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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Der Bernstein als Stoff für das Runstgewerbe

bekannt. Neben Hans Klingenberg tritt vor allem Joachim Schönemann als
Lieferant des Hofes am Anfange des siebzehnten Jahrhunderts hervor. Aus
der Menge der von ihnen gelieferten Gegenstände sind besonders zu nennen:
Kompasse, Pulverflaschen, Tintenfässer, Würfel, Jägerhörner, gedrehte und
geschnitzte Becher, Uhrgehäuse, Brettspiele, Laden, Knötchen, Schalen, Kannen,
Flaschen, Löffel, Kredenzmesser, Ketten, Armbänder, Halsbändchen, Stäbe oder
Stöcke, auch figürliche Arbeiten, Porträts. Vielfach kommen Bernsteinmesser
und Büchschen vor; öfters wird der Fassung in Gold oder Silber gedacht,
insbesondre bei Kannen oder Konfektschalen; bei den Brettspielen wurde ent¬
weder Silber oder Ebenholz in Verbindung mit Bernstein verwandt; die Bern¬
steinfelder waren dabei vielfach von der Unterseite in einer sehr wirkungsvollen
Weise mit Ornamenten oder Figuren graviert, häufig auch mit Zinnfolien
unterlegt, wie wir dies noch bei verschiednen erhaltnen Exemplaren, z. B. im
Museum zu Gotha sehen.

Ganze kirchliche Ausstattungen wurden in Bernstein gearbeitet, Altäre
(Hausaltarchen), Kruzifixe, Kelche, Gießbecken, Gießkannen, Patenen, Kirchen¬
leuchter; anch ein Kondor, d. h. wohl ein kleines Spind- oder kabinettartiges
Möbel wird erwähnt. Neben den Königsberger Bernsteindrehern lieferten
auch Danziger, wie z. B. 1618 Peter Hegewald, zum Teil durch Vermittlung
der Jaskis am Anfang des siebzehnten Jahrhunderts für den preußischen Hof
oder für den Kurfürsten nach Berlin Bernsteinsachen; auch ein Lübecker Meister,
Daniel Hindenberg, fertigte 1615 sehr kostbare Arbeiten, zwei Knötchen für
800 Thaler. Im Nachlaß der Königin Elisabeth von Frankreich fand sich
1593 ein Trinkgeschirr mit seiner Hülle, ganz aus Bernstein, ein Geschenk der
Herzogin von Preußen. Im Jahre 1607 übersandte die Herzogin Maria
Leonore von Preußen dem Kaiser schöne Bernsteingeschenke. Im Jahre 1609
werden dem Bischof von Kulm und Großkanzler von Polen, Laurentius
Gembicki, durch den zum kurfürstlichen Geheimrat ernannten Andreas Jüschke
ein Rosarium (Rosenkranz) und eine Peitsche aus Bernstein prüsentiert. Bei
solchen Geschenken spielte selbstverständlich die kostbare Fassung in Edelmetall
eine große Rolle.

Das Verzeichnis der in den Jahren 1635 und 1636 an den französischen
und den englischen Gesandten, Claude de Mesmes und George Douglas -- für
deren Bemühungen um das Zustandekommen des Friedens nach dem ersten
schwedisch-polnischen Kriege -- verehrten Bernsteingeschenke füllt fast eine Seite
eines Rechnungsbuches; allein die "Börnstein-Handels-Verwandten" Jäschke
(Jaski) in Danzig waren bei der Lieferung mit 7386 Mark beteiligt; dazu
kommt noch, was ein Königsberger Meister, Georg Schreiber, an Brettspielen,
Lädchen, wolkcnfarbigen und klaren Ketten, Armbändern, Rosarien, Decimern,
Messern und andern Sachen lieferte. Auch Spicgelrahmen ans Bernstein finde
ich hierbei zum erstenmale genannt; Sanduhren werden in jener Zeit öfter
erwähnt.


Der Bernstein als Stoff für das Runstgewerbe

bekannt. Neben Hans Klingenberg tritt vor allem Joachim Schönemann als
Lieferant des Hofes am Anfange des siebzehnten Jahrhunderts hervor. Aus
der Menge der von ihnen gelieferten Gegenstände sind besonders zu nennen:
Kompasse, Pulverflaschen, Tintenfässer, Würfel, Jägerhörner, gedrehte und
geschnitzte Becher, Uhrgehäuse, Brettspiele, Laden, Knötchen, Schalen, Kannen,
Flaschen, Löffel, Kredenzmesser, Ketten, Armbänder, Halsbändchen, Stäbe oder
Stöcke, auch figürliche Arbeiten, Porträts. Vielfach kommen Bernsteinmesser
und Büchschen vor; öfters wird der Fassung in Gold oder Silber gedacht,
insbesondre bei Kannen oder Konfektschalen; bei den Brettspielen wurde ent¬
weder Silber oder Ebenholz in Verbindung mit Bernstein verwandt; die Bern¬
steinfelder waren dabei vielfach von der Unterseite in einer sehr wirkungsvollen
Weise mit Ornamenten oder Figuren graviert, häufig auch mit Zinnfolien
unterlegt, wie wir dies noch bei verschiednen erhaltnen Exemplaren, z. B. im
Museum zu Gotha sehen.

Ganze kirchliche Ausstattungen wurden in Bernstein gearbeitet, Altäre
(Hausaltarchen), Kruzifixe, Kelche, Gießbecken, Gießkannen, Patenen, Kirchen¬
leuchter; anch ein Kondor, d. h. wohl ein kleines Spind- oder kabinettartiges
Möbel wird erwähnt. Neben den Königsberger Bernsteindrehern lieferten
auch Danziger, wie z. B. 1618 Peter Hegewald, zum Teil durch Vermittlung
der Jaskis am Anfang des siebzehnten Jahrhunderts für den preußischen Hof
oder für den Kurfürsten nach Berlin Bernsteinsachen; auch ein Lübecker Meister,
Daniel Hindenberg, fertigte 1615 sehr kostbare Arbeiten, zwei Knötchen für
800 Thaler. Im Nachlaß der Königin Elisabeth von Frankreich fand sich
1593 ein Trinkgeschirr mit seiner Hülle, ganz aus Bernstein, ein Geschenk der
Herzogin von Preußen. Im Jahre 1607 übersandte die Herzogin Maria
Leonore von Preußen dem Kaiser schöne Bernsteingeschenke. Im Jahre 1609
werden dem Bischof von Kulm und Großkanzler von Polen, Laurentius
Gembicki, durch den zum kurfürstlichen Geheimrat ernannten Andreas Jüschke
ein Rosarium (Rosenkranz) und eine Peitsche aus Bernstein prüsentiert. Bei
solchen Geschenken spielte selbstverständlich die kostbare Fassung in Edelmetall
eine große Rolle.

Das Verzeichnis der in den Jahren 1635 und 1636 an den französischen
und den englischen Gesandten, Claude de Mesmes und George Douglas — für
deren Bemühungen um das Zustandekommen des Friedens nach dem ersten
schwedisch-polnischen Kriege — verehrten Bernsteingeschenke füllt fast eine Seite
eines Rechnungsbuches; allein die „Börnstein-Handels-Verwandten" Jäschke
(Jaski) in Danzig waren bei der Lieferung mit 7386 Mark beteiligt; dazu
kommt noch, was ein Königsberger Meister, Georg Schreiber, an Brettspielen,
Lädchen, wolkcnfarbigen und klaren Ketten, Armbändern, Rosarien, Decimern,
Messern und andern Sachen lieferte. Auch Spicgelrahmen ans Bernstein finde
ich hierbei zum erstenmale genannt; Sanduhren werden in jener Zeit öfter
erwähnt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/299>, abgerufen am 28.09.2024.