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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Die Streitkräfte Italiens

Als Eisenbahntruppen sind nur 6 Kompagnien zu einer Brigade formiert.

Zum aktiven Heere rechnen auch die Karabiniers, 21000 Mann zu Fuß
und etwa 4000 zu Pferde, in 11 Legionen und 43 Divisionen nebst einer
Elevenlegion, ferner die Mannschaften für die 12 Sarnath- und Verpflegungs¬
magazine, der beiden Invaliden- und 11 Strafkompagnien.

Das Offizierkorps rekrutiert sich zu einem sehr großen Prozentsätze aus
den Militärbildungsanstalten, d. h. den Kadettenkorps; diese wie die Kriegs¬
schulen sind nach Waffen getrennt. Nach dem neusten Stande umfaßt die
Friedensstärke: 14300 Offiziere. Für eine Mobilmachung stehen schätzungs¬
weise noch 24000 diensttaugliche, zur Zeit in Disposition befindliche und zum
Beurlaubtenstande zählende Offiziere zur Verfügung.

An Unteroffizieren und Mannschaften zählte der Gesamtfriedcnssiand
241000 Kopfe; an Pferden und Saumtieren 49000.

Je nachdem die strategischen Bedingungen es gebieten, sollen im Kriege
einzelne Armeekorps zu Armeen zusammengezogen werden.

Dieser Friedensstand kann bei einer Mobilmachung durch 500000 Reserven,
330000 mobile und 400000 territoriale Milizen verstärkt werden, sodaß sich
ein kriegsmäßig ausgebildetes Heer von nahezu anderthalb Millionen Streitern
ergiebt. Im äußersten Falle stünden aus den Kategorien II und III, die wir
vorhin erwähnt haben, noch über 500000 oder gegen 1450000 Mann zur
Disposition, die aber nur eine ungenügende oder gar keine militärische Aus¬
bildung genossen haben. Von dieser Friedensstärke, die ausschließlich für
Europüisch-Jtalien in Frage kommt, sind 2000 Mann in Abrechnung zu bringen,
die stündig in den Kolonien garnisoniert sind und der durch 8000 Eingeborne
vermehrten Kolonialarmee als Stamm dienen.

Damit haben wir die italienischen Streitkräfte zu Lande für Frieden und
Krieg kennen gelernt. Das gewaltige Heer fordert unsre volle Bewunderung
um so mehr heraus, als es gleichsam aus dem Nichts und in recht kurzer Zeit
geschaffen worden ist. Einer seiner Hauptvorzüge aber ist die ausgezeichnete
Organisation, die einen raschen Übergang aus dem Friedensstande in das
mobile Verhältnis ermöglicht; es ist so ziemlich das Wichtigste unter den
heutigen Verhältnissen. Die zahlreich vorhandnen Kadres und Offiziere werden
beim Ausbruch eines Krieges von unermeßlichen Vorteil sein.

In dem Maße, wie das Heer nach seiner äußern Form gewachsen ist,
hat auch seiue innere Tüchtigkeit zugenommen. Wer Gelegenheit gehabt hat,
seine Ausbildung von der Nekrutenschule an bis zum großen Manöver zu
folgen, wird rückhaltlos anerkennen, daß in allen Stadien der Ausbildung in
den letzten Jahren ganz bedeutende Fortschritte gemacht worden sind; bei der
Artillerie in besonderm Maße, noch mehr bei den übrigen SpezialWaffen, und
mit diesen wetteifern Infanterie und Kavallerie. Man muß natürlich an den
lebhaften Sohn des Südens einen andern Maßstab legen als an den strammen


Die Streitkräfte Italiens

Als Eisenbahntruppen sind nur 6 Kompagnien zu einer Brigade formiert.

Zum aktiven Heere rechnen auch die Karabiniers, 21000 Mann zu Fuß
und etwa 4000 zu Pferde, in 11 Legionen und 43 Divisionen nebst einer
Elevenlegion, ferner die Mannschaften für die 12 Sarnath- und Verpflegungs¬
magazine, der beiden Invaliden- und 11 Strafkompagnien.

Das Offizierkorps rekrutiert sich zu einem sehr großen Prozentsätze aus
den Militärbildungsanstalten, d. h. den Kadettenkorps; diese wie die Kriegs¬
schulen sind nach Waffen getrennt. Nach dem neusten Stande umfaßt die
Friedensstärke: 14300 Offiziere. Für eine Mobilmachung stehen schätzungs¬
weise noch 24000 diensttaugliche, zur Zeit in Disposition befindliche und zum
Beurlaubtenstande zählende Offiziere zur Verfügung.

An Unteroffizieren und Mannschaften zählte der Gesamtfriedcnssiand
241000 Kopfe; an Pferden und Saumtieren 49000.

Je nachdem die strategischen Bedingungen es gebieten, sollen im Kriege
einzelne Armeekorps zu Armeen zusammengezogen werden.

Dieser Friedensstand kann bei einer Mobilmachung durch 500000 Reserven,
330000 mobile und 400000 territoriale Milizen verstärkt werden, sodaß sich
ein kriegsmäßig ausgebildetes Heer von nahezu anderthalb Millionen Streitern
ergiebt. Im äußersten Falle stünden aus den Kategorien II und III, die wir
vorhin erwähnt haben, noch über 500000 oder gegen 1450000 Mann zur
Disposition, die aber nur eine ungenügende oder gar keine militärische Aus¬
bildung genossen haben. Von dieser Friedensstärke, die ausschließlich für
Europüisch-Jtalien in Frage kommt, sind 2000 Mann in Abrechnung zu bringen,
die stündig in den Kolonien garnisoniert sind und der durch 8000 Eingeborne
vermehrten Kolonialarmee als Stamm dienen.

Damit haben wir die italienischen Streitkräfte zu Lande für Frieden und
Krieg kennen gelernt. Das gewaltige Heer fordert unsre volle Bewunderung
um so mehr heraus, als es gleichsam aus dem Nichts und in recht kurzer Zeit
geschaffen worden ist. Einer seiner Hauptvorzüge aber ist die ausgezeichnete
Organisation, die einen raschen Übergang aus dem Friedensstande in das
mobile Verhältnis ermöglicht; es ist so ziemlich das Wichtigste unter den
heutigen Verhältnissen. Die zahlreich vorhandnen Kadres und Offiziere werden
beim Ausbruch eines Krieges von unermeßlichen Vorteil sein.

In dem Maße, wie das Heer nach seiner äußern Form gewachsen ist,
hat auch seiue innere Tüchtigkeit zugenommen. Wer Gelegenheit gehabt hat,
seine Ausbildung von der Nekrutenschule an bis zum großen Manöver zu
folgen, wird rückhaltlos anerkennen, daß in allen Stadien der Ausbildung in
den letzten Jahren ganz bedeutende Fortschritte gemacht worden sind; bei der
Artillerie in besonderm Maße, noch mehr bei den übrigen SpezialWaffen, und
mit diesen wetteifern Infanterie und Kavallerie. Man muß natürlich an den
lebhaften Sohn des Südens einen andern Maßstab legen als an den strammen


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[0029] Die Streitkräfte Italiens Als Eisenbahntruppen sind nur 6 Kompagnien zu einer Brigade formiert. Zum aktiven Heere rechnen auch die Karabiniers, 21000 Mann zu Fuß und etwa 4000 zu Pferde, in 11 Legionen und 43 Divisionen nebst einer Elevenlegion, ferner die Mannschaften für die 12 Sarnath- und Verpflegungs¬ magazine, der beiden Invaliden- und 11 Strafkompagnien. Das Offizierkorps rekrutiert sich zu einem sehr großen Prozentsätze aus den Militärbildungsanstalten, d. h. den Kadettenkorps; diese wie die Kriegs¬ schulen sind nach Waffen getrennt. Nach dem neusten Stande umfaßt die Friedensstärke: 14300 Offiziere. Für eine Mobilmachung stehen schätzungs¬ weise noch 24000 diensttaugliche, zur Zeit in Disposition befindliche und zum Beurlaubtenstande zählende Offiziere zur Verfügung. An Unteroffizieren und Mannschaften zählte der Gesamtfriedcnssiand 241000 Kopfe; an Pferden und Saumtieren 49000. Je nachdem die strategischen Bedingungen es gebieten, sollen im Kriege einzelne Armeekorps zu Armeen zusammengezogen werden. Dieser Friedensstand kann bei einer Mobilmachung durch 500000 Reserven, 330000 mobile und 400000 territoriale Milizen verstärkt werden, sodaß sich ein kriegsmäßig ausgebildetes Heer von nahezu anderthalb Millionen Streitern ergiebt. Im äußersten Falle stünden aus den Kategorien II und III, die wir vorhin erwähnt haben, noch über 500000 oder gegen 1450000 Mann zur Disposition, die aber nur eine ungenügende oder gar keine militärische Aus¬ bildung genossen haben. Von dieser Friedensstärke, die ausschließlich für Europüisch-Jtalien in Frage kommt, sind 2000 Mann in Abrechnung zu bringen, die stündig in den Kolonien garnisoniert sind und der durch 8000 Eingeborne vermehrten Kolonialarmee als Stamm dienen. Damit haben wir die italienischen Streitkräfte zu Lande für Frieden und Krieg kennen gelernt. Das gewaltige Heer fordert unsre volle Bewunderung um so mehr heraus, als es gleichsam aus dem Nichts und in recht kurzer Zeit geschaffen worden ist. Einer seiner Hauptvorzüge aber ist die ausgezeichnete Organisation, die einen raschen Übergang aus dem Friedensstande in das mobile Verhältnis ermöglicht; es ist so ziemlich das Wichtigste unter den heutigen Verhältnissen. Die zahlreich vorhandnen Kadres und Offiziere werden beim Ausbruch eines Krieges von unermeßlichen Vorteil sein. In dem Maße, wie das Heer nach seiner äußern Form gewachsen ist, hat auch seiue innere Tüchtigkeit zugenommen. Wer Gelegenheit gehabt hat, seine Ausbildung von der Nekrutenschule an bis zum großen Manöver zu folgen, wird rückhaltlos anerkennen, daß in allen Stadien der Ausbildung in den letzten Jahren ganz bedeutende Fortschritte gemacht worden sind; bei der Artillerie in besonderm Maße, noch mehr bei den übrigen SpezialWaffen, und mit diesen wetteifern Infanterie und Kavallerie. Man muß natürlich an den lebhaften Sohn des Südens einen andern Maßstab legen als an den strammen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/29>, abgerufen am 28.09.2024.