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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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der Bruder des regierenden Herzogs Alfred, Prinz Arthur, Herzog von Connaught,
geboren 1. Mai 1850. Am 10. April 1899 hat der Herzog seine Ansprüche
an die Erbfolge durch eine Erklärung an den vereinigten Landtag Coburg-
Gotha ausdrücklich festgestellt.

Aus der Ehe mit der Tochter des Prinzen Friedrich Karl, der Prinzessin
Luise Margarete von Preußen, entstammt ein Sohn, der am 13. Januar
1883 in Windsor geborne Prinz Arthur. Würde der Herzog aus irgend
einem Grunde aus der Erbfolge ausscheiden, so käme zunächst der einzige Sohn
des 1884 verstorbnen Herzogs von Albany, Prinz Karl Eduard, jetziger
Herzog von Albany, an die Reihe, der am 19. Juli 1884 zu Clciremont ge¬
boren wurde und, wie sein Vetter Prinz Arthur, in Eton erzogen wird. Seine
Mutter ist ebenfalls eine Deutsche, die Schwester der Königin-Mutter von
Holland, Prinzessin Helene zu Waldeck-Pyrmont. Hierauf ist leider kein
großes Gewicht zu legen, denn eine traurige Erfahrung hat gelehrt, daß
deutsche Fürstinnen in fremder Umgebung, besonders in England, ihr deutsches
Empfinden meist ganz verlieren, und daß es ohne Einfluß auf die Erziehung
ihrer Söhne zu bleiben pflegt.

Es sind also wenige Augen, auf denen die Zukunft der deutschen Herzog¬
tümer beruht: Herzog von Connaught -- Herzog von Athems -- Prinz von
Connaught. Schaut man weiter auf die Möglichkeiten, die sich bieten, so
wird der Ausblick noch trüber. Ist zur Zeit eines Erbfalles aus der Spezial-
linie des Prinzen Albert nur noch der König von England vorhanden, so
tritt dieser die Regierung an und hat sie durch einen Statthalter so lange
zu führen, bis sie von einem volljährigen Prinzen aus jener Speziallinie
übernommen werden kann. Gesetzt den Fall, der Prinz von Wales würde
morgen König von England, der minderjährige Herzog von Albany aber erb¬
berechtigt in Coburg-Gotha, so hätte der Prinz von Wales als König von
England bis zur Regierungsmündigkeit des Herzogs, d. h. bis zu dessen ein¬
undzwanzigsten Lebensjahre, das Land durch einen Statthalter zu regieren.
Bei weitern Zwischenfällen könnte dieselbe Rolle dem Sohne des Prinzen von
Wales, dem Herzoge von Aork zufallen, bis etwa dessen zweiter Sohn, der
am 14. Dezember 1895 geborne Prinz Albert, regierungsmündig geworden
sein würde, was im Jahre 1916 einträte; und ähnliches mehr.

In weiterer Ferne liegt die Wahrscheinlichkeit, portugiesische, bulgarische
und belgische Prinzen auf dem Coburger Thron zu sehen -- ausgeschlossen
ist sie indes keineswegs-

Hält man sich aber auch nur an die mehr oder minder wahrscheinlich
eintretenden Ereignisse, so ist die Möglichkeit gegeben, daß die Erbfolge in
den Herzogtümern dauernd von England ans versorgt wird.

Sehen wir zunächst davon ab, daß diese Möglichkeit auf einem völlig
unangreifbaren Rechtverhältnis beruht, und fragen wir uns, wie sich das
öffentliche Urteil in England einerseits, in Deutschland anderseits damit ab-


der Bruder des regierenden Herzogs Alfred, Prinz Arthur, Herzog von Connaught,
geboren 1. Mai 1850. Am 10. April 1899 hat der Herzog seine Ansprüche
an die Erbfolge durch eine Erklärung an den vereinigten Landtag Coburg-
Gotha ausdrücklich festgestellt.

Aus der Ehe mit der Tochter des Prinzen Friedrich Karl, der Prinzessin
Luise Margarete von Preußen, entstammt ein Sohn, der am 13. Januar
1883 in Windsor geborne Prinz Arthur. Würde der Herzog aus irgend
einem Grunde aus der Erbfolge ausscheiden, so käme zunächst der einzige Sohn
des 1884 verstorbnen Herzogs von Albany, Prinz Karl Eduard, jetziger
Herzog von Albany, an die Reihe, der am 19. Juli 1884 zu Clciremont ge¬
boren wurde und, wie sein Vetter Prinz Arthur, in Eton erzogen wird. Seine
Mutter ist ebenfalls eine Deutsche, die Schwester der Königin-Mutter von
Holland, Prinzessin Helene zu Waldeck-Pyrmont. Hierauf ist leider kein
großes Gewicht zu legen, denn eine traurige Erfahrung hat gelehrt, daß
deutsche Fürstinnen in fremder Umgebung, besonders in England, ihr deutsches
Empfinden meist ganz verlieren, und daß es ohne Einfluß auf die Erziehung
ihrer Söhne zu bleiben pflegt.

Es sind also wenige Augen, auf denen die Zukunft der deutschen Herzog¬
tümer beruht: Herzog von Connaught — Herzog von Athems — Prinz von
Connaught. Schaut man weiter auf die Möglichkeiten, die sich bieten, so
wird der Ausblick noch trüber. Ist zur Zeit eines Erbfalles aus der Spezial-
linie des Prinzen Albert nur noch der König von England vorhanden, so
tritt dieser die Regierung an und hat sie durch einen Statthalter so lange
zu führen, bis sie von einem volljährigen Prinzen aus jener Speziallinie
übernommen werden kann. Gesetzt den Fall, der Prinz von Wales würde
morgen König von England, der minderjährige Herzog von Albany aber erb¬
berechtigt in Coburg-Gotha, so hätte der Prinz von Wales als König von
England bis zur Regierungsmündigkeit des Herzogs, d. h. bis zu dessen ein¬
undzwanzigsten Lebensjahre, das Land durch einen Statthalter zu regieren.
Bei weitern Zwischenfällen könnte dieselbe Rolle dem Sohne des Prinzen von
Wales, dem Herzoge von Aork zufallen, bis etwa dessen zweiter Sohn, der
am 14. Dezember 1895 geborne Prinz Albert, regierungsmündig geworden
sein würde, was im Jahre 1916 einträte; und ähnliches mehr.

In weiterer Ferne liegt die Wahrscheinlichkeit, portugiesische, bulgarische
und belgische Prinzen auf dem Coburger Thron zu sehen — ausgeschlossen
ist sie indes keineswegs-

Hält man sich aber auch nur an die mehr oder minder wahrscheinlich
eintretenden Ereignisse, so ist die Möglichkeit gegeben, daß die Erbfolge in
den Herzogtümern dauernd von England ans versorgt wird.

Sehen wir zunächst davon ab, daß diese Möglichkeit auf einem völlig
unangreifbaren Rechtverhältnis beruht, und fragen wir uns, wie sich das
öffentliche Urteil in England einerseits, in Deutschland anderseits damit ab-


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[0462] der Bruder des regierenden Herzogs Alfred, Prinz Arthur, Herzog von Connaught, geboren 1. Mai 1850. Am 10. April 1899 hat der Herzog seine Ansprüche an die Erbfolge durch eine Erklärung an den vereinigten Landtag Coburg- Gotha ausdrücklich festgestellt. Aus der Ehe mit der Tochter des Prinzen Friedrich Karl, der Prinzessin Luise Margarete von Preußen, entstammt ein Sohn, der am 13. Januar 1883 in Windsor geborne Prinz Arthur. Würde der Herzog aus irgend einem Grunde aus der Erbfolge ausscheiden, so käme zunächst der einzige Sohn des 1884 verstorbnen Herzogs von Albany, Prinz Karl Eduard, jetziger Herzog von Albany, an die Reihe, der am 19. Juli 1884 zu Clciremont ge¬ boren wurde und, wie sein Vetter Prinz Arthur, in Eton erzogen wird. Seine Mutter ist ebenfalls eine Deutsche, die Schwester der Königin-Mutter von Holland, Prinzessin Helene zu Waldeck-Pyrmont. Hierauf ist leider kein großes Gewicht zu legen, denn eine traurige Erfahrung hat gelehrt, daß deutsche Fürstinnen in fremder Umgebung, besonders in England, ihr deutsches Empfinden meist ganz verlieren, und daß es ohne Einfluß auf die Erziehung ihrer Söhne zu bleiben pflegt. Es sind also wenige Augen, auf denen die Zukunft der deutschen Herzog¬ tümer beruht: Herzog von Connaught — Herzog von Athems — Prinz von Connaught. Schaut man weiter auf die Möglichkeiten, die sich bieten, so wird der Ausblick noch trüber. Ist zur Zeit eines Erbfalles aus der Spezial- linie des Prinzen Albert nur noch der König von England vorhanden, so tritt dieser die Regierung an und hat sie durch einen Statthalter so lange zu führen, bis sie von einem volljährigen Prinzen aus jener Speziallinie übernommen werden kann. Gesetzt den Fall, der Prinz von Wales würde morgen König von England, der minderjährige Herzog von Albany aber erb¬ berechtigt in Coburg-Gotha, so hätte der Prinz von Wales als König von England bis zur Regierungsmündigkeit des Herzogs, d. h. bis zu dessen ein¬ undzwanzigsten Lebensjahre, das Land durch einen Statthalter zu regieren. Bei weitern Zwischenfällen könnte dieselbe Rolle dem Sohne des Prinzen von Wales, dem Herzoge von Aork zufallen, bis etwa dessen zweiter Sohn, der am 14. Dezember 1895 geborne Prinz Albert, regierungsmündig geworden sein würde, was im Jahre 1916 einträte; und ähnliches mehr. In weiterer Ferne liegt die Wahrscheinlichkeit, portugiesische, bulgarische und belgische Prinzen auf dem Coburger Thron zu sehen — ausgeschlossen ist sie indes keineswegs- Hält man sich aber auch nur an die mehr oder minder wahrscheinlich eintretenden Ereignisse, so ist die Möglichkeit gegeben, daß die Erbfolge in den Herzogtümern dauernd von England ans versorgt wird. Sehen wir zunächst davon ab, daß diese Möglichkeit auf einem völlig unangreifbaren Rechtverhältnis beruht, und fragen wir uns, wie sich das öffentliche Urteil in England einerseits, in Deutschland anderseits damit ab-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/462>, abgerufen am 28.09.2024.