Es thut mir ordentlich
leid, daß unter diesen Umständen der Erbprinz von Hohenzollern von selbst
zurücktreten wird. Der einzige Ausweg, den wir dann haben, ist, uns ihnen
(den Franzosen) zum Trotz mit Süddeutschland zu einigen, sonst ist unsre Ehre
befleckt." So war er „in schweren Sorgen," als am 12. Juli die Depesche
von dem Verzicht des Prinzen Leopold eintraf; als aber Werther aus Paris
telegraphierte, Gramont verlange vom König einen Entschuldigungsbrief und
für die Zukunft weitere Garantien, sagte er: „Das hätte ich nicht geglaubt,
das; der arme Werther ein solches Ende nehmen würde. Diese Depesche kann
Schon im Ma 186» sagte Bernhardi zu Usedom in Florenz, „daß alle wichtigen
Dinge durch Keudell und Abeken gehn/' Aus dem Leben Th, i>. B, VII, 7. Vergl. much
S- 389, 84V.
Dafür war seine Frau als aufmerksame und teilnehmende Zeugin bei ihm. DaS
schöne Kapitel „Krieg mit Frankreich" stammt in seiner ersten Hälfte ganz aus ihrer feinen
Feder.
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