Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Rassen und Ariege

werden und können niemals die Grundkräfte der menschlichen Seele aus der
Welt schaffen. Auch aus Magazingewehren und Schnellfeuergeschützen trifft
gottlob nicht jede Kugel!

In dem Volksstamme der Ungko- und Nordgermanen, wie er sich im Laufe
der Jahrhunderte ausgebildet und erhalten hat, scheint eine Kraft zu leben,
die mit dem Ausdruck "Reservefonds" vielleicht am zutreffendsten bezeichnet
werden kann. Er hat einen gewissen Überschuß an Widerstandskraft und Aus¬
dauer, der, durch Umstünde gereizt und aufgestachelt, aus feiner Ruhe hervor¬
bricht, sobald eine schwere Prüfung kommt. Das Wesen der Disziplin und
Zucht, im letzten Grunde ein bewußtes oder instinktives Zusammenwirken vieler
Einzelkräfte im Dienste eines gemeinsamen Ziels materieller und ideeller Art,
das entwickelt dieser Volksstamm von selbst immer in Zeiten der Abwehr, Not
und Gefahr. Bei plötzlichen Katastrophen -- zum Beispiel Schiffsnntergaug,
Zusammenstößen und den damit verbundnen Rettungsarbeiten -- oder in der
Schlacht zur See und zu Lande bricht dieser Rassenzug mit elementarer Kraft
hervor.

Die Gegner der Rassentheorie Pflegen meistens den Einwand zu erheben,
daß es ja doch "keine ganz reinen Rassen" mehr gäbe. Sehr richtig. Darauf
kommt es auch gar nicht an, denn Nassenblendungen gaben oft die tüchtigsten
Menschen, die stärksten, begabtesten und schönsten an Geist und Körper. Wenn
wir von Rassen sprechen, so kann nur darunter verstanden werden, daß durch
das starke Vorherrschen einer Rasse der Typus und der Prozentsatz ihres
Blutes auch vorherrschen muß. Ortliche und klimatische Verhältnisse tragen
außerdem noch dazu bei, fremde Elemente umzubilden und anzupassen, sie dein
heimatlichen Boden einzupflanzen und wurzelecht zu machen. Solchen Ein¬
wänden gegenüber halt also die Rassentheorie vollkommen Stand.

Wer übrigens zufällig Gelegenheit gehabt hat, die Listen der in den Kämpfen
auf Kuba gefallnen Amerikaner in den dortigen Zeitungen zu lesen, der wird
kaum überrascht gewesen sein, in den Namenaufzählungen über ein Drittel zu
finden, das auf deutschen Ursprung zurückzuführen war. Viele hatten sogar
ihr ehrliches deutsches "manu" mit zwei n behalten. Ob das uns freut oder
nicht, mag dahingestellt sein; es war von jeher deutsche Eigentümlichkeit, für
andre Leute die Schlachten schlagen zu helfen, ohne viel danach zu fragen,
warum. Deutsche sind durch zwei Jahrhunderte lang "kosmopolitische Sol¬
daten" gewesen. Man mag auch heute bedauern, daß infolge des europäischen
Platzmangels die deutsche Auswanderung dem Vaterlande manche rüstige
Volkskraft entzieht. Man mag den Durchschnittsdeutschen tadeln, wenn er so
wenig Nationalstolz hat, daß er immer in eine fremde Haut hineinzuschlüpfen
bereit ist -- ein Charakterfehler, der übrigens durch unsre großen politischen
Volkserzieher schon merklich gebessert worden ist, auch im Auslande wirklich ab¬
genommen hat. In den Vereinigten Staaten liegt die Sache aber doch anders;


Rassen und Ariege

werden und können niemals die Grundkräfte der menschlichen Seele aus der
Welt schaffen. Auch aus Magazingewehren und Schnellfeuergeschützen trifft
gottlob nicht jede Kugel!

In dem Volksstamme der Ungko- und Nordgermanen, wie er sich im Laufe
der Jahrhunderte ausgebildet und erhalten hat, scheint eine Kraft zu leben,
die mit dem Ausdruck „Reservefonds" vielleicht am zutreffendsten bezeichnet
werden kann. Er hat einen gewissen Überschuß an Widerstandskraft und Aus¬
dauer, der, durch Umstünde gereizt und aufgestachelt, aus feiner Ruhe hervor¬
bricht, sobald eine schwere Prüfung kommt. Das Wesen der Disziplin und
Zucht, im letzten Grunde ein bewußtes oder instinktives Zusammenwirken vieler
Einzelkräfte im Dienste eines gemeinsamen Ziels materieller und ideeller Art,
das entwickelt dieser Volksstamm von selbst immer in Zeiten der Abwehr, Not
und Gefahr. Bei plötzlichen Katastrophen — zum Beispiel Schiffsnntergaug,
Zusammenstößen und den damit verbundnen Rettungsarbeiten — oder in der
Schlacht zur See und zu Lande bricht dieser Rassenzug mit elementarer Kraft
hervor.

Die Gegner der Rassentheorie Pflegen meistens den Einwand zu erheben,
daß es ja doch „keine ganz reinen Rassen" mehr gäbe. Sehr richtig. Darauf
kommt es auch gar nicht an, denn Nassenblendungen gaben oft die tüchtigsten
Menschen, die stärksten, begabtesten und schönsten an Geist und Körper. Wenn
wir von Rassen sprechen, so kann nur darunter verstanden werden, daß durch
das starke Vorherrschen einer Rasse der Typus und der Prozentsatz ihres
Blutes auch vorherrschen muß. Ortliche und klimatische Verhältnisse tragen
außerdem noch dazu bei, fremde Elemente umzubilden und anzupassen, sie dein
heimatlichen Boden einzupflanzen und wurzelecht zu machen. Solchen Ein¬
wänden gegenüber halt also die Rassentheorie vollkommen Stand.

Wer übrigens zufällig Gelegenheit gehabt hat, die Listen der in den Kämpfen
auf Kuba gefallnen Amerikaner in den dortigen Zeitungen zu lesen, der wird
kaum überrascht gewesen sein, in den Namenaufzählungen über ein Drittel zu
finden, das auf deutschen Ursprung zurückzuführen war. Viele hatten sogar
ihr ehrliches deutsches „manu" mit zwei n behalten. Ob das uns freut oder
nicht, mag dahingestellt sein; es war von jeher deutsche Eigentümlichkeit, für
andre Leute die Schlachten schlagen zu helfen, ohne viel danach zu fragen,
warum. Deutsche sind durch zwei Jahrhunderte lang „kosmopolitische Sol¬
daten" gewesen. Man mag auch heute bedauern, daß infolge des europäischen
Platzmangels die deutsche Auswanderung dem Vaterlande manche rüstige
Volkskraft entzieht. Man mag den Durchschnittsdeutschen tadeln, wenn er so
wenig Nationalstolz hat, daß er immer in eine fremde Haut hineinzuschlüpfen
bereit ist — ein Charakterfehler, der übrigens durch unsre großen politischen
Volkserzieher schon merklich gebessert worden ist, auch im Auslande wirklich ab¬
genommen hat. In den Vereinigten Staaten liegt die Sache aber doch anders;


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0245" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230677"/>
          <fw type="header" place="top"> Rassen und Ariege</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_784" prev="#ID_783"> werden und können niemals die Grundkräfte der menschlichen Seele aus der<lb/>
Welt schaffen. Auch aus Magazingewehren und Schnellfeuergeschützen trifft<lb/>
gottlob nicht jede Kugel!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_785"> In dem Volksstamme der Ungko- und Nordgermanen, wie er sich im Laufe<lb/>
der Jahrhunderte ausgebildet und erhalten hat, scheint eine Kraft zu leben,<lb/>
die mit dem Ausdruck &#x201E;Reservefonds" vielleicht am zutreffendsten bezeichnet<lb/>
werden kann. Er hat einen gewissen Überschuß an Widerstandskraft und Aus¬<lb/>
dauer, der, durch Umstünde gereizt und aufgestachelt, aus feiner Ruhe hervor¬<lb/>
bricht, sobald eine schwere Prüfung kommt. Das Wesen der Disziplin und<lb/>
Zucht, im letzten Grunde ein bewußtes oder instinktives Zusammenwirken vieler<lb/>
Einzelkräfte im Dienste eines gemeinsamen Ziels materieller und ideeller Art,<lb/>
das entwickelt dieser Volksstamm von selbst immer in Zeiten der Abwehr, Not<lb/>
und Gefahr. Bei plötzlichen Katastrophen &#x2014; zum Beispiel Schiffsnntergaug,<lb/>
Zusammenstößen und den damit verbundnen Rettungsarbeiten &#x2014; oder in der<lb/>
Schlacht zur See und zu Lande bricht dieser Rassenzug mit elementarer Kraft<lb/>
hervor.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_786"> Die Gegner der Rassentheorie Pflegen meistens den Einwand zu erheben,<lb/>
daß es ja doch &#x201E;keine ganz reinen Rassen" mehr gäbe. Sehr richtig. Darauf<lb/>
kommt es auch gar nicht an, denn Nassenblendungen gaben oft die tüchtigsten<lb/>
Menschen, die stärksten, begabtesten und schönsten an Geist und Körper. Wenn<lb/>
wir von Rassen sprechen, so kann nur darunter verstanden werden, daß durch<lb/>
das starke Vorherrschen einer Rasse der Typus und der Prozentsatz ihres<lb/>
Blutes auch vorherrschen muß. Ortliche und klimatische Verhältnisse tragen<lb/>
außerdem noch dazu bei, fremde Elemente umzubilden und anzupassen, sie dein<lb/>
heimatlichen Boden einzupflanzen und wurzelecht zu machen. Solchen Ein¬<lb/>
wänden gegenüber halt also die Rassentheorie vollkommen Stand.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_787" next="#ID_788"> Wer übrigens zufällig Gelegenheit gehabt hat, die Listen der in den Kämpfen<lb/>
auf Kuba gefallnen Amerikaner in den dortigen Zeitungen zu lesen, der wird<lb/>
kaum überrascht gewesen sein, in den Namenaufzählungen über ein Drittel zu<lb/>
finden, das auf deutschen Ursprung zurückzuführen war. Viele hatten sogar<lb/>
ihr ehrliches deutsches &#x201E;manu" mit zwei n behalten. Ob das uns freut oder<lb/>
nicht, mag dahingestellt sein; es war von jeher deutsche Eigentümlichkeit, für<lb/>
andre Leute die Schlachten schlagen zu helfen, ohne viel danach zu fragen,<lb/>
warum. Deutsche sind durch zwei Jahrhunderte lang &#x201E;kosmopolitische Sol¬<lb/>
daten" gewesen. Man mag auch heute bedauern, daß infolge des europäischen<lb/>
Platzmangels die deutsche Auswanderung dem Vaterlande manche rüstige<lb/>
Volkskraft entzieht. Man mag den Durchschnittsdeutschen tadeln, wenn er so<lb/>
wenig Nationalstolz hat, daß er immer in eine fremde Haut hineinzuschlüpfen<lb/>
bereit ist &#x2014; ein Charakterfehler, der übrigens durch unsre großen politischen<lb/>
Volkserzieher schon merklich gebessert worden ist, auch im Auslande wirklich ab¬<lb/>
genommen hat. In den Vereinigten Staaten liegt die Sache aber doch anders;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0245] Rassen und Ariege werden und können niemals die Grundkräfte der menschlichen Seele aus der Welt schaffen. Auch aus Magazingewehren und Schnellfeuergeschützen trifft gottlob nicht jede Kugel! In dem Volksstamme der Ungko- und Nordgermanen, wie er sich im Laufe der Jahrhunderte ausgebildet und erhalten hat, scheint eine Kraft zu leben, die mit dem Ausdruck „Reservefonds" vielleicht am zutreffendsten bezeichnet werden kann. Er hat einen gewissen Überschuß an Widerstandskraft und Aus¬ dauer, der, durch Umstünde gereizt und aufgestachelt, aus feiner Ruhe hervor¬ bricht, sobald eine schwere Prüfung kommt. Das Wesen der Disziplin und Zucht, im letzten Grunde ein bewußtes oder instinktives Zusammenwirken vieler Einzelkräfte im Dienste eines gemeinsamen Ziels materieller und ideeller Art, das entwickelt dieser Volksstamm von selbst immer in Zeiten der Abwehr, Not und Gefahr. Bei plötzlichen Katastrophen — zum Beispiel Schiffsnntergaug, Zusammenstößen und den damit verbundnen Rettungsarbeiten — oder in der Schlacht zur See und zu Lande bricht dieser Rassenzug mit elementarer Kraft hervor. Die Gegner der Rassentheorie Pflegen meistens den Einwand zu erheben, daß es ja doch „keine ganz reinen Rassen" mehr gäbe. Sehr richtig. Darauf kommt es auch gar nicht an, denn Nassenblendungen gaben oft die tüchtigsten Menschen, die stärksten, begabtesten und schönsten an Geist und Körper. Wenn wir von Rassen sprechen, so kann nur darunter verstanden werden, daß durch das starke Vorherrschen einer Rasse der Typus und der Prozentsatz ihres Blutes auch vorherrschen muß. Ortliche und klimatische Verhältnisse tragen außerdem noch dazu bei, fremde Elemente umzubilden und anzupassen, sie dein heimatlichen Boden einzupflanzen und wurzelecht zu machen. Solchen Ein¬ wänden gegenüber halt also die Rassentheorie vollkommen Stand. Wer übrigens zufällig Gelegenheit gehabt hat, die Listen der in den Kämpfen auf Kuba gefallnen Amerikaner in den dortigen Zeitungen zu lesen, der wird kaum überrascht gewesen sein, in den Namenaufzählungen über ein Drittel zu finden, das auf deutschen Ursprung zurückzuführen war. Viele hatten sogar ihr ehrliches deutsches „manu" mit zwei n behalten. Ob das uns freut oder nicht, mag dahingestellt sein; es war von jeher deutsche Eigentümlichkeit, für andre Leute die Schlachten schlagen zu helfen, ohne viel danach zu fragen, warum. Deutsche sind durch zwei Jahrhunderte lang „kosmopolitische Sol¬ daten" gewesen. Man mag auch heute bedauern, daß infolge des europäischen Platzmangels die deutsche Auswanderung dem Vaterlande manche rüstige Volkskraft entzieht. Man mag den Durchschnittsdeutschen tadeln, wenn er so wenig Nationalstolz hat, daß er immer in eine fremde Haut hineinzuschlüpfen bereit ist — ein Charakterfehler, der übrigens durch unsre großen politischen Volkserzieher schon merklich gebessert worden ist, auch im Auslande wirklich ab¬ genommen hat. In den Vereinigten Staaten liegt die Sache aber doch anders;

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/245
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/245>, abgerufen am 28.09.2024.